Die Quellen der Genealogie 1

Für wenige Gebiete finden sich so viele Quellen wie für genealogische Forschungen, da in den unterschiedlichsten Quellengattungen Daten oder Angaben zu Leben und Taten von einzelnen Personen oder Personengruppen zu finden sind. Man kann bei den Quellen unterscheiden, ob sie reingenealogische oder zufällig genealogische Quellen sind, d.h. ob die Verfasser die Quelle abgefasst haben, um bestimmte verwandtschaftliche Konstellationen zu dokumentieren oder ob aus der Quelle, deren eigentliches Anliegen die Behandlung eines anderen Themas war, nebenbei genealogische Informationen geschöpft werden konnten. Im Folgenden soll eine Auswahl der wichtigsten Quellen für Mittelalter und Neuzeit kurz aufgezählt und vorgestellt werden. (Nicht erwähnt werden können hier die Quellen einiger Glaubensgemeinschaften, wie z.B. von Hugenotten und Juden.)

Kirchenbücher

Kirchenbücher kamen erstmals in Frankreich und Italien am Anfang des 14. Jahrhunderts auf, während sie im deutschsprachigen Raum kaum vor der Reformation zu finden sind. Ansätze lassen sich in Basel im Jahr 1490, Annaberg (Sachsen) 1498 und Augsburg 1504 finden. 1522 wurden in Zwickau evangelische Kirchenbücher angelegt, während die katholische Kirche erst 1563 die Anlage von Kirchenbüchern beschloss. Anfangs wurden allerdings nur Taufe, Trauung und Beerdigung und erst später auch Geburts- und Sterbedatum erfasst. Die evangelischen Kirchenbücher wurden auf Deutsch abgefasst, während man in der katholischen Kirche weiterhin Latein nutzte. Bis staatliche Personenstandsregister eingeführt wurden, galten Kirchenbücher als offizielle Dokumentation mit Rechtsqualität. Bestandsverluste sind im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg und den Kriegen des 20. Jahrhunderts zu beklagen.

Staatliche Zivil- und Personenstandsregisterführung

lässt sich im deutschsprachigen Raum bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen, während in Italien schon im Mittelalter vom Patriziat Ständeregister eingeführt worden waren. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden die obligatorische Zivilehe und ein Zivilstandsregister in den französisch-besetzten linksrheinischen Gebieten eingeführt. In Preußen wurde 1850 die Zivilehe obligatorisch. Mit diesen Vorgängen verloren die Kirchenbucheintragungen ihren amtlichen Charakter.

Aufschwörungsbücher

Für das Mittelalter besonders wichtige Quellen sind Aufschwörungsbücher, die seit dem 13. Jahrhundert geführt wurden und von denen besonders viele im Archiv des Deutschen Ordens in Wien liegen. Bei Aufschwörungen mussten die Probanden ihre adelige Herkunft beweisen, indem vier Adelige die Ebenbürtigkeit des Probanden beschworen, damit dieser in den Orden aufgenommen werden konnte. Stamm- und Nachfahrentafeln, die bei Erbstreitigkeiten angelegt wurden, sind Quellen von großer Wichtigkeit. Auch Lehnsbriefe beinhalten viele biographische Einzelheiten. Lehnsbriefe wurden bei der Veränderung der Person des Lehnsherren oder eines Vasallen ausgestellt. Ebenso können auch Ehedispense und die Zeugenlisten von Urkunden analysiert werden. Oftmals gibt der Platz in der Zeugenliste Aufschluss über den Rang der Person. Verzeichnisse über Besitz und Abgaben, wie Kirchenzehnt- und Laienzehntlisten, Urbare oder Erbbücher, liefern manchmal nur eine sehr summarische Auflistung von Größe und Pachtzins aller Zinsobjekte, während sie ein anderes Mal - verstärkt seit dem 14. Jahrhundert - jeden Grundhold einzeln aufführen und dazu auch noch Angaben über dessen Abstammung geben. Auch Rechnungsbücher sind teilweise mit vielen genealogisch wichtigen Informationen versehen. So sind in Stadtrechnungsbüchern manchmal die Aufnahmegebühren für Neubürger verzeichnet. Ebenso müssen Innungsakten (Geburts-, Mann- oder Echtheitsbriefe) als wichtige Quellen erwähnt werden.

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