Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Geschichte des Geldes 1

© Sebastian Kubon

Die westliche Münztradition ist sehr komplex. Die Anfänge sind teilweise griechischer und teilweise persischer Natur. Seit dem Zeitalter des Hellenismus begann sich die Münze aber in unterschiedliche Richtungen zu entwickeln. Es entstand eine spezielle Richtung in der Welt des Mittelmeerraumes, die mit der teilweise unabhängigen römischen Tradition fusionierte, und eine andere Richtung, die über die parthische und sassanidische Münze das Hauptelement der Münzen der muslimischen Welt darstellte. In der christlichen Welt trennte sich die monetäre Tradition Byzanz' und Westeuropas. Byzanz beeinflusste wiederum die muslimische Welt, während sich in Westeuropa verschiedene Entwicklungen wiederholten und sich im 16. Jahrhundert das "moderne" System entwickelte, welches im Zuge der europäischen Expansion auch in die neue Welt kam.

Griechenland

Der Ursprungsort westlicher Münzen ist besser bestimmbar als die Entstehungszeit und die Umstände. Als gesichert gilt, dass die ersten Münzen im westlichen Kleinasien geschlagen wurden. Ob sie allerdings von Händlern oder von lokalen Dynastien geprägt wurden, ist ebenso umstritten wie das Prägedatum. Die Forschung schwankt zwischen 650 v. Chr. und 530 v. Chr.
Von Kleinasien aus verbreitete sich der Münzgebrauch Richtung Westen. Hier wurden Münzen allerdings hauptsächlich von den griechischen Poleis genutzt, während Nicht-Griechen erst später Münzen übernahmen. In dieser Zeit war oftmals nur eine Seite der Münze mit einem Bild versehen. Während der klassischen Zeit waren die Münzen hauptsächlich aus Silber gefertigt, da Gold noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden war. Bronze wurde auf Sizilien und in Süditalien im späten 5. Jahrhundert v. Chr. benutzt, wo es schon vorher im ungeprägten Zustand von der indigenen Bevölkerung als Zahlungsmittel verwendet wurde.
Die griechischen Silbermünzen waren groß, dick und nur annähernd rund, mit abgerundeten Ecken. Es gab vielfältige, aber nur selten komplexe Gepräge: Üblich war der Kopf oder ein Symbol einer Gottheit auf der Vorderseite (Avers) und einem lokalen Symbol auf der Rückseite (Revers). (Einige Gepräge waren in der Antike überregional anerkannt wie die Eule der Athenischen Münzen (s.u.).) Den Städten lag viel daran, ein eigenes Gepräge zu besitzen, da dies als ein Zeichen der Unabhängigkeit und Souveränität interpretiert wurde. Manche Städte kennt man sogar nur aufgrund ihrer Münzen, da sie selbst in literarischen Quellen nicht erwähnt werden.
Mit seinen Eroberungen verbreitete Alexander der Große auch den Gebrauch der Münzen. Es gab nun Münzen von Ägypten bis Indien. Der Charakter der Gepräge veränderte sich signifikant. Alexander benutzte auf seinen Münzen die Portraits von Athene und Herkules, während kurz nach ihm das Portrait lebender Herrscher ein gängiges Motiv wurde. Während des Hellenismus wurde der Gebrauch von Münzen auch in der keltischen Welt, an der Donau, in Gallien, sogar in Britannien verbreitet. Die Münzen waren insgesamt aber von geringer metallischer Qualität.

Rom

Die frühesten römischen Münzen waren große gegossene Stücke aus Bronze mit bis zu einem Pfund Gewicht, die die bisher benutzten Bronzeklumpen ersetzten. Eine praktische Neuerung war auch, dass eine Wertbezeichnung auf die Münze geprägt war. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. wurden nach griechischem Vorbild Silbermünzen geprägt, da die bisherigen Bronzemünze aufgrund ihrer Form und ihres Gewichts unpraktisch waren. Auf den Denar wurden unterschiedliche Bilder geprägt: Die Köpfe von Gottheiten, bekannten Personen, militärische Szenen, Triumphzüge, öffentliche Gebäude und Symbole aller Arten. Geschlagen wurden die Münzen teils von Magistraten (tresviri monetales), teils von Generälen. Da besonders die Magistraten, die das Aussehen des Gepräges bestimmten, ihre Vorfahren und deren Taten rühmen wollten, können die republikanischen Münzen als Kommentar auf die Frühgeschichte Roms gelesen werden. Künstlerisch sind diese Münzen minderwertiger als griechische Prägungen, da oftmals versucht wurde, zu viele Details unterzubringen.
Die kaiserliche Münzprägung vereinte nun römische und griechische Elemente. Es gab Goldmünzen und eine Vielzahl von Scheidemünzen. Als erste lebende Person wurde Julius Cäsar auf einer Münze dargestellt. Auf dem Avers fanden sich danach die Portraits der Kaiser mit umfangreichen Inschriften und auf dem Revers eine Vielzahl von Objekten, z.B. die Konzeption oder die Ziele der kaiserlichen Herrschaft (pietas, concordia, pax) oder auch Resultate dieser Herrschaft, wie das Kolosseum, die Siege von Titus und Trajan, um nur einige Motive zu nennen. Das kaiserliche System brach durch die Inflation unter Caracalla zusammen (211-217 n. Chr.).
Ein neues System wurde von Diocletian und Konstantin geschaffen. Es unterschied sich in Erscheinung, Nennwert und Prägung vom alten System. Alles an den Neuprägungen war kaiserlich, alle senatorischen Elemente wurden entfernt. Als Motiv kamen Portraits aus der Mode und es gab auch keine allzu große Vielfalt mehr. Länger als 100 Jahre hatten diese Veränderungen keinen Bestand. Insgesamt aber waren die Münzen dennoch antiker Machart und noch nicht mittelalterlich oder modern.

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