Arbeitsweise

Um ein Kunstwerk als Quelle nutzen zu können, bedarf es – wie bei jeder Quelleninterpretation – ein Repertoire an Methoden zur Beschreibung und Aufschlüsselung.

Gegenstandssicherung und Aufnahme

In einem ersten Schritt gilt ein Kunstwerk an sich zu betrachten und zu beschreiben.
Hier werden – wie in der historischen Quellenarbeit – zuerst die äußeren Merkmale untersucht. Es stellen sich die Fragen nach der Gattung, der Zeitstellung, den Maßen und der Form, den Werkstoffen, den benutzten Techniken und der Farbgestaltung, dem Zustand und eventuellen Restaurierungen sowie dem derzeitigen Aufenthaltsort.
Hierauf folgt eine Formale Beschreibung. Was wird dargestellt und wie? Für die Identifikation genügt meist eine Kurzbeschreibung – einem Regest ähnlich. Bei Bauwerken ist eine Zeichnung des Grund- und Aufrisses sowie Fotos wichtig.
Ebenfalls von wichtiger Bedeutung ist der Rekurs auf die schriftliche Überlieferung. Gibt es frühere Beschreibungen, Kataloge, Verzeichnisse oder gar Rechnungen?
Stärker noch als bei historischen Annäherungen an eine Quelle ist die Frage der Originalität eines Kunstwerkes zu stellen. Hierbei helfen oft die Untersuchungen der Werkstoffe und Techniken.

Ikonographie

Nach der materiellen und formalen Beschreibung muss der Inhalt behandelt werden. Dies geschieht mittels der Ikonographie. (v. grch.: ikon Bild, graphein schreiben) Im Gegensatz zu Schriftquellen ist dieser nicht direkt wörtlich wiederzugeben und bedarf zur „Übersetzung“ deshalb mehrerer Schritte. Die folgenden Ausführungen beziehen sich in erster Linie auf die Gattung der Malerei, können aber in leicht abgewandelter Form auch für die anderen Gattungen genutzt werden:

  1. Vorikonographische (natürliche) Beschreibung: In dieser Phase werden die einzelnen zu sehenden Gegenstände auf einem Bild erst einmal benannt. Wichtig ist hierbei noch nicht voreilig zu interpretieren, sondern die Motive an sich erst einmal zu identifizieren.
    Beispiel: Ein Mann mit Breitem Kopf, Glatze mit Lockenkranz, Bart und einem Schlüssel in der Rechten.
  2. Ikonologische (konventionelle) Beschreibung: Hier werden die beschriebenen Motive erkannt und miteinander in Beziehung gesetzt. Ferner wird das Thema des Kunstwerkes.
    Beispiel: Der Mann mit dem Schlüssel ist Petrus. (Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“ Mt 16,20)
  3. Ikonographische Interpretation: In dieser letzten Phase werden die Motive auf ihre weiteren Bedeutungen hin untersucht und übersetzt. Es wandelt sich von der Darstellung hin zum Symbol für etwas darüber hinausgehendes. Hier stellt sich die Frage der Aussage des Kunstwerkes. Welcher Subtext liegt hinter der reinen Darstellung? Was verrät das Kunstwerk über den Künstler? Was wollte dieser mitteilen? Wie spiegelt das Kunstwerk die Zeit seiner Entstehung wieder?
    Beispiel:
    - Petrus seht für den Menschen in seiner Bedingtheit ( „Da sagte Petrus zu ihm: Auch wenn alle (an dir) Anstoß nehmen - ich nicht! Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Noch heute Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Mk 14.29)
    - Das Motiv des Petrus vermittelt aber auch die Zuversicht der Standhaftigkeit der Kirche.( „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Math. 16, 13ff)
    - Gleichzeitig ist Petrus Zeichen für die Auferstehung (Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen! Lk 24,34)
    - Nicht zuletzt ist es auch ein Zeichen für den Anspruch des Papstes, der – als Nachfolger Petri auf dem Apostolischen Stuhl – auf die Vorherrschaft über die Christenheit.

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