Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens (SchuReDO)

© Christina Link / Jürgen Sarnowsky (2009 / 2023)


Diese Seiten sind ein Projekt des Zentrums "Geisteswissenschaften in der digitalen Welt" an der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung.


1. Einführung

Spätestens im 14. Jahrhundert hat der Deutsche Orden, gestützt auf päpstliche Privilegien, eine eigene Handelsorganisation aufgebaut, die insbesondere die Brüder im Ordensterritorium in Preußen zu günstigen Konditionen mit teueren Exportgütern aus dem Westen versorgen konnte. Auf der Marienburg und in Königsberg residierten zwei Großschäffer – neben anderen mit Handel befassten Schäffern des Ordens – , denen Lieger, Diener und Wirte nicht nur in Preußen selbst, sondern auch im weiteren Hanseraum, insbesondere in Lübeck, Brügge und London, unterstellt waren. Der Höhepunkt der Entwicklung war jedoch bereits 1410 überschritten, da der Orden die für seine Aktivitäten notwendige Unterstützung der Bürger der preußischen Hansestädte verloren hatte. Als landesherrliche Handelsorganisation ist das weit reichende „Netzwerk“ der Großschäffer und Lieger sogar über die Geschichte der geistlichen Ritterorden hinaus von Bedeutung.

Das aus der Amtsführung der Schäffer überlieferte Quellenmaterial, Schuldbücher und Rechnungen, hat folglich immer wieder das Interesse der Forschung gefunden. Die Gesamtheit der Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens lässt sich zum einen formal, zum anderen nach den Schreibstuben unterscheiden, in denen sie entstanden sind. Formal handelt es sich im wesentlichen um eigene Folianten sowie um Einzelrechnungen, die sich in der Ordensüberlieferung aus dem historischen Staatsarchiv Königsberg, heute im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin, XX. Hauptabteilung, finden. Sie stammen sowohl aus den beiden Großschäffereien zu Königsberg und zu Marienburg als auch von einzelnen Kaufleuten und Ämtern, insbesondere von den flandrischen Liegern des Königsberger Großschäffers sowie – aber nur in wenigen Ausnahmen – vom Pfundmeister des Ordens in Danzig, der offenbar nach 1429 die Aufgaben des Marienburger Großschäffers übernahm.

Den Kern des erhaltenen Bestands bilden die Ordensfolianten 141 bis 155. Sie umfassen neun Schuldbücher der Großschäfferei zu Königsberg aus der Zeit zwischen 1400 und 1423 (Ordensfolianten 141 bis 149), eine Übersicht über die Aufgaben der Großschäffer für die Versorgung der Marienburg sowie vier in drei Folianten zusammengefasste Schuldbücher der Marienburger Großschäfferei aus den Jahren 1399 bis 1417 (Ordensfolianten 153 bis 155). Dazu kommen drei Rechnungsbücher zweier flandrischer Lieger der Königsberger Großschäfferei, eines von Johannes Plige und zwei von Andreas Koyan, aus der Zeit von 1391 bis 1434 (Ordensfolianten 150 bis 152).

Diese Folianten wurden erstmals Ende des 19. Jahrhunderts von Carl Sattler in Teilen ediert (unter dem etwas irreführenden Titel der „Handelsrechnungen“, Sattler 1887). Die Lückenhaftigkeit und geringe Transparenz dieser Edition hat in der Folge immer wieder zu fehlerhaften Interpretationen geführt; die Benennung als "Handelsrechnungen" verschleierte die wahre Funktion der Folianten für die Aufzeichnung lediglich derjenigen Geschäfte des Großschäffers, aus denen Schulden eines Handelspartners beim Großschäffer resultierten. Zudem wurde die Struktur der Bände, die sich aus der Fortschreibung ein und derselben Schuld über zum Teil viele Jahre und somit viele aufeinanderfolgende Folianten ergibt, in der Teiledition nicht transparent. Im Gegenteil war in keiner Weise nachzuvollziehen, welche Schulden zum wiederholten Male in den Rechnungen auftauchten.

Die vollständige Neuedition des Materials erschien vor diesem Hintergrund als wichtiges Desiderat, zumal auch die Richtlinien für die Edition spätmittelalterlicher Texte in die Diskussion geraten sind (Thumser 2001). Die Edition der Marienburger Bände wie auch die Erstellung einer Online-Edition derselben konnte im Rahmen eines von der DFG geförderten dreijährigen Editionsprojektes erstellt werden.

Das insgesamt für die Edition vorgesehene Material umfasst die verschiedenen Schuldbücher der beiden Großschäffereien sowie des flandrischen Liegers der Königsberger Großschäfferei, die in den Ordensfolianten (OF) 141-155 der XX. Hauptabteilung (Historisches Staatsarchiv Königsberg) des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Berlin, erhalten sind, sowie weitere, im selben Kontext überlieferte Einzelrechnungen und Belege und Ergänzungen aus anderen Archiven. Diese Edition ist zunächst in gedruckter Form erschienen und steht nun zu Teilen auf diesen Seiten auch online zur Verfügung.


2. Methode und Zugänglichkeit

Der Text der Schuldbücher und der weiteren Quellen liegt in einer unikalen, weil originalen Überlieferung aus der Kanzlei der Großschäfferei bzw. weiteren Kanzleien des Ordens vor, in der im Ordensland gebräuchlichen ostmitteldeutschen Kanzleisprache. Doppelüberlieferungen (insbesondere in OF 153 und 154) resultieren im Wesentlichen aus der Neuanlage von Rechnungsbüchern innerhalb der Kanzlei.

Die Wiedergabe des Textes folgt unter anderem den Vorschlägen, die Matthias Thumser, wenn auch in Frageform, formuliert hat (Thumser 2001). Insbesondere soll die „Normalisierung“ auf ein Minimum reduziert werden, um auch einen interdisziplinären Zugang zu den Quellen zu ermöglichen. Die Präsentation der Quellen orientiert sich formal an den jüngeren polnischen Editionen von Amtsbüchern des Deutschen Ordens und der preußischen Städte, indem die Einträge der Folianten und die einzelnen Stücke jeweils einen numerus currens erhalten, um Querverweise und die Erschließung durch Register zu erleichtern.

Das Hauptziel der Neuedition ist dabei größere Transparenz der Arbeitsweise der Schäffer und Schreiber bei der Führung der Bücher zu erreichen: das Fortschreiben noch offener Schulden in späteren Bänden soll für den Forscher deutlich werden. In der Druckfassung wurde dies durch ein System von Querverweisen erreicht, in der Online-Edition wird dies durch die Struktur von Eintrag und Eintragsvariante erreicht. Fortgeschriebene Schulden werden so hinsichtlich ihres Inhalts in einem Datensatz zusammengefasst, der aber wiederum auf die einzelne Variante in den verschiedenen Folianten mit ihren Eigenheiten verlinkt. Die verschiedenen Varianten eines Eintrages können dann vom Benutzer nebeneinander betrachtet werden, so dass ein unmittelbarer Vergleich von Veränderungen und Zusätzen sprachlicher wie inhaltlicher Natur möglich wird.

Ein weiteres Ziel war es, die Sattlersche Teiledition entbehrlich zu machen. Diejenigen Stücke in der Edition - im Druck wie Online -, die bereits bei Sattler ediert sind, werden durch ein Sternchen hinter dem Numerus currens kenntlich gemacht. Schließlich sollte der Edition auch Bildmaterial beigegeben werden. Das ließ sich jedoch nicht verwirklichen.

Nach der offiziellen Beendigung des Projektes war das Quellenmaterial noch nicht vollständig in der Datenbank greifbar. Es wurde jedoch insgesamt für alle Schuldbücher der Marienburger Großschäfferei (Ordensfolianten 153-155) ergänzt. Mit der Online-Edition möchten wir einen Beitrag leisten zur Forschungsdiskussion um die digitale Edition von mittelalterlichen Amts- und Rechnungsbüchern.


3. Technik

Die 2009 realisierte Webseite basierte auf einer Anwendung des OpenSource-Projektes |> MyCoRe in der Version 2.0. Das integrierte Document-Management-System (DMS) erlaubte dem Anwender, eine große Zahl von Dokumenten in eine Datenbank einzupflegen, zu verwalten und zu überarbeiten. Da jedoch keine finanziellen Mitteln für ein Update zur Verfügung standen, musste auf ein einfacheres technisches Konzept umgestellt werden.


4. Die Edition

In der aktualisierten Version sind die Schuldbücher einzeln erschlossen, aber mit Verweisen auf parallele Überlieferung. Zum einen gibt die Beschreibung einen Eindruck vom Manuskript und seinem Zustand, zum anderen sind die einzelnen Stücke in einer Übersicht mit kurzen Inhaltsangaben zusammengestellt und dort verlinkt. Erfasste Folianten:


OF 153a: Beschreibung //
Übersicht 1 bis 7

OF 153b: Beschreibung //
Übersicht 1 bis 200 / Übersicht 201 bis 400 / Übersicht 401 bis 600 / Übersicht 601 bis 658

OF 154: Beschreibung //
Übersicht 1 bis 200 / Übersicht 201 bis 400 / Übersicht 401 bis 468

OF 155: Beschreibung //
Übersicht 1 bis 200 / Übersicht 201 bis 400 / Übersicht 401 bis 600 / Übersicht 601 bis 800 / Übersicht 801 bis 1000 / Übersicht 1001 bis 1084