Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Byzanz um 1200

© Rieke Becker

Historischer Überblick

Nach 800 Jahren relativer Stabilität war der Beginn des 13. Jahrhunderts von einschneidenden Veränderungen für das oströmische Reich geprägt. Im Zuge des Vierten Kreuzzugs fiel Byzanz 1204 in die Hände von Kreuzrittern und brach auseinander. Die griechisch-byzantinischen Adelsfamilien gingen ins Exil und etablierten dort eigene kleine Reiche. Die drei neu gegründeten Nachfolgestaaten waren das Kaiserreich Nikaia, das Despotat Epirus sowie das Kaiserreich Trapezunt. Der Vergleich von byzantinischen Münzen, die kurz vor und nach diesen Umwälzungen geprägt wurden, verdeutlicht, wie die Veränderungen der politischen Verhältnisse auch die Repräsentationsstrategien der jeweiligen Herrscher beeinflussten. Im Folgenden wird deshalb jeweils eine Münze der Kaiser Isaacus II. Angelus (1185–1195), Alexius III. Angelus-Comnenus (1195-1203), Theodorus I. Comnenus-Lascaris (1208-1222) sowie Johannes III. Ducas-Vatatzes (1222-1254) vorgestellt und interpretiert, wobei die zwei Erstgenannten das noch im Ganzen bestehende Oströmische Reich regierten, während die zwei Letzteren über das Kaiserreich Nikaia herrschten.

Eigenheiten des byzantinischen Münzwesens

Zunächst sollen jedoch die Eigenheiten des byzantinischen Münzwesens sowie die Funktionen der Münzen kurz erläutert werden. Das Leitnominal war in Byzanz die Goldmünze, welche über Jahrhunderte internationales Prestige besaß. Silbermünzen spielten hier nur eine untergeordnete Rolle. Neben den als „Hyperpyron“ bezeichneten Goldmünzen gab es Münzen aus Gold-Silber-Legierungen („Elektron-Aspron-Trachy“), Silber-Kupfer-Legierungen („Billon-Aspron-Trachy“) sowie Kupfermünzen („Tertarteron“). Eine Besonderheit der Byzantinischen Münzen ist ihre konkave Form, die vermutlich hauptsächlich der besseren Stapelbarkeit diente.


Textabbildung: Periode der goldenen Hyperpyroi, aus Grierson 1999, S. 44.

Neben ihrer pragmatischen Funktion als Zahlungsmittel funktionieren Münzen mit ihren Münzbildern auch als Kommunikationsmittel. In Byzanz hatten diese vor allem drei Hauptfunktionen: Sie dienten der Herrschaftsrepräsentation, der religiösen Repräsentation und lieferten natürlich funktionale Aussagen über den Wert der Münze. Die Legenden waren in der Regel auf Griechisch verfasst. Zu Beginn war das Herrscherbild das bestimmende Bild auf der Münzvorderseite. Ab 843 war der Herrscher in Begleitung von Christus, Maria oder Heiligen abgebildet, zuvor meist mit Mitregenten oder Thronfolgern. Eine zuvor eher dynastische Legitimation wich also einer vor allem religiösen Legitimation. Um 1200 war das Herrscherbild längst auf die Münzrückseite verschoben worden und hatte auf der Vorderseite Platz für weitere Abbildungen von Christus, Maria oder Heiligen gemacht. Christus wurde gern als Pantokrator dargestellt, für Maria war die Darstellung als thronende Madonna mit dem Jesuskind sehr beliebt.

Abbildung 1: Isaacus II. Angelus (1185–1195).

Abbildung 2: Alexius III. Angelus-Comnenus (1195-1203).

Abbildung 3: Theodorus I. Comnenus-Lascaris (1208-1222).

Abbildung 4: Johannes III. Ducas-Vatatzes (1222-1254).


Literatur

  • Grierson, Philip: Byzantine Coinage, Washington, D.C. 1999.
  • Sommer, Andreas Urs: Die Münzen des Byzantinischen Reiches 491-1453, Regenstauf 2010.
  • Sommer, Andreas Urs: Münzsammlunge der Georg-August-Universität Göttingen im Archäologischen Institut. Katalog der byzantinischen Münzen, Göttingen 2003.