PrUB, JS 493

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


1422 August 23. Nürnberg.
{Regest}
Komtur von Brandenburg [Ludwig von Landsee] an den Hochmeister [Paul von Rusdorf]: hat den Brief über den Einfall des polnischen Königs und des litauischen Großfürsten in Preußen nach ihrer Aufsagung des Waffenstillstands mit Schrecken erhalten; hat diesen Brief an König und Kurfürsten übergeben, die dem polnischen König jetzt ebenfalls entsagen wollen; der König will in das Krakauer Land ziehen und dieses ebenso verheeren; der Pfalzgraf bei Rhein, der Erzbischof von Köln und der Herzog von Sachsen wollen selbst mit ihren Heeren kommen, und andere Fürsten und Herren haben Unterstützung zugesagt; der Deutschmeister und seine Gebietiger sowie der Landkomtur des Elsass werden ihre Truppen September 27 in Erfurt sammeln, und weitere Brüder werden zu ihnen stoßen; der Deutschmeister, die Gebietiger, die Gönner und Freunde des Ordens raten, sich mit den Gegnern des Ordens auf keine Sühne einzulassen, sondern den polnischen König und Herzog Witold als Förderer von Ketzern zu brandmarken; soll sich auf die Gäste einstellen und keinesfalls ihren Zug umsonst werden lassen, weil das den Ruf des Ordens beschädigen wird; wird dem Rat der Freunde des Ordens (und gegen die Anweisung des Hochmeisters) noch eine Weile im Lande bleiben, um dem Orden dienlich zu sein, und erst danach heimkehren; hat den nach Preußen ziehenden Fürsten und Herren freie Versorgung zugesichert; soll gegebenenfalls die Gegner in ihr eigenes Land verfolgen und dort ebenso alles verwüsten.
 

{Überlieferung}
A = OBA 3889 [olim Schiebl. XXIa, 49]; B = dgl. [olim Schiebl XXIa, 24].

{Drucklegungen} 
aus A Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 8, Nr. 137, S. 147-50 [ danach hier].

{Regest}
JH I 3889.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
A Original auf Papier,
Verschlusssiegel auf Rückseite; B Abschrift.


Meinen gar willigen undertenigen gehorsam zuvor.

Erwirdiger liebir her meister.

Euwirn brief mir gesant bei Jocoben dessem beweisere, der gegeben was zum Sthume am donerstage nach ad vincula Petri,1) ist mir geentwurtt zu Nuremberg am montage noch assumpcionis Marie.2) In dem brieve ir mir schreibt, das nach der endsagunge des kuniges zu Polan (dovon ir mir vor hat geschreben) seint nu derselbe koning und herzog Wytowt mit aller irer macht gezogen ins lant Preußen3) etc.

So geruchet zu wissen, das mir von der entsagung des koninges zu Polan keine schrifte obirall von euch sint gekomen, sundir, als ich nu us diessem euwirm letzten brieve vorneme, das uwir feinde {S. 148} mit irer ganzen macht ins lant sint gekomen das groblichen heeren und vorterben etc., des bin ich grosslich erschrocken und ist mir leid und hett eins solichen nicht gehoffet. Dorumb so hab ich zu stunt des obendes speet unsirm herren Romischen koninge euwir brieve geentwertt, und habe dornach im und seinen k+orfursten und andern fursten und herren etc. die hie sind den unvorhofften obirzog euwir feinde den jomer und leid den sie im lande stiften ernstlichen klegelichen und grundlichen vorgebrocht und erzellt als ich fleisigst hab gemucht.

Den herren allen geet unsirs ordens und des landes soliche bescheedigung und obirzog grosslich zu herzen und ist in gemeinich leid, und sundirlich unsirm herren Romischen koninge. Und meinen alle, sie wollen iren ernst dorbei thun, also das ein semelichs wol solle werden gerochen. und sint des eins wurden: das unsir herre koning und seine k+orfursten und unsir herre marggrave mit in dem koninge zu Polan und herzog Wytowten wellen endsagen; und, als ich andirs nicht vorneme, es werde gescheen binnen kurz dornach als Jacob von hinne wirt scheiden. so hat ouch unsir herre Romischer koning willen und hat gelobt: wenn dis gespreeche4) ein end wirt haben und er widder kumpt ken Ungern, so welle her von stadt an mit seiner macht, die do ieczunt gereit ist und besammet, selbir zihen in das Krakouwsche lant und welle das heeren und vorterben.

So wellen ouch, wenn dis gespreeche ein end nimpt, unsere herren der pfalzgrave bei Reyn und der erzbischof von Collen mit irer macht, die sie mogen ufbrengen, in eigener person zihen ken Preußen und wellen sulchen frevel gewalt und schaden euch getruwlich helfen rechen. Dorzu will ouch herzog Erich von Sachssen euch mit hundirt spie–en zu hilfe komen, als er das hie vor unsirm herren koninge hat enthei–en. Mit den heren wir ouch vil andre ritterschaft komen und sich zu in fugen, die unsirs ordens gonner sind und freunde. So wirt ouch der meister zu Deutschen landen mit seinen gebietigern und der lantkompthur zu Elsaß mit irer macht ufkomen und werden sein zu Erfordt uf den nechsten suntag vor Michaelis5) von danne vortan zu zihen. Ouch werden vast redliche wolgeborne luwte gekleidet hie zu Nuremberg zu unsirm orden am tage sente Barholomei nehstkomende.6) Dieselben werden ouch von stadt an dornach von hinne reiten ken Prewssen.

Also, erwirdiger her meister, ist es ane zweifel, euch werde gro–er trost und hulfe komen us diesen landen, wiewol sich das eine kurze zeit wirt mussen vorzihen bis dis gespreeche wirt geendet und sich die luwte mogen zurichten und gereit machen. Und geschiet diese vorsumnise allein dorumb das euwir gnade mir dis gar zu speete hat lasen wissen. Nu euwir feinde ieczunt im lande legen, wie mag ich nu die luwte so plutzlichen ufbrengen, sundirlichen nu ir keinen solt wellet geben? Sie enkonnen ouch so schier nicht rustig werden und feertig und ufkomen, als ir das selbir mogt merken. Hett ich diese ding ee gewust, ich hett vast folk uf mogen brengen, die ieczunt uf dem wege muchten sein gewest. So enkonde ich ie nichts wissen wie es im lande stuende ap ir krieg hett adir frede, als ich euch das nu oft hab vorschreben.

Und, erwirdiger her meister, nu euch und dem lande ein solich unvorhofter obirfall und schade geschiet von euwirn widdersachen boben alle euwir gerechtikeit, so ist des gebietigers zu Deutschen landen und unsirs ordens gonnere und freunde und ouch mein gutdunken rath und ganzer wille: das ir mit denselben euwirn feinden keinen fride adir sune urnemet noch machet in keinerlei weizz nach solichem gro–en schaden, und sundirlich dorumb das gro–er ruef und gerewchte obir den koning zu Polan und herzog Wytowt gehet in allen cristenlanden ds sie der ketzer helfer sterker und beileger sint, mit den euch nicht fuglich ist frede und sune zu machen widder das cristenthum. nu ir das doch hat angehaben, und ouch umb andrer sachen wille die ich euch und ouch der gebietiger muntlichn werden erzellen, sunir nu ir so bescheedigt werdet, so liedet den schaden libir dis jor {S. 149} wenn vortan alle jor, als zu besorgen ist.

Went wir alle hoffen, euch solle eine rettunge komen und hulfe, das ir dornach euwirn feinden so grossen adir gro–er schaden mogt zuzihen als sie euch haben gethan, und mogt also mit in dornach zu bessern tegdingen komen und zu frede. Richtet euch ouch uf speisse getrenke futer und ander notdorfa) als ir meiste mugt, went ich mich vorsehe, das die fursten und wer zu euch wirt komen uf euwre koeste und zerunge im lande werden komen.7) Lasset ouch diese leute umbsost zu euch ins lant mit nichte komen, went, wurden sulche fursten und leute ins lant komen und ir villeichte suene und beifride hettet gemacht mit euwirn widdersachen als vor wol ist gescheen, es were zu besorgen das es unsirm orden grozz ungelimpfe wurde brengen, went die luwte mit eime solichen wurden verslagen und unwillig gemachet vorbas zu ewigen zeiten.

Ouch, gnediger her meister, als ir schreibt begerende, das ich mich zu lande sulle fordern als ich erst mag etc.: geruchet zu wissen, das ich got weis hie lege widder meinen willen une were vil liebir im lande wenn hie. Nu raten mir der gebietiger und gute gonner und frund unsirs ordens und sundirlich unsir herre koning, das ich mit nichte von hinne sulle zihen diweile dis gespreeche weret und die fursten hie legen, ich sulle des endes direiten, wan, als euch vor wol ist geschreben das unsir herre koning und die fursten ieczunt in gutem willen sein ken unsirm orden, dem sie meinen zu helfen, doran man sie ouch stetis muz manen und sie anlegen das sie dem ende geben. So zweht ouch der gebietiger ieczunt von hinnen, uf das her sich moge zurichten und feertig machen. Zihe ich denn ouch von hinnen, so bleibt hie nimant von unsirs ordens wegn, der unsir sache zum ende fordere, und muchten unsir herre koning und die fursten villeichte unsir sachen denne minner betrachten und handeln b)umb mancherlei geschefte willen die sie handelnb) wenn ap ich selbir kegenwertig were, und muchte also bleiben legen. Man muchte ouch dornach sprechen: were ich noch eine kleine zeit hie gebleben, unsir sachen weren zu gutem ende komen, und das ichs domete hette versumet, und wurde das vorsumnise mir also zugelegt.

Hierumb, ap ich so schier nicht werde komen als ir gerne sehet, habt dorumme keinen sweren muet; ich wil mich vordern als ich erste kann. Trostet euch mit gotes hulfe und thut mit den euwirn dieweile das beste da sir muegt. Ir sullet ane zweifel wissen, das ich hie bei unsirs ordens sachen meinen hochsten fleis will thun und vermogen, als ir das ap got will hiernach cleerlicher werdet dirkennen und befinden.

Gegeben zu Nuremberg am suntage vor Bartholomei anno etc. 22.

[in dorso] Dem erwirdigen homeister Deutsches ordens mit aller erwirdikeith dari debet.

Komthur zu Brandemburg.

[cedula inclusa] Nemelich, erwirdiger her meister, hat der gebietiger und ich die fursten und wer ken Preu–en welle zihen genzlich doruf getrostet, das sei frei zerung konste und futter sullen haben im lande. das hab wir gethan noch laute euwir briefe die ir uns dorvon habt gesant. Dornach mogt ir euch richt. So ist ouch sundirlich des gebietigers des lantkompthurs zu Biessen und ouch mein rat gutdunken und wille, das ir euch nicht vorgehetn und geringlichen streitet mit euwir finden sundir das ir dieser hulfe derbeitet. Werden sie denne noch im lande gefunden und wellen sie denne nicht weichen, so werdet ir ap got will stark genueg sie zu bestreiten. Sint sie ouch us dem {S. 150} lande zogen wenn euch diese hulfe kumpt, so mogt ir en hindenoch zihen in ire lant und die widder heeren als sie euwir lant han geheeret. Wellen sie ouch denne mit euch streiten, so mogt ir in streites wol geweren.


1) 1422 August 6.
2) 1422 August 17.
3) Zum Einfall des polnischen Königs und des Großfürsten in Preußen Ende Juli s. Voigt, Geschichte Preußens, 7, S. 437-38, 486.
4) Gemeint ist der für ihn aktuelle Nürnberger Reichstag.
5) 1422 September 27.
6) 1422 August 24.
7) In der Tat reichten Fürsten wie Pfalzgraf Ludwig oder Herzog Heinrich von Bayern-Landshut danach hohe Rechnungen beim Orden ein, s. Voigt, Geschichte Preußens, 7, S. 460-61.
a) A notdorft?, wegen Beschädigung des Papiers unleserlich.
b) Von derselben Hand am Rand nachgetragen.

Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js493.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 493 (1422 August 23. Nürnberg.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Jürgen Sarnowsky, 2009; Audrey Sue Peters, 2004) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
  
Datum der Erstanlage: Dienstag, den 23. Dezember 2003 — Letzte Änderung: 7. Dezember 2009 von Jürgen Sarnowsky

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