Die Bibliothek des Klosters Chemnitz am Vorabend der Reformation

Ein Bücherverzeichnis von 15411)

Einleitung

[Druck-Fassung in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige, 108 (1997), S. 321-73]

1994 kehrte eine Reihe von Inkunabeln, anderen frühen Drucken und Handschriften nach Chemnitz zurück, die die Chemnitzer Stadtbibliothek in den sechziger Jahren an die Sächsische Landesbibliothek in Dresden abgegeben hatte.2) Für die Inkunabeln und Post-Inkunabeln liegt schon seit dieser Zeit (seit 1967) eine Beschreibung im Druck vor, und auch die Handschriften wurden bereits beschrieben.3) Diese wertvollen Bestände werden sicher zu Recht als ein "Zeugnis der Chemnitzer Klosterkultur des 15. und 16.Jahrhunderts"4) verstanden, doch weisen nur drei Bände einen in diesem Zusammenhang relevanten handschriftlichen Besitzvermerk auf, von denen einer auf den erst zwischen 1481 und 1485 gegründeten Franziskanerkonvent verweist, die anderen aber auf das schon im 12.Jahrhundert entstandene Chemnitzer Benediktinerkloster deuten.5)

Es stellt sich damit die Frage, welche Rolle diese Bände im gesamten Bücherbestand der beiden Chemnitzer Klöster spielten bzw. inwieweit auch andere als die beiden eindeutig zuweisbaren Bände den Klosterbibliotheken entstammen. Während für die Franziskaner kaum eine Antwort möglich sein dürfte, erlaubt ein 1541 bei der Auflösung des Klosters angelegtes Bücherverzeichnis für die Benediktiner einige Rückschlüsse.6) Diese Liste ist bisher - anders als die Bibliothekskataloge anderer sächsischer Klöster -7) zwar mehrfach ausgewertet,8) aber nicht ediert worden. Die weiteren Netzseiten bieten dazu eine Reihe von Materialien und Informationen.

  • Für einen Überblick zur Entwicklung des Chemnitzer Benediktinerklosters und seiner Bibliothek s. Teil I.
  • Für die Edition der Liste von 1541 s. Teil II.
  • Für die Edition einer Liste der Bände der Chemnitzer Schulbibliothek, die 1776/77 zur Abgabe an die Kurfürstlich-Sächsische Bibliothek in Dresden vorgesehen bzw. vorgeschlagen worden waren s. Teil III.
  • Für ergänzende Konkordanzen und Tabellen s. Teil IV.

1) Ich danke der Chemnitzer Stadtbibliothek, dem Schloßbergmuseum Chemnitz und der Universitätsbibliothek Leipzig sowie dem Hauptstaatsarchiv und der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden für die Gelegenheit zur Einsicht von Handschriften und frühen Drucken bzw. für die Überlassung von Mikrofilmen. Mein besonderer Dank gilt weiterhin Herrn Dr.Ludwig für die freundliche Betreuung im Schloßbergmuseum Chemnitz sowie meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof.Dr. Dietrich Kurze, für wertvolle ergänzende Hinweise. - Folgende Abkürzungen finden Verwendung: DHGE Dictionnaire d'histoire et de géographie ecclésiastiques, hrsg. Baudrillart A., Aubert R. u.a., Bd.1ff., Paris 1912ff.; LMA Lexikon des Mittelalters, hrsg. Auty R., Bautier R.-H., Angermann N. u.a., Bd.1ff., München-Zürich 1980ff.; LThK Lexikon für Theologie und Kirche (hier wegen ihrer Vollständigkeit noch in der 2.Aufl. benutzt); UB Chemnitz Urkundenbuch der Stadt Chemnitz und ihrer Klöster, ed. Ermisch H. (Codex diplomaticus Saxoniae Regiae, II, 6), Leipzig 1879; UB Leipzig Universitätsbibliothek Leipzig; VerfL Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, 2.Aufl. hrsg. Ruh K., Bd.1ff., Berlin-New York 1978ff.

2) S. den Bericht in der Chemnitzer Freien Presse vom 22.6.1994; zur Abgabe der Bestände vgl. Deckert H., Katalog der Inkunabeln und beigebundenen Post-Inkunabeln der Stadt- und Bezirksbibliothek Karl-Marx-Stadt (Beiträge zur Inkunabelkunde 3.Folge, 3, 1967, 55-92), hier 55.

3) Bei Deckert für die Inkunabeln und Post-Inkunabeln; für die Handschriften liegen in der Chemnitzer Stadtbibliothek maschinen- bzw. handschriftliche Beschreibungen vor; die lateinische Sammelhandschrift mit Briefen und Reden von Humanisten mit der Signatur App.2282 bzw. Hds.57 ist bereits beschrieben bei Lehnerdt M., Zu den Briefen des Leonardo Bruni von Arezzo (Zeitschrift für Vergleichende Literaturgeschichte N.F. 5, 1892, 459-66) hier 461 und 463-66; vgl. auch Kristeller P.O., Iter Italicum, 6 Bde., 2 Reg.Bde., London-Leiden 1965-1993, hier III 413.

4) Wie Anm.2.

5) Deckert (wie Anm.2) Nr.56, 74 (Sign. R 342 J), Nicolaus de Ausmo, Supplementum summae Pisanellae, Nürnberg 1475, fol.1r, mit dem Hinweis auf den Besitzerwechsel von den Magdeburger Franziskanern nach Chemnitz: Liber conventus fratrum minorum in Magdeborg etc., und (von anderer Hand): Assignatus modo conventui Kempnicen[se] per rev[erendum] p[atrem] vi[rum] Johannem Bran[...] (Lesung gegen Deckert korrigiert, z.T. unsicher); Nr.25, 65-66 (Sign. R 371 J), Gabriel Biel, Sermones, Tübingen 1499, Titelblatt mit dem Hinweis auf die Chemnitzer Benediktiner: Liber Beate Marie Virginis Sanctorumque Johannis Baptiste et Johannis Evangeliste in Kempnicz (gegen Deckert korrigiert); Nr.47, 71 (Sign. R 548 J), Michael Lochmaier, Parochiale curatorum, Leipzig 1497, Titelblatt mit weiterem Hinweis auf die Benediktiner: Liber Beate Marie V[ir]g[inis] S[an]c[t]o[rumque] Johannis Bap[tiste et] Joh[ann]is Eva[n]g[eliste] in Kempnicz (nach Deckert, der Band war am 28.9.1994 im Schloßbergmuseum Chemnitz nicht greifbar).

6) Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Dresden, Loc.8941, fol. 79(91)r-91(103)r; vgl. die Beschreibung vor der Edition des Texts.

7) Schmidt L., Beiträge zur Geschichte der wissenschaftlichen Studien in sächsischen Klöstern (Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 18, 1897, 201-272, und 20, 1899, 1-32), ediert 18, 229-268, das Bücherverzeichnis von Altzelle; Alschner C., Die Säkularisation der Klosterbibliotheken im albertinischen Sachsen (Mark Meißen, Leipzig und Pegau), Diss.phil. masch., Leipzig 1969, ediert 131-171 den Bibliothekskatalog der Dominikaner zu Leipzig von 1541.

8) S. wiederum Schmidt (wie Anm.7) 20, 25-27; Alschner (wie Anm.7) 53-54; ders., Die Chemnitzer Klosterbibliotheken (Beiträge zur Heimatgeschichte von Karl-Marx-Stadt 23, 1979, 57-63) bes. 58-59; Helssig R., Katalog der lateinischen und deutschen Handschriften der Universitäts-Bibliothek zu Leipzig, Bd.1, Die theologischen Handschriften, und Bd.3, Die juristischen Handschriften (Katalog der Handschriften der Universitäts-Bibliothek zu Leipzig, IV und VI), Leipzig 1926-1935 und 1905, hier 3, XXIII.


angelegt: 11. Dezember 2001