Forschungsgeschichte und Forschungsstand

Sven Schukys, Stadt und Landesherrschaft während der Territorialisierung. Der Konflikt der großen preußischen Städte mit der Ordensherrschaft zwischen 1410 und 1440 vor dem Hintergrund des Territorialisierungsprozesses (unveröffentlichte Magisterarbeit, Manuskript), Hamburg 1998, S.68-120.

Die Rahmenbedingungen nach der Schlacht von Tannenberg

Die Stände in Preußen hatten unter dem Deutschen Orden nicht denselben Einfluss gewinnen können wie die Stände in anderen Territorien. Dies lag daran, dass der Orden vor 1410 finanziell und organisatorisch unabhängig gewesen war. Die Landesherrschaft ging fast ausschließlich vom Orden aus, die Stände wurden kaum beteiligt. Sie hatten nicht die Möglichkeit gehabt, das sich entwickelnde Territorium in ihrem Sinne mitzugestalten und sich weitergehende Privilegien zu sichern. Dadurch, dass viele ihrer Forderungen nicht berücksichtigt wurden, ergab sich ein Konfliktpotential. Nach 1410 musste der Deutsche Orden eine Landessteuer erheben, um die Kontributionen zahlen zu können. Der Orden war auf das Geld der Stände angewiesen, was diesen ein entscheidendes Machtmittel verschaffte. Hinzu kam, dass die Städte unter der kurzen Herrschaft des polnischen Königs diverse Privilegien zugesprochen bekommen hatten, die zwar unter der Herrschaft des Ordens wieder verfielen, aber den Städten vor Augen geführt hatten, was für sie möglich war. Als Folge davon strebten sie danach, politische Privilegien für ihre finanzielle Unterstützung des Ordens zu bekommen. Der Orden versuchte hingegen, seine Rechte zu behaupten soweit dies möglich war.

Der Handel des Deutschen Ordens als Konfliktursache?

In der Forschung herrschte die Meinung vor, dass der Handel des Deutschen Ordens einen zentralen Konfliktpunkt zwischen ihm und den Ständen dargestellt habe. Besonders nach 1410 habe der Orden den Handel zu Gunsten seiner Finanzen forciert. Beim Getreideexport sollen die städtischen Händler durch Zwangsmaßnahmen beeinträchtigt worden sein, was zu stetig wachsenden Spannungen geführt haben soll. Dies soll dadurch verstärkt worden sein, dass der Orden seine politische Macht zu seinem Vorteil ausgenutzt haben soll, wodurch der Handel der Städte ernsthaft gefährdet worden sei.

In Wirklichkeit jedoch hat der Handel des Ordens sogar positive Auswirkungen auf den Handel der Städte gehabt. Zwischen 1410 und 1440 verlor der Handel des Deutschen Ordens seine Bedeutung, was die fehlende Klage über den Ordenshandel auf dem Ständetag von 1422 verdeutlicht. 1440 stellte Paul von Rusdorf fest, "daß der Handel aller Ordensmitglieder inzwischen viel geringer sei, als der frühere Handel eines Großschäffers" (S. 72). Beschwerden der Städte richteten sich nicht gegen Ordenshandel an sich, sondern gegen das Gebaren der Gebietiger des Ordens bzgl. des Handels, die zunehmend auf eigene Rechnung handelten und sich bereicherten. Die Städte wurden also nicht durch eine gezielte Handelspolitik von Seiten des Ordens beeinträchtigt. Zu Zeiten der Großschäffer waren die Städte noch deren wichtigste Handelspartner im Binnenhandel gewesen. Dass der Orden ebenfalls nichtzünftige Kaufleute und Handwerker förderte, worüber sich die Städte beschwerten, war lediglich der Versuch, bestimmte Stände zu unterstützen und die Städte unter Konkurrenzdruck zu setzten, nicht jedoch der Versuch der Einnahmensteigerung. Seine herrschaftliche Stellung benutzte der Orden nicht zur Hilfe seines Handels, sondern um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen, wie etwa durch den Verkauf von Ausfuhrgenehmigungen und die Einführung von Zöllen. Die Städte sahen sich dadurch in ihren Rechten beschnitten und protestierten dagegen, nicht jedoch gegen den Handel des Ordens. Die Städte litten auch unter dem Krieg mit Polen-Litauen, weil die Transportwege durch Polen von entscheidender Bedeutung für den preußischen Handel waren. Während eines Krieges kam der Handel meistens komplett zum erliegen oder litt unter Raubzügen. Dazu kam es zu Handelsverboten und Straßensperrungen. Außerdem hatten die Städte zunehmend Probleme durch den Preisverfall bei Getreide und Pelzen, dem Rückgang der Kupferproduktion in Ungarn, stärker konkurrierenden Kaufleuten aus den Niederlanden und England sowie dem Krieg zwischen Dänemark und der Hanse.

Die Politik Heinrich von Plauens 1411-1413

Als Heinrich von Plauen 1411 die Stände um eine Steuer zwecks Bezahlung der Kontributionen bat, bewilligten diese nach einiger Zeit alle Städte außer Danzig, nachdem der Hochmeister ihnen freie Rats- und Schöffenwahl sowie die Beteiligung an der Beschlussfassung von Ausfuhrverboten zugestanden hatte. Danzig hingegen weigerte sich weiterhin und als von Plauen versuchte, die Beteiligung an der obersten Gerichtsbarkeit, die die Stadt unter der polnischen Herrschaft zugestanden bekommen hatte, wieder zurück zu erlangen, eskalierte der Konflikt. Als Folge davon ließ von Plauen 1411 zwei Danziger Bürgermeister und einen Ratsherren eigenmächtig hinrichten. Danach konnte der Hochmeister den Rat der Stadt nach seinem Willen umgestalten. Die Stadt bekam eine hohe Strafe und der Rat wurde mit ordensfreundlichen Bürgern besetzt, die hauptsächlich aus den Zünften kamen. Der Hochmeister versuchte, die angeschlagene Machtgrundlage des Ordens wiederherzustellen und reagierte wegen des versuchten Überlaufens der Städte zu Polen kompromisslos. "Im Zuge des Verfalls der Ordensmacht nach Tannenberg hatten die Städte gehofft, ihre Forderungen nach größerer Selbstständigkeit durch ihre finanziellen Leistungen und die Schwäche des Ordens absichern zu können." (80) Aber "[g]erade im Moment des äußeren Machtverfalls mußte der Orden einen an diesen Prämissen ausgerichtete Politik konsequent gegenüber den nach Selbstständigkeit strebenden Städten durchsetzen" (80). Den Städten blieb jetzt nur die Möglichkeit zu versuchen, ihre Forderungen auf ständischer Ebene erfüllt zu bekommen.

Heinrich von Plauen war durchaus zu einer gewissen Zusammenarbeit mit den Ständen bereit, weil er ihre Unterstützung benötigte. So gab er 1411 einer Reihe von ständischen Forderungen nach und erließ 1412 eine Landesordnung, in welcher auch die Wünsche der Städte Berücksichtigung fanden. Im selben Jahr bildete er einen Landesrat aus von ihm ausgewählten Vertretern der Stände. Da dies aber Ritter und Räte waren, die sein Vertrauen genossen, darf der Landesrat eher dazu gedient haben die Opposition der Stände zu umgehen. Die Gebietiger des Ordens verloren dadurch aber an Einfluss, was ihren Unmut hervorrief. Auch die Stände sahen die von ihnen geforderte Mitsprache nicht richtig gewährleistet, dennoch verbesserte der Landesrat die Beziehungen von Orden und Ständen. Die Städte hatten untereinander auch Streitigkeiten, schlossen sich aber gegen den Orden zusammen. Von Plauen beteiligte die Stände nicht wirklich an der Macht, sondern benutzte sie, um seine Ziele durchzusetzen und hielt sich nur an gemeinsame Beschlüsse, wenn sie ihm passten. Er ließ den 1410 kurzzeitigen Einfluss der Stände auf die Münzpolitik wieder beseitigen. Die Stände waren auch unzufrieden darüber, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse sich durch die Steuer, die Verwüstungen auf dem Land, durch Ausfuhrverbote und die steigende Inflation weiter verschlechterten. Als Heinrich von Plauen 1413 einen neuen Krieg gegen Polen anfing, wurde er abgesetzt. Das Land wollte keinen weiteren Krieg.

Die Politik Michael Küchmeisters 1414-1422

Auf dem Huldigungstag 1414 von Michael Küchmeister, verlangten die Stände die Bestätigung ihrer alten Privilegien. Zusätzlich stellten sie noch 26 weitere Forderungen, u.a. die freie Rats- und Schöffenwahl, die sie auch zugestanden bekamen sowie Ständeversammlungen. Die Stände hatten jetzt in etwa dieselben Rechte, wie die Stände in anderen Ländern zu dieser Zeit, jedoch nicht, was auswärtige Angelegenheiten betraf. Dass die Stände mit der teilweisen Umsetzung ihrer Forderungen zufrieden waren, lässt sich daran ersehen, dass sie sich im Krieg 1414 auf die Seite des Ordens stellten. In der Folgezeit regte Küchmeister auch eine außenpolitische Beteiligung der Stände an. Auf Beschwerden wegen der Münzverschlechterung versuchte er, diese Angelegenheit zur Zufriedenheit der Stände zu regeln, allerdings vergeblich. 1416 ließ Küchmeister nach einem Aufstand wegen der Münzverschlechterung in Danzig durch den von von Plauen neu eingesetzten Rat diesen ab- und den alten Rat wieder einsetzen. Als Folge näherten sich Rat und Orden an. Aber auch die Obrigkeit anderer Städte arbeitete eng mit Küchmeister zusammen. Dennoch lehnten die Stände 1417 und 1418, trotz der permanenten Gefahr eines drohenden Krieges, erneute Steuern ab und bewilligten erst 1419 welche. Trotz der wirtschaftlich schlechten Lage des zudem noch permanent von Krieg bedrohten Landes kam es zwischen 1414 und 1422 dennoch zu keinen großen Missstimmungen zwischen den Städten und dem Orden, was daran lag, dass Küchmeister die Stände an seinen Entscheidungen beteiligte und viele Verordnungen zum Wohle der Stände erließ. Dies zeigt auch die Landeswillkür von 1420, in der von den alten Forderungen der Stände nur noch die Forderung übrig geblieben war, dass sie frei handeln dürften. Freundschaftlich war das Verhältnis jedoch nicht, was daraus zu ersehen ist, dass die Thorner Bürger 1420 nicht halfen, die brennende Ordensburg zu löschen. Dennoch hatte Küchmeister es geschafft, trotz der Abgabe von Macht an die Stände, die herrschaftliche Macht des Ordens als Ganzes zu erhalten. Allerdings reagierten die Gebietiger auf die Beschneidung ihrer Macht zu Gunsten der Stände, indem sie sich zu einem gewissen Maße verselbstständigten.

Die Politik Paul von Rusdorfs 1422-1426

Gleich zu Beginn der Amtszeit Paul von Rusdorfs befand sich der Orden im Krieg mit Polen-Litauen. Preußen wurde verwüstet und der Orden schloss noch im selben Jahr den Frieden von Melnosee, in welchem der polnische König dafür sorgte, dass die Stände bei einem erneuten Krieg von Seiten des Ordens ein Widerstandsrecht gegen diesen hatten. Nachdem der außenpolitische Druck von dem Orden genommen war, verfolgte von Rusdorf eine unnachgiebigere Politik gegenüber den Ständen. Zunächst versuchte er jedoch, die außenpolitische und finanzielle Situation des Ordens zu verbessern. 1423 wurde der Pfundzoll gegen den Widerstand der Stände wieder eingeführt, genauso wie der Getreideexport und der freie Handel mit Getreide verboten blieben. Letzteres nutzte der Orden als Einnahmequelle, indem er Ausfuhrlizenzen verkaufte. Die Stände arbeiteten aber auch weiterhin mit dem Großmeister zusammen und bewilligten ihm 1425 und 1426 Schoss und Steuer zur Verteidigung des Landes gegen die Hussiten. Von Rusdorf reagierte auch auf Beschwerden der Städte mit mehreren Landesordnungen. Dennoch waren die Stände nicht bereit, eine Herrschaft des Ordens ohne eigene Beteiligung zu akzeptieren.

Die Politik Paul von Rusdorfs 1427-1432

1427 wurde damit begonnen, den ständischen Einfluss auf die Landesherrschaft einzuschränken. Auch die Rechtslage wurde zu Gunsten des Ordens verändert. Daneben versuchte der Orden, die Kleinstädte und die Landbevölkerung für sich zu gewinnen, ihren Handel und folglich ihre Lebensumstände zu verbessern um damit die Großstädte, auf deren Kosten diese Maßnahmen gingen, wirtschaftlich zu entmachten. Diese Politik ging allerdings nach hinten los. Die unteren Bevölkerungsschichten stellten sich nicht gegen die Eliten, diese sich dafür aber gegen den Orden. Von Rusdorf versuchte ebenfalls, die hansische Politik der Städte zu bestimmen und sie den Zielen des Ordens in der Außenpolitik unterzuordnen, was zu starken Einschränkungen des Fernhandels führte. Diese Maßnahmen führten zwangsläufig zu Konflikten mit den Ständen. Weiter verschlechtert wurde das Verhältnis durch den Amtsmissbrauch der Gebietiger, welcher seit den Zeiten Küchmeisters stark zugenommen hatte. In der Folge lehnten die Stände eine Steuer und eine Getränkesteuer, die sog. Akzise, ab. 1430 forderten die Stände einen Landesrat, durch den die Gebietiger wesentlich an Einfluss auf den Hochmeister verloren hätten. Von Rusdorf versuchte einen Kompromiss, der keine Seite zufrieden stellte und kurz darauf aufgegeben wurde. Die Stände hatten jetzt ihren Einfluss auf die Landespolitik so gut wie verloren, ihre Beziehung zu dem Orden hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht. 1431 lehnten die Stände eine Steuer, die wegen erneuter Kriegsgefahr erhoben werden sollte, ab, waren aber bereit, sich im Falle des Angegriffenwerdens auf die Seite des Ordens zu stellen. 1432 wurden dann zum ersten Mal zaghafte Forderungen nach einem Herrschaftswechsel im Lande laut. Von Rusdorf reagierte auf den Hauptkritikpunkt der Stände, nicht an der Außenpolitik beteiligt zu werden, indem er nun selbst einen Landesrat vorschlug, der allerdings allein dem Zweck dienen sollte, die Ständeversammlungen zu umgehen, die weiterhin von der Außenpolitik ausgeschlossen werden sollten. Folgerichtig wurde dieser Vorschlag von Rusdorfs abgelehnt.

Die Politik Paul von Rusdorfs 1433-1435

1433 lehnten die Stände eine Akzise ab, bewilligten aber eine Steuer, wenn der Orden dafür alles versuchte, um Frieden mit Polen zu schließen, da der städtische Handel stark gelitten hatte. Von Rusdorf versuchte weiterhin, die Stände von der Beteiligung an der Landesherrschaft auszugrenzen und die Kleinstädte zu Ungunsten der Großstädte zu fördern. 1433 vielen die Hussiten im Ordensland ein. Dem Orden fehlte das nötige Geld um einen angemessenen Widerstand zu organisieren und als ihm die ländlichen Aufgebote den Gehorsam verweigerten, schloss der Orden einen Waffenstillstand mit dem polnischen König. Als der Orden sich anschickte, diesen zu brechen, drohten die Stände offen damit, von ihm abzufallen. Dies führte 1433 zu einem erneuten Waffenstillstand. Um die äußerst angespannte Lage zu den Ständen zu entspannen, forderte von Rusdorf sie 1434 auf, Vorschläge für eine neue Landesordnung zu unterbreiten. Die Vorschläge, die wiederum u.a. die alten Forderungen enthielten wie Marktfreiheit für Getreide und freie Ratswahlen, wurden bis auf für den Orden unwichtige Forderungen allesamt abgelehnt. Die Reaktion der Ritter und Städte war, dass sie sich gegenseitig Unterstützung zusagten, falls der Orden ihre Privilegien und Freiheiten in Zukunft bedrängen würde. Auch die Gebietiger waren mit den neuen Zugeständnissen nicht einverstanden und boykottierten die Anweisungen, was zu noch mehr Amtsmissbrauch führte. Als die Stände 1435 einen erneuten Krieg von Seiten des Ordens ablehnten, der Handel hatte sich nach mehreren Jahren gerade wieder stabilisiert, ließ von Rusdorf den Thorner Bürgermeister inhaftieren. Außerdem sprach von Rusdorf den Ständen das Recht ab, die Vertreter der Ständeversammlungen selbst benennen zu dürfen. Die Stände verschafften sich daraufhin Rückhalt bei ihren Gemeinden, verweigerten weiterhin die Beteiligung an dem geplanten Krieg und drohten, sich im Kriegsfall sogar auf die polnische Seite zu stellen. Von Rusdorf musste die Kriegspläne fallen lassen und schloss den Frieden von Brest. Außerdem bemühte er sich erneut um einen Ausgleich mit den Ständen und erließ 1435 zwei Landesordnungen, in denen Forderungen der Stände umgesetzt wurden. "Die Stände hatten die Erfahrung gemacht, daß sie durch ein entschlossenes und gemeinsames Vorgehen die Landesherrschaft zu einer Berücksichtigung ihrer Forderungen zwingen konnten. Der von den Ständen durch ihr organisiertes Zusammenarbeiten durchgesetzte Brester Frieden wies den Weg, wie die Durchsetzung weiterer ständischer Forderungen zu erreichen war." (103)

Die Politik Paul von Rusdorfs 1436-1440

Nach dem Brester Frieden verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Hochmeister und Ständen wieder. Die Stände weigerten sich, die Kontributionen durch einen Schoss zu finanzieren. Der Hochmeister war darüber erzürnt, weil die Stände schließlich diejenigen waren, die den Friedensschluss gewollt hatten. Als Konsequenz lehnte er auf dem Ständetag 1437 die Forderung ab, den Verkauf von Getreideausfuhrlizenzen zu unterbinden, mit der Begründung, dass er nach der Schossverweigerung das Geld nun anderweitig auftreiben müsse. Als die Stände ihn auch baten, ihnen ihre alten Privilegien zu lassen, antwortete er ihnen, dass er niemandes Privilegien beschneiden, aber auch seine eigenen wahren wolle. Damit war nach Meinung der Städte jegliche einvernehmliche Zusammenarbeit aufgekündigt. Sie suchten ihren politischen Einfluss nun durch den Zusammenschluss mit den Rittern und Knechten, die der Hochmeister ebenfalls durch die Ablehnung zahlreicher Forderungen erzürnt hatte. In den folgenden Jahren verschlechterte sich das Verhältnis zwischen von Rusdorf und den Ständen kontinuierlich weiter. Ihre altbekannten Forderungen wurden weiterhin abgelehnt, was 1440 in der Bildung des Preußischen Bundes mündete.

Der Orden als geistliche Körperschaft

Die Stände konnten nicht rechtlich gegen Amtsmissbrauch der Ordensbrüder vorgehen, weil diese dem geistlichen Recht zugehörig waren und sich somit einer weltlichen Gerichtsbarkeit entzogen. Der Orden war zudem auch eine geistliche Korporation, die über die Landesgrenzen hinaus bestand. Folglich konnte er nicht zulassen, dass Ordensbrüder in Preußen vor ein weltliches Gericht gestellt wurden, weil so die landesherrliche Politik über die des Ordens als Ganzes gestellt worden wäre, was die Ordensbrüder inner- und außerhalb Preußens nicht akzeptiert hätten. Auf diese Brüder war der Hochmeister aber angewiesen. Auch die Mitbestimmung der obersten Gebietiger, dem Kapitel mit dem Hochmeister als oberste Instanz des Ordens, an den wichtigen Entscheidungen war in den Statuten festgeschrieben. Der Hochmeister unterstand dem Kapitel, hatte sich diesem gegenüber zu rechtfertigen und konnte seines Amtes enthoben werden. Wenn der Hochmeister die Stände an der Macht beteiligte, führte dies zu Einschränkungen der Macht der Gebietiger, wozu diese aber langfristig nicht bereit waren. Der Hochmeister konnte weder mit Hilfe einer Gruppe die andere entmachten, noch für beide Seiten zufrieden stellende Kompromisse erreichen. "In der Weigerung der Korporation, ihren Einfluss zugunsten der Stände einzuschränken, liegt der grundsätzliche Unterschied zu den Territorien des Reiches und so erklärt sich der eskalierende Konflikt zwischen den Ständen und Landesherrschaft." (113)