ARNOLD VON LÜBECK
Buch III, 5. Von den ehrenwerten Eigenschaften der Dänen (1182).

Die Dänen, welche die Sitten der Deutschen nachahmen, die sie in Folge des langen Beieinanderwohnens kennen gelernt haben, schließen sich in Kleidung und Bewaffnung den übrigen Nationen an, und während sie sonst an Kleidung alle Seeleuten glichen, da sie, am Meere wohnend, immer mit Schiffen zu tun haben, so kleiden sie sich jetzt nicht nur in Scharlach, in buntes und graues Pelzwerk, sondern auch in Purpur und feine Leinwand. Alle sind nämlich sehr reich durch den Fischfang, der alljährlich in Schonen angestellt wird. Zu diesem eilen von allen ringsumher wohnenden Völkern die Kaufleute herbei und bringen Gold, Silber und alle sonstigen Kostbarkeiten hin und kaufen ihnen die Heringe ab, welche sie umsonst von Gottes reich spendender Güte empfangen, wobei die Kaufleute noch um feilen Handels Willen ihr Bestes, ja bisweilen ihr Leben durch Schiffbruch verlieren. Ihr Land ist auch voll der trefflichsten Pferde, wegen der sehr fetten Wiesen des Landes. So liegen sie denn bei diesem Reichtume an Pferden mit Eifer ritterlichen Übungen ob und erwerben ebensoviel Ruhm im Reiterkampf wie im Seekriege. Auch in wissenschaftlicher Bildung sind sie nicht wenig vorgerückt, da die Adligen des Landes ihre Söhne nicht allein um den geistlichen Stand zu heben, sondern auch zur Ausbildung in weltlichen Wissenschaften nach Paris schicken. Dort werden sie in die Sprache und Litteratur jenes Landes eingeführt und sind nicht nur in den weltlichen Wissenschaften, sondern auch in der Theologie sehr wohl bewandert. Denn wegen der ihnen angeborenen Schnelligkeit des Sprechens zeigen sie sich nicht allein in dialektischen Beweisführungen als feine Köpfe, sondern auch in der Behandlung kirchlicher Geschäfte bewähren sie sich als tüchtige Kenner des kanonischen und weltlichen Rechts.
Außerdem findet man den Glauben bei ihnen kräftig und blühend, seitdem der Erzbischof Eskil von Lund dort viele Klöster aus allen Orden sowohl für Nonnen, als für Mönche angelegt hat. Dieser war ein Mann von der größten Frömmigkeit. Er verließ auch, um ein ruhiges Leben zu führen, sein Bistum und begab sich  nach dem Kloster von Clairvaux, wo er sein Leben, in Heiligkeit und Gerechtigkeit wandelnd, in Frieden zu Ende führte. Jene Klöster aber mehrten sich wie die Zedern des Libanon und erfüllten mit  ausgebreiteten Zweigen den Weinberg des Herrn Zebaoth nicht bloß bis zum Meer, sondern selbst jenseits des Meeres das Land der Slaven.
Auch Herr Absalon, der ihm in der Regierung folgte, bewies, entzündet vom Eifer der Gerechtigkeit und angetan mit der Rüstung Gottes, durchaus nicht geringere Tätigkeit als jener, und obwohl er vom Herrn mit vielen Tugenden begabt war, so erfreute er sich doch vor allem des Schatzes eines guten Gewissens in Bezug auf den Schmuck der Keuschheit. Daher reizte er wie eine brennende und strahlende Leuchte gar viele zur Nachfolge nach dem Spruche: "Da sehet ihr, dass ich nicht allein für mich arbeite, sondern für alle, die der Weisheit begehren." Auch erlitt er, indem er mit dem Apostel über seine Untergebenen mit göttlichem Eifer eiferte und sie beredend, beschwörend und scheltend zur Bewahrung der Keuschheit anwies, manchen schweren Widerspruch. Und das ist kein Wunder; denn der fleischliche Sinn kann, so lange er von der Gewohnheit des Sündigens gefesselt ist, selten oder nie das Joch des Teufels von sich abschütteln, sondern er steht wie eine Eselin draußen am Kreuzwege zu niedrigem Tagewerke angebunden, um jede Last, die ihm irgend einer auferlegen will, ohne Widerstreben zu tragen. Alle unreinen Gedanken nämlich, welche ihm unreine Geister eingeben, nimmt er mit um so größerem Ergötzen auf, auf je schlimmere Weise sie ihm mitgeteilt werden. Darum kann er es dann, wenn  der große Lenker ihn straft, nicht erkennen; denn es muß geistlich gerichtet sein. Daher kommt es, daß solche wider den Stachel löcken und gegen ihre Vorgesetzten Ottern-Eier zusammentragen, indem sie sich verschwören und Empörung stiften, die gerechten Vermahnungen des Meisters Unterdrückung nennen und sich beschweren, wenn sie deshalb zur  Rechenschaft gezogen werden. So ziehen sie sich denn wohlverdiente Verweise zu. Auch im ehelichen Stande finden sich manche, die, ihrem Berufe gewissenhaft obliegend, sich bemühen, Gastfreundschaft zu üben, Almosen spenden, welche die eheliche Treue nicht verletzen und dem Gebete so wie den übrigen Werken der Gerechtigkeit sich widmen.
Was soll ich des Königs gedenken? Er, obwohl noch in den Jünglingsjahren stehend, hat sich in allen seinen Handlungen in dem Grade wie ein Greis gezeigt, als wenn durch sein würdevolles Benehmen jener Spruch der Weisheit  hervorgerufen wäre: "Das Alter ist ehrlich, nicht das lange lebt, oder viele Jahre hat: Klugheit unter den Menschen ist das rechte graue Haar, und ein unbeflecktes Leben ist das rechte Alter." Denn er frönte nicht, wie es dieses Lebensalter zu tun gewohnt ist, den Spielen und der Schaulust, war auch nicht auf Ausflüge und Schweifereien erpicht oder der Lüsternheit ergeben, sondern keusch mit der keuschen Gemahlin verlebte er züchtig die Tage.
Während der Feier der Messe gab er sich auch nicht, wie manche es gewohnt sind, Gesprächen oder Geschäftsverhandlungen hin, sondern er hatte stets die Psalmen oder ein sonstiges Gebetbuch vor Augen und widmete sich voll Andacht dem Gebete. Und weil er der Weisheit anhing, welche sagt:  "Durch mich regieren die Könige", darum befestigte der Herr sein Reich, so daß, während zu den Zeiten seiner Vorfahren im Königreiche Dänemark drei Fürsten, ja auch vier Fürsten die Regierungsgewalt teilten, er allein die Monarchie regierte, welche allerdings schon sein Vater mit großer Mühe und Klugheit erworben hatte. Knut nun, welcher in seinem Reiche tiefen Frieden hatte, gedachte daran, daß zu den Zeiten seiner Väter die Slawen seinem Lande viel Unheils zugefügt hatten. Da er sie nun  auch der Hilfe des Herzogs Heinrich, der mit dem Zügel seiner Herrschaft sie nach Willkür gelenkt hatte, beraubt sah, so nahm er die Gelegenheit wahr und griff sie an, gewann jedoch, da er sich des Rates des Erzbischofs Absalon bediente, mehr durch Klugheit als durch Gewalt die Oberhand über sie.

Liber III, 5. De honestate Danorum.

Siquidem Dani usum Teutonicorum imitantes, quem ex longa cohabitatione eorum didicerunt, et vestitura et armatura se ceteris nationibus coaptant; et cum olim formam nautarum in vestitu habuissent propter navium consuetudinem, quia maritima habitant, nunc non solum scarlatto, vario, grisio, sed etiam purpura et bisso induuntur. Omnibus enim divitiis abundant propter piscationem, que quotannis in Scania exercetur, ad quam omnium circumquaque nationum negotiatores properantes aurum et argentum et cetera queque preciosa illuc deferunt, et comparatis halecibus eorum, que illi gratis ex divina habent largitate, quasi pro vili quodam commercio sua optima, nonnunquam etiam se ipsos naufragando relinquunt. Repleta est etiam terra eorum equis optimis propter pascua terre uberrima. Unde propter equorum copiam in militari palestra se exercitantes, equestri pugna simul et navali gloriantur. Scientia quoque litterali non parum profecerunt, quia nobiliores terre filios suos non solum ad clerum promovendum, verum etiam secularibus rebus instituendos Parisius mittunt. Ubi litteratura simul et idiomate lingue terre illius imbuti, non solum in artibus, sed etiam in theologia multum invaluerunt. Siquidem propter naturalem lingue celeritatem non solum in argumentis dialecticis subtiles inveniuntur, sed etiam in negotiis ecclesiasticis tractandis boni decretiste sive legiste comprobantur.
Preterea religionis vigor apud eos multum florere  dinoscitur, eo quod Eschillus Lundensis archiepiscopus, vir summe pietatis, quique etiam relicto episcopatu,  quietam cupiens ducere vitam, ad Clarevallense monasterium se contulit, ubi etiam sancte et  iuste vivendo vitam in pace finivit, loca multa ex omni ordine spiritalium, tam virorum quam mulierum, in partibus illis construxerit. Que quasi cedrus Lybani multiplicata, non solum Daniam, sed ut vineam Domini Sabaoth extensis palmitibus usque ad mare, immo ultra mare, etiam Sclaviam replerunt.
Domnus quoque Absalon, qui loco regiminis ei successit, zelo iusticie accensus et armatura Dei procingtus, in promovenda religione nequaquam segnior fuit. Qui cum a Domino multis virtutum polleret donis, specialiter tamen thesauro bone conscientie, decore videlicet castitatis, vernabat. Unde velud lucerna ardens et lucens emulatione sua provocavit plurimos iuxta illut: Videte, quoniam non solum mihi laboravi, set omnibus querentibus veritatem. Hic quoque cum apostolo subditos suos emulans Dei  emulatione, dum eos ad castitatis custodiam  arguendo, obsecrando, increpando informaret, multas et graves a quibusdam contradictiones pertulit. Nec mirum; carnalis enim mens, dum consuetudine peccandi ligata fuerit, aut vix, aut nunquam iugum  diaboli a se removere poterit, sed cum asyna foris stat in bivio ligata ad opera communia, ut quicunque ei onus inponere voluerit, sine contradictione illud ferat. Quia, quascunque sordidas cogitationes inmundi spiritus ei suggesserint, tanto delectabilius suscipit, quanto nequius inferuntur. Et ideo cum a rectore corripitur, intelligere non potest quod spiritaliter examinatur.  Inde fit, quod tales stimulo recalcitrantes contra prelatos ova aspidum congerunt, dum,  conspiratione facta, seditiones commovent et iustam magistri admonitionem oppressionem nominant et inde se calumpniari queruntur. Unde correptionis verba contra se iusta proferuntur. De ordine quoque coniugali, multi in sua vocatione religiosi inventi sunt hospitalitatem sectantes, elemosinis vacantes, fidem coniugii servantes, orationi intenti et cetera iustitie opera inplentes. Quid de rege dixerim, qui adhuc in iuvenilibus annis in omni actu suo ita grandevum se exhibuit ac si de ipsius gravitate patenter illud Sapientie dictum sit: Senectus venerabilis est, non diuturna, neque annorum numero computata. Siquidem ut talis assolet etas, non ludis aut spectaculis se ingerebat, non discursibus aut vagationibus studebat, nec lubricitati deditus, Coniuge cum casta vivebat castior ipse.
Inter missarum quoque sollempnia non, ut quibusdam moris est, susurrationibus aut placitationibus intendebat, sed codices psalmorum aut aliarum orationum habens pre oculis, orationi devotus incumbebat. Et quia sapientie adhesit, que dicit: Per me  reges regnant, ideo Dominus regnum illius firmavit, ut  cum tempore avorum suorum in regno Danico triarche vel etiam tetrarche fuerint, ipse monarchiam solus regeret, quam tamen pater eius multo labore et prudentia obtinuerat. Kanutus ergo multam pacem habens in regno suo, animadvertit, quod Sclavi in diebus patrum suorum multas calamitates terre sue intulissent. Videns etiam eos auxilio Heinrici ducis destitutos, qui freno dominii sui maxillas eorum constrinxerat, suscepta adversus eos occasione, bello eos agressus est. Contra quos tamen consilio usus Absalonis archiepiscopi, prudentia magis quam viribus prevalebat.