PrUB, JS 468

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)




1412 Januar 30. Buda.
{Regest}
König Sigismund an die Untertanen des Reiches: schildert die Situation im Reich, unter anderem
[3.] den Krieg zwischen dem Deutschen Orden und Polen-Litauen und seine schwer wiegenden Folgen für Preußen, die Angriffe insbesondere heidnischer Gegner, Mordtaten, Verwüstungen und fortgesetzte Gefangenhaltung durch Polen-Litauen; da dies eine Angelegenheit des Reichs sein muss, hat er – wenn auch vergeblich – den Versuch unternommen, zu vermitteln; möglicherweise droht ein Krieg des Reichs gegen Polen-Litauen, da dies für den Orden – der lange ein Schild der Christenheit gewesen ist – nicht geduldet werden kann
.

{Überlieferung}
B = Frankfurt, StadtA, Wahltagsacta 1, fol. 137b-140b.

{Drucklegungen}
aus B Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 7, Nr. 125, S. 181-186 [danach hier]; Aschbach, 1, S. 430-36, Beilage 7; Janssen, Frankf. Reichskorr. 1, nr. 447, S. 241-47.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Gleichzeitige Abschrift auf Papier.


Wyr Sygemuend von gotes gnaden Romischer kuenig zue allin ziten merer des richs und zue Ungern, Dalmacien, Croacien etc. kunig
embieten allin und iglichen fursten, geistlichen und werntlichen, graven, frien, rittern, knechten, burggraven, voiten, amptluten, landrichtern, richtern, amman burgermeistern, reten und gemeinden aller stete tellere und dorfere und allin andern unsrn und des heilgin Romischen richs undertanen und getruen, den dieser unser brief fuerkommet, unser gnade und allis guet. erwirdigen hochgeboren edeln und lieben getruen.
[1] Als wir von gotlicher schickuenge, des wir genzlich hoffin, zue Romischem kunige erkoren sin, also ist in der warheit unser kuniglich gemuete on underlasse beladen und innerlich bekommert, wie wir mit Gotes hilfe und des heiligen Romischen richs getrueen rad und bistant demselbin riche, daz leider in Tutschen und Welschen landen durch daz kunigrich von Arlatt in Savoy und an allin enden zerrissen virfallin und allir siner zugehoruenge stete sloße lande lute nucze rente und allis, das es gehebt hat, so gar entwert ist, daz im widerbrengung sere note were, mechtecklichen wider helfin: wann uffinbar und lantkundig ist, daz ganz Italia, dorinne sin großte macht herschefte und beste nuecze sin solten, in anderer lute, der gar wenig recht darzue haben, gewalt ist, und daz durch daz wite kuengrich von Arlat, Safoy, Lothringhen, Burgund, und alle Welsche lant niht ein sloß ist das on mittel zue sinem gebot stande, und nemlich das im die nuecze und stewre aller Tutschen lande so vast geminnert und enzogen sind, daz ez davon uber 13000 gulden jerliches geltes nit ge- {S. 182} haben mag, als wir mit rechnung underwißt sind. wann nu daz iczgenant land italia mit Lamparten und andern sinen zugehoruengen der merklichsten lande, die des richs sin sollin, eins ist, und wir an siner widerbrengung dem riche den großten nucz zugeziehin mogen, und wan besunder die kirche zue Agley, die ein redlich gelid des iczgnanten richs und von Romischen keisern und kuenigen gestift und großlich begabt ist und die auch vorher, als lang iman verdenken mag, durch Romisch keiser odir kuenig mit patriarchen versehen ist, in serlichen verderpnissen und irrung vil zite gestanden und an irem lande Frijauel und andern iren landen luten und slossen solich unverwindlich scheden von Venedigern empfangen hat und tegelich empfieng, daz das nimand vol achten kuend, und wann wir auch den besten und lichtisten ingang gen Italien durch dasselbe land Frijauel, unserm heilgen vater dem babst der heiligin kirchen zue eren de riche und sinen getrueen zu troste, gehaben mogen, und wir der vorgnanten kirchen zue Agley und ir lande teglich verderbin me und me sahen: dorum bedueht uns nit allein bequemlich sundern auch notdort sin, an ir widerbrengueng und ouch der vorgnanten richs-lande als an desselbin richs nuczichsten groißten und notlichsten stucken von erst anzuhebend sin, unser kuniglich macht dahin zue wenden und hand doran zue legend, und ouch zu gedenken den vorgnanten Venedigern unsern und des heiligen richs und allis adels offinbaren finden und drueckern zue widersten, und desselbin richs lande stete und slosse als Bern, Padauewe, Vinczencz, Terviser marke und andere, die sie on sache und rechte wider uns und daz heilge riche frevenichen innehalden, von in zu demselbin riche widerzuebrengen. und habin darum den ediln Philippen von Ozora graven zue Themespurg unsern rate und liben getruwen mit unserm volk und 10000 pferden um sant Mertinstag nebstvirgangen hinin in die vorgnante land gesant; und mit was costen und zerungen, mag ein iglicher sleber wol bedenken. dieselben, Philipp und unser volk, mit hilf des almechtigen gots under des heiligin richs banier nue gewonnen und der vorgnanten kirchen und des erwirdigen Ludwigis von Tecke ires patriarchen lande in Frijaul und darzu andere stete und slosse, die Venediger in irer gewalt gehebt haben, (der zuesamen sind wol 72) zu uns und dem riche widerbracht haben. ouch habin dersele Philipp und unser volk Venedigern eins strites obgelegin an dem graben, den sie mach haben lassen zwischen Kuniglan und Czeczil und 19 banier dorinne gewonnen, die uns an dem fumften tage Januarii nestvirgangen hie zue Ofen furbraht und geentwort sint. daz allis wir euch zue sunderlichen freuden virkuenden, wann wir gewisse sin daz ir des heilgen richs ere nucz und widerbrengueng {S. 183} gern vernemet. auch haben wir zue sterkueng der vorgnanten des richs sachin in den vorgnanten landen die ediln Jacob von Carraria zu Padaw und Brunorum von der Leitern zue Pern vicari und liebe getruwen zue uns in unsern kuniglichen hoff geruffen und den unser redlich stewr getan, und schicken auch iczunt aber hinin in die vorgnante lande den iecz genanten Bruenorum und andere unser heubtlute mit ein michel teile anderm unserm newen geruetem volke zu dem das wir vor dortinne haben, so haben wir auch den icztgenanten Jacob gevertigt, daz der mit hilf rate und bistant unserr und des richs getruwen und siner frunde, der er ein michel teil in Lamparten hat, ensit inher durch Lamparten kommen und wider die vorganten des richs finde sin sol, also das wir hoffin, daz wir dem heilgen riche ere und nuecz an den enden, ob got wil, schaffen und zufugen wollin.
[2]  Liebin getruwen. wir mußen uch ouch wie ungern wir daz tuen, diß nachgschriben clagende fuerbrengen, mit namen: als wir hewr zitliche vor dem herbst die vorgnante sache wider Venediger anhuben, da waren uns und dem edeln Fridrichen graven zue Ortembuerg, den wir unsern und des richs gemeinen vicarien in den vorgnanten landen zue Frijauele von erst mahten, dieselben Venediger und die iren nit allein wieder sunder auch die stat zu der Weyden und daz ganze land zue Frijauel, ußgenommen daz castelle daz genant ist Civitas Austrie. des santen wir demselben Fridriche zue hilf den edeln Ladislaum von Blaga mit etwie fil volkes, die iczgnanten von der Weyden, die in Frijauel die mechtigsten sint, und ir mithaltere der vorgnanten kirchen widerwertigen zue kriegen und zue rechter gehorsam zue brengin. und in den dingen, als solich unser vicari heubtlute und volke mit den in offinbaren fintschaften teglichen kriegen und gescheften waren, da sant der hochgeborn Friederich herzog zue Osterrich die sinen mit maht dar und nam die stat Weyden und andere ire mithaltere in und ließ ime die alle hulden und sweren und understund die der vorgnanten kirchen zue Agley und irem patriarchen zu empfrenden, als dan etlichen andern kirchen und preleten auch getan ist, und wider die iczgenanten kirchen und patriarchen und auch wider rechte und dorumb wider uns und daz riche innezuhaldende und zue beschutten in den dingen und gutlichen gescheften, dorinne wir wonden mit im sin. wiewol wir im nu, ob wir uns heten solich sin handlen zuehand bewegen lassen, von des richs wegin ouch widerwertig mohten gewest sin, doch so wolten wir uns durch frides willen der lande gegen im baß halten, und schriben im, als ir dann an einer abschrift, die euch dieser gegenwortig zeuegen sol, wol vernemen werdet. und wir santen auch ein solich abschrift dem hochgebornen Ernsten herzogin zue Ostrich sinem brueder, und verschriben und enbueten dem zue tund und sinen bruder nach lute derselben abschrift zu wizen etc.: das und auch ander fruntlichkeite, die wir demselben Ernsten sider virschriben haben, hat uns nit geholfen. wir werden teglich gewornet, si bede brudere meinen, unser obgnant folke, das wir von dez richs wegen in Frijaul haben, und uns in des richs sachen zu hindern und Venedigern zu helfen; und si stellen sich ouech dorzue als vaste si mogen.
[3] Lieben getrueen. was ouch herter und swerer der cristenheit und des richs sache an den andern enden, mit namen der Prussischen lande, etwie fiel zites gewest, und was note und trubsals den ersamen .. hoemeister und orden der bruedere des hospitals unserr lieben frauwen des Tutschen huses von Jherusalem, die ouch zu uns und dem heilgen Romschen riche gehoren, und vil me der ganzen cristenheit, der es bedenken wil, lang angelegen sind und noch anligen; was auech cleglicher geschicht in dem kriege, der {S. 184} sich zwischen demselben orden an einem und dem kuenig von Polan an dem andern teile newlich ergangen hat, getan sind; was unachtperlicher scheden derselb orden und manich cristenmensch dorinne enphangen haben, und waz dorinne cristensblutes von Sarraczenischen dieten als Lytwen, Tartarij, Sameyten und andern ungloubschen, die der vorgnant von Polan und herzog Wytaud, als man gemeinlich siet, zu in geruffet und zu hulf gnommen hatten, vergossen ist, cristner lande verhergert, lude gefangen hinwegfuert, kinder, jungfrauwen, frauwen und witwen ermort, gesmeht, kirchen zuerstoret, und vil anderer unmenschlicher dinge zu lestrueng unsers glouebens beschehen sind; wie ouech nue zulets zwischen den vorgnanten teilen ein richtuenge gemacht, virbrieft und mit burgschaft virsichert worden ist; und wie der vorgnant von Polan nue furgibt, daz im der orden der iczgenanten richtuenge nit halde, und sich derselbe orden ouech beclagit, daz an im derselbe kunig dieselbe richtunge voran ueberfarin habe und uberfare, wanne er im noch wol bi 600 gefangen, die in der iczgenanten richtuenge ledig gesprochen sind, vorhalte etc., das auch der orden bewisen und darumb zu tagen gerne kommen wuelle; und wie newe unwillen daruß wachsen und man sich newer unwille zwischen in besorget:
Meinen wir, si euch alles vuerkommen, wanne daz nahe und verre nit verborgen ist. wanne nue dieselben sachen an den enden und die vorgnant geschichte uns alse einem Romschen konig so herzlichen ouch anliegen, das wir von des richs der vorgnanten ordens und cristenheit wegen je gern darzuteten und solich vorgnant unsprechlich scheden gern verhuten und ouch mit hilf des almechtigen gotes tuen und verhuten wollen als verre wir ummer mogen, als uns daz ouech von des richs wegen gebueret, nemlich wann der iczgnante orden uns und dem riche zu versprechen steet und sich vor uns erboten hat und erbutet, alsbalde im der vorgnant von Polan nach lude siner briefe uber die vorgnant richtunge gemacht gnuegtue und die vorgnanten gefangen ledig lasse, so sie der orden bereit widerum zue tuend waz er im tuen solle und waz soliche briefe ußwisen, und daz wir sin ouech dorinne zu glich und rechte mechtig sin, und wan auch derselbe orden uns als ein Romischen konig diemuetlich und ernstlich angeruffen hat und tegelichen anruefet in bi glich und recht zu behalden, und wir im des ouch von des richs wegen schuldig sin: darumb schicken wir unser mechtige botschaft zu dem vorgnanten von Polan und lassen fliesseclichen tuen unde erbeiten waz wir kunnen, ob wir den vorgnanten orden und in vereinen mogen und daz iglicher der vorgnanten teile der vorgnanten richtuenge noch gnugtue. und wer' ez sache daz der iczegnante von Polan daz nit zue tuend sunder den orden uber die vorgnant sin glich erbietuenge aber zu kriegen meinde, so versteet ir und allermeniclich wol, daz dem orden gewalt und unrecht von im beschehe, und daz uns daz ouch nit zue liden stuende duerch des richs und der cristenheit notduerft willen, wan derselbe orden ein vester schilt der ganzen cristenheit an dem orte und aller ritterschaft ein getrueer uffenthalt manig jare gewest ist und, ob got wil, vuerbaß sin sol. und darum, wiewol zwischen uns und dem von Polan ein fride biß uf unserr Frauwen {S. 185} tag Assumpcionis der schierist kuempt betedingt und virbrieft ist, so haben wir doch dorinne clare ußgenommen: ob er den vorgnanten orden offenlich und wider recht kriegen wolte, das wir dan demselben orden helfen mogen, das wir auch alsdann mit Gotes hilfe mechteclich und getrulichen zu tuend meinen als wir beste mogen, dovon ouch, was also an im getan wuerde, daz beschehe nit allein im suender uns, dem riche, uch, und der ganzen cristenheit, als ir selber baß merket, als wir daz auch alles in daz konigrich zu Beheim, aller Slesie lande, die marke zu Brandemburg, in Saxen, Merhern, Missen, Hessen, an die Sehe, und maniche andere ende den Prussischen landen gelegen mit unsern offen briefen verschrieben haben.
[4] So ist uns ouch gewislich furkommen, das der obgnant Ernste zu dem vorgnanten von Polan iczuend geriten si, und das er des nifftel eine zu der e nemen, und sich also zu im tuen und gefruenden wulle das er trost und hilfe von im warten moge. dobi wir ouch nichtes anders vernemen kunnen, dann das er und der vorgnant Friederich sin bruder damit und ouch mit der sache zu Frijauel und Venedigen, als vor gerurt ist, wider uns und daz heilig riche, den vorgnanten orden, und doruemb die cristenheite bede sin wollen, wann sie noch ungetelit brudere sint. und wir meinen, mit gotes hilfe ewrm und , wen wir vermogen, rad und bistand in bi zit zu widersteen nach unserm besten vermogen.
[5] Und wir brengen uech diß vorgeschriben alles vor, das ir eigentlich wißet wie die ding gelegen und in der warheit an in selber sint, und, ob ir uwer einer oider me dorinne ichtes anders horen wuerdet, das ir daz nit gelouben und uns auch dorinne entschuldigen und biß an uns verentworten wuellet. dorum begerne wir von uech manen und biten auch uch alle mit ganzem ernste und flisse, daz ir daz vorgeschriben allis und waz darzu gehorit und davon kommen mochte in uwer gemuete ruffen gutlich bedenken und dorinne eins mit uns dem riche und der ganzen cristenheit sin, und auech nit gestaten wullet daz iman uß uewern lanten steden und gebieten den obgnanten von Ostrich und Venedigern an einem und dem konig von Polan an de andern ende zu dinste oder zu hilfe rite (wann wer daz tete, der were und tede swerlich wider uns und daz riche, als ir auch wol versteet), und daz ir auch herinne uns und dem riche als sin getruen ernstlich und vesteclich bistendig beholfen und beraten sin, und daz vorgeschriben alles allen den uwern und allen, den ir moget, verkuenden wullet, so daz eest gesin mag. und wann wir auch alle unsere sache konigriche und lande von gotes gnaden also bestellet haben und tegelich bestellen daz wir genzlich willen haben uns mit gotes hilfe kuerzlich zu erheben gein Tutschen landen zu ziehen und unser Romsche koniglich cronunge zue enphalen (daz wir auch langst getan hetten, weren wir daran durch die vorgnanten grossen und sweren dez heilgen richs und der cristenheit allernotlichisten sachen nit verhindert worden): darum begerne wir von uech und uwer iglichem und biden uch auch mit sunderlichem flißigen ernste, daz ir unser und des heiligen richs sache getrulich und ernstlich hanthaben und dorthuß in Dutschen landen mit beschirmung der strasse und andern dingen, die uns und demselben riche und gemeinem nucz notdorft sint, daz beste tuen wuellet biß uf soliche unser zuekuenft, als wir dez alles ein ganz und festes getrueen zu euech haben. daz wollen wir gegen uech und uwer igli- {S. 186} chem allezit gnediclich erkennen.
Geben zue Ofen dez nesten Samstages vor unser Frauwen tag Purificacionis unser riche des Ungerischen etc. in dem 25 und dez Romschen in dem andern jaren.

Ad mandatum domini regis
Johannes Kirchen.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js468.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 468 (1412 Januar 30. Buda.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Regest: Sarnowsky, 24.11.2003; Text: A.S.Peters, 15.2.04) – Datum überprüft (Sarnowsky, 24.11.2003) – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben (Sarnowsky, 24.11.2003)
  
Datum der Erstanlage: Freitag, den 28. November 2003 — Letzte Änderung: 4. März 2004 von Jürgen Sarnowsky

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