Die preußischen Ständetage des 15. Jahrhunderts

Forschungsgeschichte und Forschungsstand

Die ältere Forschungsgeschichte zum Deutschen Orden zeigt Boockmann auf. Er führt aus, wie sich diese seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum Erscheinungsdatum seines Buches sowohl in Deutschland als auch in Polen tendenziell gewandelt hat und nennt die für ihre Epoche bedeutendsten Autoren. War der Deutsche Orden im 18. Jahrhundert in Deutschland noch verpönt gewesen, änderte sich dies mit dem aufkommenden Nationalismus, in welchem der Deutschen Orden hochstilisiert wurde. Das Gleiche geschah auf polnischer Seite. Die Geschichte Preußens wurde von beiden Nationen propagandistisch instrumentalisiert. Dennoch gab es immer wieder Autoren, die sich auch wissenschaftlich mit dem Thema befassten. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich aber in der Breite die unwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte des Deutschen Ordens zunächst fort. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde eine Annäherung beider Seiten möglich, die heutzutage in eine fruchtbare Zusammenarbeit übergegangen ist.

Der älteren Forschung zugehörig ist Maschkes Aufsatz über die Handelsorganisation des Ordens. Er beschreibt, wie selbige ausgesehen hat und dass die Schäffer des Ordens sich Liegern und Dienern zwecks Handels bedienten, die den preußischen Oberschichten entstammten, wodurch eine persönliche Beziehung zwischen Orden und Kaufleuten geknüpft wurde. Er geht davon aus, dass die preußischen Städte nach 1410 auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Situation den Handel des Deutschen Ordens jedoch als Konkurrenz ansahen und sich daran störten, dass der Orden seine Stellung als Landesherr nutzte, um sich einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den Städten zu verschaffen.

Biskup erläutert in seinem Aufsatz über den Preußischen Bund, wie es zu dessen Bildung kam. Er beginnt mit der ersten Annäherung der preußischen Stände 1408. Anschließend führt er auf, welche Forderungen die Stände bis zum Kriegsausbruch 1453 hatten und was ihre Ziele waren. Auch die Maßnahmen und Motivationen des Ordens werden dargestellt.

Ebenfalls zur älteren Forschung zu zählen ist der Aufsatz von Gorski über die ständische Vertretung in Preußen. In ihm wird die Entstehung der Ständevertretung in den Städten und auf dem Land und deren Entwicklungen erläutert. Anschließend beschreibt Gorski die historische Entwicklung des Ordenslandes bis zur Gründung des Preußischen Bundes. Dabei geht er auf die Forderungen der Stände und das Gebaren des Ordens ein.

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Burleigh in seiner Monographie. Er beschreibt ebenfalls die historische Entwicklung, die Konfliktpunkte und die daraus resultierenden Forderungen, legt aber sein Hauptaugenmerk nicht auf die Stände, sondern auf die allgemeine Bevölkerung. Besonders detailliert beschreibt er, wie die Bevölkerung unter dem Amtsmissbrauch und den Kriegen zu leiden hatte, der Orden und seine Gebietiger werden als oppressiv und nicht sonderlich fähig dargestellt.

Die Entwicklung Danzigs von seiner Entstehung pelech.html">Pelech auf. Dies macht er an der Anzahl der Teilnahmen Danzigs an Hanse- und Städtetagen deutlich, sowie daran, in welchem Umfang sich Danzig an Unternehmungen der preußischen Städte beteiligte und wie Danzig von allen Städten am meisten von den Pfundzolleinnahmen profitierte.

Ekdahl untersucht die Ausschreitungen Danziger Bürger gegen Söldner des Ordens kurz nach der Niederlage von Tannenberg. Hierzu analysiert er unterschiedliche Quellen, die sowohl von Danziger als auch von Ordensseite verfasst wurden. Er verdeutlicht auch, wie mit dem Vorfall bis zum Ausbruch des Dreizehnjährigen Krieges umgegangen wurde. Hatte sich unter Michael Küchmeister das Verhältnis der Danziger zum Orden wieder einigermaßen normalisiert, trug der Orden 1453 dem Kaiser gerade diese Ausschreitung als ersten von vielen Gründen dafür vor, warum der Preußische Bund zu verbieten wäre.

Der neueren Forschung zugehörig sind die Werke von Sarnowsky, Czaja und Schukys. In seinem Aufsatz über die Zölle und Steuern legt Sarnowsky dar, wie sich die Zölle, besonders der Pfundzoll, sowie Steuern und Schossleistungen entwickelten, welchen Nutzen der Orden aus ihnen zog, wie die Stände auf sie reagierten und inwiefern sie zur Belastung des Verhältnisses der Stände zum Orden beitrugen.

Dies untersucht auch Czaja bezogen auf den Ordenshandel in seinem Aufsatz zu diesem Thema. Er verdeutlicht, dass die Großschäffer des Ordens und die Städte vom Handel gegenseitig profitiert hatten und sich das Verhältnis den Handel betreffend erst verschlechterte, als im Laufe der Jahre nach der Niederlage bei Tannenberg die wirtschaftliche Situation im Ordensland schlechter wurde, in Kombination mit einem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang im Ostseeraum, die Großschäffer an Bedeutung verloren und lokale Handelsbeamte des Ordens ihre Macht zu Ungunsten der Städte missbrauchten. Im Gegensatz zur älteren Forschung macht er kenntlich, dass der Ordenshandel an sich nicht von den Städten als echte Konkurrenz betrachtet wurde und somit nicht maßgeblich zur Eskalation des Konfliktes zwischen den Ständen und dem Orden beitrug, sondern sich die Städte lediglich über den Amtsmissbrauch der einzelnen Beamten beschwerten, welchen auch der Orden selbst nicht gut hieß. Hierbei stützt Czaja sich auf die Monographie von Sarnowsky zur Wirtschaftsführung des Deutschen Ordens in Preußen.

In seiner Magisterarbeit zum Konflikt der preußischen Stände mit dem Orden von 1410 bis 1440 analysiert Schukys die Maßnahmen der Hochmeister sowie die Forderungen der Stände und zeigt die Entwicklung auf, die zur Bildung des Preußischen Bundes führten. Er geht auf die Rahmenbedingungen im Ordensland nach der Niederlage von Tannenberg ein und erläutert, welche Auswirkungen es auf den Konflikt hatte, dass es sich beim Deutschen Orden um eine geistliche Korporation handelte. Außerdem macht er deutlich, dass der Handel des Ordens nicht von den Städten als Konkurrenz empfunden wurde und somit auch nicht zur Eskalierung des Konfliktes beitrug.

Wie sich das Verhältnis der führenden Schichten der preußischen Großstädte zum Orden entwickelte, erläutert Czaja im gleichnamigen Aufsatz. Er zeigt auf, dass die Städte bereits zum Ende des 14. Jahrhunderts in den Bereichen Gerichtsbarkeit und Stadtregiment Selbstständigkeit erreicht hatten, nach der Niederlage von Tannenberg aber immer mehr nach politischer Autonomie und landesweiter Mitbestimmung strebten. Dies war der Hauptgrund für die wachsenden Spannungen und nicht etwa Eingriffe des Ordens in die städtische Selbstständigkeit.

Die Position der Kleinstädte hingegen verdeutlicht Czaja in seinem Aufsatz über die Jahrmärkte in Preußen. Die hansischen Kaufleute sahen ihre Interessen bedroht, weil zunehmend ausländische Kaufleute ihre Waren direkt aus den Kleinstädten bezogen und die hansischen Zwischenhändler nicht mehr benötigten. Daher forderten die Großstädte sowohl den Zugang der ausländischen Kaufleute zu den Jahrmärkten als auch die Jahrmärkte selber stark einzuschränken. Der Orden vertrat aber die wirtschaftlichen Interessen der Kleinstädte gegenüber den Großstädten. In diesem Artikel wird deutlich, dass es durchaus innerständische Konflikte gab, mit denen sich die Stände an den Hochmeister wandten, sogar noch nach der Bildung des Preußischen Bundes.

Die vollständige Kritik der Stände am Deutschen Orden führt Sarnowsky umfassend aus. Er zeigt auf, wann die Kritik begann, welche Kritikpunkte es warum gab, wie sich die Kritik im Laufe der Zeit bis zur Bildung des Preußischen Bundes entwickelte und wie der Orden auf die Kritik reagierte. Hierbei macht er auch deutlich, dass der Ordenshandel nicht von den Ständen als störend empfunden wurde, sondern lediglich einige negative Tendenzen desselben.


Literatur

Ältere Forschungsgeschichte zum Deutschen Orden nach: Hartmut Boockmann, Ostpreußen und Westpreußen (Deutsche Geschichte im Osten Europas), Berlin 1992.

Erich Maschke, Die Schäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen, in: Domus Hospitalis Theutonicorum. Europäische Verbindungslinien der Deutschordensgeschichte. Gesammelte Aufsätze aus den Jahren 1931-1963, hg. K. Wieser, U. Arnold (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, 10), Bonn-Godesberg 1970, 69-103.

Marian Biskup, Der preußische Bund 1440-1454 – Genesis, Struktur, Tätigkeit und Bedeutung in der Geschichte Preußens und Polens, in: Bürgertum – Handelskapital – Städtebünde, hrsg. K. Fritze, E. Müller-Mertens, J. Schildhauer (Hansische Studien, 3), Weimar 1975, S. 210-29.

Karol Gorski, Die Anfänge der ständischen Vertretung der Ritterschaft im Ordensland Preußen im 15. Jahrhundert, in: Der Deutschordensstaat Preussen in der polnischen Geschichtsschreibung der Gegenwart, hg. U. Arnold, M. Biskup (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, 30), Marburg 1982, S. 218-36.

Michael Burleigh, Prussian society and the German Oder. An aristocratic corporation in crisis c. 1410-1466 (Cambridge studies in early modern history), Cambridge 1984.

Markian Pelech, Zur Rolle Danzigs unter den preußischen Hansestädten bis 1410, in: Danzig in acht Jahrhunderten, hg. B. Jähnig, P. Letkemann (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens, 23), Münster 1985, S. 61-76.

Sven Ekdahl, Danzig und der deutsche Orden 1410. Die Ausschreitungen gegen die Ordenssöldner, in: Danzig in acht Jahrhunderten, hg. B. Jähnig, P. Letkemann (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens, 23), Münster 1985, S. 121-150.

Jürgen Sarnowsky, Zölle und Steuern im Ordensland Preußen (1403-1454), in: Zakon krzyzacki a spoleczenstwo panstwa w Prusach, hg. Z. H. Nowak, Torun 1995, S. 67-81.

Roman Czaja, Der Handel des Deutschen Ordens und der preußischen Städte – Wirtschaft zwischen Zusammenarbeit und Rivalität, in: Ritterorden und Region – politische, soziale und wirtschaftliche Verbindungen im Mittelalter, hrsg. Z. H. Nowak (Ordines militares. Colloquia Torunensia Historica, 8), Torun 1995, S. 111-23.

Sven Schukys, Stadt und Landesherrschaft während der Territorialisierung. Der Konflikt der großen preußischen Städte mit der Ordensherrschaft zwischen 1410 und 1440 vor dem Hintergrund des Territorialisierungsprozesses (unveröffentlichte Magisterarbeit, Manuskript), Hamburg 1998.

Roman Czaja, Das Verhältnis der führenden Schichten der preußischen Großstädte zur Landesherrschaft in vergleichender Sicht im 14. und 15. Jahrhundert, in: Der Deutsche Orden in der Zeit der Kalmarer Union 1397-1521, hg. H. Z. Nowak, R. Czaja (Ordines Militares. Colloquia Torunensia Historica, 10), Torun 1999, S.75-89.

Roman Czaja, Jahrmärkte im Ordensland Preußen im Mittelalter, in: Das Preußenland als Forschungsaufgabe. Eine europäische Region in ihren geschichtlichen Bezügen. Festschrift für Udo Arnold zum 60. Geburtstag, hrsg. B. Jähnig, G. Michels (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, 20), Lüneburg 2000, S. 319-28.

Jürgen Sarnowsky, Die ständische Kritik am Deutschen Orden in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Das Preußenland als Forschungsaufgabe. Festschrift für Udo Arnold zum 60. Geburtstag, hrsg. B. Jähnig, G. Michels (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, 20), Lüneburg 2000, S. 403-22.