PrUB, DH 76
© Dieter Heckmann, Werder / Berlin (2002)
Klage der Kneiphöfer wegen der Weigerung der Löbenichter, einen Unkostenbeitrag für die Lübecker Hansetage zu leisten; Bitte der Kneiphöfer, die der Herrschaft unterworfenen Bewohner des unteren Haberberges zu Arbeiten am Graben bei Sankt Georg hinzuziehen; Hoffnung, während einer gemeinsamen Tagfahrt Hilfe vom erländischen Bischof und den Städten Braunsberg und Elbing für den Ausbau des Tiefs zu erhalten; Vorstoß der Kauener und Danziger Kaufleute beim polnischen König, die hohen litauischen Zölle zu mindern; in Rom anhängiger Rechtsstreit zwischen den Kneiphöfern und einer Frau "zum Sunda".
{Überlieferung}
C = Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA Hist. StA Königsberg, OF 33, S. 161-164.
{Drucklegungen}
---
{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Registereintrag.
Nota: Die Kneipheffer(1) haben sich uber die Lebenichter(2) beclagt, wie sie inen nach alter gebur zw awsfertigung der geschickt(en) der gemeynn Henße(3) gen Lubick(4) keijn steuer thun wollen, darauf gebet(en), sie darzw zw halt(en). Ist in geantwort, man wolle mit den Lebenichter derweg(en) handeln, wie gescheen. Als haben sich die Lebenichter horen lasen, sie weren kein steuer, den im Kneiphof(5) zw geben schuldig. Nachdem sich dieselben in die Henße als ein anligende stat und zw solchen unkost gedrungen und beten derhalben, dieweil sie is fur nicht gethan, man wolt(e) sie darzw nicht dring(en). Dis ist den Kneiphefern furgehalt(en), welche nach auf iren forigen anbreng(en) beharret und weiter eroffent, das is die Lebenicht(er) zw thun schuldig. Dorauf ist inen gesagt, man wolt sie beiderseit zw bequemer zceit fur bescheijdenn und sie gegeneynander verhor(en).
[S. 162] Item(a) die Kneipheffer haben furgebracht, nachdem sie den graben bey sanct Jorgen(6) und der zcogbrucken, den lewthen die speicher daselbst hett(en), auch den lewten, die da von(n)ezw befestigung(b)zw rewmen willens weren, beten sie, die lewthe under dem Haberberge(7)und da ummb der herschafft underworff(en), zu vermegen, damit sie inen hulff darzw theten. Darauf ist inen geantwort, man wolle dem hawscomptur, mit den lewt(en) derweg(en) mit vleis zw red(en), befelen. Und was im fur eijn antwort derweg(en) von inen begegen, inen zu ereffnen.
Item die rethe der stete haben sich beclagt, wie etliche in der hern buden, garten und hewsern wonhaftig fur den steten hantwerg, den burgern zw merglichem nachteil, theten uben. Derhalben were ir bet, mit denselben solchs abzwstellen vorschaff(en), welchs man mit denselben lewt(en) zw red(en) zwgesagt. Dernach hat man sie widerummb furbesche(i)den und in zu erkennen geben, wie sich die lewte an angezeigten ort(en) wonhafftig horen lisen, das sie solcher narung wonung und bergung, wie von alters gewonheit gewesen mit irer hant alleyn und nicht mit gesellen teten trijben. Derhalben hett(en) sie gebeten, man wolt sie beij alter gewonheit hanthaben und bbleiben lasen. Dorauf haben sie gesagt, wie sie nachbreng(en) wollen mit irer hantfest(en), das sie dafur gefreijet, dergestalt, das man eyner meil wegs nahe der stat solchs nicht uben solt, und das diejenigen, die fur den steten wonen, das werg in stett(en) mit haben sollen neben andern manchfeltig(en) ursachenn. Dorauf ist inen zwgesagt, man wolt beide part auf ein bequeme zceit furbescheid(en) und sie geg(en)eijnander vorhoren.
Item sie underricht getan, wie sie eijnen vorstendig(en) wergman zw bawung des tieffs uberkomen hett(en). Derhalben were ir bethe, m[ein] g[nediger] h[er], der grosc(ompthur), wolt(en) eynen hern ader 2 neben den iren verordenen, solch tiff und baw neben dem meist(er) zw besichtigenn, sie auch mit trost, hulff, rat und beystant nicht zu vorlasen, sonderlich auch zw bestellen, das die lewthe aufim Samlant(8), wie vormals scharwerg unnd etlichen strauch furten(c), auch das in s[eine] g[nade] zw befestigung des landes tzwisschen beyd(en) tiffen mit solchem scharwerg und strauch helffen wolden, dergleichen, das in s[eine] g[nade] mit 3 schock(en) dylen und dem alt(en) zcijmmer vom kornhawße zwsteuer [S. 163] kennen wolt(en) unnd vorschaffenn, das alle zcijmmerlewthe,auch sonderlich die der herschafft underwerffig seijn, ein sechs ader 8 tag zw solchen bawen hulff, auch, das die arbeiter und mussiggenger fur den steten zw helffen und erbeit(en) gedrungen wurd(en), dafur sie inen die kost awsricht(en) welt(en). Und nachdem sie vil steijn unnd wacken bedorff(en) wurd(en), beten sie, inen zw gestatt(en), dieselben in den gebiet(en) Balge(9) , Brand(enburg)(10) und andern, ze vil ir vonnoten, an am strand(e) zu erlang(en). Hirauf ist inen geantwort, das m[ein] g[nediger] h[er], der grosc(ompthur), gerne hort(e), das zo vil vleis von inen angewant und das sie eijnen gutt(en) meister erlangt hett(en), auch das s[eine] g[nade] in gerne eijn hern ader 2 zuordenen wold(en), wo s[eine] g[nade] er keyn hette, der sich solcher bew vorstunde und inen nutzlich und(d) retlich were. Als sie aber s(onn)en, sie mit rat (e) und beijstant zw solchen furnemen nicht zu vorlasen, wust(en) sie aws den vorigen handelung(en) des vornemens gescheen, das solchs als ein schwerer baw in der herschafft, auch iren vormegen awszwricht(en) nicht stunde, sunder durch gemeyne hulff und darlage gescheen must(f). Derhalben bedecht s[eine] g[nade], es were nutz auf eyner gemeynen tagfart davon zw red(en), desgleichen, wie fur m[einen] g[nedigen] h[ern] von Heilsperg(11), Lucas Weisselrod(12) , die stete Elbing(13) und Braunsperg(14) ummb hulff zw bokomen, und das s[eine] g[nade] sich kurtzlich etlicher hern zwhaufkomen vorsehen, mit welchen s[eine] g[nade] gerne davon handeln wollen und sie widerummb, was beratschlagt, gerne vorstendig machen. Des strauchs und scharwercks halben ist inen geantwort, man wuste die lewthe in diser zceit nicht darzw zw notigen, sunder nach dem augst wolt man alsdan mit den lewt(en) gerne handeln und sie vormog(en), das sie inen darzw hulf theten. Der dilen halben ist inen zwgesagt, man wolt inen 3 schog geben, dergleichen vom alt(en) holtz von kornhaws gerne mitteylen zo vil desselben dem zcymmerman nicht zwstunde und zw baw des hawsses nicht dorffte. Die zcijmm(m)erlewthe, der herschafft zwstendig, belangende(g), hat man inen zwgesagt, dieselben inen ein achttag zw leijen, doch alzo, das sie is der herschafft 14 tag zuvor ansag(en), wen sie den baw anfaen wollen. Der erbeitsman(h) und mussiggeng(er) halben ist inen gesagt, die herschafft wuste sie darzw nicht zwqumgen [!], ummb die kost zw arbeit(en), nachdem sie die hern selbst ummb ir erbeit mit kost und loen halten muss. Man wolt inen auch gerne vorgonnen, wacken und stein zw nemen und zw lesen, die man zw notdorffttig(em) baw der hewser nicht dorfft, doch alzo, das sie is mit der amptlewt(en) bewust, in welchem gebit sie is thun wollen, theten. Und nachdem [S. 164] sich der bischoff von Heilsperg(e) auch die stete Elbing und Braunsperg(e) vornemen hett(en) lasen, wo man sich aufs ord(en)seit(en) selbst angreiff(en) und bew und besserung des tiff(es) furnemen wurd(e) und sie befund(en), das is eijn bestant haben wolt(e), das sie alsdan erbarlich hulff thun wold(en), solte man zw inen aws solchenn sachen furter(er) mit inen der erbittung nach handelung furzwnemen.
Item die rethe haben furgebracht, wie sie der kaufman von Cawen(15) unnd Dantzke(16) vorstendig hette gemacht, das sie willens weren, k[onigliche]r ir[lauchtigkei]t zw bekommern und zw bitt(en), die grosen zcelle zw Cauen und Littawen(17) abzwstellenn, derwegen, was sie neben inen bey k[onigliche]r ir[lauchtigkei]t thun wollen. Hirauf gebet(en), m[ein] g[nediger] h[er] wolt(en) inen raten, was sie dem kaufman auf solch sijnnen fur antwort geben solt(en). Dorauf ist inn geantwort, man wuste nicht, das sie etwas fruchtbarlichs hirinne thun mocht(en)(i) , sunder(j) das s[eine] g[nade] unnd der ord(en) sunst ander des ord(en) sachen beij k[onigliche]r ir[lauchtigkei]t zw gedenck(en) hett(en), alsdan wolt man diser sachen auch nicht vorgessen.
Item die Kneipheffer habenn ein schrifft m[einem] g[nedigen] h[ern], dem grosc(ompthur), furgetrag(en), welche in durch Caspar Wirt(18), procurator zw Roma(19) , zwgesant wurd(en) in eijner sachenn, derhalben sie mit eijner(k)frawen zum Sunda(20) in uneijnigkeit steen, gebet(en), inen rat mitzwteilen. Dorauf ist inen gerat(en), dasjenige zu erlernen, dorummb inen ir procurator schreijbet und solchs demselben wissen zw thun, auch in neben ubersendung etlichs gelts zw bitt(en), sie vorstendig zw machen, wie alle sachen steen, damit sie, wo ein urteil wider sie ginge, sich desterbas doreijn schick(en) und nothdorfftig(en) iure und beweis bestellen mecht(en). Nachdem sie die sach nicht gerne leicht(en)lich fallen wolt lasen. Auch ist inen gerat(en), sie wollen sich bevleissig(en) ummb notdorftige commissarien in eventum remissorie und gunstig zu erfaren und dieselben irem procurator anzwzeig(en).
Texkritische Anmerkungen
(a) c[apitulum] vor jeweiligem Item.
(b) Aus zwbefestigung korr.
(c) Aus zwfurten korr.
(d) Davor gestr. were.
(e) Davor gestr. solc.
(f) Über gestr. mocht.
(g) Vor der Zeile.
(h) -man über der Zeile.
(i) Davor gestr. we(n).
(j) Aus sunderlich korr.
(k) Anfangsbuchstabe aus nicht erkennbarem Zeichen korr.
Inhaltliche Anmerkungen
(1) Kneiphöfer.
(2) Löbenichter.
(3) Hanse.
(4) Lübeck.
(5) Königsberg-Kneiphof.
(6) Sankt Georg, in der Hinteren Vorstadt des Kneiphofes.
(7) Haberberg, südliche Vorstadt des Kneiphofs.
(8) Samland.
(9) Balga, zw. Braunsberg und Königsberg.
(10) Brandenburg, zw. Balga und Königsberg.
(11) Heilsberg, zw. Allenstein und Königsberg.
(12) Lukas Watzenrode, Bischof vom Ermland (1489-1512).
(13) Elbing.
(14) Braunsberg.
(15) Kauen.
(16) Danzig.
(17) Litauen.
(18) Caspar Wirt, Prokurator zu Rom.
(19) Rom.
(20) Stralsund?
Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/dh/dh76.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, DH 76 (1511 April 29. Königsberg.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (D. Heckmann, 26. Mai 2002) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert (D. Heckmann, 26. Mai 2002) – äußere Merkmale beschrieben (D. Heckmann, 26. Mai 2002)
Datum der Erstanlage: Sonntag, 26. Mai 2002 – Letzte Änderung: 26. Mai 2002 von Dieter Heckmann
Zurück zur Hamburger Homepage / zurück zur Regestenliste für 1511.