- Chronica, hrsg. J. M. Lappenberg, in: Monumenta Germaniae historica, Scriptores, Bd. 21, Hannover 1869, S. 100-250 / [eigenständig] Monumenta Germaniae historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum, Bd. 14, Hannover 1868, ND 1995.
- Chronik, übers. J. C. M. Laurent (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, 71), 3. Aufl. Leipzig 1940.
Währenddessen wurde, als der Kaiser in der Ferne war, der Stuhl zu
Lübeck vakant. Die Lübecker Domherren begaben sich zu demselben
und unterwarfen sich seiner Verfügung, indem sie ihn baten, daß
sie durch seine Anordnung einen Bischof erhalten möchten. Er nun
ernannte einen frommen Mann namens Alexius, Propst zu Hildeburgeroth, aus
dem Orden der Prämonstratenser. Dem aber widersprachen alle einstimmig
und baten dringend, ihnen einen aus ihrem Orden vorzusetzen. Der Kaiser
beriet sich darauf mit seinen Vertrauten und gab ihnen seinen Kaplan
Konrad, einen sehr wissenschaftlichen und beredten Mann, der bei der
Verhandlung von Geschäften sehr nachdrücklich das Wort zu führen
wußte. Denn in der Tat hatte der Kaiser von dem noch unentwickelten
und daher in mancher Beziehung vernachlässigten Zustande der Lübecker
Kirche, welche ja so gut wie erst von neuem wieder aufgelebt war, Kunde und
selbst genaue Einsicht erlangt. Darum beschloß er diesen einsichtsvollen
Mann dorthin zu schicken, damit durch denselben nicht nur die Kirche gefördert,
sondern auch die kaiserliche Macht in jenen Landen befestigt würde.
Nachdem also der erwählte Herr zu Eger, einem Schlosse des Kaisers,
die bischöfliche Einkleidung erhalten hatte, kam er in seinen Sprengel
und begann den Zustand seiner Kirche gehörig zu ordnen, indem er
die Geistlichkeit zur ehrbaren Haltung beim Gottesdienst anwies und sie ermahnte,
keusch, nüchtern und ohne Murren gastfrei zu sein, auch der übrigen
Tugenden, wodurch sie Gott und Menschen wohlgefallen könnten, sich
zu befleißigen; die Laien dagegen, die mehr ein ernstes, strenges Wesen
als Gelehrsamkeit bewundern, regierte er mit solcher Klugheit, daß sie
ihn mehr verehrten als alle seine Vorgänger. Er gestattete nicht,
dass ein Geistlicher aus einem fremden Bistum in seinem Sprengel eine Pfarre
hatte, denn niemand, sagte er, könne zweien Herren dienen. Auch behauptete
er, dass jeder Pfarrer stets bereit sein müsse, die Kranken zu
besuchen, ihnen die letzte Ölung zu ertheilen, die übrigen Pflichten
des geistlichen Amtes zu erfüllen, beim Mahle des Herrn, bei der Einführung
der Bußfertigen und der Weihe des Chrisma seinem Bischof zur
Hand zu gehen. Dazu hatte er auch vom Papste Vollmacht erhalten. Während
er nämlich mit dem Kaiser nach Verona gekommen war, brachte er einen
Brief des Papstes Lucius über diese Angelegenheit mit, worin auf das
bestimmteste vorgeschrieben war, dass, wenn ein Geistlicher aus einem fremden
Bistume in seiner Diözese eine Kirche behalten wolle, er entweder in
derselben bleibenden Aufenthalt nehmen oder seine Amtseinkünfte aufgeben
müsse. Noch hatte er jedoch die bischöfliche Weihe nicht erhalten,
die er nämlich nicht ohne Grund verschob. Vielleicht wollte er den
Zustand der Kirche, die er regierte, vorher untersuchen und seine Kräfte
prüfen, ob er auch die auferlegte Last zu tragen im Stande wäre,
und "lange erwog er, was die Schultern zu tragen, was nicht zu tragen vermöchten",
damit er, wenn die Kirche durch ihn gefördert werden könnte,
er die Arbeit zu tragen sich nicht weigere, wo nicht aber in Demut zurücktreten
könne. Er war nämlich reich durch viele kirchliche Einkünfte
von Pfarreien und Pfründengelder, denen zu entsagen er Bedenken
trug, wenn er damit nicht seine Lage verbesserte.
Auch entstand ein Streit zwischen ihm und dem Grafen Adolf. Der erwählte
Herr sagte nämlich, seine Leute würden in vielen Stücken
vom Grafen ungerecht bedrückt, auch einige bischöfliche Landgüter
habe derselbe gewalttätig in Besitz genommen, und die Erhebung der
Gebühren, welche ihm in seiner Stadt Eutin von der Vogtei zustanden,
würde von den Leuten des Grafen häufig behindert. Da er jedoch
wegen des hochfahrenden Sinnes des Grafen wider diese Kränkungen nichts
zu tun vermochte, so schien er sie, obwohl nicht ohne Bitterkeit, geduldig
zu ertragen und ungeahndet zu lassen, und als er dies dem Kaiser mitgeteilt
und auch da in seiner Sache nicht weiter gekommen war, so begann er von den
gefassten Entschlüssen allmählich abzulassen und in seinem Sinne
sich zur Heimkehr zu rüsten. Nachdem er so seine Angelegenheiten geordnet
hatte, reiste er fort zum Erzbischof Siegfrid von Bremen. Was er an Silber
und Hausgerät oder an den besten Rossen, die er manchen selbst mit Gewalt
abnahm - denn er war etwas habgierig - bekommen konnte, das nahm er mit.
Darauf gab er das Amt, welches er von ihm empfangen hatte, wieder in seine
Hände zurück und schrieb seiner Geistlichkeit, er werde nicht wieder
kommen und löse sie von dem ihm gelobten Gehorsam. So ging er, ohne
jemand um Rat gefragt zu haben, davon, sei es aus den oben angeführten,
oder anderen geheimen Gründen, oder weil er nach höheren Dingen
strebte.
Interea autem vacabat sedes Lubicensis, quia imperator in longinquo positus
erat. Quem adierunt canonici Lubicenses, submittentes se dispensationi ipsius,
rogantes, ut per eius ordinationem episcopum habere potuissent. Qui designavit
virum quendam religiosum, Alexium dictum, prepositum in Hildeburgeroth, qui
de ordine Premonstratensium erat. Quem illi unanimiter contradixerunt, et
de ordine suo aliquem sibi preferri flagitabant. Qui communicato consilio
familiarium, dedit eis Conradum capellanum suum, virum litteratum valde et
facundum et in causis tractandis acerrimum oratorem. Sane imperator audierat
vel etiam perspexerat statum ecclesie Lubicensis - quia quasi de novo suscitatus
fuerat - adhuc tenerum et ideo in multis neglectum esse. Ideoque virum hunc
sapientem eo mittere decrevit, ut non solum per eum illa proficeret ecclesia,
verum etiam sua per eum in partibus illis firmarentur negotia.
Accepta igitur pontificali investitura apud Egere, castrum inperatoris,
domnus electus veniens in parrochiam suam decenter statum ecclesie sue ordinare
cepit, informans clerum ad religionis honestatem, adhortans eos castos, sobrios
et sine murmuratione hospitales esse, ceterisque studere virtutibus, quibus
et Deo et hominibus complacerent; laicos vero, qui magis austeritatem quam
doctrinam mirantur, tanta prudentia moderabatur, ut eum supra omnes, qui
ante eum fuerant, revererentur. Non permittebat aliquem clericorum de alieno
episcopatu in sua diocesi parrochiam tenere, dicens, neminem posse duobus
dominis servire. Et quemlibet parrochianum semper paratum esse ad visitationes
et unctiones infirmorum et ad cetera spiritalis cure officia, et in cena
Domini ad penitentes introducendos et crismatis consecrationem pontifici
suo assistere affirmabat. Super hoc etiam auctoritate apostolici utebatur.
Quia dum cum imperatore Veronam ivisset, detulit litteras Lucii pape super
eodem negotio, omnimodis precipiens, ut si quis clericorum de alieno episcopatu
in sua diocesi ecclesiam tenere voluisset, aut stationem in ea faceret, aut
a beneficio cessaret. Necdum tamen consecrationem pontificalem susceperat,
quam tamen non sine causa differebat. Forte statum ecclesie, quam regere
ceperat, prius explorare volebat et vires suas pretemptare, si onus inpositum
ferre potuisset, et versare diu, quid ferre retractent, quid valeant humeri,
ut si ecclesia per eum proficere potuisset, subire laborem non recusaret,
sin autem, humiliter cessaret. Erat siquidem multis beneficiis ecclesiasticis
ditatus in parrochiis et prebendarum stipendiis, quibus abrenunciare timebat,
nisi melioris status commutatione.
Orta est etiam dissensio inter ipsum et comitem Adolphum. Dicebat enim domnus
electus, homines suos in multis ab eo iniuste gravari, quedam etiam predia
episcopalia violenter occupari et iustitias suas, quas in civitate sua Utine
de advocatia consequi debebat, sibi frequenter per suos inpediri. Et quia
hiis reniti propter comitis magnanimitatem non poterat, patienter ista, non
tamen sine amaritudine, videbatur dissimulare. Cumque hec inperatori insinuasset
et nec sic in sua causa profecisset, cepit a cepto proposito quasi
lentescere et animo paulatim ad sua remigrare. Et ita dispositis rebus suis
abiit ad archiepiscopum Syfridum Bremensem. Quicquid mobilium habere poterat
in argento vel suppellectili aut equis optimis, quos etiam quibusdam vi
extorserat - quia aliquantulum cupidus erat - secum deferebat. Et resignans
ei curam, quam ab ipso acceperat, rescripsit clero suo, se ulterius non reversurum,
absolvens eos ab obedientia sibi ab eis facta. Sicque inconsultis omnibus
discessit, sive propter causas supra dictas, sive pro aliis latentibus,
vel quia maiora aspirare videbatur.