Die Erste Fortsetzung der Älteren Hochmeisterchronik (Auszüge)

Abschnitte 219-228


© Mathias Nagel, Hamburg (2002)
- erstellt im Zusammenhang mit einem Hauptseminar an der Universität Hamburg im Sommersemester 2002 -



219. Da verlängerte ihnen der Kaiser den Tag bis zum Sankt Katharinen Tag1). Während sich das Gericht so lang verzog, sandte der Herr Hochmeister den Bund nach Rom zum heiligen Vater, dem Papst. Der sprach mit seinen Kardinälen den Bund machtlos und vermaledeite ihn. Desgleichen wurde der Bund nach Padua, Bologna, Köln, Leipzig und Erfurt zu den Universitäten gesandt, die den Bund alle machtlos sprachen. Als Sankt Katharinen Tag kam, wollten die Bundherren nicht kommen, denn sie hatten wohl vernommen, daß sie im Unrecht sein sollten. Da baten die Sendboten des Herrn Hochmeisters um Recht. Der Kaiser setzte sich mit den Räten der Kurfürsten und den Seinen in seiner Majestät zusammen und sprach den Bund machtlos und unrecht und verhängte über die Bundherren eine Schuld von 6.000 Gulden: 2.000 dem heiligen Vater, dem Papst, 2.000 dem Kaiser und 2.000 dem Hochmeister, weil sie sich dem Hochmeister und Orden, ihrem rechten Herren, so frevelhaft widersetzt hatten. Bevor der Rechtsspruch erfolgte, sagten die Sendboten des Hochmeisters, daß die vom Bund den Ihren im Land zu Preußen als wahrhaft vorgegeben hatten, daß seine kaiserliche Gnade ihren Bund zuerst königlich bestätigt und danach konfirmiert haben sollte. Und sie baten seine Gnade, falls so etwas wirklich geschehen sein sollte, daß seine kaiserliche Majestät unter Berücksichtigung der Privilegien und Freiheiten des Ordens solches widerrufen wolle, weil die Bundherren mit diesem Gerücht das ganze Land zu sich zögen. Der Kaiser gab die Antwort, es wäre ihm unwissentlich. Da baten die Sendboten des Herrn Hochmeisters den Kaiser, daß seine kaiserliche Majestät ihnen darüber Briefe geben wolle. Das tat der Kaiser und gab ihnen darüber einen Brief, daß ihm solches unwissentlich wäre.
220. Denselben Brief nahmen die Sendboten und sandten ihn mit einem Bruder des Ordens, Jörg von Egloffstein, dem Herrn Hochmeister nach Preußen. Als derselbe dem Hochmeister den Brief brachte, sandte der Meister den Brief in die kleinen Städte und auch sonst an manches Ende und machte den Bundherren den Brief bekannt. Zuletzt sandte er denselben Brief mit Herrn Jörg von Egloffstein nach Danzig, der denselben Brief in allen drei Städten2)  lesen ließ. In der Rechtstadt von Danzig sagte der von Egloffstein dem Rat und der ganzen Bürgerschaft, sie hätten die Briefe des Kaisers wohl vernommen. Da antworteten ihm die Bürger und sprachen, sie hätten ebenfalls Briefe vom Kaiser, und baten ihn, daß er sie hören wolle. Er sprach: „Gerne.“ Da lasen sie ihm zwei Abschriften, eine königliche Bestätigung des Bundes und zum andern eine kaiserliche Konfirmation all ihrer Privilegien, und sagten dazu, es befremde sie, daß der Kaiser Solches täte und einen Brief wider den anderen erteile. Derselbe von Egloffstein sagte ihnen auch seitens des Hochmeisters, daß sie sich in keiner Weise besorgen sollten. Die Sachen wären zu Recht gesetzt, das sollte ihm wohl und weh tun3). Das Gleiche sagten dieselben Bürger dem Hochmeister auch glaubhaft zu. Auch sollte der Hochmeister keine Sorge mehr haben, weil sie nimmermehr und ewiglich nach keiner Herrschaft mehr trachten wollten. Ihre Herzen waren aber falsch und erlogen es alles. Denselben Herrn Georg von Egloffstein baten sie zu Gast und wollten ihn dort vergiften. Doch ging es nicht ganz nach ihrem Willen. Es kam aber immerhin soweit, daß er mit allen seinen Gesellen, die er daselbst mit hatte, von Stund an sehr krank wurde. Aber durch die Gnade Gottes starb keiner von ihnen. Die kleinen Städte waren alle beim Hochmeister zu Marienburg und sagten ihm ebenfalls allesamt zu, sie wollten bei ihm bleiben und nimmermehr nach anderer Herrschaft trachten. Zuletzt hielten sie es aber nicht.
221. Zu der Zeit, als der Rechtsspruch erfolgte, zog einer von den Bundherren, Ramsel genannt, nach Bruck, wo dann die anderen Bundherren auch waren, die vorher gefangen wurden, nämlich Hans von Tauer und Wilhelm Jordan, der Bürgermeister zu Danzig war, ein geborener Bauer, der durch König Ladislaus von Böhmen und Ungarn zum Ritter geschlagen wurde. Das war anderen Herren ein großes Gespött. Und während die Boten des Hochmeisters noch weg waren, sandten die von Thorn und die anderen Bundherren ihre Gesandtschaft zum König von Polen, und vertrugen sich mit ihm, so daß er sie aufnehmen sollte4), denn sie wollten den Hochmeister und Orden aus dem Land ganz vertreiben. Der König schlug es zu derselben Zeit aus. Das bekam der Hochmeister von Ferne zu wissen. Er legte abermals einen Tag nach Marienburg und hielt ihnen solches vor, daß er derartiges von Ferne vernommen hätte. Außerdem hätte er gehört, daß sie rüsteten und Söldner aufnahmen, was ihn doch sehr wunderte. Sie antworteten ihm, daß sie gehört hätten, der Komtur von Elbing brächte ein großes Volk ins Land, daher schickten sie sich ebenso an. Der Hochmeister solle aber keine Sorge haben, und sie schworen ihm bei Treue und Ehre, daß sie ihm nichts Übles antun und sich am Recht genügen lassen wollten, insofern der Komtur auch kein Volk gegen sie ins Land führte. König Ladislaus von Böhmen schrieb dem Hochmeister, er hätte vernommen, daß er mit seinen Landen in Streit lag. Er solle keine Söldner zu sich kommen lassen, denn er werde sehr bald seine Schwester dem König von Polen in Krakau zuführen, wo er dann von der Hochzeit seine trefflichen Räte nach Preußen schicken wolle, um dort die Sache zwischen ihm und den Landen wohl und gütlich zu entscheiden. Der Hochmeister glaubte das alles und schrieb daraufhin dem Komtur von Elbing und gebot ihm beim Gehorsam, kein Volk mit sich ins Land zu bringen, was der Komtur auch einhielt. Damit wurden der Hochmeister und Orden aber betrogen, denn die Bundherren hatten die Briefe ohne das Wissen des Königs von Böhmen ausgehen lassen, und zwar durch einen böhmischen Herren, genannt Herr Jorgsick5), einen rechten Ketzer.
222. Unterdes hatten die Bundherren 500 Böhmen angeworben, die sie mit sich ins Land nach Preußen brachten. Der Komtur jedoch brachte niemanden mit. Zugleich sandten sie auch eine Gesandtschaft zum König von Polen, nämlich Herrn Hans von Baysen, einen Ritter, der ein sehr untreuer Mann des Ordens war und dabei doch all sein Gut mitsamt seinen Brüdern und Freunden vom Orden hatte. Und sie ergaben sich ganz dem König von Polen und nahmen ihn als Herren an. Und Hans von Baysen und die anderen, die dabei waren, schworen dem König noch auf derselben Fahrt. Merkt nun, was für falsche, untreue Verräter, Bösewichte und Schalke das waren, die so verräterisch mit ihren rechten Erbherren verfahren sind und ihnen zuvor so gute und süße Worte gesagt hatten!
223. Der meineidige, böse König von Polen hat den Hochmeister zu seiner Hochzeit bitten lassen, und der Hochmeister sandte seinen obersten Tressler6) mit seiner Gabe zu ihm. Unterdes nahm er die ungetreuen Männer auf, und das entgegen den ewigen Frieden, den sein Vater, seine Brüder und er mit allen seinen Landen dem Herrn Hochmeister und Orden auf das heilige Evangelium geschworen und auch das Sakrament darauf empfangen hatten, den Frieden zu ewigen Tagen nimmermehr zu brechen. Er wurde meineidig und hielt sein Versprechen nicht. Als die Verräter vom König wieder heimkamen, und der König sie aufgenommen hatte, und sie vernahmen, daß der Komtur von Elbing mit dem Herrn Bischof von Heilsberg zurückgekommen war, da sandten die ungetreuen Verräter dem Hochmeister ihre Entsagebriefe und entsagten ihm und dem ganzen Orden. Bevor unterdes der Hochmeister die Entsagebriefe bekam, sandte er um großer Treue und Eintracht willen, den obersten Marschall, Kilian von Exdorf, und den Komtur von Danzig, Herrn Nikolaus Poster, einen seinem Orden ungetreuen Mann, und den Komtur von Graudenz, Herrn Helfenstein genannt, damit dieselben um Frieden und Eintracht zwischen dem Hochmeister und den Bundherren verhandeln sollten. Und als dieselben Herren in ein kleines Städtchen kamen, Kulmsee genannt, da sandten sie einen Boten an den Rat nach Thorn und ließen um Geleit werben. Die Ungetreuen wollten ihnen aber kein Geleit geben. Die Herren wurden heimlich gewarnt und zogen sich wieder eine halbe Meile in ein kleines Schlößchen zurück, Papau genannt. Die falschen Bösewichte von Thorn machten sich von Stund an auf und nahmen als Ritter Otto Machwitz mit (der Diener des Hochmeisters gewesen war, und der vom Orden von Jugend an auf erzogen wurde) und außerdem etliche Böhmen mit Büchsen. Und sie belagerten die Herren auf Papau, so daß sich die Herren zusammen mit dem Pfleger los verhandelten, der sich auf dem Schloß aufhielt und ein Graf von Truhedingen und auch des Ordens war. Und was sie den Herren gelobt hatten, davon hielten sie nichts und nahmen ihnen all ihr Silber, ihre Pferde, Harnische und alles Hausgerät und führten die 4 Herren nach Thorn und warfen sie ins Gefängnis.
224. Als die Bösewichte am Donnerstag nach Purificationis Mariae7)  im Jahr, als man Christi Geburt 1454 Jahre zählte, wieder zurück nach Thorn kamen, da legten sich beide Städte, die Alt- und die Neustadt, vor das Haus Thorn. Und sie hatten mit Büchsen und Schirmen8)  den Rat aus der Neustadt vertrieben und nötigten das Schloß, bis der Komtur es ihnen übergab. Desgleichen legten sich die Danziger vor das Schloß Danzig, und es wurde ihnen ebenfalls übergeben, genauso wie Elbing und Königsberg. Die Schlösser brachen sie alle bis auf den Grund nieder. Nur von Königsberg blieb ein Teil stehen. Danach bildeten die Bundherren ein Heer und legten sich vor Graudenz und dann vor Rheden und gewannen innerhalb von drei Wochen im ganzen Land nacheinander alle Schlösser bis auf Marienburg und Stuhm. Das kam daher, daß die Schlösser weder gerüstet noch bemannt waren, und die Diener auf den Schlössern ihre Söhne und Freunde waren, die alle mit großer Falschheit von der Herrschaft abtraten, und der Hochmeister weder Hilfe noch Rettung hatte, weil er sich zu sehr auf ihre guten Worte verlassen hatte.
225. Die niederländischen Ritter und Knechte hatten dem Hochmeister und den Gebietigern stets glaubhaft zugesagt, daß sie tot oder lebendig bei ihnen bleiben wollten. Und man hatte auch vorher nie von ihnen vernommen, daß sie im Bund waren, und wenn die Bundherren miteinander Tage abhielten, so wollten sie niemals dazukommen. Darum vertrauten der Herr Hochmeister und der Orden denselben gar viel und sorgten sich nicht um sie. Und als sich das Kulmer Land, die Ungetreuen, erhob, da erhoben sich auch alle Niederländer und entsagten dem Hochmeister und nahmen alle Schlösser ein und vertrieben die Herren davon und nahmen all ihr Gut ein und wiesen sie aus dem Land. Ein Teil von ihnen kam auf die Marienburg. Und die von Rastenburg, die Stadt, die ertränkten ihren Pfleger, einen redlichen Mann des Ordens, der Herr Wolfgang Sauer hieß. Ansonsten wurden mehrere von ihnen ertränkt, Ritterbrüder und Priesterbrüder, denen Gott gnädig sei. Den anderen, die sich los verhandelt hatten, und denen man Versprechungen gemacht und Sicherheit zugesagt hatte, denen wurde nichts gehalten, sondern die von Thorn übergaben sie dem König von Polen. Auch brachen sie die Schlösser Balga und Brandenburg bis auf den Grund nieder. Das Schloß Preußisch-Eilau brannten sie aus. Die Schlösser Grebin, Sobitz, Althaus, Mosseck, Birgelau, Papau wurden alle gebrochen, Schönsee zu einem Viertel ausgebrannt. Der Komtur von Elbing, Reuß von Plauen, war auf Schloß Holland und verhandelte sich mit seinem Kammergewand und –gerät los. Da bestellten es die Bundherren, daß Koske, ein böhmischer Ritter und Ketzer mit vierzig Pferden auf ihn hielt, um ihn niederzuwerfen. Und als der Komtur nach Marienburg zog, da traf Koske mit ihm zusammen. Also half Gott dem Komtur, daß er Koske fing. Aber Koske stach dem Komtur ein Auge aus, und Koskes Gesellen wurden auch sehr verwundet. Ein Teil von ihnen wurde erschlagen, und ein Teil zusammen mit Koske gefangen. Also kam der Komtur durch Gottes Hilfe zusammen mit seinen Gesellen und der behaltenen Habe nach Marienburg. Von seinen Gesellen wurden nicht mehr als zwei verwundet. Das war eine große Gabe Gottes, denn Koske war viel stärker als der Komtur. Sämtliche Bischöfe im Land zu Preußen, die zum Orden gehörten, traten alle vom Hochmeister zu den Bundherren über. Der Herr Bischof von Heilsberg blieb auf Marienburg, aber seine Pfaffen blieben alle bei den Bundherren.
226. Als nun die Bundherren alle Schlösser innehatten und auch Schlochau eingenommen hatten, das boshafter Weise durch den Vogt von Schenbelbein, genannt Hans Dobenecker versäumt wurde (denn er sollte mit den Neuenmärkischen auf das Schloß geritten sein und ließ sich trotzdem davon reiten), da hatten die Bundherren das Städtchen Konitz auch eingenommen und dort einen neuen Rat eingesetzt. Unterdes kam der Komtur von Schlochau nach Konitz, der hieß Herr Rab und hatte sich von Schlochau los verhandelt und wurde mit dem alten Rat in Konitz einig. Und sie sandten nach Herrn Heinrich Reuß von Plauen, damit er zu ihnen kommen sollte. Der fromme Herr und Ritter säumte nicht lange. Er nahm Jürgen von Sliben mit etlichen seiner Vetter zu sich, sowie Till von Thumen und andere gute Kriegsleute mit wohl fünfhundert Pferden, und ritt nach Konitz. Und sie setzten den neuen Rat ab und den alten Rat wieder ein, der von Anfang an dem Orden treu gewesen war, und speisten die Stadt so gut sie konnten. Deshalb erschraken die Bundherren gar sehr und wurden mit einem Polen, Herrn Scherlenski genannt, einig, und versprachen ihm großen Sold und schickten auch Böhmen zu ihm, damit er Konitz belagerte. Er lag so lange davor, bis der König den Streit verlor. Er nahm dort auch großen Schaden und nur kleinen Gewinn. Der Komtur, Herr Rab, wurde in Konitz mit einer Büchse erschossen.
227. Am achten Tag nach der vorgenannten Zeit kamen die Danziger mit einer Streitmacht in den Warnauer Wald vor Marienburg und zwangen alle Bauern im großen Werder, ihnen Beistand zu leisten, so daß ihnen die Bauern versprachen, dem Schloß und der Stadt Marienburg nichts mehr zuführen zu lassen. Danach kam Otto Machwitz auf die andere Seite vor Marienburg und lagerte sich zu Wildenburg. Zu ihm kamen die Böhmen und Ramsel mit dem Elbinger und Osteroder Gebiet, danach die von Thorn mit allem Kulmer Gebiet und belagerten das Schloß und die Stadt, so daß man ihnen nichts zuführen konnte. Am Tag unserer lieben Frau in der Fasten9) rückten die Danziger aus dem Warnauer Wald mit einer Büchse, die Meister Paul von Rusdorf hatte gießen lassen, und die sie zu Danzig auf dem Schloß erbeutet hatten. Mit der Büchse schossen sie den Tag über auf das Gemach des Hochmeisters, und auch zu anderer Zeit trieben sie mit derselben Büchse großen Hochmut. Danach, am Sonntag vor Ambrosius10), rückten sie mit ihrem Zug in den Kaltenhof vor Marienburg und gaben am Abend und am Morgen manchen Schuß auf das Schloß ab. Als sie aber am Sonntag erstmals kamen, da wurden 23 von ihnen erschossen. In derselben Nacht trieben sie gegenüber dem Hochmeister, dem Orden und der Stadt mit Schelten und Fluchen großen Hochmut.
228. Am nächsten Tag danach11)  ließ man auf dem Schloß nicht läuten und die Uhr nicht schlagen. Darum verzögerten die Feinde ihre Malzeit. Da brachte es der Komtur von Elbing zusammen mit der Streitmacht der Ordensbrüder und der anderen, die auf dem Schloß waren, zuwege (denn der Hochmeister hatte dem Komtur nach Rat der Brüder die Hauptmannsschaft anbefohlen), mit derselben Streitmacht aus dem Schloß und der Stadt auszuziehen. Unter ihnen waren 200 Böhmen und Schlesier, und sie umgingen den Kaltenhof mit drei wohl bewaffneten Haufen, während der vierte zu Roß die Nachhut hielt. Da schossen die Feinde mit den Steinbüchsen los aber trafen durch die Gnade Gottes niemanden. Dann gingen die Freunde des Ordens auf die Feinde los und gewannen ihnen zwei Banner ab, das Danziger und das Dirschauer Banner. Die Feinde nahmen die Flucht zurück zum Heer im Warnauer Wald, so daß wohl 900 von den Feinden tot blieben. Und als die Feinde im Warnauer Wald sahen, daß die Ihren so geschlagen wurden, da zündeten sie die Buden im Heer und all ihr Pulver an und nahmen ebenfalls die Flucht. Man jagte sie aber noch im Wald und fand sehr viel Speise an Heringen und anderen gesalzenen Fischen, an Mehl, Brot, Salz, Bier, Met, Wein, sowie Kessel, Braupfannen, Grapen, Zelte, Harnische, Bettwäsche, Kleider, und was sonst noch in ein Heer gehört. Als die Feinde nun in die Flucht geraten waren, flohen sie vor Neuenteich, einem kleinen Städtchen, über eine Brücke und drängten sich auf der Brücke so sehr, daß viele von ihnen von der Brücke in die Swente fielen und ertranken. Etliche Verwundete kamen in das Städtchen und starben. Auch starben viele von den Verwundeten, bevor sie den Weichseldamm erreichten. Auch erstickten viele am Laufen. Und als sie an die Weichsel kamen, da eilte einer vor dem anderen über das Wasser, und sie gaben für vier Mark, etliche für sechs Mark ihren Harnisch, damit sie nur bald über das Wasser gelangen mochten. Das war eine große Gnade von Gott und der Jungfrau Maria, daß sie so schnell flohen, denn die Feinde waren wohl 1.800, und die Herren mit den Ihren waren nicht mehr als 500. So sagten die Gefangenen, die man nach Marienburg brachte, es hätte sie gedünkt, das Feld wäre voll guter, glänzender Bewaffneter gewesen. Gott bewies somit dem Orden seine große Barmherzigkeit. Die Herren brauchten zwei Tage für den Transport, bis man die Beute auf das Schloß und in die Stadt gebracht hatte, und man nahm den Feinden 10 Steinbüchsen ab, kleine und große.


Inhaltliche Anmerkungen:

1) 1453 November 25.
2) Die drei Städte Danzig sind Rechtstadt, Altstadt und Neustadt.
3) = (etwa) ob es ihm gefällt oder nicht (Redensart?)..
4) = Er sollte sie als neue Untertanen in seinen Schutz nehmen.
5) = Georg von Podiebrad, der spätere böhmische König.
6) = der für die Finanzen zuständige Großgebietiger des Ordens.
7) 1454 Februar 7.
8) = Schutzschirme bzw. für die Geschütze benötigte Holzkonstruktionen.
9) 1454 März 25.
10) 1454 März 31.
11) 1454 April 1.



Vorlage: Scriptores Prussicarum. Die Geschichtsquellen der preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft, herausgegeben von T. Hirsch, M. Toeppen, E. Strehlke, 5 Bde., Leipzig 1861-1874, Bd. 3.


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