Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Münzfälschung 4: Schriftliche Quellen zur Münzfälschung

© Gesa Huismann

1. Der Sachsenspiegel

Der Sachsenspiegel ist einer der ältesten Rechtstexte und wurde auf deutsch verfasst. Eike von Repgow schrieb dieses Werk auf Bitte seines Herrn, Graf Hoyer von Falkenstein, zwischen 1224 und 1235. Es handelt sich bei der hier verwendeten Fassung um eine Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche und basiert auf dem mündlichen Gewohnheitsrecht, sowie weiteren regionalen und überregionalen Gesetzen, wie dem Landfrieden (Eike von Repgow: Sachsenspiegel, S. 1).

Über Falschmünzer findet sich im Sachsenspiegel des Eike von Repgow folgende Aussage:
C. XXVI. [...] Buitet der munczer einen valschen phenning us, das he da mite koufen will, is get im an den hals. [...] Wer an sime rechte volkumen is, vint man bi im einen schilling valscher phenninge, di phenninge hat he verlorn unde nicht me. Hat he aber me, is get im an di hant, he enhabe ir denne gewern. Velschit der munczer sine phenninge unde enhelt he si nicht nach irme rechte, di wile enmag he nimande valsches geczien, da iener wandil umme tun durfe. (ebd., S. 184).

Des Weiteren heißt es:
Dis is von munczen ... [...] Unde swer uf imandis phenninge keiner slachte valsch slet, den sal man haben vor einen velschere. ... (ebd., S. 44)

Im ersten Textausschnitt steht, dass es Münzern, die falsche Pfennige schlagen, an den Hals geht. Findet man bei einer unbestraften Person gefälschtes Geld im Wert von einem Schilling, muss diese die Münzen abgeben. Wer Falschgeld über diesen Wert bei sich trägt, verliert eine Hand, außer es findet sich eine Person, die für die Person mit dem Falschgeld einsteht. Im zweiten Abschnitt heißt es, wer eine Münze fälscht solle wie ein Fälscher behandelt werden.

2. Das Hamburger Ordeelbook

Das Hamburger Ordeelbook von 1270 ist das älteste, noch existierende, schriftliche Rechtsbuch der Stadt Hamburg. Es hat inhaltlich Ähnlichkeiten mit dem Recht der Neustadt von 1188/89 und dem Lübecker Stadtrecht aus den 1140er Jahren (Hamburger Ordeelbook, S. 11, 13). Der Aufbau des Ordeelbooks ähnelt dem römischen Recht und auch das ebenfalls darin enthaltene Schiffsrecht basiert in Teilen auf diesem. Außerdem ist der Sachsenspiegel für diesen Rechtstext als Quelle zu nennen, sowie das biblische Recht. Das Hamburger Ordeelbook wurde nach 1270 mindestens dreimal abgeändert und erweitert (ebd., S. 15-16).

Zum Fälschen von Münzen findet sich folgende Passage: MVII. [...] Eneme valschere schal men seden vmme valsche penninge, vnde dat valsche vppe deme markede bernen.(ebd., S. 326)

Der Fälscher wird somit in Wasser oder Öl gesiedet, was als spiegelnde Strafe zu deuten ist, da Münzfälscher ihre Münzen in Weinstein gesiedet haben, um eine silbern wirkende Farbe auf der Münze zu erhalten (ebd., S. 327).

3. Die Lübecker Ratschronik

Die Lübecker Ratschronik wurde im Auftrag des Lübecker Rats von der dortigen Ratskanzlei verfasst. In der Chronik wurden die Ereignisse im Rat und der Stadt Lübeck von 1401 bis 1482 notiert, wobei für den Zeitraum von 1401 bis 1438 eine nicht bekannte lateinische Rezension des Werkes „Cronica novela“, die Hermann Korner anfertigte, verwendet wurde. Des Weiteren bot und bietet sie den Benutzern Auskunft bei strittigen Rechtsfällen (Parriger, Lübecker Ratschronik, Sp. 932f., 934f.).

Eintrag 1728. Ereignis zwischen 10.3. und 24.4. 1451: Item yn desseme yare in der vasten wart ghegrepen to Lubeke een borgher van Dantzeke myt valscheme ghelde, dat hadde he ghemuntet laten up den Bruschen slach. desse vorsakede up dat erste unde sede, dat he nicht en wußte, wo yn umme dat gheld were, wente een kopman to | Kollen hadde em dat ghegeven vor een pert; unde doch, do he langhe unde sere ghepyneghet wart, do bekande he, dat he dat ghelt slan laten hadde to Lyntborch by deme Ryne. ok bekande he, dat he bevoren vele schaden ghedan hadde myt valscher munte in velen landen, beyde myt golde unde myt sulvere, unde sunderliken myt Ungerschen ghuldenen. na desser bekanntnisse wart he gerichtet unde soden to Lubeke uppe deme markede; unde nement hedde eme der bosheyt tolovet, wente he was gheholden vor enen vromen kopman; doch wat he was, dat bewisede de ende. (Chroniken der niedersächsischen Städte, Lübeck, 4, S. 122)

Eintrag 2068 der Ratschronik: ca. 1477: Item in desser tid wurden tho Hamborch vif gebrant, dede valsch sulver hadden gemaket unde dar de lude mede bedrogen [...]. (Chroniken der niedersächsischen Städte, Lübeck, 5, S. 198)

In der Lübecker Ratschronik liegt zuerst ein Fall von Münzfälschung vor, bei dem der Fälscher gefoltert und dann auf dem Marktplatz gesiedet wird. Im zweiten Beispiel werden fünf Personen verbrannt.

4. Asmus Bremers Chronicon Kiliense tragicum-curiosum

Asmus Bremer stellte in seiner Chronik, die er im 18. Jahrhundert verfasste, Urkunden, Akten und andere Zeugnisse aus Kiel zusammen, in denen Gewalt-, Mord-, und Übeltaten sowie Unglücksfälle zu finden sind. Alle Fälle geschahen in Kiel und dem Umland der Stadt. Sein Werk ist in zwei Teile geteilt, die jeweils chronologisch geordnet sind. Im ersten sind die tragischen Vorkommnisse von 1432 bis ins Jahr 1717 aufgelistet, im zweiten die kuriosen Dinge, die sich von 1241 bis 1705 ereigneten (Bremer, Chronicon, S. L).

Eintrag aus dem tragischen Teil der Chronik von 1686: Den 15. Jul. sind 2 Brüder Hinrich und Lüder Martens, welche in ihrem Hause hieselbst oben in der Fischerstraßen falsche Müntze geschlagen, davon gewiße Sorten schon unter die Leute gekommen, darauf sie sich den 2. Febr. schon heimlich aus dem Staube gemacht, durch Urtel und Recht in die comminirte poena banni erkleret, von den Frieden in Unfrieden gesezt und durch den Frohnen mit der Schandklocken ausgeleutet worden. (ebd., S. 342)

Es folgt das Verfahren des Kieler Gerichts gegen Heinrich und Lüder Martensen wegen Falschmünzerei. 1686 Juli 15.

[...] die comminirte poena banni zu erklären, wie sie dan beyderseits hiemit darin erkläret und von dem Frieden in den Unfrieden gesetzet und darauff mit der Schandklocken hiesigen Ohrts Gewohnheit nach durch den Fronen sollen außgeleutet werden, mit Erstattung der Unkosten salva moderatione. Von Gerichts und V.R.W. Publicatum Kiel den 15. Julii Anno 1686.
J. Hennings.

Hierauf sind nun beede Verbrechere durch den Vogt folgender Gestalt in die Acht erkleret:
Ehrbare großgünstige Herrn.
Dieweil beede Übelthätere Henrich und Lüder Gebrudere Martenßen auf ergangene Citationes nicht erschienen, so lege ich dieselbe itzo ver*möge abgesprochener Uhrtell aus dero hohen Landesfürstl. obrigkeitl. Gewaldt, auch von wegen eines ehrbahren Raths der Stadt Kiehl, in denen Fürstenthümbern Schleßwig, Holstein und dero einverleibten Landen, Städten und Dörffern, uff Stegen und Wegen, in Kirchen und Klaußen, in allen Gottesheußern, acht und friedeloß zum ersten Mahl. Zum andern Mahl lege ich beede Gebrüedere Martenßen vermöge abgesprochener Uhrtell aus der hochen Landesfürstl. obrigk. Gewaldt, auch von wegen eines ehrbaren Raths der Stadt Kiehl, in denen Fürstenthümbern Schleswig Holstein und dero einverleibten Landen, Städten und Dörffern, uff Stegen und Wegen, in Kirchen und Claußen, in allen Gotteshäußer acht und friedlos, *folgendes die Gerichtsklocke durch des Scharffrichters Knecht zu 9 verschiedenen Mahlen ihnen nachgezogen werden.
(ebd., S. 691-92)

In dieser Chronik werden Münzfälscher zwar verurteilt, aber lediglich zu einem Bann und das Setzen in den Unfrieden. Das heißt, dass sie jeglichen Schutz verlieren. Somit wurde kein Todesurteil gesprochen, wobei die beiden Verurteilten auch vor der Festnahme fliehen konnten.

Aus den Rechtstexten und Chroniken wird ersichtlich, dass sowohl im Mittelalter als auch der Neuzeit teilweise mit Falschmünzern unterschiedlich umgegangen wurde. Während der Sachsenspiegel besagt, dass diese entweder zum Tode verurteilt werden sollen oder ihre Hand verlieren, beziehungsweise wie Fälscher behandelt werden sollen, sollen sie in Hamburg gemäß des Ordeelbooks zur Strafe gesiedet werden. In der Lübecker Chronik wird diese Strafe auch direkt umgesetzt, beziehungsweise werden die Fälscher im zweiten Fallbeispiel der Chronik verbrannt. Im letzten Beispiel werden die Angeklagten in Abwesenheit vom Gericht aus der Stadt verbannt.


Bibliographie

  • Behrens, Heinrich: Münzen und Medaillen der Stadt und des Bisthums Lübeck. Berlin 1905.
  • Bremer, Asmus: Chronicon Kiliense tragicum-curiosum. 1432-1717. Die Chronik des Asmus Bremer, Bürgermeisters von Kiel, hrsg. v. Moritz Stern. Kiel 1916.
  • Das Hamburger Ordeelbook von 1270 samt Schiffrecht nach der Handschrift von Fredericus Varendorp von 1493 (Kopenhagener Codex). Textausgabe und Übersetzung ins Hochdeutsche mit rechtsgeschichtlichem Kommentar von Frank Eichler. Hamburg 2005.
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  • Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Lübeck. Bd. 5. Leipzig 1911.
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  • Von Schrötter, Friedrich: Falschmünzerei. In: Von Schrötter, Friedrich (Hrsg.): Wörterbuch der Münzkunde. Berlin 1970 2.Aufl., S. 187-188.
  • Ziermann, Diether/Schäfer, Andreas: Falschmünzer und Gerber. In: Archäologie in Niedersachsen. Bd. 6. Oldenburg 2003, S. 125-127.
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