Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Lübeck um 1400

© Sebastian Schmidt

Historischer Überblick

Die Geschichte der Münzen in Lübeck um 1400 steht ganz im Zeichen der Hansegeschichte. Die Hanse, eine Organisation von niederdeutschen Fernkaufleuten einerseits und etwa 70 größeren Städten (zuzüglich gut 100 weiteren kleinen Städten) andererseits (Hammel-Kiesow, 10), hatte sich zuvor Mitte des 14. Jahrhunderts gebildet. Auf den Tagfahrten, dem Hauptverständigungsorgan der Hanse, wurden Informationen ausgetauscht und Beschlüsse gefasst, die dann als sogenannte Rezesse niedergeschrieben wurden (Hammel-Kiesow, 70-72).

Lübeck nahm in der Hanse und insbesondere unter den wendischen Hansestädten eine Führungsrolle ein (Hammel-Kiesow, 75-76). Dies spiegelte sich im weiteren Raum Lübeck auch im Münzwesen wieder. Der lübische Münzfuß, der sich gegen Ende des 12. Jahrhunderts herausgebildet hatte und dem die kölnische Mark zugrunde lag, wurde vielfach bei Prägungen im holsteinischen und mecklenburgischen Raum übernommen (Jesse, 83). Hamburg und Lübeck gingen sogar bereits 1255 ein Münzbündnis ein (Jesse, 43).

Der Wendische Münzverein

Im Rezess vom 9. Februar 1379 einigte man sich zum ersten Mal über das Münzwesen, zunächst lediglich zwischen Lübeck, Hamburg und Wismar (Jesse, 87). Dies war zunächst keine große Neuerung, da Hamburg und Lübeck bereits Münzverbündete waren und der zu prägende Wittenpfennig bereits von Lübeck ausgehend von vielen Städten geprägt wurde (Jesse, 238-41), dennoch begründete diese schriftliche Einigung den Wendischen Münzverein (Jesse, 87), der die lübische Münzgeschichte in der folgenden Zeit bestimmen sollte.

In diesem Verein schlossen sich benachbarte Münzstände im Rahmen der Tagfahrten zusammen, vor allem um neue einheitliche Münzprägungen zu beschließen, aber auch um sich beispielsweise bezüglich der Handhabe von Münzvergehen zu einigen (Hanserecesse, I,2, 187-88). Den Kern bildeten die Städte Lübeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg, ansonsten war die Beteiligung anderer Städte (beispielsweise Rostocks) eher lose (Hanserecesse, I,2, 187, 275, 399). Diese Prägungen übernahmen aber weiterhin eine Vorbildfunktion auch im holsteinischen und mecklenburgischen Raum (Jesse, 241-49).

Besonders hervorstechend war in Lübeck die Wittenprägung. Dabei handelte es sich um Vierpfennigstücke, die aufgrund ihres hohen Silbergehalts Witten also Weißpfennige genannt wurden. Zuletzt sei noch erwähnt, dass Lübeck bereits 1340 als erste deutsche Stadt das Recht erhielt Goldmünzen zu prägen. Die Goldmünzen, die nach dem Vorbild der Florentiner Gulden (Florenen) geprägt wurden, waren somit ein praktisches Zahlungsmittel für den internationalen Hansehandel (Jesse, 78).

Abbildung 1: Wittenprägung vor dem Wendischen Münzverein.

Abbildung 2: Wittenprägung nach dem Rezess von 1379.

Abbildung 3: Wittenprägung nach dem Rezess von 1387 (ohne Lübeck).

Abbildung 4: Sechsling und Dreiling nach dem Rezess von 1392.

Abbildung 5: Dreipasswitten, vermutlich nach dem Rezess von 1398.

Abbildung 6: Wittenprägung nach den Rezessen 1410/1411.

Quellen und Literatur

  • Hanserecesse, I. Abt., 2, hrsg.Karl Koppmann, Leipzig 1875.

  • Rolf Hammel-Kiesow, Die Hanse, München 2008 4 Aufl.
  • Wilhelm Jesse, Der Wendische Münzverein, Braunschweig 1928.
  • Die Saurmasche Münzsammlung deutscher, schweizerischer und polnischer Gepräge von etwa dem Beginn der Groschenzeit bis zur Kipperperiode, Berlin 1892.