ARNOLD VON LÜBECK
Buch V, 12. Von der Übergabe der Stadt Lübeck (1191).

Nachdem wir uns aber sehr weit von der Stadt entfernt hatten, wollen wir jetzt dahin zurückkehren. Unterdessen vernahmen die durch die langwierige Belagerung leidenden Bürger von der zu Stade vorgegangenen Veränderung. Darüber sehr beunruhigt, begannen sie an die Übergabe der Stadt zu denken. Indessen entstand Zwietracht unter ihnen. Einige sagten nämlich: "Wir wollen die Stadt an den König der Dänen übergeben, um bei ihm Gnade zu finden; so wird er uns aus jeglicher Feindseligkeit erretten, und uns noch dazu in seinem Lande Handel treiben lassen. Wer wird uns etwas anhaben können, wenn wir ihn zum Beschützer haben?" - Andere aber sprachen: "Nicht so, unsere Stadt gehört zum Römischen Reiche, und wenn sie sich davon trennt, so werden wir von kaiserlicher Acht betroffen und allen verhasst. Allein beliebt es euch, so wollen wir sie dem Markgrafen Otto übergeben, damit er sie im Namen des Kaisers in Empfang nehme; so werden wir von der Zwingherrschaft dieses Grafen erlöst, und er regiert nicht über uns." Graf Adolf aber erfuhr das und bedrängte die Stadt um so mehr. Darüber erschrocken öffneten ihm die Bürger die Tore, jedoch unter der Bedingung, dass die Kriegsleute des Herzogs unverletzt abzögen. Nach Einnahme der Stadt reiste der Graf Adolf zum Kaiser, der ihm für seine Mühe alle Einkünfte der Stadt voll Freigebigkeit verlieh. Auch den Grafen Bernhard beschenkte er wiederholt.

Liber V, 12. De deditione civitatis Lubikane.

Quia vero longius a civitate digressi sumus, nunc ad ipsam redeamus. Inter hec cives nostri, diutina inclusione laborantes, audierunt de mutatione que in Stadio facta est. Et turbati valde ceperunt de civitatis deditione cogitare. Facta est autem dissensio inter eos. Quidam enim dixerunt: Tradamus civitatem regi Danorum, ut gratiam ipsius inveniamus, qui ab omni nos infestatione eripiet, insuper negotiari nos in terra sua permittet. Et quis est, qui nos inquietare poterit, si ipsum habuerimus protectorem? Alii autem dicebant: Non sic, quia civitas nostra sub ditione Romani imperii  sita est, a quo si alienata fuerit, proscriptione domni imperatoris multabimur et sic odibiles omnibus erimus. Sed si placet, tradamus eam Ottoni marchioni, ut ipse eam quasi sub nomine imperatoris accipiat, sicque liberabimur a tyrannide istius comitis, ne regnet super nos. Adolfus autem hoc cognoscens magis artabat civitatem. Unde territi cives, civitatem ei aperiunt, conditione tamen interposita, ut  homines ducis abirent illesi. Capta autem civitate, Adolphus ad imperatorem profectus est, qui pro labore suo omnes reditus ivitatis liberalissime ei permisit. Bernardum etiam comitem suis muneribus sepius honoravit.