- Chronica, hrsg. J. M. Lappenberg, in: Monumenta Germaniae historica, Scriptores, Bd. 21, Hannover 1869, S. 100-250 / [eigenständig] Monumenta Germaniae historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Bd. 14, Hannover 1868, ND 1995.
- Chronik, übers. J. C. M. Laurent (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, 71), 3. Aufl. Leipzig 1940.
Die Dänen, welche die Sitten der Deutschen nachahmen, die sie in
Folge des langen Beieinanderwohnens kennen gelernt haben, schließen
sich in Kleidung und Bewaffnung den übrigen Nationen an, und während
sie sonst an Kleidung alle Seeleuten glichen, da sie, am Meere wohnend,
immer mit Schiffen zu tun haben, so kleiden sie sich jetzt nicht nur in Scharlach,
in buntes und graues Pelzwerk, sondern auch in Purpur und feine Leinwand.
Alle sind nämlich sehr reich durch den Fischfang, der alljährlich
in Schonen angestellt wird. Zu diesem eilen von allen ringsumher wohnenden
Völkern die Kaufleute herbei und bringen Gold, Silber und alle sonstigen
Kostbarkeiten hin und kaufen ihnen die Heringe ab, welche sie umsonst von
Gottes reich spendender Güte empfangen, wobei die Kaufleute noch um feilen
Handels Willen ihr Bestes, ja bisweilen ihr Leben durch Schiffbruch verlieren.
Ihr Land ist auch voll der trefflichsten Pferde, wegen der sehr fetten Wiesen
des Landes. So liegen sie denn bei diesem Reichtume an Pferden mit Eifer
ritterlichen Übungen ob und erwerben ebensoviel Ruhm im Reiterkampf wie
im Seekriege. Auch in wissenschaftlicher Bildung sind sie nicht wenig vorgerückt,
da die Adligen des Landes ihre Söhne nicht allein um den geistlichen
Stand zu heben, sondern auch zur Ausbildung in weltlichen Wissenschaften
nach Paris schicken. Dort werden sie in die Sprache und Litteratur jenes
Landes eingeführt und sind nicht nur in den weltlichen Wissenschaften,
sondern auch in der Theologie sehr wohl bewandert. Denn wegen der ihnen angeborenen
Schnelligkeit des Sprechens zeigen sie sich nicht allein in dialektischen
Beweisführungen als feine Köpfe, sondern auch in der Behandlung
kirchlicher Geschäfte bewähren sie sich als tüchtige Kenner
des kanonischen und weltlichen Rechts.
Außerdem findet man den Glauben bei ihnen kräftig und blühend,
seitdem der Erzbischof Eskil von Lund dort viele Klöster aus allen
Orden sowohl für Nonnen, als für Mönche angelegt hat. Dieser
war ein Mann von der größten Frömmigkeit. Er verließ
auch, um ein ruhiges Leben zu führen, sein Bistum und begab sich
nach dem Kloster von Clairvaux, wo er sein Leben, in Heiligkeit und Gerechtigkeit
wandelnd, in Frieden zu Ende führte. Jene Klöster aber mehrten
sich wie die Zedern des Libanon und erfüllten mit ausgebreiteten
Zweigen den Weinberg des Herrn Zebaoth nicht bloß bis zum Meer, sondern
selbst jenseits des Meeres das Land der Slaven.
Auch Herr Absalon, der ihm in der Regierung folgte, bewies, entzündet
vom Eifer der Gerechtigkeit und angetan mit der Rüstung Gottes, durchaus
nicht geringere Tätigkeit als jener, und obwohl er vom Herrn mit vielen
Tugenden begabt war, so erfreute er sich doch vor allem des Schatzes eines
guten Gewissens in Bezug auf den Schmuck der Keuschheit. Daher reizte er wie
eine brennende und strahlende Leuchte gar viele zur Nachfolge nach dem Spruche:
"Da sehet ihr, dass ich nicht allein für mich arbeite, sondern für
alle, die der Weisheit begehren." Auch erlitt er, indem er mit dem Apostel
über seine Untergebenen mit göttlichem Eifer eiferte und sie beredend,
beschwörend und scheltend zur Bewahrung der Keuschheit anwies, manchen
schweren Widerspruch. Und das ist kein Wunder; denn der fleischliche Sinn
kann, so lange er von der Gewohnheit des Sündigens gefesselt ist, selten
oder nie das Joch des Teufels von sich abschütteln, sondern er steht
wie eine Eselin draußen am Kreuzwege zu niedrigem Tagewerke angebunden,
um jede Last, die ihm irgend einer auferlegen will, ohne Widerstreben zu tragen.
Alle unreinen Gedanken nämlich, welche ihm unreine Geister eingeben,
nimmt er mit um so größerem Ergötzen auf, auf je schlimmere
Weise sie ihm mitgeteilt werden. Darum kann er es dann, wenn der große
Lenker ihn straft, nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein.
Daher kommt es, daß solche wider den Stachel löcken und gegen
ihre Vorgesetzten Ottern-Eier zusammentragen, indem sie sich verschwören
und Empörung stiften, die gerechten Vermahnungen des Meisters Unterdrückung
nennen und sich beschweren, wenn sie deshalb zur Rechenschaft gezogen
werden. So ziehen sie sich denn wohlverdiente Verweise zu. Auch im ehelichen
Stande finden sich manche, die, ihrem Berufe gewissenhaft obliegend, sich
bemühen, Gastfreundschaft zu üben, Almosen spenden, welche die eheliche
Treue nicht verletzen und dem Gebete so wie den übrigen Werken der Gerechtigkeit
sich widmen.
Was soll ich des Königs gedenken? Er, obwohl noch in den Jünglingsjahren
stehend, hat sich in allen seinen Handlungen in dem Grade wie ein Greis
gezeigt, als wenn durch sein würdevolles Benehmen jener Spruch der Weisheit
hervorgerufen wäre: "Das Alter ist ehrlich, nicht das lange lebt, oder
viele Jahre hat: Klugheit unter den Menschen ist das rechte graue Haar, und
ein unbeflecktes Leben ist das rechte Alter." Denn er frönte nicht, wie
es dieses Lebensalter zu tun gewohnt ist, den Spielen und der Schaulust, war
auch nicht auf Ausflüge und Schweifereien erpicht oder der Lüsternheit
ergeben, sondern keusch mit der keuschen Gemahlin verlebte er züchtig
die Tage.
Während der Feier der Messe gab er sich auch nicht, wie manche es gewohnt
sind, Gesprächen oder Geschäftsverhandlungen hin, sondern er hatte
stets die Psalmen oder ein sonstiges Gebetbuch vor Augen und widmete sich
voll Andacht dem Gebete. Und weil er der Weisheit anhing, welche sagt:
"Durch mich regieren die Könige", darum befestigte der Herr sein Reich,
so daß, während zu den Zeiten seiner Vorfahren im Königreiche
Dänemark drei Fürsten, ja auch vier Fürsten die Regierungsgewalt
teilten, er allein die Monarchie regierte, welche allerdings schon sein Vater
mit großer Mühe und Klugheit erworben hatte. Knut nun, welcher
in seinem Reiche tiefen Frieden hatte, gedachte daran, daß zu den Zeiten
seiner Väter die Slawen seinem Lande viel Unheils zugefügt hatten.
Da er sie nun auch der Hilfe des Herzogs Heinrich, der mit dem Zügel
seiner Herrschaft sie nach Willkür gelenkt hatte, beraubt sah, so nahm
er die Gelegenheit wahr und griff sie an, gewann jedoch, da er sich des Rates
des Erzbischofs Absalon bediente, mehr durch Klugheit als durch Gewalt die
Oberhand über sie.
Siquidem Dani usum Teutonicorum imitantes, quem ex longa cohabitatione
eorum didicerunt, et vestitura et armatura se ceteris nationibus coaptant;
et cum olim formam nautarum in vestitu habuissent propter navium consuetudinem,
quia maritima habitant, nunc non solum scarlatto, vario, grisio, sed etiam
purpura et bisso induuntur. Omnibus enim divitiis abundant propter piscationem,
que quotannis in Scania exercetur, ad quam omnium circumquaque nationum negotiatores
properantes aurum et argentum et cetera queque preciosa illuc deferunt, et
comparatis halecibus eorum, que illi gratis ex divina habent largitate, quasi
pro vili quodam commercio sua optima, nonnunquam etiam se ipsos naufragando
relinquunt. Repleta est etiam terra eorum equis optimis propter pascua terre
uberrima. Unde propter equorum copiam in militari palestra se exercitantes,
equestri pugna simul et navali gloriantur. Scientia quoque litterali non
parum profecerunt, quia nobiliores terre filios suos non solum ad clerum
promovendum, verum etiam secularibus rebus instituendos Parisius mittunt.
Ubi litteratura simul et idiomate lingue terre illius imbuti, non solum in
artibus, sed etiam in theologia multum invaluerunt. Siquidem propter naturalem
lingue celeritatem non solum in argumentis dialecticis subtiles inveniuntur,
sed etiam in negotiis ecclesiasticis tractandis boni decretiste sive legiste
comprobantur.
Preterea religionis vigor apud eos multum florere dinoscitur, eo quod
Eschillus Lundensis archiepiscopus, vir summe pietatis, quique etiam relicto
episcopatu, quietam cupiens ducere vitam, ad Clarevallense monasterium
se contulit, ubi etiam sancte et iuste vivendo vitam in pace finivit,
loca multa ex omni ordine spiritalium, tam virorum quam mulierum, in partibus
illis construxerit. Que quasi cedrus Lybani multiplicata, non solum Daniam,
sed ut vineam Domini Sabaoth extensis palmitibus usque ad mare, immo ultra
mare, etiam Sclaviam replerunt.
Domnus quoque Absalon, qui loco regiminis ei successit, zelo iusticie accensus
et armatura Dei procingtus, in promovenda religione nequaquam segnior fuit.
Qui cum a Domino multis virtutum polleret donis, specialiter tamen thesauro
bone conscientie, decore videlicet castitatis, vernabat. Unde velud lucerna
ardens et lucens emulatione sua provocavit plurimos iuxta illut: Videte,
quoniam non solum mihi laboravi, set omnibus querentibus veritatem. Hic quoque
cum apostolo subditos suos emulans Dei emulatione, dum eos ad castitatis
custodiam arguendo, obsecrando, increpando informaret, multas et graves
a quibusdam contradictiones pertulit. Nec mirum; carnalis enim mens, dum
consuetudine peccandi ligata fuerit, aut vix, aut nunquam iugum diaboli
a se removere poterit, sed cum asyna foris stat in bivio ligata ad opera
communia, ut quicunque ei onus inponere voluerit, sine contradictione illud
ferat. Quia, quascunque sordidas cogitationes inmundi spiritus ei suggesserint,
tanto delectabilius suscipit, quanto nequius inferuntur. Et ideo cum a rectore
corripitur, intelligere non potest quod spiritaliter examinatur. Inde
fit, quod tales stimulo recalcitrantes contra prelatos ova aspidum congerunt,
dum, conspiratione facta, seditiones commovent et iustam magistri admonitionem
oppressionem nominant et inde se calumpniari queruntur. Unde correptionis
verba contra se iusta proferuntur. De ordine quoque coniugali, multi in sua
vocatione religiosi inventi sunt hospitalitatem sectantes, elemosinis vacantes,
fidem coniugii servantes, orationi intenti et cetera iustitie opera inplentes.
Quid de rege dixerim, qui adhuc in iuvenilibus annis in omni actu suo ita
grandevum se exhibuit ac si de ipsius gravitate patenter illud Sapientie
dictum sit: Senectus venerabilis est, non diuturna, neque annorum numero
computata. Siquidem ut talis assolet etas, non ludis aut spectaculis se ingerebat,
non discursibus aut vagationibus studebat, nec lubricitati deditus, Coniuge
cum casta vivebat castior ipse.
Inter missarum quoque sollempnia non, ut quibusdam moris est, susurrationibus
aut placitationibus intendebat, sed codices psalmorum aut aliarum orationum
habens pre oculis, orationi devotus incumbebat. Et quia sapientie adhesit,
que dicit: Per me reges regnant, ideo Dominus regnum illius firmavit,
ut cum tempore avorum suorum in regno Danico triarche vel etiam tetrarche
fuerint, ipse monarchiam solus regeret, quam tamen pater eius multo labore
et prudentia obtinuerat. Kanutus ergo multam pacem habens in regno suo, animadvertit,
quod Sclavi in diebus patrum suorum multas calamitates terre sue intulissent.
Videns etiam eos auxilio Heinrici ducis destitutos, qui freno dominii sui
maxillas eorum constrinxerat, suscepta adversus eos occasione, bello eos
agressus est. Contra quos tamen consilio usus Absalonis archiepiscopi, prudentia
magis quam viribus prevalebat.