PrUB, JS-JL 56

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (2002)




1395 April 7. Marienburg.

{Regest}
Hochmeister [Konrad von Jungingen]1) an Herzog Stephan von Bayern2): betont seine und des Ordens Treue gegenüber dem Reich; unterrichtet ihn in Antwort auf seine Vorwürfe über die Ernennung des neuen Erzbischofs von Riga durch den Papst3), die noch vor dem Eintritt Johanns in den Orden erfolgte; bittet um Förderung sowie um Verständnis dafür, dass ihm die Lehenschaft des Reiches nach den langen Auseinandersetzungen um das Erzstift, die immer nur an der Kurie stattfanden, nicht bekannt ist; weist die Vorwürfe zurück, der Orden hätte Otto von Stettin Unterstützung zugesagt; rechtfertigt die Zahlungen an die Kurie mit den üblichen Gebühren; verweist auf die Mühen des livländischen Meisters, den Besitz des Erzbistums zu schützen; der Orden hätte gern vor 40 oder 60 Jahren andere Erzbischöfe gehabt und Konflikte vermieden; da nun aber die Wahl auf einen Bruder des Ordens gefallen ist und die Entscheidung des Papstes akzeptiert werden müsse, bittet er um Verständnis für die Haltung des Ordens und um weitere Förderung.

{Überlieferung}
B = OF 2c, p. 24-26 [olim Registrant des Hochmeisters Konrad von Jungingen, fol. 10v-11v.]

{Drucklegungen}
aus B Codex Diplomaticus Prussicus. Urkundensammlung zur älteren Geschichte Preußens, hrsg. v. J. Voigt, Bd. 5, 1857, ND Osnabrück 1965, S. 95-97.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Register-Überlieferung.


Herczog Steffan czu Beyern und falczgrafe by Ryne.

Irluchter furste und grosmechtiger lieber here.
Uns demutlich czuvorantworten ewer irluchtikeit an deme, dor an uns beschuldiget der irluchte furste und here, here Swantiborg herczog czu Stetyn, so wisset das wir und unser ordin als alle unsir vorfarn seliges gedechtniss getruwe sint dem heiligen Romisschen riche und allen den irluchten fursten des egeschriben riches, besundern unsers allirgnedigsten herren des Romisschen konigs, sam dy, dy von in habin eyn heilge stiftunge unsirs ordins, privilegia, fryhunge, beschirmunge, und wider das heilge rich ny habin gethan noch ab got will thun wellen, noch ny gestanden dornoch haben, das wir dem egeschriben riche meynten czu entfremden keynerley lehn. Und als ir uns bescholdiget von der kirchen wegen czu Rige, so wisse ewer grosmechtikeit, das unser heilger vater de pabest von pabestlicher volmechtikeit und von eygenem willen vorsehn hat dy obgenant kirche dem erwerdigen vater und herren hern Johan, itczunt do selbest erczbischoff, dy wyle her noch wertlich was nicht unsers ordens bruder, worumb wir dor an nicht scholdig sint.
Ouch, lieber here, nu sy im vorsehn ist von dem pabestlichen stule, sal keyne schelunge doran syn. Und hoffen, dy kirche sal bliben in al dem rechte, und desir here sal do von thun nicht anders, wen als alle sine vorfarn gethan haben, und dem heilgen riche keynerley entpfremdunge thun noch bewisen.
Ouch vor eym yar undir den bullen, dy her brachte von unserm heiligen vater dem pabeste, was eyne bulle geschriben an unsern gnedigen heren den Romisschen koning, in der der pabest den nuwen erczbisschoff besundern befuel unserm herren dem Romisschen koning. Die selbe bulle bleyb in der canczeleie, als uns dunkt, und wart do off genomen und geliebet von den heren, dy do unsern boten woren gegeben czu vorhoren. Und unser gnediger here der koning lys is do by, do her vorgab dem ordin allirley czusachunge von der selbin kirchen weyn, und sprach, dy kirche solde bliben von dem lene des richs. Das ouch geschen sal, wen der orden andirs nymmer sal muten noch der nuwe here, wen das sy bliben sal, als sy von alders y und y gewest ist.
Ouch, lieber here, so hoffe wir, euwir grosmechtikeit als unsers ordins eyn besunder vorderer und beschirmer, das irs yo also gerne gonnet eym unsers ordins als eym us eym andern orden, wen sy io geistlich sin sal und ist gewest von alders.
Ouch, libir here, unsir gebiteger czu Lifland {S. 96} und der ordin do selbest und wir dornoch ny haben gewost, das sy solde sin von dem lehen des riches, wen czu jare do wir das czum ersten horten, wen alle anclage und antworte in allirley sache czwisschen dem ordin und der selben kirche ist von hundirt yaren und den noch me gewest in dem hofe czu Rome, do wir alle dy cziet musten haben eynen procuratorem von dem orden. Und haben ny kein sache der selben gefordert in dem hofe des riches, dorumb liebir here so vordenkt uns nicht, das wir meynten czu entfremden mit willen keynerley lehn, wen wir is nicht macht habin noch nymmer thun willen.
Ouch, lieber here, als unsir here Swantibor herczog von Stetyn hat euch geclagt, das wir in getrebin habin of grose czerunge, so wisset, das wir do von nicht wissen noch unser gebiteger von Liflande von keynerley czerunge, wen is ist adir mag syn by ij jar, das sy desim heren vorsehn wart von babestlicher volmechtikeit, das her wol hat dirfarn. Was bedorfte her dorumb thun czerunge. Ouch so woren syne boten by uns mit unsers gnedigen herren des Romisschen koniges brive czu yar vor Wynachten, dy do den nuwen ertzbischoff sogen. Und wir in muntlich sagtten, das wir in entphangen hetten czu eym ertzbishoff von gebotes wegen und gehorsam unsers heilgen vater des babestes, und mochten nicht andirs do by thun, das her sich czuet an unsere bruder hern Hannos Molheim und hern Albrecht von der Duba. Wir gloyben wol, ab im icht gebotschaft ist von unserm vorfarn, das ist geschen in rechter gunst, fruntschaft und mynne, nicht uns noch den orden czu vorbinden, das wir yo musten vorliben und nemen den hochgeborn hern Otten czu eym ertzbisschoff und nicht eynen andirn. Ab is nu worde vorlast mit hern Otten, al das geschen ist, wen is me stunt dornach wen eyn halb jar, das in dem hofe czu Rome, als uns gesagt ist, ny wart dorumb geworben. Ouch was der alde ertzbisschoff us dem lande bis in das dritte jar by der cziet. Hette her is geerbit, man hette is im wol gegunst, und were wol des ordins willen gewest vor X adir XX Jaren, das dy kirche eyn sotaner here gehat hette, der do beschedelich hette gelebt mit dem ordin. Dorumb, liber here, so thut her uns czu korcz und solde nicht unsirs vorfarn guten willen vorkern dem orden czu eynen mutwillen und eyne fruntlich gunst uns in eyne abegunst.
Ouch, liber here, als ir schribet, dy unsern hetten unczitlich gethan und das mit gelde haben geschaft etc. Heiset das unczitlich, das czu unczieten geschiet, so mag das wol unczitlich syn, wenne eyne sotene wandelunge, hette sy Got wolt haben, ir were not gewest vor XL adir LX jorn, wen, alz wir hoffen, is hette fruntlicher gestanden czwischen dem orden und der kirchen czu Rige. Und mag nu besser syn den landen do selbest und dem cristenthum. Ouch der nuwe here, do im vorsehn wart, do muste her geben eyne genante summe der kamer, dy of das ertzbischthum gesatzt ist, alz ouch {S. 97} andir kirchen pflegen czu gebin.  Dy muste her lyen, wen dy kirche was von synen vorfar beczogen of das hogste. Ouch hatte der gebiteger von Lifland dy vesten inne wol czwey jar und dy land der kirchen hild czu getruwer hant dem babeste, dem her sich und der ordin czu Lifland vorschriben hatten und gelobit, nymands czu gebin slos, vesten und das land, wen im adir dem her dy kirche vorsehe. Dem glich ist ofte geschrebin von unserm vorfar unserm gnedigen heren, dem romischen konige. Und musten is thun, das sy icht dy land czu Lifland hetten vorlorn. Und unser heiliger vater der babest hub dy rente of, also quam das gelt von der kirchen wegen czu Rige an unsern heiligen vater.
Dorumme, liber here, hat euch nymand anders sagen, und kert das dem orden nicht czu arge, wen doran stetlich das beste gesucht ist der kirchen und der cristenheit, keynerley umbillichs. Ouch, als ir schribet, wy das capitel von Rige mit yowortunge des alden ertzbisschoff sollen habin geheischen adir gekorn hern Otten von Stetyn, liebir here, der libunge kore adir heischunge, was dy rechtes hat, das setzt man czu unserm heiligen vater dem babeste, wenne sy eyne geistlich sache ist. Sunder wir vorsehn uns, das dy kirche czu Rige mag nicht getragen czwene ertzbisschoff. Und vordenkt, liber here, uns nicht noch den orden czu Lifland, das wir czu desim mole nicht gefolgen moge ewirs gebettis, wen wir desin heren, pfaffen, ritter und knechte und das gancze land der kirchen habin genomen und gelibet von babestlichim gehorsam und gebote und ist yo worden eyn bruder unsirs ordens. Wen als uns dunkt, so tete wir wider Got, das recht gehorsam und unsir ere, das ir, als wir hoffen, uns nicht enryet noch alle yene, dy den orden lip habin.
Dorumb, libir here, boben alle dy sachen, so bitten wir euch betlich als ewer sundirlicher, das ir gerucht des ordens gnediger beschirmer und vorderer czu syn und im des nicht keret czum ergesten, wen is dem orden alczu vorkerlich were. In andern sachen, dy uns moglich synt, do wellen wir uns gerne an bewisen ken ewir hochwirdikeit, als dy ewern. Und underwyset unsern heren von Stetin, das her abelase und uns eyn semlichs nicht anmute, wen is uns werlich ist unmoglich czu thun. Ouch bitten wir ewir herlichkeit betlichen und wellen das vorscholden, wo wir mogen, das ir, liber herre, ab keynerley rede euch vorqueme uff uns und unsern ordin, nicht also gerynklich czu herczen nemet, wen wir gereit syn allewege und ouch der gebiteger von Lifland der sachen und ouch andir uns gutlich und demutlich czu vorantworten. {Datierung} Gegeben zu Marienburg am Donrstag vor Ostern anno XCV.4)


Inhaltliche Anmerkungen

1) Hochmeister von 1393 bis 1407.
2) Stephan.
3) Bonifaz IX. (1389-1404).
4) 1395 April 7.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js-jl/js-jl56.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS-JL 56 (1395 April 7. Marienburg.)
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Datum der Erstanlage: Sonntag, 18. August 2002 — Letzte Änderung: 25. Dezember 2003 von Jürgen Sarnowsky

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