PrUB, JS 149

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


1445 Februar 10. Brügge.
{Regest}
Großschäffer Johann Reppin an Hochmeister [Konrad von Erlichshausen1)]: seine Anreise nach Brügge; erste Nachrichten über die Betrügereien des Thomas Schenkendorf.

{Überlieferung}
A = OBA 8695.

{Drucklegungen}
aus A J. Sarnowsky, Der Fall Thomas Schenkendorf: rechtliche und diplomatische Probleme um die Königsberger Großschäfferei des Deutschen Ordens, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 43 (1995), S. 187-275, hier Nr. 3, S. 212-214.

Regest
JH I 8695.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Or.-Brief auf einem großen Blatt Papier (2°), einseitig beschrieben, Siegelrest auf der Rückseite. - Umseitig Adresse: Dem eruwerdighen homeister mit aller eruwirdicheit. - Wasserzeichen: Schere. Dazu: kleinere Beilage von derselben Hand, ebenfalls Papier, einseitig beschrieben.



Meynen gar wilgen underthenighen gehorsam mit alle meynes vormogens irbittunghe stetichlich vor enpfangen.
Genedyger liber homeister, euwir wirdikeyt genode geruche czue wissen, das ich czue Bruge gekomen bin am Montagea) czue Fastnacht,2)  und der kumpthuer vom Aldenheuse3)  czogh von myr czue Andorfe4)  am nesten Sunnobende vor gangen, so das her nach uff den selbigen tagh wol kegeyn Mechlen quom.
Euwir genode geruche czue wissen, das ich des kumpthurs von Kobelencz5)  diner eynen sprach czue Nymmogen6) in Gellerlant  und bat in, das her seynem heren sagen sulde, das her dy 400 r.gld. by dem rentmeyster czue Mechlen7)  vinden wurde. Ich habe das golt heute hin gesant.8)
Vort geruche euwir genode czue wissen, dob) wir czogen us der stat von Nymmogen und quomen eyn mylec) andisseit, do quam eyn borger us der stat reyten und bekummerte uns mit rechte in eynem dorffe, das heyst Malden. Und sprach uns an, das wir borger von Danczik seyn sulden. Do lisse wir in unser kredencz brive sen, dy wir von euwirn genoden hatten. Do menten sy, wir hetten dy brive selbest geschrebin und ir dacht, und nomen den kumpthur und mich mit samt unsern dinern und furten uns mit gewaltd) uff eyn slos, das heist Hoemen.9)  Das slos geheorte) eynem junchern, der heyst Johan von Grusbeikef).10)  Do hilden sy uns bys an deng) funften tagh, das nymant czue uns komen mochte. Och so en wulden sy uns nicht ir louben, das wir eynen von unsen knechten mochten van uns gesant habin adir brive, dash) man doch wiste, wuo wir weren. Men wulde uns keynes nicht ir louben. Der furman, der uns gefurt hattei), den betwugen sy, und muste en eynen eit tuen, das her nicht sagen sulde, wo he uns gelosen hette. Wirj) derboten uns czue rechte czue dem junchern und czue der stat von Nymegen. Wer wir im icht pflichtychf) adir her uns mit rechte icht abe manen kunde, wir wolden im beczalungek) thuen, men wulde uns wider czue rechte adir czuer antwort lossen komen.
So was eyn prister uff dem heuse, der czogh in dy stat. Do krege wir semliche brive methe weg an den junchern und och an dy stat und an den kumpthur von Thil. Also schickte der juncher, dem das slos czue gehort, eynen us der stat, das men den kumpthuer us sulde lossen und wem her vor entwerten wurde vor seyn gesinde. Und mich behilden sy noch czwene tage do noch, das der kumpthuer us was, und menten, ich wer eyn koufman und meyne knechte weren koufleute, und hatten dy gebueer czue samen vor bot, das sy das gerichte obir mich und meyne knechte wulden syczczen. In dem so was der kumpthuer gegangen czue dem rote in der stat, so das der rot czue dem junchern gyncke und dy dinge mit im also machten, das ich och wart us gelossen. Wen der juncher, dem das huees czue Hoemen gehort, der ist borchgrave von des herczogen von Gellern11)  wegen in der stat czue Nymmegen und lagh kranck in der stat.
In deme wir nu us gekomen woren, do quam der here von Gellern in dy stat. Do gynge wyr czuo seynen genoden mit dem kumpthur von Thil und her Godert ut dem Nyvlant12)  und seyn bruder und vele guder leuete, dy ir vruende weren, und clageten dem heren von Gellern obir dy gewalt, smoheyt und den schaden, den wir do von hetten und der uns noch do von entsten muchte. Und clagete im nemlich, das ich in Vlandern sulde gewesen seyn uff unser Liben Frauwen tage Lichtmyssen,13)  sunt der czeyt, das ich do gehalden werde von seynen undersosen und nicht in Vlandern muchte komen. So besorgete ich mich, das ich meines rechten nyddervellich mochte werdin, das ich von meynes amptes wegen czue schadin quome wol 1400 r.gld. Her meynte is were vor sehen und were im leyt, das is geschen were. Eynen briff gap her mir an den rot czue Bruge und an das gerichte, das ich aldo gehaldenl) und gehindert were.
Gebin czue Bruge am Aschtage imm) 45[ten] jar.
Groscheffer czue Konigesberge.
[Beilage] Genediger homeister, euwir genode geruche czue wissen, das Thomas Schenkendorff vele guderleute hy betrogin hot und in ire gutter mit rechtem vor sacz abe gekoufft hot. Her ist al hy schuldich geblebin obir 8000 m. geringis geldes und hot eylichen leuten hy brive vor sygelt, das her dy gutter, dy her in abe gekoufft hot, in dy schefferye gesant habe, und ich habe der gutter ny gesehen noch enpfang[en] adir meyn leger, der czu Danczik istn). Dye leute habin hy czue mole vele rede dor uff, das men in aldo so gen let sulchen schadeno) und schande, dy her der schefferye gethon hot.
Wil euwir genode dy schefferye by eren und gelouben behalden, so mus euwir genode bestellen, das mon Thomas do im lande behalde, ap imandes von hinnen quome, der in mit rechte wulde an sprechen. Wer her im icht scholdich, her beczalte in, wer her im abir nicht scholdich, her tete im recht, do vor so vele gutter also her alhy scholdich ist und der schefferye und sunst andir leuten im lande czu Pruesen. Her mus is wo habin, went men keynen mercklichen grosen schaden der varen kan, do her das gut vorlorn muchte habin. Och so kan man nicht ir varen, das her is vor spelt hette. Ich bytte euwir genode, das her muchte gehalden werdin bys czue meyner czu kumft, wen ich noch selbist nicht en weis, wy ich mit den schuldeners hy varen werde. Ich habe noch mit nymandes von den geret, den her scholdich ist.
Ich solde euwir genoden wol czeytunge von den Hollandern schriben. Hans von dem Wolde, der in botschafft gesant was,14)  der ist korczlich von hinnen geczogen, der wirt euwir genode wol czeytunge do von sagenp). Idoch vor neme ich, das dy Hollander eyn grose taghq) halden also heute mit dem herczogen von Bergonygen15)  czue Bruesel in Brabant. Wes ich do von ir vare, das wil ich euwir genoden korczlich schreiben.
Groscheffer czue Konigesberge.

{Textkritische Anmerkungen}

a) Folgt Str. czu.
b) Über der Str. das.
c) Folgt Str. an.
d) Vor der Zeile (von anderer Hand) nachgetragen.
e) Über der Zeile (von anderer Hand) nachgetragen
f) Korrigiert.
g) -d- auf Loch.
h) Folgt Str.
i) Folgt Str. betawun.
j) Darüber Str.
k) Folgt Str. tham (?).
l) Folgt Str. were.
m) Folgt Str. 44.
n) Am Rand nachgetragen.
o) Folgt Str. also h.
p) Folgt Str. I.
q) Folgt Str. hade.



{Inhaltliche Anmerkungen}
 

1) 1441 April 12-1449 November 7.
2) Wohl 1445 Februar 8.
3) Zur Person des Komturs von Althaus-Kulm vgl. Sarnowsky, Der Fall Thomas Schenkendorf, Anm.30.
4) D.h. Antwerpen.
5) Eberhard Thyn von Schlenderhan (1442-1446), s. H. Limburg, Die Hochmeister des Deutschen Ordens und die Ballei Koblenz (=Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, 8), Bad Godesberg 1969, S. 188.
6) D.i. Nimwegen - Nijmegen im Herzogtum Geldern.
7) Heinrich von Ryle, belegt zwischen 1443 und 1453, vgl. u.a. OBA 8370 und 12190.
8) Möglicherweise handelte es sich um Zahlungen im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen Johann David, vgl. die Summen bei Limburg, S. 190.
9) Wohl identisch mit dem modernen Ortsnamen Heumen, südlich von Nimwegen.
10) Als Herkunftsname wohl identisch mit dem modernen Ortsnamen Groesbeek, südlich von Nimwegen.
11) Herzog Arnold (1423-1465).
12) Wahrscheinlich Godert von Ingen Nulandt, 1438 als alter Hauskomtur von Weißenstein, Livland, nachgewiesen, 1443 Ritterbruder in der Ballei Utrecht, 1451 Komtur von Tiel, vgl. L. Fenske, K. Militzer, Hgg., Ritterbrüder im livländischen Zweig des Deutschen Ordens (=Quellen und Studien zur baltischen Geschichte, 12), Köln-Weimar-Wien 1993, Nr. 635, S. 486-87 (sowie OBA 12148).
13) 1445 Februar 2.
14) Hans von dem Walde, Danziger Schöffe (seit 1443) und Ratsherr (seit 1446), vgl. J. Zdrenka, Rats- und Gerichtspatriziat der Rechten Stadt Danzig, Teil I (Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen, 63), Hamburg 1991, S. 444; seine Mission zum Herzog von Burgund auch bei Neitmann, Staatsverträge, Nr.351, S. 636. Es ging dabei um die Schadensersatzleistung für 1438 geraubte Schiffe, die 1441 vereinbart worden war, vgl. Murawski, Tannenberg, S. 243-62.
15) Philipp "der Gute" (1419-1467), Landesherr der Holländer und seit 1430 auch Herzog von Brabant.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js149.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 149 (1445 Februar 10. Brügge.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Sarnowsky, 1.8.2002) – Datum überprüft (Sarnowsky, 1.8.2002) – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert (Sarnowsky, 1.8.2002) – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
 
 
Datum der Erstanlage: Freitag, 23. Juni 1999 – Letzte Änderung: 1. August 2002 von Jürgen Sarnowsky

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