Handbuch zur Mittelalter-Numismatik
England um 1400
© Sarah Ignor
Geldgeschichte Englands um 1400
Eine Zeitspanne von mehr als 500 Jahren umfassend, war der Silberpenny von den angelsächsischen Königen (um 800) bis zur Einführung der Goldmünze im Jahre 1344 die einzige mengenmäßige Währung in England (Grueber, 34). Während beispielsweise in Frankreichs Münzstätten zur Zeit der späten Karolinger und frühen Kapetinger fast überall eine eigene Münzprägung existierte, gab es in England lediglich eine einzige (Naismith, 87). Es wurde also auf Einheitlichkeit in der Münzprägung gesetzt, um einen gewissen Standard zu produzieren (ebd., 90). Der vorherrschende Münzfuß basierte auf dem System Karls des Großen: 1 Pfund entsprach 20 Schillingen, und das entsprach wiederum 240 Pfennigen (Friedensburg, 9).
Vermutlich auf die hohe Bedarfsanzahl für Münzprägungen ist zurückzuführen, dass besonders während des 10., 11. und 12. Jahrhunderts die etwa 70 existierenden Münzstätten oft nur kleine Schmieden waren (dazu und zum Folgenden Bolton, 56). Bis zum 14. Jahrhundert reduzierte sich dann die Zahl der Stätten. Zunehmende Bedeutung erlangten die Produktionsorte in Canterbury und die Tower Mint in London. Um 1346 etablierte sich dann die Tower Mint mit gelegentlichen Produktionen in York, bevor 1363 die Münzstätte in Calais hinzukam und gemeinsam mit der Tower Mint den Hauptproduktionsort bildete (Allen, 415-22). Ein Grund für die Einführung neuer Währungen um 1400 waren unter anderem zunehmende Beschwerden vonseiten der Händler und in Zusammenhang damit die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen europäischen Ländern (Bolton, 51).
Um 1400 kam es zu einigen Ereignissen, die auch einen Einfluss auf die Abbildungen auf den Münzen hatten. Dazu zählen der Hundertjährige Krieg von 1337 bis 1453 und in Zusammenhang damit die Seeschlacht von Sluis 1340. Der dabei errungene Sieg lässt sich in der Abbildung auf dem sogenannten „Schiffsnobel“ wiederfinden (Rogers, 16). Weiter galt das für die Rosenkriege von 1455 bis 1485, deren vorläufiger Sieger (das Haus York) auf dem sogenannten „Rosenobel“ verzeichnet ist (Grueber, xxxii). Auch lässt sich der englische Anspruch auf den französischen Thron, gegründet auf der Verwandtschaft mit dem 1328 verstorbenen französischen König Karl IV., in der Umschrift der Münzen erkennen (Ludwig, 212-13).
Da nicht nur die Umschrift, sondern auch das Gewicht der Münzen abhängig vom Ausgabejahr, dem jeweiligen Regenten (z.B. Nobel 1344-1377 „Edward“ für Eduard III. [Grueber, 48], Nobel 1399-1413 „Henric“ für Heinrich IV. [Grueber, 57]) und sich ändernden politischen Umständen war und somit einem – wenn auch nur leichten – Wandel unterlag, seien im Folgenden nur Beispielmünzen herangezogen. Chronologisch soll mithilfe einer Silbermünze (Groschen) und drei Goldmünzen (Schiffsnobel, Rosenobel und Engel) die Einführung von vier Münzen in England in der Zeit von 1344 bis 1465 vorgestellt werden.
Groschen (Groat)
Der Groschen wurde bereits unter der Herrschaft Edward I. (im Jahre 1278) geprägt, aber erst unter Edward III. in großen Mengen ausgegeben.
Schiffsnobel
Der Nobel wird aufgrund der Abbildung eines Schiffes auch „Schiffsnobel“ genannt. Zusätzlich zum Nobel gab es noch einen entsprechenden Halbnobel und einen Viertelnobel. Ursprünglich in Auftrag gegeben wurde er von König Eduard III. (1327-1377).
Rosenobel
Ursprünglich in Auftrag gegeben wurde der sogenannte „Rosenobel“ von Edward IV. (regierte 1461-1470 und 1471-1483). Zusätzlich zum Rosenobel gab es noch einen entsprechenden Halb-Rosenobel und einen Viertel-Rosenobel.
Engel (Angel)
Ursprünglich in Auftrag gegeben wurde der Engel von Edward IV. (regierte 1461-1470 und 1471-1483). Zusätzlich zum Engel gab es noch einen entsprechenden Halb-Engel.
- Martin Allen, Mints and Money in Medieval England. New York 2012.
- J.L. Bolton, Money in the Medieval English Economy: 973-1489. Manchester und New York 2012.
- Ferdinand Friedensburg, Münzkunde und Geldgeschichte der Einzelstaaten des Mittelalters und der neueren Zeit. München und Berlin 1926.
- Philip Grierson, Numismatics. London u.a. 1975.
- Herbert Grueber, Handbook of the Coins of Great Britain and Ireland in the British Museum. London 1899. Online unter: https://archive.org/stream/handbookofcoinso00brituoft#page/n0/mode/2up (letzter Zugriff: 11.03.17).
- Georg Ludwig, Handbuch der Universalgeschichte. Regensburg 1861. Online unter: https://books.google.de/books?id=GeMGAAAAcAAJ&dq=seeschlacht%20von%20sluis%20england%20frankreich&hl=de&pg=PR1#v=onepage&q&f=false , externer Link(letzter Zugriff: 11.03.17).
- Rory Naismith, Money and Power in Anglo-Saxon England. The Southern English Kingdoms 757-865. (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought, Fourth Series). New York 2012.
- M.M. Postan, u.a. (Hg.), Economic Organization and Policies in the Middle Ages. (The Cambridge Economic History of Europe, Band 3). London u.a. 2. Aufl. 1965. Online unter: https://books.google.de/books?id=SqBOAAAAIAAJ&lpg=PA600&dq=groschen%20england%201351%20925%20sterling&hl=de&pg=PR3#v=onepage&q&f=false , externer Link (letzter Zugriff: 11.03.17).
- Clifford J. Rogers, Edward III. of England. In: Rogers, Clifford J. (Hg.): The Oxford Encyclopedia of Medieval Warfare and Military Technology, Volume 2. New York 2010. Online unter: https://books.google.de/books?id=mzwpq6bLHhMC&lpg=PP1&dq=The%20Oxford%20Encyclopedia%20of%20Medieval%20Warfare%20and%20Military%20Technology&hl=de&pg=PA559#v=onepage&q&f=false , externer Link (letzter Zugriff: 14.03.17).
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