Forschungsgeschichte und Forschungsstand

Roman Czaja, Jahrmärkte im Ordensland Preußen im Mittelalter, in: B. Jähnig; G. Michels (Hrsg.), Das Preußenland als Forschungsaufgabe. Eine europäische Region in ihren geschichtlichen Bezügen, Festschrift für Udo Arnold zum 60. Geburtstag, Lüneburg, 2000 (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, Bd. 20), 319-328. (Signatur: hil 002 arn 1)

Jahrmärkte wurden jährlich abgehalten und spielten sowohl für den interzonalen als auch für den lokalen Handel eine bedeutende Rolle. Die Jahrmärkte in Preußen wurden von den Bischöfen oder den Hochmeistern gegründet. Seit der Mitte des 14. Jh. gibt es gehäuft Quellennachweise von Jahrmärkten, meistens in Kleinstädten, wo sie ein wichtiges wirtschaftliches Element darstellten. Besonders zur Krisenzeit ab 1410 trugen sie zur Stabilisierung der Konjunktur der kleineren Städte bei. Daher strebten die Kleinstädte die Einführung eines zweiten Jahrmarktes an, was das Unbehagen der Ritter und Knechte sowie der Großstädte hervorrief. Die Stände forderten daher 1441, 1442 und 1448, die Zahl der Jahrmärkte pro Stadt auf einen zu begrenzen. Obwohl der Hochmeister dem durchaus geneigt war, bewilligte der Orden dennoch die Einführung eines zweiten Jahrmarkts, um die wirtschaftlichen Interessen ihrer kleineren Städte zu schützen.

Jahrmärkte dienten nur zu einem geringen Teil dem internationalen Handel. Besonders bei den kleineren Städten profitierte vielmehr der lokale Handel von ihnen. Die zwei wichtigsten Warengruppen waren Kleider und Tuche sowie Fleisch bzw. Vieh. Die hansischen Kaufleute der Großstädte waren nur in geringem Umfang am Jahrmarkthandel beteiligt. Zum Ende des 14. Jh. wurden die Jahrmärkte jedoch verstärkt von nürnbergischen und englischen Kaufleuten frequentiert, die mit Spezereien, handwerklichen Erzeugnissen, Tuchen und Kleidern handelten. Jetzt beteiligten sich auch die Gebietiger des Deutschen Ordens am Jahrmarkthandel. Bisweilen stellten sie auch Waren und Kaufleute auf Jahrmärkten unter Arrest, um Außenstände einzuziehen.

Durch die ausländischen Kaufleute wurden die Kleinstädte von der Vermittlung des Großhandels durch hansische Kaufleute und den Orden unabhängig. Die hansischen Kaufleute sahen ihre Interessen bedroht. Daher versuchten sie, die Jahrmärkte einzudämmen. So verboten die Stände etwa, neue Kleider aus neuem Tuch auf Jahrmärkten zu verkaufen. Außerdem sollten nur noch Stadtbürger an Jahrmärkten teilnehmen dürfen, die ein Grundstück besaßen. Es wurde auch versucht, die ausländischen Kaufleute auf wenige Jahrmärkte zu beschränken und auf den Fernhandel zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang entstanden die Jahrmärkte in Danzig, Marienburg und Königsberg. Die Landeswillküren von 1445 und 1448 beschränkten dann den Handel von Nürnberger Kaufleuten auf die Jahrmärkte von Danzig und Marienburg. Ebenfalls wurden die Forderungen laut, den Handel mit fremden Kaufleuten auf die Jahrmärkte zu begrenzen und nicht auch auf Wochenmärkten zu erlauben.

1439 forderten die bürgerlichen Vertreter der Stände vom Hochmeister Paul von Rusdorf, den Handel der Nürnberger Kaufleute auf den Jahrmarkt von Marienburg einzuschränken. Von Rusdorf willigte nicht ein, weil er die Interessen des Adels bedroht sah. Für diesen war der Handel mit den ausländischen Kaufleuten günstiger, als die Vermittlung durch die Großstädte. 1448 wurde dann aber doch, trotz des Widerspruchs der Gebietiger, der Handel der Nürnberger, märkischen und Meißner Kaufleute auf die Jahrmärkte von Danzig und Marienburg beschränkt. 1453 versuchten die Städte des Preußischen Bundes sogar, Marienburg dafür zu bestrafen, dass sie sich zur Unterstützung des Deutschen Ordens entschlossen hatten, indem sie den Jahrmarkt nach Elbing verlegen lassen wollten.