Forschungsgeschichte und Forschungsstand

Jürgen Sarnowsky, Zölle und Steuern im Ordensland Preußen (1403-1454), in: Zakon krzyzacki a spoleczenstwo panstwa w Prusach, hg. Z. H. Nowak, Torun 1995, S. 67-81.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts reichten die grundherrlichen Einnahmen des Ordens durch die sich ungünstig entwickelnde wirtschaftliche Lage nicht mehr aus. Deshalb unternahm er den Versuch, vor allem zur Finanzierung der Kriege gegen Polen und Litauen, Steuern und Zöllen einzführen. Die Stände waren hingegen bestrebt, jedwede Abgaben, die über die in den Handfesten festgesetzten hinausgingen, zu unterbinden.

Der Pfundzoll war ursprünglich eine hansische Abgabe gewesen, die 1361 zur Finanzierung des Krieges gegen Dänemark eingeführt worden war. Am Ende des 14. Jahrhunderts erhoben die preußischen Städte dann selbst einen Pfundzoll. Auf die Proteste der Hanse reagierten sie, indem sie sich “auf die Autorität von Hochmeister und Orden beriefen” (68). Im Laufe der Zeit brachte der Orden den Pfundzoll unter seine Kontrolle. Ab dem Jahre 1400 gibt es im Orden das Amt des Pfundmeisters, der bei der Zollerhebung zu gegen zu sein hatte. 1403 wurde der Orden an dem Pfundzoll beteiligt, weil die Städte nach der Besetzung von Stockholm Schulden beim Orden hatten. Als die Städte 1407 den Pfundzoll wieder abschaffen wollten, konnten sie sich damit nicht durchsetzten, auch weil die Städte bei dem Orden weitere Schulden gemacht hatten. 1409 wurde der Pfundzoll schließlich ganz zu einem Zoll des Ordens, nur noch ein Drittel der Einnahmen ging an die Städte. In den nächsten Jahrzehnten blieb der Pfundzoll ein umstrittenes Thema und wurde mehrfach abgeschafft und wieder eingeführt. 1411 wurde der Pfundzoll wieder aufgenommen und trotz Protests der Städte inner- und außerhalb Preußens beibehalten. Erst 1421 wurde er wieder abgeschafft, als Michael Küchmeister dafür von den wendischen Städten 2000 Söldner als Unterstützung im Krieg gegen Polen versprochen wurden. 1423 führte dann Paul von Rusdorf den Pfundzoll wieder ein, von jetzt an ging der gesamte Zoll an den Orden. 1434 ließ von Rusdorf sich ihn sogar als landesherrlichen Zoll bestätigen. Auf Grund der ständigen Probleme, die dem Orden mit den Städten durch den Pfundzoll erwuchsen, musste er 1440 wieder eingestellt werden. Nachdem Konrad von Erlichshausen 1443 den Städten neben anderen Zusagen wieder ein Drittel der Einnahmen des Pfundzolls versprach, wurde er wieder eingeführt und blieb bis 1454 bestehen, als Kasimir von Polen ihn aufhob. Über den Pfundzoll wurde sich nicht nur wiederholt auf ständischen Versammlungen beschwert, sondern es wurde auch immer wieder versucht, seine Erhebung zu blockieren und sich um ihn herumzumogeln. Beim Pfundzoll war der Wert des Schiffes zu verzollen sowie die verschiedenen Waren, nach Besitzern getrennt. Ob sich der ewige Streit mit den Städten für den Orden bei einem Zollsatz von 0,55% von Schiffs- und Warenwert, wie beispielsweise 1417 erhoben, für den Orden rentierte, bleibt dahingestellt (Sarnowsky listet auf S. 71 zwei Tabellen zum Satz und Ertrag des Pfundzolls auf). Auch wenn die Einnahmen durch den Pfundzoll im Vergleich zu anderen Einnahmen des Ordens nicht sonderlich hoch waren, 1448 z.B. m. pr. 1787, waren sie dennoch konstant. “Es war wahrscheinlich die Bedeutung des Pfundgelds als auch in den Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten regelmäßig fließende “Geldquelle”, die die Gebietiger des Ordens veranlaßte, sich um diesen Zoll immer wieder in Streitigkeiten mit den Ständen einzulassen. Deutlich wird dies nicht zuletzt in den Argumenten, die Konrad von Erlichshausen im März 1442 für die Wiedereinführung des Pfundgelds vorbrachte: Gebiete, Ämter und Zinsleute seien so verarmt, dass sich die Schlösser und Häuser aus den herkömmlichen Zinsen nicht mehr ausreichend versorgen ließen.” (72).

Neben dem Pfundzoll, der hinsichtlich der Einnahmen und Beschwerden von größerer Bedeutung war als die anderen Zölle, gab es noch den Zoll an der Labiauer Schleuse, der den Erhalt der Wasserbeuten an der Deime finanzieren sollte, den Zoll bei Dollstädt am Dausensee sowie zur Lahmenhandt, einem Damm an der Nogat, und zu Leibtisch an der Drewenz bei Thorn. Der Zoll an der Laibau wurde 1431 eingeführt um den Schleusenbau zu finanzieren und anschließend noch erhöht, was zu Protesten der Stände führte, auch weil der Zoll nicht, wie angegeben, zum Erhalt der Schleusen genutzt wurde, die sich beispielsweise 1449 in schlechtem Zustand befanden, wie sogar der Oberste Marshall eingestehen musste. Die Abgaben waren mit 1,67% des Warenwertes mehr als dreimal so hoch wie der Pfundzoll. Dafür waren die Einnahmen aber auf Grund des geringeren Warenwertes für den Orden nicht so hoch wie beim Pfundzoll. So sind sie etwa 1442, dem einzigen Jahr aus dem Einnahmenbeträge überliefert sind, wohl zwischen 400 und 600 m. anzusiedeln. Beim Zoll zur Lahmenhandt ging es dem Orden wohl darum, die Baukosten wieder zu bekommen. Die Stände setzten 1440 aber seine Abschaffung durch. Der Zoll an der Brücke zu Leibitsch war verhältnismäßig hoch und wurde vor allem von den Thornern abgelehnt, die darin eine Verletzung ihrer Freiheiten sahen. Über andere Zölle ist nichts Genaueres bekannt. “Insgesamt dürften wohl alle hier behandelten Abgaben nur in Ausnahmen nennenswert zu den Einkünften des Ordens beigetragen haben. Für die Stände aber waren sie zweifellos ein “Stein des Anstoßes”, und so trugen sie zur Entfremdung zwischen dem Orden und seinen Untertanen bei.” (75)

Im Gegensatz zu den Zöllen gelang es dem Orden nicht, Steuern dauerhaft durchzusetzen, u.a. auch, weil er durch die Handfesten gebunden war. Um Steuern durchsetzen zu können, brauchte der Orden die Unterstützung der Stände, wodurch die Einführung zu einer Machtfrage wurde. 1411 erhob Heinrich von Plauen gegen den Willen der Stände Steuern, die er auch im darauf folgenden Jahr mehrfach erhöhte, um die Kontributionen nach der Niederlage bei Tannenberg zahlen zu können. Den Widerstand der Städte erstickte er, indem er den Thorner Rat weitestgehend ersetzen sowie in Danzig zwei Bürgermeister und einen Ratsherren umbringen ließ. Bei den Erhöhungen 1412 unterblieben jedoch die Konflikte der Stände, was daran lag, dass der Hochmeister einen Rat aus Vertretern der Stände hatte bilden lassen, die ihn unterstützen sollten. Diese Zusammenarbeit führte zu den gewünschten Steuern- und Geschossleistungen. Nach 1413 nahm die Bereitwilligkeit der Stände zu zahlen stetig ab. Im Jahre 1416 wurde Danzig eine Strafsteuer auferlegt, weil es zu Unruhen in der Stadt gegen den Orden gekommen war. 1418 scheiterte Michael Küchmeister mit der Einführung einer Steuer, konnte jedoch 1419 und 1421 noch einmal eine im Vergleich zu 1411 und 1412 deutlich niedrigere Steuer bewilligt bekommen, letztere als Finanzierung gegen die Hussiten. 1423 und 1424 konnte Paul von Rusdorf ebenfalls keine Steuer durchsetzen. Auch 1426, als er wiederum finanzielle Unterstützung gegen die Hussiten forderte, gestaltete sich die Steuereinführung äußerst schwierig, weil die ländliche Bevölkerung kaum in der Lage war, die geforderten Beträge zu bezahlen. 1428 wollte er die Geschossleistung durch eine Getränkesteuer, die so genannte Akzise, ersetzen lassen, und obwohl er den Städten die Hälfte der Einnahmen zusagte, wurde sie von diesen mit Nachdruck abgelehnt. Das Gleiche galt für eine 1431 geplante Steuer, der die Bischöfe und die Ritterschaft sogar schon zugestimmt hatten. Die ländliche Bevölkerung war oftmals einfach nicht in der Lage, die Summen zu bezahlen und die Städte verweigerten sich schlicht. 1433 wurde wiederum eine geplante Akzise abgelehnt, dafür aber im Gegenzug eine allgemeine Steuer bewilligt, was einen letzten Erfolg darstellte. In den folgenden Jahren wuchs die Spannung zwischen dem Hochmeister und den Ständen, die diesem die wiederholten Steuerforderungen sogar vorwarfen. Unter Konrad von Erlichshausen wurden dann gar kein Versuch mehr gemacht, eine Steuer durchzusetzen. Wenn Geschossleistungen vereinbart wurden, dann nur lokal und für begrenzte Zwecke. Dennoch waren die Stände weiterhin misstrauisch, dass der Orden plane, neue Abgaben zu erheben. Bei Betrachtung der Steuereinnahmen wird deutlich, „daß der Orden im skalierenden Konflikt mit den Ständen trotz zahlreicher Anläufe zur Erhebung von Steuern am Ende wenig tatsächliche finanzielle Unterstützung erhielt“ (80). Hatte er 1411 und 1412 zusammen noch über 105.000 m. pr. erhalten, bekam er für die Hussitensteuern vermutlich jeweils gerade einmal um die 5600 m. pr.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Orden im Pfundzoll eine geringe, aber regelmäßige Einnahme hatte, die jedoch zu zeitweiligen Protesten führte. Die anderen Zölle waren noch geringer, trugen aber zu den Spannungen zwischen den Ständen und dem Orden bei. Bei den Steuern brachten nur diejenigen in den zwei Jahren nach der Niederlage bei Tannenberg dem Orden wirklich Geld ein, danach nahmen zwar die Konflikte mit den Ständen über Steuern zu, die Einnahmen durch sie gingen aber immer weiter zurück.