Rechtsquellen im weltlichen Raum 3

Hofrechte, Dienstrechte und Stadtrechte

Ab dem 11. Jahrhundert wurden in den Hof-, Dienst- und Stadtrechten die Rechte und Pflichten einzelner Personengruppen fixiert.
Mit der Ausbreitung der Grundherrschaft wurden an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert die wesentlichen Rechte und Pflichten des der Grundherrschaft untergeordneten Hörigenverbandes, der "familia", aufgeschrieben. Den Ausgangspunkt nahm dies bei den großen geistlichen Grundherrschaften. Drei Rechtsbereiche wurden im Besonderen behandelt: erstens das Besitz-, Ehe- und Erbrecht, zweitens die rechtlichen Unterschiede innerhalb der "familia" und drittens die gesonderte Gerichtsbarkeit mit dem Hofgericht, dem die "familia" unterstand. Dies war das wesentliche Element der Hofrechte. Die unter einem Hofrecht stehenden Menschen unterlagen deshalb nur in schweren Fällen der "öffentlichen" Gerichtsbarkeit. An der Urteilsfindung (und auch -fixierung) waren die Hofgenossen als Schöffen und Befragte beteiligt. Neben herrschaftlichen Einflüssen weisen die Hofrechte also auch stark genossenschaftliche Elemente auf.
Den Hofrechten folgten - ebenso an der Wende zum 11. Jahrhundert - die Dienstrechte der Ministerialen. Im Ganzen gesehen sind sie sehr heterogen, dennoch sind ein paar grobe Entwicklungslinien zu vermerken. Die Fixierung der Rechte und Pflichten erfolgte hier als die geistlichen Reichsfürsten die abhängigen, unfreien Personen für qualifizierte Aufgaben in der Verwaltung und beim Kriegsdienst heranzuziehen begannen. (Die Ministerialen bekleideten die bedeutensten Ämter.) Das Wormser Hofrecht hob schon um 1023/1025 die Ministerialen in einigen Rechten von der übrigen "familia" ab. Im weiteren Verlauf des Mittelalters ist ein Abbau der Pflichten und der Elemente der Unfreiheit zu beobachten. Es fällt bei den Dienstrechten auf, dass auch innerhalb der Ministerialität große Unterschiede bestanden.
Ein besonderes Unterscheidungsmerkmal der Stadt vom Umland war, dass die Stadt über ein Stadtrecht verfügte und aus dem allgemeinen Landrecht ausgenommen war. (Dies galt für die Stadtgründungen des 12. Jahrhunderts.) Im Mittelpunkt des Stadtrechts stand die persönliche Freiheit der Bürger und das freie Grundbesitz- und Erbrecht. Zuweilen bildeten die Bürger unter einem eigenen Richter eine Gerichtsgemeinde, die aus dem Gericht des Grafen eximiert war. Die Freiheit und die Selbstverwaltung der Städte machten es zudem nötig, die Herrschaftsverhältnisse und das Zusammenleben zu regeln. Neben den Privilegien, die bei der Gründung vergeben wurden, gab es auch später Rechtsbücher, die aus den Freiheiten der Privilegien und eigenen städtischen Satzungen (sog. "Willküren") bestanden. Stadtrechte wurden auch vielfach weitergegeben, so dass Stadtrechtsfamilien entstanden. In den Gebieten der Ostsiedlung herrschte das Kulmer Recht vor, das seinerseits auf das Magdeburger Recht zurückging. Im Ostseeraum war das Lübecker Recht weit verbreitet. Die Stadtrechte insgesamt bieten Einblicke in die Rechts-, Gesellschafts- und Lebensordnung.

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