PrUB, JS 152

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


1445 Mai 13. Brügge.
{Regest}
Großschäffer Johann Reppin an Hochmeister: seine Bemühungen um Freilassung, Klagen, mögliche Maßnahmen.

{Überlieferung}
A = OBA 9098.

{Drucklegungen}
aus A J. Sarnowsky, Der Fall Thomas Schenkendorf: rechtliche und diplomatische Probleme um die Königsberger Großschäfferei des Deutschen Ordens, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 43 (1995), S. 187-275, hier Nr. 6, S. 219-222.

Regest
JH I 9098.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Or.-Brief auf einem großes Blatt Papier (2o), einseitig beschrieben. - Umseitig Adresse: Dem erwerdighen homeister mit allir erwirdicheit dentur. - Wasserzeichen: Stierkopf mit Stern.



Meynen gar wilgen underthenigen gehorsam mit alle meynes vermogens dir bittunge stetichlich vor enpfang[en].
Erwirdiger genediger homeister, als ich euwir genoden wol vor gescrebin habe, wy mich dy Lumbarde vangen lissen uff der strosen gelich eynema) misteter, so das ich in borgen und gewisheit thuen muste, vor recht czue komen. In dem so reyt ich kegin Brusel, do was meyns heren genode von Bergomgenb), und bat seyn genode, das her den von Brug schreibin welde, das ich sicher und vrey seyn mochte. So schreip meyn here von Bergomgen des stat, das sy mich sulden lossen vrey varen und czin und sulden mich entslon von den gevencknisse, alsc) mich dy Lumbarde erst hatten vongen lossen.
Ich antwerte den briff dem rote czue Bruge und bat sy, das sy wol teten umme vorschribendes willen meyns heren von Bergomgen und umme vordinstes willen meynes ordens, das sy mich frey lissen varen und keren adir mich czue rechte weisen welden, do ich czue rechte be hore, wen ich eyn geislich geordent man bin, also in och meyn here von Bergomgen in seynem brive schreibit. Sy antwerten und sprochen, ich were eyn koufman, ich sulde do czue rechte sten, so das ich dy sachen weder lis vorvolgen an meyns heren genode czue Gent.
Do schreip meyn here von Bergomgen der stat czue Bruge, das sy dy sachen sulden losen an stend) czwene monden lank uff sicher borge, is muechte mere) nicht gescheen. Der borgermeister sprach, sy kuenden meyne widder sachen dor czue nicht vor mogen, sy wuelden, das ich do czue rechte antwerten sulde. Ich sprach, ich welde mich in ir gerichte nicht gebin, ich gehorte och nicht czue irem gerichte. Do ich mich in ir gerichte nicht gebin wulde, do muste ich in das gevencknisse gen, dor ine ich noch lege. Ich quam her eyn am Freitage vor Palmarum.1)
Genediger homeister, alle dese sachen und dy schande, dy smoheit und schaden, der mir alhi obir gat, treybet nymandes wen der rot von Bruge. Sy sind dyf) genen, dy dy Lumbarde dor czue halden. Muchten mir dy Lumbarde icht mit rechte abegewinne[n], so muste ich den bormeister und sum[me] ander, dy och img) rote seyn, und dy andern schuldener, den Thomas scholdich geblebin ist, alle beczalunge thuen. Genediger homeister, Hans Reppin,2) deser beweiser, sal euwir genoden wol alle sachen sagen, wy is alhi czu gegangen ist und wy mir dy von Brug methe varen.
Genediger homeister, euwir genodeh) magk dys, hoffe ich wol, keren, ap is euwire genoden rot duchte seyn, das euwir genode der stat Brug schrebe dy schande und schade, der unserm orden alhi in der stat Bruge geschit, das euwir genode nicht methe stunde czue leiden noch dem, das dys unserm orden geschit. So kan euwir genode wol ir kennen, das euwyrs ordens undersosen nicht vele geliches adir recht gescheen sal, also is ach in de worheit ist. Hir umme so wil euwir genode, das euwir undersasen und alle, dy umme unsers ordens willeni) thuen und losen, wellen, das sy sich so sallen schicken, das sy einen ander weg komen mogen, do ir heren und sy basj) enthalden mogen werden wen czue Bruge.
Genediger homeister, euwir genode schreibe eynen brieff an dy alder leuethe des gemeynen koufmans von der deutschen hense, als in allen wol wissentlich ist, was schande und schaden mir hy obir get in der stat Brugk), nach al dem, das der here von Bergomgen vor mich geschrebin hot, nicht hot mucht helfen. Dy von Bruge habin is dor czue gebracht mit iren inwonern, das ich alhi im gevencknisse legen mues. Sint dem mole, das dys unserm orden geschit, das euwirn genoden leit ist, so vorsyt sich euwir genode wol, das is der koufmanne do besser nicht habin sal. Und euwir genode sey begerendel) vom koufmanne, alle dy gene, dy umme unser ordens willen thuen und losen willen undm) gedencken, in unsers ordens landen czue vor keren, und gebittet euwirs ordens undersosen, das sy em wellen besehen umme eyn ander stat, do is im bequeme mochte seyn czue legen. Euwir genode magk do bey schreiben, ap der koufman do czue nicht en welde thuen, also ir in geschrebin habet, so wolde euwir genode dor uff vor sehen seyn, das ir us unsers ordens landen keyne schiffen) weldet lassen in Flandern segelen.
Genediger homeister, is darp euwyr genoden nicht me wen brive kosten, und euwir genode losse das geruchte us geen, das ir wellet, das der koufman van Bruge sulle czyen also lange, bys unserm ordin genueck gescheen ist vor dy smoheit und schaden, der unserm orden von der stat von Bruge gescheen isto). Adir euwir genode welle bestellen, das keyne schiffe in das Swen segelen sulle. Also balde, also das geruchte kegin Danczik kummpt, so sal men is al hy in korcz dor noch wissen.
Gnediger homeister, kummpt das geruchte her und euwir genode och selbist her schreibet, unserm orden, vor sehe ich mich, sulle genuck gescheen vor dy smoheit und schaden. Genediger homeister, das nuent das geruchte her queme, das euwir genode den koufman von hinnen welde habin, ich vor sehe mich, dy gemenheit wurde dem rote eyn ungelucke czue treibin, wen der deutsche koufman helt euwir genode vor iren obersten und vor das houbet von der hense, und is ist in allen leit, das dy von Bruege mir sulche smoheit be weisen und thuen. Wen der koufman hot in iren preveleyen, das keins koufmans knecht seynes heren guet vor spelen adir vor vechten magk. Och so sal keyn koufman umme des andern schulde wille gehalden werden sunder umme seyne egene scholt adir mysdot, is were, das her sicher borge do vor were.
Genediger homeister, is ist gescheen, das der kumpthur vom Aldenheuse und der rentmeister von Mechlen habin gesantp) czue unsers ordens conserczaterq) czue Mencz, der hot uns gestubstituertq) eynen richter in dem lande von Brabant in der stat czue Leveen, und ist eyn docktor in beden rechten. Der hot dy sachen czue im genomen, und der hot uns eyne czytaczye gegebin, den rot von Bruge und meyne weder sachen czue laden. Also quam der rentmeister mit der czytaczyen uff den Meyobent3) czue mir kegin Bruge und wolde den rot und dy widder sachen geladen habin. Am Meytage4) quomen mir dy brive von euwir genoden, do tate ich dy brive dem rentmeister. Do antwerte her dem heren von Borgomgen seynen briff und der stat iren briff. Und meyn here von Bergomgen be fueol dy sachen dem hern bisschoff von Dornyk,5) das der bisschoff mit der stat do von reden sulde, als her tate. Sy gobin im vor eyn antwert, ich sulde do czue rechte sten. Also sante ich czue dem heren bisschoff und was begerende, was ich vor eyn antwert habin sulde. Also sayte der bisschoff, wes sy im czue antwert gebin hatten, und befuel den guden leuten, dy ich czue im gesant hatte, das sy sulden och czue dem rote gen und vor varen, wes sy in vor eyn antwert gebin wurden.
Also gingen sy czue dem rote und boten den rot so, als in den euwir genode geschrebin hotte, das sy mich weisen sulden vor meynen richter. So weren sy aldo und weren begerende und bittende, das ich mochte czue gerichte komen, do ich behorte. Sy welden do gewisheit thuen mit sichern borgen, das ich vor eynen iczlichen, der uff mich und uff dy scheffery czue sproche hette, vor entwerten sulde. Ir menuenge ist, das ich vor in czue rechte sten sal. Sulde ich vor in czue rechte sten, ich vor sehe mich, sy wurden mir eyn recht abe sprechen, das vor dy schefferye nicht seyn wurde. Hir umme so en wil ich mich in ir gerichte nicht gebin ane euwir genoden wissen und wille.
Genediger homeister, ich welde wol, das ich eyn antwert von euwirn genoden hette. Der here von Bergomgen ist noch alhy in der stat. Her hot mit den schonen frauwen so vel czue schicken, das ich keyn antwort van im habin magk.
Genediger homeister, were Thomas do im lande, das men in krigen muchte, das men in noch hilde und her obir schrebe, das men in do czue rechte welde antwerten, welde in imandes an clagen, is were sere gut. Her hot bekant in dem istermente und in demr) offen brive,6) das her Tonies Losscharde7) scholdich ist 97 pfd.gr. Dy gutter sulden in dy schefferye gekomen seyn. Wo ich czue rechte kome, so vor sehe ich mich, das ich das gelt sal beczalen mussen. Genediger homeister, dy gutter sint ny in dy schefferye gekomen, czue beweisen mit syner egin rechenschafft. Sulde men sulch eynen bosenwicht nicht halden?
Genediger homeister, ap dy von Bruege euwir genoden schreiben wurden, das sy sich welden entschuldigen, das sy an desen geschefften nicht scholt habin willen, das ich hy gevangen lege, so sende ich euwir genoden sum[me] abe schrifftes) von den briven, dy meyn herre von Bergonigen der stat geschrebin hot, dor inne euwir genode wol ir kennen wirt, ap sy euwir genoden dy worheit schreibin.
Gebin czue Bruge im gevencknisse am Donerstaghe vor Pfinxsten.
Bruder Johann Reppin deutsches ordens groscheffer von Koningsberge.

{Textkritische Anmerkungen}

a) Folgt Str. my.
b) -r- über dem Text.
c) Folgt Str. meh (?).
d) Folgt Str. 2.
e) Über der Zeile nachgetragen.
f) Folgt Str. dy.
g) Folgt Str. roto.
h) Folgt Str. m magc (?).
i) Über der Zeile nachgetragen.
j) Folgt Str. enthad.
k) Folgt Str.
l) Folgt Str. acc.
m) Folgt Str. gebe.
n) Folgt Str.
o) Folgt Str. also balde, also das ger.
p) -n- nur angedeutet.
q) Sic.
r) Über der Zeile nachgetragen.
s) Folgt Str. van (?).



{Inhaltliche Anmerkungen}

1) 1445 März 19.
2) Diener des Ordens und wohl ein weiterer Verwandter des Großschäffers, im Juli wieder zurück in Brügge.
3)  1445 April 30.
4)  1445 Mai 1.
5) Jean Chevrot, 1436-1460.
6) Dies meint noch nicht das spätere Schuldbekenntnis, Sarnowsky, Der Fall Thomas Schenkendorf, Nr. 19 = js166.htm, sondern wohl eine besondere Schuldurkunde, die ebenfalls nach Nr. 19 von Schenkendorf zu Recht im Namen des Ordens ausgestellt wurde; vgl. auch Nr. 10 = js157.htm.
7) Der Hinweis auf ihn in HUB 7,1, S. 492 (Register) führt zwar in die Irre (kein Nachweis S. 120 Anm.4), doch war vielleicht der Nr. 503 und 567, S. 253-54 und 283, belegte Brügger Ratsherr Johann Losschart ein Verwandter. Nach Nr. 17 = js164.htm war Antonius Losschart derjenige, der wohl mit der Beschlagnahme des Bernsteins die Reise des Großschäffers auslöste.
 


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js152.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 152 (1445 Mai 13. Brügge.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Sarnowsky, 2.8.2002) – Datum überprüft (Sarnowsky, 2.8.2002) – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert (Sarnowsky, 2.8.2002) – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben (Sarnowsky, 2.8.2002)
 
 
Datum der Erstanlage: Freitag, 23. Juni 1999 – Letzte Änderung: 2. August 2002 von Jürgen Sarnowsky

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