PrUB, JS 178

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


1446 Oktober 4. Brügge.
{Regest}
Erhard Pfersfelder an Hochmeister: seine Reise nach Brügge zu den Verhandlungen mit den Holländern, die Verhandlungen mit dem Rat und die Lage des Großschäffers.

{Überlieferung}
A = OBA 9188.

{Drucklegungen}
aus A J. Sarnowsky, Der Fall Thomas Schenkendorf: rechtliche und diplomatische Probleme um die Königsberger Großschäfferei des Deutschen Ordens, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 43 (1995), S. 187-275, hier Nr. 30, S. 255-257.

Regest
JH I 9188.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Or.-Brief auf einem großen Blatt Papier [2o], einseitig beschrieben, Siegel auf Rückseite ab. - Umseitig Adresse: Dem garerwirdigen homeister dewtczsches ordens etc. mit allir erwirdikeith. - Wasserzeichen: stilisiertes M.



Meinen garwilligen undertenigen gehorsam mit demutiger all meines vormogens dirbietunge nu unde zcu allen czeiten zcuvorn.
Erwirdiger gnediger her homeister, ewer gnade geruche zcu wissen, das ich und mit mir dorczu gefuget uns das beste wir kunden und mochten uff dem wege gefurdert haben, sunder wassers halben durch Westvalen bis ken Deventer, mit namen der Elwe, die uns etliche tage gesewmet hot, das wir nicht obir komen mochten, und ouch sust boser wege vorhindert und vorczogen sein wurden, das wir mit nichte den beschedenen tag zcu Brucke mit den Hollandern dirlangen mochten. Ouch her Kuntczen und Jokuschs etliche von eren pferden sein dirlegen, das wir ersten sein komen ken Brucke uff den tag Remigii.1)
Und ee wir ken Brucke czogen, so hatten wir an die alderlewte der dewtczschen henße geschreben und bestalt, vor uns, vor unsir gesinde und habe ein ufrecht strack geleit von der stad zcu Brucke uns zcu bestellen und under ougen czu senden. Doruff uns durch den secretarium der alderlewte czu antwort muntlich gebrocht wart, wie das in der roth zcu Brucke geantwort hette, das es nicht gehort noch gewonlichen were, irkein geleit zcu geben, und weres sache, das wir uns vor irkeiner schult wegen besorgeten, das wir sie des welden lassen vorsten und an sie gheen. Sie welden sich dorinne also frundlichen beweisen, das sie hofften, uns nicht noth thun wurde irkeines geleites. Sprechende ouch, das ir herre hertczog von Burgundien vor schult nymande mochte geleiten. Und behubete wir umbe irkeiner ander sache wille geleit, das musten wir suchen an erem hern hertczogen von Burgundien. Doch ane geleit wir mit nichte dohin czihen wolden. Sunder durch trost und anbrengunge der alderlewte der dewtczschen henße sey wir dohin geczogen. [...]2)
Doch, gne[dige]r her homeister, die weile wir mit den Hollandern nicht zcu teidingen komen mochten umbe vorberurter sache wille, uff das wir unsir czeit nicht vorsewmeten, so habe wir angehaben in der sache des grosscheffers mit rathe unsir allir und guttir frunde und sein gewest vor dem rathe czu Brucke in erer ratiskamer und in von beveel ewer gnade wegen slecht ane vil teidinge obirgeantwort ewer gnaden brieff und in muntlichen gesaget das unrecht und gewalt, unwille und ungutlichkeit, der ewern gnaden und ewerm orden von in durch den grosscheffer unbillich geschen ist, von in nu czur czeit kein ander antwort empfoende, denne sie welden sich mit den, die uff die czeit burgermeister, radmanne und scheppen gewest weren, besprechen und von in verhoren gelegenheit der sachen und uns denne ein gutlich antwort geben. Und was sie sust ewern gnaden und dem orden zcu eren und behegelichkeit in den sachen thun mochten mit rechte, das welden sie gerne thun.
Wir haben uns ouch befroget in der sachen des grosscheffers mit etlichen gelarten und andern gutten frunden, die im vormols in seinen sachen hulfflichen und retlichen gewest sein, wie wir die sache mochten vornemen, do durch wir den grosscheffer mochten loß machen. Die man denne vor weise, gelarte, vorsuchte lewte helt in der stad Brucke, die uns denne haben eren roth dorinne gegeben. So sie dewchte der nehste roth zcu sein, das man die sache des grosscheffers czu dem rathe setczen sulde zcu dirkennen durch recht, ap der grosscheffer vor geistlichem ader wertlichem rechte antworten und czu rechte sten sulde. Wurden sie durch recht sprechen, her sulde sten vor geistlichem rechte, so were her ledig von in. Wurden sie ouch sprechen, her sulde gesten vor erem wertlichem gerichte, so mochte appelliret und beruffen werden von in czu des hern hertczoges von Burgundien rathe. Wurden die ein orteil obir in geben, so mochte man von den appelliren an das parlament czu Paris, do denne das hogeste rechta) von den landen ist. Und uns ouch dobey gesaget haben, das sie duncket, das wir mit dem geistlichen rechte in der sache des grosscheffers wenig schaffen werden. Doch habe wir eren roth nicht ufgenomen noch gedocht icht doruff zcu thunde.
Uns haben ouch etliche von den alderlewten und sust kowfflewten vorgebrocht, hette sich der grosscheffer wellen geben czu des kowffmans recht, sie czweifelen nicht dorane, mit eren privilegien und freiheiten welden sie eren hogesten fleis und vormogen geton haben, das sie den grosscheffer frey und loß gemachet hetten, wend noch eren privilegien und freiheiten inhaldunge mag man einen vor den andern umbe schulde wille nicht in gefencknisse brengen. Etliche habe uns ouch gesaget, weren bisschoffe, abbate ader ander geistliche personen umbe scholt wille in ere gefencknisse gebrocht, sie kunden doruß nicht komen, sie musten sich vor erem rechte dovon entbrechen. Sunder wir doch keines hirinne thun ader angehen wellen, sunder alleine der bevelunge, die ewer gnode uns methe gegeben hot, genuck zcu thun noch unsirm vermogen.
Ouch sulde sich der grosscheffer in den Stein widder gestalt haben am ersten tage Octobris. Sunder der herre hertczog von Burgund[ien] vor in geschr[eben] hatte, das sie im czwene monden tag sulden geben, und im das nicht geschen mochte. Sunder durch bethe Heinr[ici] Terrax und ander gutte frunde im ein monde tag ist gewurden.
Ouch hat uns Heinr[ich] Tarrax angereth von der burgeschafft wegen, die her geton hot vor den grosscheffer, also vorb) 450 pfd.gr., ap wir icht bevel von euwern gnoden dovon hetten, in czu sichern, also her denne ewern gnod[en] selbist geschr[eben] und durch den mundemeister3)  hot bitten lossen. Und dorumbe gebeten hot, das her von semelicher burgeschafft wegen, die her vor und nu noch vor die vier wochen in gutten trowen geton hot vor den grossch[effer], der anders sust in gefencknisse gegangen muste sein, nicht zcu schaden komen bedurffte. Doruff wir im nicht sunderlichs geantwert haben, uns ouch ewer gnode nicht dovon hot bevolen.
Ouch geruche ewer gnod[en] czu wissen, das gantcz tewre czerunge uff dem wege ist, das ich und der doctor mit unsern achte pferden und gesinde etliche tage und nacht uff dissem wege mit sechs gld. nicht haben konnen czukomen, und vermuten uns, das der Hollander und des grossscheffers sachen sich faste vorczihen werden und wir uns selbist zcum herren hertczogen von Burgund[ien] mussen fugen.
Sunderliche ander czeitungec) dweis ichd) ewern gnod[en] off disse czeit nicht zcu schreiben, denne das der here bisschoff von Collen4)  und der hertczog von Clefe noch krigen und der her hertczog von Burgund[ien] den bisschoff von Dornick und ander seines rathis gesant hot zcu einem tage czu Maseck im gestichte von Ludick, do zcu handelen umbe einen frede und voreynigungee) czwisschen den vorgenan[ten] hern bisschoffe von Collen und hern von Clefe etc.
Geben zcu Brucke am tage Francisci anno 1446o.
Erhart Pfersfelder voith zcu Heilisbergk.

{Textkritische Anmerkungen}

a) Aus rechte korrigiert.
b) Folgt Str. vieh.
c) Auf Loch, ergänzt.
d) Über Str. wisse wir.
e) Im Text als voreynivinge, korrigiert.



{Inhaltliche Anmerkungen}

1) 1446 Oktober 1.
2) Im folgenden verweist der Vogt auf weitere Verzögerungen der Verhandlungen mit den Holländern, da deren Gesandte nur nach und nach eintrafen.
3) Durch Hans von Lichtenstein, der sich auch nach Sarnowsky, Fall Schenkendorf, Nr. 26 = js173.htm in Brügge aufgehalten haben muß.
4) Dietrich von Moers (1414-1463). Zum weiteren Kontext der hier angesprochenen "Soester Fehde" vgl. u.a. H.-D. Heimann, Zwischen Böhmen und Burgund (Dissertationen zur mittelalterlichen Geschichte, 2), Köln-Wien 1982, S. 153-281.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js178.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 178 (1446 Oktober 4. Brügge.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Sarnowsky, 7.8.2002) – Datum überprüft (Sarnowsky, 7.8.2002) – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert (Sarnowsky, 7.8.2002) – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben (Sarnowsky, 7.8.2002)
 
 
Datum der Erstanlage: Sonntag, 16. Juli 1999 – Letzte Änderung: 7. August 2002 von Jürgen Sarnowsky

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