Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Geschichte des Geldes 2: mittelalterliche Münzen

© Sebastian Kubon

Im frühen 5. Jahrhundert gab es in weitem Maße zahlreiche Veränderungen im Münzwesen aufgrund der germanischen Invasionen. Als erstes bleibt festzustellen, dass die mittleren Nennwerte im Frankenreich nahezu gänzlich verschwanden. Hauptsächlich gab es noch drei Werte aus Gold: den Solidus, den Semissis (= 1/2 Solidus) und den Tremissis oder Triens (= 1/3 Solidus) sowie eine kleine Münze aus Bronze. Darüber hinaus zeigten sich in Byzanz und den germanischen Königreichen unterschiedliche Entwicklungen. In Byzanz wurde später wieder eine Silbermünze eingeführt, ebenso weitere Kupferwerte. Wie in der Antike wurden die drei traditionellen Münzmetalle genutzt und es gab wieder eine volle Hierarchie von Münznennwerten wie es für eine Ökonomie wünschenswert ist. Christliche Motive und Symbole herrschten als Motive vor. Im Reich der Franken gab es keine baldige Wiedereinführung weiterer Nennwerte, sondern auch die Kupfermünze und der Gold-Solidus verschwanden, so dass nur noch der goldene Tremissis übrigblieb, bis im 8. Jahrhundert dann Silber zum alleinigen Münzmetall wurde.

Der Goldschilling des 6. und 7. Jahrhunderts

Nachdem sich die Franken im Römischen Reich etabliert hatten, begannen sie das Gewicht des übrig gebliebenen römischen Tremissis an ihren Schilling anzugleichen. In den germanischen Königreichen herrschte ein recht heterogenes Münzwesen. In jedem Königreich wurden eigene Münzen eingeführt, die die Münzen alten Typs ablösten. Eigentlich waren aber die neuen Münzen nur Kopien römischer Vorlagen.

Der Silber-Monometallismus des beginnenden 8. Jahrhunderts bis zum Ende des 12. Jahrhunderts.

In dieser Phase ersetzte der Silber-Monometallismus den Gold-Monometallismus der vergangenen Epoche. Lange Zeit gab es nur den Silber-Pfennig (engl. penny, lat. denarius, frz. denier, it. denaro). Die Vielfachen, Schilling (shilling, solidus, sou, soldo) à 12 Pfennig und das Pfund (pound, libra, livre, lira), bestehend aus 408 Gramm Silber, à 20 Schilling , existierten nur als Rechengeld. Summen dieser Größe mussten also trotzdem in Pfennigen bezahlt werden.
Seit der Zeit Ludwigs des Frommen wurde der von den Karolingern festgelegte Münzfuß in ganz Europa verwendet, allerdings ging die Qualität der Münzen drastisch zurück. Ab dem 10. Jahrhundert war es auch mit dieser Einheitlichkeit vorbei. Die Münzprägung war seit der Antike ein Regal, das dem Herrscher zustand. Da besonders die Ottonen das Münzregal nicht mehr flächendeckend kontrollieren konnten, verliehen sie es an andere Institutionen wie Bischöfe, Reichsabteien. Erst später wurden es auch an weltliche Vasallen verliehen.
Aufgrund der Zersplitterung des Münzregals existierten die Pfennige in vielen Variationen und Gewichten. Ab der Stauferzeit spricht man von der "Periode der regionalen Pfennigmünze". Die Münze galt nur noch da, wo sie geschlagen wurde. Zusätzlich führten die so genannten Münzverrufungen zu einer stetigen Veränderung und Verschlechterung der Münzen. Wohl nach skandinavischem Vorbild setzte sich seit dem 11. Jahrhundert im mitteleuropäischen Raum die Mark durch, die auf 2/3 des Pfundwertes festgelegt wurde. Auch die Mark wurde nicht ausgeprägt, sondern war ein Rechengeld mit regional unterschiedlichen Festlegungen. Die berühmte kölnische Mark bestand aus 160 Pfennigen (zu 234 Gramm Silber), die lübische Mark aus 192 Pfennigen und die preußische Mark aus 720 Pfennigen. Die meisten anderen lokalen Prägungen orientierten sich an der kölnischen Mark, unterschieden sich aber dennoch im Wert. Das Gepräge der Münzen war eher grob: Es finden sich der Kopf des Herrschers, ein Symbol, am häufigsten das Kreuz. Insgesamt nehmen Gewicht und Feingehalt der Münzen stetig ab.
In dieser Zeit aber kommen hauptsächlich im Reich und einigen angrenzenden Ländern die Brakteaten auf, die zu den künstlerisch wertvollsten Münzen zählen. Brakteaten sind große, dünne Münzen, die nur auf einer Seite geprägt sind. Sie sind aus den Halbbraketaten hervorgegangen, die noch mit Unter- und Oberstempel geschlagen wurden. Da diese recht dünn waren, drückte sich das Stempelbild der einen Seite auf die andere Seite durch, so dass das Münzbild oft nicht mehr erkennbar war.

Groschen und Floren am Beginn des 13. Jahrhunderts bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts.

Wie oben schon angedeutet, sind für die dritte Phase die aufkommenden silbernen Groschen und Goldmünzen wie der Floren charakteristisch. Als der Handel eine immer wichtigere Rolle spielte, wurde es unbequemer alle Waren mit den sich stetig verschlechternden Pfennigen bezahlen zu müssen. Venedig führte 1202 neue Silbermünzen ein, die Dukaten, um die zahlreichen Schiffshandwerker zu bezahlen, die im Arsenal die Flotte für den vierten Kreuzzug herstellten. In ganz Italien finden sich ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Münzen dieser Art, die den Namen "grossi" (denari) trugen. In Frankreich setzte sich im Laufe des 13. Jahrhunderts der "gros tournois" durch. Im Reich hießen die "grossi" Groschen - der bekannteste dürfte der ab 1300 geschlagene böhmische Groschen sein - und in England "groat". In vielen Ländern wurden Halb-, Drittel- und Viertelgroschen geschlagen
Die Bildung verschiedener Münzvereine - 1379 gründeten z.B. Lübeck, Hamburg und Wismar den wendischen Münzverein - sollte die verschiedenen Münzstände einer Region zusammenführen und der Zersplitterung entgegenwirken.
Auch Gold als Münzmetall wurde seit dem 13. Jahrhundert wieder benutzt. Auf Münzen Friedrichs II. folgten der Floren aus Florenz (mit der markanten Lilie auf dem Revers), Goldmünzen aus Genua, venezianische Golddukaten, der englische Nobel, französische, ungarische und niederländische Goldmünzen und der rheinische Gulden, auf den sich die rheinischen Kurfürsten am Ende des 14. Jahrhunderts geeinigt hatten.

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