Eine wesentliche und beinahe triviale Unterscheidung soll am Anfang stehen. Man unterscheidet zwischen dem Rufnamen, der bei der Geburt (von den Eltern) frei gewählt werden kann, und dem Familiennamen, der erblich ist und von den Eltern übernommen wird. Der Rufname reichte im frühen Mittelalter in der Regel aus, da sich das Leben in engen Räumen abspielte. Er wurde von den Eltern gewählt, war erst später zwingend mit der Taufe verbunden und sollte meist einen Heilswunsch darstellen - gab man dem Neugeborenen einen Tier-, Waffen- oder Völkernamen, dann hoffte man auf die Übertragung ihrer Eigenschaften - oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe symbolisieren: So wählte man Nachbenennungen oder Namengliedvariationen. Die merowingischen Könige geben ein gutes Beispiel ab: Chlodowech - Chlodomer - Chlotachar; Theuderich - Theudebert - Theudebald; Dagobert - Charibert - Sigibert - Childebert. Auch war eine Namensvertauschung nicht unüblich: Aribert - Pertari, oder die Stabreimbildung: Heribrand - Hildebrand - Hadubrand. Zum Ende des Frühmittelalters wurde es üblich, dem Nachwuchs den Namen eines Vorbildes zu geben. Kaiser und Heilige gaben dabei oft den Namenspaten ab, weswegen Heinrich, Friedrich, Johannes und Petrus sehr weitverbreitete Namen waren. Johann oder Johannes war der am weitesten verbreitete Name. Es konnte vorkommen, dass ein Name in einer Familie fast ausschließlich genutzt wurde, so dass es mehrere Geschwister mit dem gleichen Vornamen gab - sie erhielten dann allerdings Zusätze wie, der Ältere, Jüngere, Erste, Andere -, was eine besondere Schwierigkeit für den Genealogen bedeutet. Ursprünglich hebräische, griechische und lateinisch-romanische Namen wurden später auch in die entsprechenden Sprachen "übersetzt" (lat. Jacobus -> Jakob - Jacques - James - Giacomo).
Die gängigen Vornamen im fränkischen Reich waren germanischer oder christlicher Abkunft, wobei auffällig ist, dass in den ursprünglich germanischen Gebieten hauptsächlich auch germanische Namen verwendet wurden (dies ändert sich erst mit dem vermehrten Aufkommen von Heiligennamen), während in ursprünglich romanischen Gebieten auch germanische Namen Einzug fanden, die aber dann nichts über die Ethnie des Trägers aussagen. Die Namensbildung folgte Regeln: Die germanischen Namen waren meist zweigliedrig, Alliterationen wurden allerdings vermieden. Vokalisch anlautende Namenelemente wurden ausschließlich als Erstglieder verwendet (Athal-, Alb-, Erl-) und die Unterscheidung von Männer- und Frauennamen in der Regel durch geschlechtlich-spezifische Zweitglieder geleistet (mask.: -brant, -ger, -(w)olf; fem.: -burg, -hilt, -lint). Es entstanden auch Kurzformen: Beispielsweise wurde aus Bernold Benno und der Name Emma entwicklete sich über Ermina aus Ermentrud. So genannte Lallnamen sind z.B. Poppo, Dodo und Nanna. Des Weiteren gab es auch unkombinierte Namen (Simplicia), wie Brun, Karl und Welf sowie Partizipialbildungen, wie Wiegand und Wieland. Karlmann und Widukind hingegen sind Diminutive oder Kosenamen.
Es gab Doppelrufnamen auch schon im Mittelalter, sie sind aber erst seit dem 16. Jahrhundert verbreiteter. Meistens wird der Rufname des Vaters (bzw. der Mutter), der des Paten oder der Name eines Heiligen hinzugefügt. Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass seltenere Rufnamen manchmal zu Familiennamen geworden sind. Die Doppelrufnamen können in den Zeugenlisten von Urkunden aber durchaus Schwierigkeit bereiten, wenn es nicht klar ist - eine eindeutige Zeichensetzung gab es noch nicht -, ob zwei Namen eine oder zwei Personen bezeichnen. Als Faustregel gilt, dass Doppelrufnamen vor dem 13. Jahrhundert im römisch-deutschen Reich noch äußerst selten waren. Insgesamt war der Rufname im Mittelalter von großer Wichtigkeit. Selbst als es schon Beinamen oder sogar Familiennamen gab, wurden alphabetische Register nach dem Vornamen sortiert. Die Wichtigkeit des Rufnamens zeigt sich auch daran, dass ein Namenswechsel nur sehr selten vorkam, nämlich bei einem Eintritt in eine Klostergemeinschaft oder nach der Papstwahl. Ein Namenswechsel bei Kaisern ist eher selten, kam aber durchaus auch vor. Kaiser Karl IV. hieß eigentlich Wenzel. Bei den Kaisern war der Wunsch entscheidend, sich in bedeutende Dynastien einzuordnen oder sich als Nachfolger erfolgreicher Vorgänger zu präsentieren.
Entwicklungen seit der Reformation
Der Protestantismus brach mit dem Heiligenkult und forderte deswegen die ausschließliche Benutzung alttestamentarischer Rufnamen. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde der Namensschatz durch Neubildungen und Übersetzungen ins Deutsche bereichert. Aus dem griechischen Namen Dorothea wurde Himmelshulde und aus Philip Marhold. Beispiele für weitere Übersetzungen waren: Timotheus, der zu Fürchtegott wurde und Amadeus, der nun Gottlieb hieß. Auch sollten französische Vornamen auf ihre vermeintliche Urgestalt zurückgeführt werden. Louise wurde zu Ludwiche. Die schon erwähnten Neubildungen waren allerdings erfolgreicher: Altdeutsche Rufnamen wurden nun auf eine religiöse Grundlage gestellt. Beispielsweise wurde aus Siegfried Gnadenfried oder Liebfried. Dieser Trend, der auch in katholischen Ländern einen gewissen Anklang gefunden hatte, erlahmte um 1800. Insgesamt war das katholische Deutschland traditioneller eingestellt. Neu waren nur fremde Heiligennamen, die von den geistlichen Orden propagiert wurden. Die Minoriten führten die Namen Franz und Anton ein, über die Dominikaner wurde der Name Domenicus verbreitet und die Jesuiten bereicherten den Namensfundus um Xaver, Alois und Ignaz.