PrUB, JS-JL 65
© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (2002)
1396 August 8. Marienburg.
{Regest}
Hochmeister [Konrad von Jungingen]1) an den Ordensprokurator in Rom [Johann vom Felde]: berichtet über die Verhandlungen des Ordens mit dem Großfürsten Witold2) auf der Dobissa, dass der Orden drei Forderungen gestellt habe, die abgelehnt wurden, die Unterordnung unter Kirche und Reich, die Stellung von Sicherheiten, nicht mehr vom Glauben abzufallen, und die Einhaltung der dem Orden auch von den Litauern gewährten Privilegien; bisher ist noch kein Ergebnis erreicht, doch sollen die Verhandlungen September 29 auf der Dobissa fortgesetzt werden; dem Orden ging es dabei um die Unterstützung des durch den Papst eingesetzten Erzbischofs von Riga, Johann von Wallenrode, gegen die Intrigen des Bischofs von Dorpat, der sich mit Litauern und Russen, aber auch mit widerständigen Domherren von Riga verbunden hat; berichtet von der kritischen Situation in Livland, wo der Bischof von Dorpat nicht nur bei seinen Stiftsmannen Unterstützung findet, und bittet, am päpstlichen Hof notfalls für Gegenmaßnahmen bereit zu sein; Eidesformel Witolds.
{Überlieferung}
B = OF 2c, p. 69-72 [olim Registrant des Hochmeisters Konrad von Jungingen, Nr. 2, p. 33.].
{Drucklegungen}
aus B Codex Diplomaticus Prussicus. Urkundensammlung zur älteren Geschichte Preußens, hrsg. v. J. Voigt, Bd. 5, 1857, ND Osnabrück 1965, S. 107-112 [danach hier]; Die Berichte der Generalprokuratoren des Deutschen Ordens an der Kurie, Bd. 1: Die Geschichte der Generalprokuratoren von den Anfängen bis 1403, hrsg. Kurt Forstreuter, Göttingen 1961, 246, S. 355-60; Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch, Bd. 4, 1421, S. 126ff., und Bd. 6, 2930, S. 291ff.
{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Register-Überlieferung, beschädigt mit geringem Textverlust.
Unsern fruntlichen grus czuvor.
Lieber her procurator, wissed das wir mit unsern gebitigern uff Sente Marie Magdalene tage mit Wytawden grosfursten czu Littowen {S. 108} durch sachen willen hernoch geschreben hilden eynen tag.
Czum ersten dorumb, wen die Polan von syner wegen lassen usgen in landen sprechende her sey eyn guter cristen und halde siene undirsasen mit allem flieze czu dem heiligen cristenthum, und wen der konig von Polan und die synen mit semelichem gerochte mochten machen eyn ungelimpe unserm orden vor unserm heiligen vater dem pabiste, dem reyche, korfursten, cristenkonigen und herren, als ob der orden hilde das orloyge wedir die nuwen cristen und nicht wedir die heydenschaft, ouch, als ob her meynte czu orloygen alleyne umb die land und nicht umb den gelouben noch umb das cristenthum. Das vil undir den Polan torren sprechen wedir die worheit, durch der sachen willen hilde wir den tag czu vorsten und vorhoren die worheit.
Die ander sache ist, wen der bisschoff von Darpte wedir Got und das recht wolde und hutyges tages wil mit gewalt eynen andern als des herczoges son von Stetyn instosen und inbrengen eyn kynt kume XIIII jar alt, als man spricht, in das erczbisschtum czu Rige wedir den erwirdigen vater und herren, hern Johann Wallenrode iczunt do selbist erczebisschoffe, deme volmechticlich vorseen ist von unserm heiligen vater dem pobiste, als ir das wol wissed und gehort habit. Und uff das, das her synem unrechten deste has mochte gefolgen und macht geben, so hat her sich vorbunden sien capetel, siene man und die stat Darpt und eczliche man des stichtes von Rige, die her listiclich enczogen hat erem rechten herren, mit Wytawten, mit den ungeloubigen und Russen. Und der bunt czwisschen in wart vorsegelt wol mit XXX ingesegeln, die Wytawte offenbar etlichen unsern gebitigern hat gewiset, und ir ufsaes was, das die Littowen solden gehert haben durch Cuerland his vor Rige, und die Darptischen mit den Russen von hindene czu, also das sie die lande wolden vorhert haben dorch und dorch.
Ouch so hat der egen[enante] bisschoff von Darpte ingeladen in die land den alden erczbisschoff von Rige und etliche der alden thumherren dorumb, das her sienen willen deste bas mochte behalden. Und mit drauwe derselben herunge her hatte abgekart vil man des stichtis czu Rige von dem vorgen[enanten] herren erczbisschofe iczunt do selbist. Umb semelicher gewalt und vorretniss rieff her den orden an, das her im behulfen were, als die beschirmunge ouch geboten wart uns und dem gebitiger von Liffland von unserm heiligen vater dem pabste. Dorumb so nome wir uns an von der kirchen wegen und das wir die gewalt deste bas gestillen mochten und die vorretliche herunge die czeit mochten hindern.
Wir nomen uff den tag, wen wo der tag nicht were geramet, so hette die kirche czu Rige und der orden czu Liffland eynen unvorwintlichen schaden entpfangen, hette is Got nicht alzo gnediclich undirstanden. Und was noch gescheen mag, das wisse wir nicht. Uff den tag hatte wir mit uns gefurt die erwirdigen herre bisschoffe von Marienwerder, das ist von Pomezan[ien], {S. 109} und den herren bisschoff von Ermeland mit eren officialen und etliche thumherren und gelerten, ouch vil unser man ritter und knechte und burgermeister us unsern houbtsteten, dorumb das wir alle der tedinge by uns hetten eyn lobelich geczugnis und bewisunge. Und der anvang de tedinge was vom cristengeloube und sienen czugehoren, dorczu wir koren achte unsers rates. Kegen den worden ouch gekoren achte von Wytawten rate, die woren das meiste Polan.
Von unser und unsers ordins wegen worden geheyschen und gefurdert dry:
Das erste, sint dem mole das Wytawte mit sienen landen wellen gute cristen sien, als sie sprechen, so sal her und alle die sienen gehorsam sien der heiligen Romischen kirchen und dem heiligen reyche, und das were der anvang sienes cristenthumes, und das her mit den synen alzo vil thun solde, als andere cristenfursten teten.
Das ander was sint dem mole, das her spreche, her were cristen und welde mit den sienen cristenlichin leben, umb mancherley vorretnis, das Wytawt vorbeczeiget hat dem orden, her solde uns syn cristenthum vorsichern mit buwunge der vesten, czu dem mynsten die, die her dem orden hette vorbrant und vortilget, die im doch der orden czu getruwer bant hatte befolen. Der czwu adir dry woren, dorumb das Got nicht gebe, ab eyn umslag geschege, als vor ofte gescheen ist von im und sienen vorvaren, als von konig Mindow von Littowen, das sich der orden sien deste bas mochte dirweren des umslages, adir abkerunge. Item mit gysel siener besten bayoren kyndern eczliche jar umb groser sicherunge willen. Item mit eyden und geloubde, die her thun solde mit sienen besten bayoren und die vorbriefen nicht dem orden alleyne, sunder der ganczen cristenheit. Und wy die eyde solden haben geluttet, hette her die tedinge vorliebet, wir uch senden die forme in desem briefe vorslossen, die doch nicht do worden gelutbart, dorumb das sie czu keyner der vorgenante sicherunge koren.
Das dritte, das man do anmutete czu dem leczten, was, das her dem orden solde halden siene privilegia und nemelich die briefe, die her uns und unserm orden selbir hette gegeben.
Wedir das erste sprach sien rat, gehorsam solde her gerne sien mit den sienen der heiligen Romischen kirchen, und do were der konig von Polan, der der obirste were von Littowen, dem her ouch gehorsam were und woste nicht vorder. Doch noch vil tedingen und reden czum leczten sprach sien rat loselich, her solde ouch senden mit uns in das reich, und were her dem reyche etwas scholdig czu thun, das her uns thun solde. Und als uns dunket so wellin sie eren sachen etwas gestalt gebin, dorumb, das unser herre der Romische konig, als man spricht, sich hatte voreynct mit dem konige von Polan und vorbunden, sust getruwe wir nicht, das her sich dorczu irbote mit den sienen. Doch so secze wir das czu unsern herren den korfursten
Uff den artikel von der sicherunge wegen, die her thun solde dem orden {S. 110} als mit bewunge eczlicher vesten, mit gysel, mit geloubde, an eydes stat und die vorbriefen, do sprach sien rat dorczu, her solde keynes thun noch were pflichtig dem orden czu thun, dorumb wen der konig von Polan were eyn gut cristen und Wytawt, die hetten vesten gnug czu sicherunge der cristenheit. Ouch so hette der konig von Polan by im kynder und man von Littowen, die im gnuk gysel weren, mit den her wol sichern welde die cristenheit. Die eyde her ouch nicht thun solde, wen do were der herre bisschoff czur Wille, der hette gesworen unserm heiligen vater dem pobiste, doran were is gnug. Der bisschoff muste by sienem eide vorsteen in Littower land, das sie cristen wurden, und her solde und welde sie vorsteen, das die nicht cristen weren, solden sich lasen toufen. Und was doran schelunge were, das solde der herre bisschoff vorantwerten. Also beslossen sie korczlich den andir artikel, do uns czu mole nicht an genugete, wen nymand pflegit im selbir sichern mit vesten, gysel adir eyden. Der do sicher sal, der mus das thun andern und nicht im.
Ouch ab huten adir morne storbe Wytawte, der Littower land mechtig ist, me wen der konig von Polan, ouch ab der konig von Polan storbe, so sese der orden an dem nesten abeschache und muste sich vorseen groses gedranges und gewalt der abgekarten, als is geschach by konig Myndows geczeiten. Dorumb so genugete uns nicht an der antwert. Und weme die sicherunge anders geschege wen dem orden, des muste der orden stete gros var tragen, wen her yo leyt an der want und als in dem slunde der ungeloubigen.
Czu dem dritten artikel ist geantwert czum allirleczten, her mochte siener briefe in allem lute nicht gehalden [...]. Welde gerne eczlicher gegenot abetreten in dem artikel, wir nicht wolden stee [...] dorumb, wen uns die ersten artikel me benotigeten und drungen, doch uff eyn kuntlicher bedenken, das beide wir und Wytawt mochten, haben wir czu heischung der sicherunge obin geschrebin Wytawten czu byten und ernstlichen sich czu bewisen als eyn geloubiger.
Ouch, das dy wyle das orloyge in Lifflande deste se[...] sie, haben wir mit reyfem rate unser prelaten und gebitiger eynen lenger tag uf ofczog genomen bis czu Sente Michils tage3), so sollen beyde wir und Wytawte uff [...] dem flisse Dobize genant, do der vorder tag ouch ist gewest, czu samme senden unser rete. Was do wirt beredt und betedinget, das welle wir uch ouch gerne vorschreiben. Und wir haben uch dorumb geschriben dese tedinge, alleyne das sie noch nicht komen sint czu eym ende abe adir czu, ab icht die Polan adir ymand anders brechte die tedinge vor unser herren die korfursten, adir vor ander unser herren, das ir wisset, in welchen puncten die tedinge gestanden haben und hutes tages steen, bis uff sente Michils tag,3) und ab sie icht gedenken wurden, wor umb wir in unser tedinge nicht geschriben haben. So moget ir sie undirrichten und uns entscholdigen, das wir noch nicht wissen entlich czu schriben {S. 111} unser tedinge. Wir haben ir denne eyn ende, so welle wir denne gerne unser meynunge vorschreiben adir botschaften.
Ouch lieber her procurator von der sachen des bisschoffes von Darpte, wy die iczunt stet czwisschen im und dem herren erczbisschoffe von Rige und dem orden do czu Liffland, wisset das der bisschoff von Darpte an keym recht im wil lassen genugen noch an fruntschaft, wen sich czum rechte y und y der herre von Rige und ouch der orden von synent wegen hat irboten. Das wissentlich ist gemeynlich in Liffland beyde prelaten, rittern und knechten, steten arm und rich, dor obir hat her gemachet eynen bunt mit synem capitel, rittern knechten der stad czu Darpte und vil der mannen des stichtes von Rige, die her hat vorleytet mit drauwen. Und sint geslagen an in und den bunt her hat gemachet mit Wytawten, dem her sich und die syne vorschriben haben in eym briefe vorsegilt wol mit XXX segeln, den brieff Wytawte gewist hat etlichen unsern gebitigern die den geseen haben. Ouch so hat her sich vorbunden mit den Russen und was ir offsacz, das Wytawte solde geheert haben und ouch die Russen Liffland dorch und dorch, als wir ouch in dem briefe haben beruret. Ouch so hat her den alden erczbisschoff geladen in die land, dor umb, als man spricht, das her die Rigischen solde gemanet haben by eren eyde. Ouch so was das vorretnis und die drauwe als gros in dem gancze lande czu Liffland, das der herre von Rige noch der gebitiger nicht wosten von eren mannen, wem sie getruwen mochten, und die land in groser var stunden. Worumb der herre in Rige mit fleize und ouch der gebitiger uns boten, das wir in geruchten czu senden czu hulfe eczliche unser man, uff das, das die kirche von Rige sich deste bas dirweren mochte wedir den ungehorsamen suffraganeum, den bisschoff von Darpte, und eyn schedelichen bescheder der genanten kirchen. Ouch wen uns unser heiliger vater der pabist vorschriben hat, wy das wir gehorsamlich entpfoen solden hern Johannem Wallenrode czu eym erczbisschoff und im behulfen solden sien czu sym rechte und syner besiczunge wedir alle betruber, des wurden wir dirweget von dem stete gebete des herren von Rige und haben im gesant czu hulfe wol VIIIC. guter wepener. Und der gebitiger ouch mit in geczogen ist in das stichte von Darpte, und in der gebunge dis briefes mer wen XIIII tage iczunt hatten geheert und wissen nicht anders, wen das sie hutestages legen in dem stichte und mussen das, als wir horen, by not tun, andirs sie qwemen in grosen schaden.
Ab keyn rede adir geschrey wirt komen in den hoff ken Rome, so vorantwert uns und den orden, das man is by note muste thun, und behulfen sien dem herren von Rige. Andirs her mochte von sienen vinden vortreben werden us dem lande, und nicht alleyne her, sunder ouch, als wir vorchten, unser orden. Und dorumb, so moget irs kuntlich vorgeben unserm heiligen vater dem pabiste, wen die czeit kompt, das die {S. 112} herunge des stichtis czu Darpte sie geschen, forderlich durch der kirchen willen czu Rige. Und getruwen wol das, der herre von Rige werde uns mit rechte vorantwerten.Wy is adir wirt geen den unsern, das welle wir uch gerne vorschreiben. Wachet vort wol in der sachen, als wir uch vor dicke haben geschriben.
{Datierung} Gegeben czu Marienburg am Dinstage vor sente Lorencz tage anno domini etc. XC sexto.4)
Des briefes glich ist geschriben dem gebitiger czu Deutschen landen und dem lantkompthur czu Behemen.
Dis sint die eyde die Wytawte solde haben gesworn.
Wir Wytawt anders Allexander von Gotis gnaden grosfurste czu Littowen etc. geloubin nu und vorwert ewiclich in allen unsern landen nach unser macht den cristen gelouben mit cristenlicher saczunge und seten czu vordern. Die noch nicht getouft sien, den welle wir vorseen ernstlichen, das die getouft sollen werden noch cristenlicher e. Der Romischen kirchen welle wir fleislichen und demuticlich gehorsam sien. Keynerley cristenland, usgenomen gewalt und unrecht, ab die uns von cristen wurden bewiset, des Got nicht angebe, welle wir vorwert ewiclich nymmer geheeren mit heeres craft noch gestatten wellen keynen andern ungeloubigen, das sie die heeren durch unser land, mit keynen ungeloubigen abgescheidenen adir abgekarten cristen wedir allirley cristen land, ire herren adir fursten ymmer thun wellen keynerley vorbyndunge adir vorretnis, sunder worhafticlichen in den angevangen cristenthum leben wellen, an alle abslaunge und wedirkerunge mit der hulfe Gotes, als uns Got helfe und syne heilige. Amen.
Inhaltliche Anmerkungen
1) Hochmeister von 1393 bis 1407.
2) Großfürst von 1392 (1404) bis 1430.
3) September 29.
4) 1396 August 8.
Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js-jl/js-jl65.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS-JL 65 (1396 August 8. Marienburg.)
Bearbeitungsstand : Text eingegeben (19. August 2002, Joachim Laczny) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert (21. August 2002, Joachim Laczny) – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschreiben ()
Datum der Erstanlage: Montag, 19. August 2002 — Letzte Änderung: 27. Dezember 2003 von Jürgen Sarnowsky
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