PrUB, JS 404

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


1406 August 28. Rom.
{Regest}
OP Peter von Wormditt an HM Konrad von Jungingen: Frieden zwischen Papst Innocenz VII. und König Ladislaus von Neapel; Gegensatz zwischen Pisa und Florenz; Pläne des Königs von Neapel; Türkeneinfall in Bosnien; Verhandlungen des Papstes mit Frankreich wegen der Einheit der Kirche; Aufbruch und Absichten des Kollektors Nikolaus de Wolavia: eigene finanzielle Notlage infolge Teuerung.

{Überlieferung}
A = OBA 880.

{Drucklegungen}
aus A (Auszug) K. Forstreuter, H. Koeppen, Hrsg., Die Berichte der Generalprokuratoren des Deutschen Ordens an der Kurie, Bd. 2 (Veröffentlichungen der niedersächsischen Archivverwaltung, 13), Göttingen 1960, Nr. 23, S. 78-81.

{Regest}
JH I 880; Nieborowski, Regesten Nr. 14.

{Erwähnungen}
Nieborowski S. 69f.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Or., eigenh., mit Resten des Verschlußsiegels.  Adr. wie Berichte, 2, Nr. 11, jedoch mit Zusatz: d[entur] a).
Auf Eingang dieses Berichtes und unten Nr. 24 vom gleichen Tage dürfte sich eine Eintragung im Treßlerbuch beziehen, wonach 1406 Okt. 14/24 ein Läufer Geld erhielt, der dem HM anläßlich seines Eintreffens in Stuhm brieffe von Rome gebracht habe 1). Der HM ist am 12. Okt. in Strasburg nachweisbar 2).


Meinen willigen undertenigen gehorsam czuvor. Erwirdiger lieber genediger her meister.
Teilt unter Bezugnahme auf seinen Bericht über die Verhandlungen zwischen dem Papst und dem König von Neapel 3) mit,
das unser heiliger vater czu dem könige gesant hatte Lodewicum synen vetter, Paulum de Ursinis und den jungen herren von Kameryn 4) und eynen synen secretarium. Und die quomen widder am sechsten tage desses mondes Augusti, das ist an sandt Syxti tage, und was an deme tage, als nu ein jor rumor czu Rome was 5). Und hatten die sache alle gancz czu einem frede getedinget bis czu unsers herren des bobstes gutdunken und willen. Am obunde sant Lorenczes 6) wart es vollen beslossen mit des herren bobstes und der cardinal wille. Und mit den vorgenanten unsers herren bobstes boten quomen czwene ritter von des konings wegen mit voller macht, furbas me in der sache czu thuen. Und als der herre bobst und cardinal iren willen dorczu goben und bestetigten den frede, do goben sie uff von des konigs wegen der kirchen die Engelburg 7). Und kundigteb) aldo{S. 79}den gemachten frede öbiral 8). Aber wie es gemachet oder getedingt ist, mochte ich noch von nymands dirfaren. Am ersten tage noch Unser Frauwen tag Assumpcionis 9) do machte unser herre bobst ein consistorium generale. Doselbst swuren die czwene ritter und holdeten von nuwes dem bobste von des konigs wegen von aller lande wegen, die her von der kirchen ynnehat. Dornoch sante der herre bobst Pauwels bruder de Ursinis hern Nicolaium b) de Ursinis, der ein prior czu Venedie ist sant Johans orden, mit eynem clerico camere, die von dem könige dieselbe holdunge sullen uffnemen. Nu synt der kirchen soldener alle von hynnen, und man spricht, das sie den von Pyze czu hulfe geczogen. Und als die eyne wilde aldo syn, so sal des konigs volke ouch dar komen und die Pyzer retten vor die Florenczer. Und wo das nicht geschiet, so mogen die von Pyse, als man spricht, den Florenczern mit nichte entsitczen.
Der koning von Napels steet gancz dornoch, das her keißer moge werden, und her hup am grosten an. Her meynte, her welde Rome czum ersten haben und den bobst, so hette hers als. Nu im das nicht mochte geen, nu hat her einen frede alhie gemacht, und wirt im der kirchen sodener czu czihen. Und gewynnet her Pyse in, so steet im Lucke czu gebot itczunt mit aller herschaft. So hat her noch von der kirchen wegen ynne Campania und Maritima 10). So mag her denne lichte Senas und Perus gewynnen und dornoch Viterbie. So hat her Rome alumb beyde czu wasser und czu lande, das her denne also, gan ims got, des ich nicht enhoffe, synen willen an aller dank behalden mag. Mir hat gesagt ein erbar apt us dem konigrich, der nu mit den sendeboten wider kegen Rome quam, das des Turken son, der dem Czemmerlan entging, als her dem alden öberlag 11),syne boten habe by dem konige von Napels und hat im gelobt: welle her einen bunt und fruntschaft mit im machen, her welle im helfen [mit] c) all synem vermogen, das her konig czu Ungern sulle werden 12). Und die boten syn noch im lande. Was her mit in {S. 80}wirt schaffen, des weys man noch nicht 13). Man sagt ouch alhie vor wor, das derselbe Turke an sand Johans tage 14), als der konig von Ungern mit herczoge Wilhelm von Osterich, dem got gnade, vorricht würde 15), mit einem grossen heere in das lant czu Bosna, das kegen Ungern gehort, were gekomen und hette aldo großen schaden gethon und hette (von dannen) me denn 14 000 cristen von dannen lassen tryben, und lege noch aldo mit großer macht 16). In dem geschefte der eynunge
sei als Gesandter des Königs von Frankreich ein Augustinermönch eingetroffen, mit dem der Papst heimlich in syner camer verhandele; Genaueres sei nicht zu erfahren, aber man erhoffe, es sulle sich dornoch eczwas schicken, da der Mönch in der sache gar nuczbarliche botschaft habe. Aufbruch d) des Kammerklerikers [Nikolaus de Wolavia] stehe unmittelbar bevor, doch sei sicher, das im die 7 bullen ober die 7 provincien in dutschen landen, do Ryge ouch ynne was, getiliget und gebrochen syn 17). Möglicherweise werde er jedoch nach seinem Aufenthalt in Polen zum HM ziehen, da er schon früher eyne gracia uff die Frauwenburg erhalten habe 18). Der HM solle sich jedenfalls auf keine Forderungen von des bobstes wegen umb hulfe oder umb gelt einlassen.
Klagen über seine finanzielle Notlage: werdet ir micht nicht bedenken, so mus ich von not wegen von hynnen 19).
Trotz des Friedens sei alles {S. 81} doppelt so teuer wie zur Zeit seiner ersten Ankunft in Rom,
went des jar nichts gesehet ist; dasselbe, das do was al umb Rome, haben die soldener vorwüstet.
Geben czu Rome am tage sant Augustini episcopi im 1400 und 6 jare.
Bruder P[eter] procurator dut[sches] e) ordens czu Rome.

Textkritische Anmerkungen

a) Stück des Randes fehlt.
b) so!
c) Loch.
d) von hier ab später, jedoch von gleicher Hand fortgesetzt.
e) rechte untere Ecke abgerissen.



Inhaltliche Anmerkungen

1) Joachim S. 405.
2) OF 3 S. 275.
3) Berichte der Generalprokuratoren, 2, Nr. 20.
4) Camerino südwestl. Ancona.
5) Über die Ereignisse in Rom, die am 6. Aug. 1405 zur Flucht des Papstes geführt hattten, dürfte danach wohl ein Bericht des Ordensprokurators vorgelegen haben.
6) 1406 Aug. 9.
7) Sie war auch nach der Rückkehr des Papstes nach Rom (1406 März 13) in der Hand der Neapokitaner geblieben und von Paul Orsini, dem Kriegskapitän des Papstes, und dem Nepoten Ludwig von Meliorali vergeblich belagert worden. Am 9. Aug. wurde sie dem Papst übergeben.
8) Der Friede wurde am 13. Aug. 1406 ratifiziert, wobei Ladislaus zum defensor, conservator und vexillifer der Kirche ernannt wurde; vgl. Gregorovius Bd. 63 S.556 f. sowie Cutolo Bd. 2 S. 140 f.
9) Aug. 16.
10) Auf Grund des Vertrages vom 27. Okt. 1404; vgl. Berichte der Generalprokuratoren, 2, Nr. 7 Anm. 23.
11) Wahrscheinlich ist Sultan Suleiman I. (1403-1411) gemeint, der aus der Schlacht bei Ankara (1402 Juni 28), in der Timur Lenk seinen Vater Sultan Bajesid I. (1389-1403) vernichtend geschlagen und gefangen genommen hatte, mit seinen Brüdern Mohammed und Isa entkommen war.
12) Ladislaus hatte bereits 1403 in Gegenwart eines päpstlichen Legaten in Zara die ungarische Krone empfangen.
13) Über die angeblichen Bündnisverhandlungen König Ladislaus' mit den Türken war nach Mitteilung von Archivio di Stato in Neapel weder im Archiv noch in der einschlägigen Spezialliteratur etwas zu ermitteln.
14) Juni 24.
15) Herzog Wilhelm von Österreich (1386-1406; + 1406 Juli 15) hatte nach dem Tode Herzog Albrechts IV. (+ 1404 Sept. 14) das mit Siegmund bestehende Bündnis gelöst und im Febr. 1405 mit dessen Gegnern Wenzel von Böhmen und Prokop von Mähren paktiert, und es war zu wechselseitigen Überfällen gekommen, bis Wolhelm im Mai 1406 eine große Gesandtschaft nach Preßnurg geschickt hatte, die Siegmund zum Frieden mit Österreich bewegen konnte (Huber Bd. 2 S. 406 ff.).
16) Wahrscheinlich handelte es sich um ein Gerücht. Die Auseinandersetzungen mit den Türken, über die im einzelnen wenig bekannt ist, beschränkten sich in dieser Zeit im wesentlichen auf Kleinkrieg; vgl. Jorga, Gesch. d. osmanischen Reiches Bd. 1 S. 341 ff., aber auch Feßler-Klein Bd. 2 S. 302 f.
17) Vgl. oben Nr. 21. Am 16. und 21. Aug. 1406 hatte der Papst dem Nikolaus de Wolavia, apostolice sedis nuncio, eine Reihe von facultates zugestanden. Dabei wird von einer Entsendung des Nikolaus ad Ungarie et nonnulla alia regna, provincias atque partes pro nostris et ecclesie Romane negociis gesprochen (Reg. Vat. 334 fol. 168v ff. im Vatikan. Archiv zu Rom; Reg.: Mályusz 1. Teil Nr. 4932, 4933, 4942). Am 30. Mai 1407 ist Nikolaus in Budapest nachweisbar (Mályusz 2. Teil Nr. 5523).
18) Er war 1389 und 1398 von Bonifaz IX. mit einem ermländischen Kanonikat providiert worden (Repert. Germ. Bd. 2 Sp. 936 f.).
19) Um Kosten zu sparen, beabsichtigte der Ordensprokurator, in ein nahegelegenes Ordenshaus zu übersiedeln (vgl. etwa Berichte der Generalprokuratoren, 2, Nr. 82, 84, 87, 106, 227, 291, 302). Selbstverständlich lag in dieser Ankündigung auch eine gewisse Drohung, da bei Abwesenheit des Ordensprokurators die Vertretung der Ordensinteressen an der Kurie leiden mußte.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js404.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 404 (1406 August 28. Rom.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (14.2.1999-2009 Rainer Radtke) - Datum überprüft () - Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert (14.2.1999-2009 Rainer Radtke) - Text mit Or. kollationiert () - äußere Merkmale beschreiben ()
 
 
Datum der Erstanlage: Mittwoch, 14. Februar 1999-2009 - Letzte Änderung: 15. Februar 1999 von Jürgen Sarnowsky

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