Die Quelleninterpretation

Einleitung

Eine wichtige Fähigkeit des Historikers ist es, mit Quellen umzugehen. Sie bilden die Grundlage für eigene Gedankengänge und Erklärungsansätze und sollen der Sekundärliteratur vorgezogen werden. Die Quellenarbeit ist „die ursprünglichere und fachspezifische geschichtswissenschaftliche Tätigkeit, die der (eigenen) Darstellung vorangeht“ (Goetz, 2006, S. 215) Der (angehende) Historiker sollte weitestgehend auf originalgetreue Quellen zurückgreifen, da besonders Übersetzungen von Quellen sprachliche Ungenauigkeiten beinhalten können und gleichzeitig einen Text in sprachlicher Hinsicht interpretieren. Eine weitere Schwierigkeit bei den Quellen des Mittelalters ist die – im Gegensatz zu den klassischen lateinischen Quellen –  große Anzahl, die fehlende Erschließung und deren mangelnde Übersetzung. Gerade deswegen sollen Studenten in ihrem Studium lernen, selbstständig mit Quellen umgehen zu können: Das heißt sie zu transkribieren, zu analysieren und eigene Schlüsse aus ihnen zu ziehen.

In diesem Lernmodul soll der Ablauf einer Quelleninterpretation schematisiert dargestellt werden. Zentrale Grundlage ist hier das das Schema nach Gerhard Theuerkauf, der im Bereich der mittelalterlichen Quellenanalyse immer wieder als Referenz gilt.

Probleme bei einem starren Schema:

Für den Umgang mit Quellen gibt es verschiedene Leitfäden und Schemata. Während der Interpretation steht man als Student oft vor dem Problem, dass sich diese nicht starr umsetzen lassen können, da es ansonsten zu Wiederholungen kommen, oder der spezielle Sachverhalt nur unscharf wiedergegeben werden kann. Während der Quelleninterpretation muss man zwar das Schema im Hinterkopf haben, doch sollte man sich in einigen Teilen auch von ihm abwenden können. Um diesen Umgang zu vereinfachen, werden in diesem Lernmodul möglichst viele Beispiele und Übungen angeboten, mit denen ihr euch grundlegend orientieren könnt.

Fragestellung und Quellenbeschaffung:

Der Arbeit an den Quellen geht immer die historische Fragestellung voraus, da diese den Bereich des eigenen Erkenntnisinteresses eingrenzt und somit ein effektives Arbeiten erst ermöglicht. Je nach der gestellten Frage kann eine Quelle unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden und somit auch etwas anderes aussagen. Die Fragestellung zielt darauf ab, historische Zuständen, Abläufe oder Beziehungen darzustellen und sie zu erklären. Im weiteren Arbeitsprozess wird sich diese Frage immer weiter konkretisieren, da man sich immer weiter in die Materie einarbeitet und den eigenen Horizont erweitert. Die grobe historische Fragestellung steht aber schon am Anfang. Eine genauere Fragestellung entwickelt sich jedoch im Laufe der Quellenarbeit, der Beschäftigung mit dem aktuellen Forschungsstand und der weiteren Recherche.

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