Handbuch zur Mittelalter-Numismatik

Das Deutsche Reich um 1000

© Svenja Eggers

Allgemeines

Das Deutsche Reich des Mittelalters geht zurück auf das karolingisch-ostfränkische Reich. Die Grundlage hierfür bildeten die fünf Herzogtümer Lothringen, Franken, Sachsen, Schwaben und Bayern. Die Basis des Münzwesens im Deutschen Reich konstituierte die Münzreform Karl des Großen am Ausgang des 8. Jahrhunderts. Dieser etablierte ein nahezu homogenes Münzsystem, welches auf Silber als Währungsmetall und auf dem Pfennig als alleinigen Münzwert aufbaute. Gold trat in den Hintergrund, und dementsprechend wird die Zeitspanne von ca. 700- 1200/1250 als Pfennigzeit tituliert. Die Gewichtsnorm überstieg seit dem 10. Jahrhundert nicht mehr als 1,7 Gramm. Die Münz- und Geldgeschichte des mittelalterlichen Deutschen Reiches kann zeitlich in drei Phasen gegliedert werden: Zunächst etablierte sich der Fernhandelsdenar (900-1120/30), gefolgt vom Regionalpfenning (1120/30-1300) und der Zeit der mehrstufigen Münzsysteme.

Die Periode des Fernhandelsdenars geht begrifflich auf die Armut der Münzfunde im deutschen Inland zurück. Bedingt durch einen gut ausgebildeten Fernhandel verblieb das Maximum der deutschen Münzen nicht im Reich, sondern wurde ins Ausland exportiert . Die meisten Schatzfunde lassen sich im Ostseeraum lokalisieren. Folglich kann die deutsche Münzgeschichte bis 1125 hauptsächlich auf Grundlage ausländischer Münzfunde rekonstruiert bzw. beschrieben werden. Insbesondere die schwedischen Funde sind für das Deutsche Reich um 1000 von Bedeutsamkeit. Aus diesen in Schweden gefundenen Münzen wurde das Corpus nummorum saeculorum IX-XI erstellt. Durch dieses Münzverzeichnis lassen sich für das Deutsche Reich um 1000-1200 167 Münzstätten bestimmen. Allerdings weist Kluge darauf hin, dass nicht festgestellt werden kann, inwieweit die Münze im Alltagsleben der Menschen eine zentrale Rolle einnahm oder eher als Instrument des Handels diente. Die Frage, ob die Münzprägung der einheimischen Geldversorgung oder primär dem Export diente, wird in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, da ein im Inland gefundener Denar acht exportierten Denaren gegenübersteht.

Diese Periode des Münzwesens entspricht auf der politischen Ebene mit der Zeit der Ottonen und Salier. Das Zeitalter der Ottonen (936-1002) hatte tiefgreifenden Auswirkung für das deutsche Münzwesen. Hier nahm die Münzproduktion eine positive Entwicklung, und es kam zu einem räumlichen Wachstum. Laut Kluge werde in der ottonischen Zeit das angelegt, was die salische und im noch stärkeren Maß die staufische Zeit kennzeichne. Das seien zum einen das Zurücktreten des Königtums und zum anderen die allmähliche Dominanz der Bischöfe im Münzwesen. Das Münzbild unter den Ottonen ist ein verhältnismäßig eindimensionaler Kanon aus wenigen unterschiedlichen Formen. Die dominierenden Bilder zeigen ein gleichschenkeliges Kreuz, welches zumeist vier Kugeln in den Winkeln trägt, sowie die abstrakte Darstellung eines Kirchengebäudes. Abbildungen von Herrschern bilden die Ausnahme. Ferner imitieren sie nicht die Charakteristika des Herrschers, sondern fungieren lediglich als Stereotyp.

Mit dem Regierungsantritt von Konrad II. beginnt das Zeitalter der Salier (1024-1125). In Bezug auf die Strukturen des Münzwesens fand jedoch keine wesentliche Veränderung gegenüber den Ottonen statt. Allerdings gab es eine signifikante Änderung: Die Relevanz der Geistlichkeit als Münzherren in der mittelalterlichen Münzprägung des Deutschen Reiches nahm erheblich zu. Das hat zur Folge, das neben königlichen Attributen zusätzlich Namen oder Kennzeichen der Geistlichkeit auf den Münzen der Salierzeit zu finden sind. Kluge betont, dass auf diesen Münzen keine königliche Mitwirkung und Beteiligung bekundet, sondern hier nur der noch nicht vollständige Bruch mit der ottonischen Tradition abgebildet werde. Die Münzen seien vollständig autonom. Dennoch sind die beherrschenden Münzbilder unter Konrad II. auch innerhalb der geistlichen Münzstätten das Abbild sowie der Name des königlichen bzw. kaiserlichen Herrschers. Gleichwohl sei laut Grierson eine vielfältige Steigerung gegenüber den Ottonen zu erkennen. Neben Personendarstellungen in Form von weltlichen sowie geistlichen Würdenträgern trete die Abbildung von Gebäuden.

1. Der Otto-Adelheid- Pfennig

Mit dem Aufstieg der sächsischen Ottonen-Dynastie ging gleichsam ein Aufwärtstrend des Münzwesens einher, der um 1000 schließlich in einer intensiven Münzproduktion gipfelte. Grundlage für diese Blütezeit war die Entdeckung eines Silbervorkommens in Rammelsberg in der Nähe von Goslar. Dieses Silber ist in zwei Münztypen, zum einen als Sachsenpfennig und zum anderen als Otto- Adelheid- Pfennig, ausgemünzt worden. In Schweden wurde dieser Münztyp, neben dem Kölner Typus und dem Sachsenpfennig, am häufigsten gefunden. Der Otto- Adelheid-Pfennig verdankt seinen Namen seiner Legende. Auf dem Avers sind als Umschrift die Worte OTTO / ODDO DI GRA REX zu lesen. Dreht man die Münze um, steht auf dem Revers ATHALET / ATHALEIT und Ähnliches. Charakteristisch für sein Münzbild ist einerseits das „Holzkirchengepräge“ . Andererseits sind Kopf- und Kreuzdarstellungen abgebildet. Geprägt wurden die Münzen in Goslar und Umgebung. Der Prägebeginn liegt ca. um 983/991, und die Prägung endete erst um 1060.

Dannenberg datiert den Beginn der Prägung auf die Zeit zwischen 983-991. Gemäß der Interpretation Dannenbergs sei auf den Münzbild Otto III. abgebildet. Demnach meine die Legende ATHALEIT, die Großmutter von Otto III. Der Otto-Adelheid-Pfennig hat ein Gewicht von ca. 1,20-1,50 g und einen Durchmesser von 17-19mm. Aus seinen Fundorten, die sich hauptsächlich im skandinavischen Raum ballen, lässt sich erschließen, dass er in erster Linie der Steigerung und Intensivierung des Wikingerhandels diente.

Abbildung 1 zeigt einen unter Otto III. gemünzten Otto-Adelheid-Pfennig.

2. Geistliche und königliche Prägung unter Otto III. und Erzbischof Pilgrim in der Münzstätte Köln

Die Stadt Köln war die bedeutendste Münzstätte im Deutschen Reich. Der Geltungsbereich umfasste dabei nicht nur die Stadt, sondern war auch überregional von großer Wichtigkeit. Daher wurde das Münzbild vielfach nachgeahmt.

Die Entwicklung des signifikanten Bildes setzt zwischen 900-911 unter Ludwig dem Kind ein, indem er die Kölner Prägung von Fremdeinwirkungen separierte und den Namen der Stadt Köln COLONIA auf der Vorderseite der Münze platzierte. Die Münzherren Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II. und Konrad II. ergänzten diesen Schriftzug. Unter ihnen gibt dann schließlich das prägnante Bild des dreizeiligen S(ANCTA) / COLONIA / A(GRIPPINA) der Kölner Münze seine Gestalt. Die Rückseite bildet ein Kreuz, in dessen Winkeln sich je eine Kugel befindet. Unter Otto III. (983-996) lagen Durchschnitts- und Höchstgewicht des Denars bei 1,230g bzw. 1,49g.

Abbildung 2 zeigt eine Münze aus der Zeit der königlichen Münzprägung unter Otto III. in Köln.

In besonderen Maße wird die Verlagerung der Münzherrschaft von der Person des Königs auf die Geistlichkeit in Köln erkennbar. Bis zum Regierungsantritt Konrads II. war die Kölner Münzprägung in königlicher Hand. Dieser übertrug schließlich das Münzrecht auf Erzbischof Pilgrim (1021-1036). Hier wird die Autonomie der Geistlichkeit sichtbar, die seitens des Königtums auf Toleranz stößt. Die Münzprägungen unter Pilgrim werden daher in der Legende mit geistlichen sowie kaiserlichen Namen ausgemünzt. Er trat damit die Nachfolge Brunos (953-65) an und versah die Münzen neben dem Namen des Erzbischofs auch mit dem Namen und Bild des Kaisers. Von besonderer Bedeutung hierbei war die gemeinsame Prägung von Pilgrim und Kaiser Konrad II. Diese zeigt auf dem Avers Konrad II. im Profil, auf der Rückseite steht der Name Pilgrims im Zentrum. Gemäß Hävernick sei dies die letzte Kaiserdarstellung auf Kölner Münzen. Unter Pilgrim werden vermehrt gewöhnliche Gebäudedarstellungen abgebildet. Das Durchschnittsgewicht dieser gemeinsam geprägten Münze lag in der Zeit zwischen 1027-1036 bei 1,356g und das höchste Einzelgewicht bei 1,7g.

Abbildung 3 zeigt eine gemeinsame Prägung von Erzbischof Pilgrim und Konrad II.

3. Kaiserliche Prägung unter Konrad II. in Duisburg

Konrad II. legt den Fokus seiner Münztätigkeit auf das Rheinland und gründete dort Aachen und Duisburg als neue kaiserliche Münzstätten. Dort begann die Prägung erst ab 1027. Duisburg entwickelte sich, aufgrund der vielfältigen Münzbilder und des guten Niveaus des Stempelschnittes, zur bedeutendsten Münzstätte der salischen Zeit und steht synonym für die Münzprägung der Salier: „Klare Typenverhältnisse, guter Stempelschnitt, bemerkenswerte Bilder und technisch saubere Prägungen heben Duisburg deutlich aus der Masse der deutschen Münzstätten heraus. […] Duisburg verkörpert aufs Ganze gesehen den technischen Höchststand im deutschen Münzwesen der salischen Zeit“. Unter Konrad II. fand eine Prägung von enormem Umfang statt. Von diesen Münzen wurden 355 Exemplare gefunden, die in der Zeit zwischen 1027-1039 in den Ostseeraum exportierten wurden. Auf der Vorderseite der Münze findet sich häufig die Legende CHONRADVS IMP[ERATOR] sowie eine Frontaldarstellung Konrads II. Besonders prägnant ist hierbei der detailreiche Bart und seine schmuckbesetzte Krone. Die Rückseite wird geprägt durch den ins Kreuz gestellten Stadtnamen DIVS-BVRG. Dieser Typus wurde in diversen Varianten ausgemünzt.

Abbildung 4 zeigt eine Prägung unter Konrad II. (1027-1039).

Literatur

  • Berghaus, Peter; Mäkeler, Hendrik; Nilsson, Harald (Hg.), Deutsche Münzen der Wikingerzeit sowie des hohen und späten Mittelalters. Uppsala 2006 (Studia numismatica Upsaliensia, 2).
  • Berghaus, Peter, Duisburger Münzen. In: Peter Berghaus und Gert Hatz (Hg.): Denar, Sterling, Goldgulden. Ausgewählte Schriften zur Numismatik. Osnabrück 1999, S.156-179, S. 158.
  • Grierson, Philip; Zeller, Alfred P., Münzen des Mittelalters. 1. Aufl. München 1976.
  • Hatz, Gert, Otto-Adelheid-Pfennige. In: Johannes Hoops und Heinrich Beck (Hg.): Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 2., Berlin 2003, S. 395–397.
  • Hävernick, Walter, Die Münzen von Köln. Vom Beginn der Prägung bis 1304, Bd. 1. In: Hävernick, Walter; Noss, Alfred: Die Münzen und Medaillen von Köln. Hildesheim 1975.
  • Kluge, Bernd, Numismatik des Mittelalters, Band I: Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi, Berlin 2007.
  • Kluge, Bernd, Deutsche Münzgeschichte von der späten Karolingerzeit bis zum Ende der Salier. (ca. 900 bis 1125). Sigmaringen 1991.