Handbuch zur Mittelalter-Numismatik
Preußen um 1400
© Johannes Eggers
Einführung
Bis zum Ständekrieg gegen den Orden in den Jahren 1454-1466 kann von Stadtmünzen in Preußen nicht die Rede sein. Die ältesten Münzen im Ordensland stammten hauptsächlich aus Danzig. Die Schillinge sind durch ein „D“ gekennzeichnet und unterscheiden sich so von den Thorner Prägungen (Vossberg, Münzen, 8). Im 14. Jahrhundert waren die Münzen schriftlos und ganz allgemein mit Ordenssymbolen versehen (ebd. 7). Anfang 1396 stellte der Orden die Kleingeldemission zeitweilig ein, während in Danzig die erste Goldmünze geprägt wurde. Allerdings scheint das preußische Goldgeld relativ ökonomisch bedeutungslos geblieben zu sein. Es lässt sich in keiner bekannten Handelsrechnung aus der damaligen Zeit finden oder findet dort Erwähnung. Vermutlich sollte es dem Prestige des Hochmeisters dienen und war nicht für den Wirtschaftsverkehr bestimmt.
In den kommenden Jahren kam es zu einer Münzverschlechterung, die vielleicht auf die Rüstung des Ordens für einen Krieg gegen Polen zurückzuführen war. So sollen die Ordensbrüder wohl versucht haben, die Kosten der Kriegsvorbereitung durch eine erhöhte Schillingprägung zu begleichen (Vossberg, Geschichte, 121). Nöbel vermutet allerdings, dass erst 1409 mit einer hastigen Rüstung begonnen wurde und die Jahre zuvor nicht durch Feindseligkeiten gekennzeichnet waren. Somit war die Münzverschlechterung eventuell nicht direkt mit der Rüstung verbunden (Nöbel, 21ff.).
Eine andere Möglichkeit für die Verschlechterung könnte die Entwicklung auf dem Silbermarkt gewesen sein, da es am Anfang des 15. Jahrhunderts zu einem Edelmetallmangel kam. Daraus resultierte im Allgemeinen eine Einschränkung der Emissionen. Der Orden wählte eine andere Möglichkeit. Durch eine Senkung des Feingehaltes erhoffte er sich, die intensive Prägetätigkeit von Münzen aufrechterhalten zu können (Dygo, 10). Auffallend ist, dass das Ordensgeld aufgrund der hohen Nachfrage nach preußischer oder durch Preußen transportierter Ware gegenüber dem böhmischen Groschen durchweg überbewertet wurde. Beispielsweise zahlte man 1405 32 lübische Schillinge für 1 preußische Mark. Interessant daran ist, dass der Lübecker Schilling 3,84 g Feinsilber enthielt., d.h. es wurden 75,6 g Silber in der Form eines preußischen Schillings für 122,9 g Silber in Form lübischen Geldes getauscht. Daraus ergibt sich ein Gewinn von 60% für den preußischen Verkäufer (Jesse, 211). Der Grund für die Feingehaltsminderung kann so nicht auf den Mangel an Edelmetall zurückzuführen sein, da es einen gewissen Zustrom gab.
Böhnke erwähnt eine andere Ursache für die Verschlechterung. 1405 begann ein Anstieg der Preise für westliche Güter. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich seit der Einführung der Schillinge die Interessen des Ordens verändert hatten. 30 Jahre zuvor waren die bäuerlichen Renten ein wesentlicher Bestandteil des Einkommens des Ordens, doch nun war der Handelsgewinn ebenso wichtig (Sarnowsky, 439-40). Der Orden wollte beim Kauf von Importgütern möglichst wenig Silber aus den Händen geben bzw. nicht mehr als vor dem Preisanstieg. Daraus resultierte die Senkung des Edelmetallgehaltes der preußischen Münzen. Man ging davon aus, dass diese Verschlechterung im Ausland nicht bemerkt werden würde. Falls es doch auffallen sollte, könnte der Silbergehalt erneut verringert werden (Waschinski, 235).
Münzen unter dem Hochmeister Ulrich von Jungingen 1407-1410
Am 26. Juni 1407 wurde Ulrich von Jungingen zum Nachfolger von Hochmeister Konrad von Jungingen gewählt. Ulrich stockte das Ordensheer nach seiner Wahl auf und zog mit den Söldnern gegen Polen in die Schlacht, welche er bei Tannenberg 1410 verlor. Dort fand er auch selbst den Tod. Die Münzen, die unter Ulrich geprägt wurden, enthielten weniger Silber als die seines Vorgängers Konrad. Die Ursache dafür ist nicht ganz gewiss, wie bereits deutlich geworden sein sollte.
Abbildung 1: Schillinge unter Ulrich von Jungingen.
Münzen unter dem Hochmeister Heinrich von Plauen 1410-1413
Heinrich von Plauen rettete 1410 die Marienburg und damit zugleich die Landesherrschaft des Deutschen Ordens in Preußen vor Polen. Daraufhin wurde er am 9. November 1410 einstimmig zum Hochmeister gewählt. Nachdem ein Friedensabkommen vereinbart war, kam es zu erheblichen Problemen über die Zahlung der von Polen geforderten Kontributionen und Lösegelder für die Gefangenen. Versuche zu einer friedlichen Lösung schlugen fehl, so dass der Hochmeister im Frühjahr 1413 mit der erneuten Werbung von Söldner begann (Dygo, 25-26). Im Sommer 1413 kam es zu Konflikten mit den Herzögen von Pommern-Stolp und Masowien (Krollmann, 96-113). Dies stieß im Orden selbst auf Widerstand, und die Großgebietiger (die wichtigsten Amtsträger des Ordens) unter dem Obersten Marschall Michael Küchmeister enthoben letzten Endes den Hochmeister seines Amtes.
Abbildungen 2a-b: Schillinge und Gulden unter Heinrich von Plauen.
Münzen unter dem Hochmeister Michael Küchmeister 1414-1422
Nachdem Hochmeister Heinrich von Plauen seines Amtes enthoben wurde, trat Michael Küchmeister seine Nachfolge an. Dieser handelte im Herbst 1414 nach einem polnischen Angriff auf das Ordensland einen Waffenstillstand mit Polen aus. Die Dauer war jedoch jeweils befristet. Trotz ständiger Verlängerung dieses Waffenstillstands musste immer mit einer neuen kriegerischen Auseinandersetzung gerechnet werden. Das Ergebnis war, dass Küchmeister den Orden in ständiger Kriegsbereitschaft halten musste. Die so entstehenden Kosten waren vermutlich höher als die eines eigentlichen Krieges. Im Juli 1416 ließ er neue Schillinge prägen, welche die Hälfte der böhmischen Groschen enthaltende Silbermenge enthielten. Da Letztere in einem beständigen Verhältnis von 1:2 zu den Krakauer Halbgroschen standen, hatte der Orden so gesehen nunmehr eine Währung, die der polnischen entsprach (Gumowski, 27-28). Diese "neue Mark" wurde neben der „alten“ genutzt, wobei ein Verhältnis von 1:2 gelten sollte.
Abbildung 3: Schillinge unter Michael Küchmeister.
- Marian Dygo, Die Münzpolitik des Deutschen Ordens in Preußen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Warszawa 1987.
- Wilhelm Jesse, Der Wendische Münzverein, Braunschweig 1928.
- Christian Krollmann, Politische Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen, Königsberg 1932.
- Wilhelm Nöbel, Michael Küchmeister. Hochmeister des deutschen Ordens 1414-1422, Bad Godesberg 1969.
- Jürgen Sarnowsky, Die Wirtschaftsführung des Deutschen Ordens in Preußen (1382 - 1454), Köln, Weimar, Wien 1993.
- Friedrich August Vossberg, Geschichte der Preussischen Münzen und Siegel von frühester Zeit bis zum Ende der Herrschaft des Deutschen Ordens, Berlin 1843.
- Friedrich August Vossberg, Münzen und Siegel der preußischen Städte Danzig, Elbing, Thorn so wie der Herzöge von Pomerellen im Mittelalter, Berlin 1841.
- Emil Waschinski, Die Münz- und Währungspolitik des Deutschen Ordens in Preussen, ihre historischen Probleme und seltenen Gepräge. Göttingen 1952.
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