Paket 18

Bearbeitet von Willem Manke


Exerpt der Aufzeichnung der Ordenskanzlei über die Tagfahrt zu Elbing am 20 April 1450. Im Arbeitsprozess

Im ersten Abschnitt werden die Verzögerungen beschrieben, die dazu führten, dass die Huldigungsverhandlungen für den neuen Hochmeister (am 20. April) Ludwig von Erlichhausen sich verzögerten: Ursprünglich wurde auf die Marienburg geladen, die kleinen Städte und die Ritterschaft fühlten sich aber nicht eingeladen. Die Huldigung wird als Pflicht der Untertanen dargestellt, der sie sich nicht entziehen dürften (das ir em weldet thun holdiunge, als die seynen vorfaren unsers ordens homeistern is getan vormals gewurden.)

Hierauf Antworten die Stände (der Bund?) durch die Gebittiger: Sie würden nun kommen, sich seinen Standpunkt anhören und eine Antwort nicht verwehren, wobei keinesfalls zugesagt wird, dass man auf jeden Fall den Treueeid leisten werde. Es folgen schriftliche Geplänkel am darauffolgendem Tag: Die Stände ließen vernehmen, dass sie mit dem Herrscher zu reden hätten von der holdigunge undn andir sachen wegen. Somit wird angedeutet, das es sich nicht nur um einen formalen Treueeid handeln würde - eine Selbstverständlichkeit aus Sicht des Ordens F, sondern, dass sie auch selbst Dinge hätten, die sie dem Hochmeister vorzutragen gedachten. Sie bitten den Hochmeister, er möge seinen Gelehrten und Schreiber deshalb erstmal außen vor lassen, wohl, weil der Huldigungsakt sich aufgrund der vorzutragenden Beschwerden noch verzögern und Teil der Verhandlungsmasse werden würde. Die Reihenfolge sei folgendermaßen: Erst werden die Beschwerden des Bundes vorgetragen, wenn diese für ihn befriedigend abgearbeitet worden seien, dann könne man über eine Huldigung verhandeln.

Der Hochmeister geht zunächst nicht auf die Forderung der Stände ein seine doctores und schreyber nicht mit zu den Verhandlungen zu nehmen, nachdem die Stände dies ihm in ihrer Antwort auf Wiederholung seiner Forderungen nach sofortiger Huldigung noch mal in Erinnerung rufen, geht er doch darauf ein. Er weist zunächst darauf hin, dass es sein Recht sei, seine Schreiber und Gelehrten immer it sich zu führen, die er für alle seine Geschäfte benötige. Auch fügt er hinzu, dass er den Vertretern des Bundes niemals vorschreiben würde, welche Leute auch us fremden herschafften (Polen?) sie zu den Verhandlungen mitnehmen würden. Daher sei es unbillich von den Ständen, dies von ihm zu fordern. Auch stellt er fest, dass, er die Stände nur wegen des Huldigungsaktes geladen habe und sust umbe keyne andir sache. Antwort der Stände darauf ist zunächst, dass sie mit dem Hochmeister unvorholen sprechen möchten, wenn sie eine Einigung ausgehandelt hätten, könnten die schreiber ja wieder hinzugezogen werden. Sie verweisen auch auf Präzedenzfälle, bei denen es üblich war, dass Schreiber Gelehrte und Bischöfe wegbleiben mussten.

Der Hochmeister verweist daraufhin wiederum auf die Begleiter der Stände bei den Verhandlungen, die sogar nicht Untertanen des Ordens seien, und deren Anwesenheit er selbst auch nicht wünsche, sie verlangen also Dinge von ihm, die sie selbst für sich auch nicht dulden würden. Somit scheint er zunächst auf seine Schreiber zu bestehen und lässt den Ständevertretern offen, wen sie mitbringen möchten. Er geht insofern auf die Forderung der Stände ein, dass er – wie gewünscht – zunächst ganz unverfänglich umbe irkeyn geczewgnisse mit ihnen reden könne. Dann sagt er mit ganczer bitterkeyt doch zu, seine namentlich genannten Schreiber nicht mit zu den Verhandlungen zu nehmen und nur mit den Gebittigern und dem Deutschmeister zu erscheinen. Als man sich schließlich traf wurden zahlreiche Beschwerden vorgetragen. Zunächst allgemein, dass die Stände ihre Freiheiten, Rechte und Privilegien gebrochen sehen. Als Sprecher wendet sich zunächst Hans von Czegenborge an den Deutschmeister. Er verlangt Aufklärung über Beschuldigungen, die der Deutschmeister auf der Marienburg gegenüber den Ständen geäußert habe. Zumal dieser (oder der Hochmeister?) den Ständen noch Geld schulde. Der Hochmeister will zur Huldigung schreiten, ohne auf die Forderungen einzugehen, als die Stünde ihm dies verweigert, will er sich am nächsten Tag schriftlich zu den Vorwürfen äußern.

In der Antwort sichert er ihnen ihre angestammten Rechte, Freiheiten und Privilegien zu, wenn man nun unverzüglich zur Huldigung schritte. Die Ständevertreter, sprechen kurz mit dem Meister und ziehen sich dann zu Beratungen zurück. Im weiteren Verlauf des Tages kommen drei weitere Ritter mit ihrem Gefolge hinzu und einer von ihnen (Otto von Plenchaw) richtet das Wort an den Hochmeister. Die Antwort des Hochmeisters sei zu kurz gewesen und den Forderungen des Bundes sei nicht eingegangen worden, daher erwarte man eine neue, ausführlichere Antwort. Der Hochmeister zeigt sich überrascht, da er ihnen doch zugesagt hätte, dass er ihre Freiheiten und Privilegien unangetastet ließe. Dies ist den Vertretern des Bundes aber zu allgemein gehalten, sie fordern konkrete Antworten auf die aufgelisteten Artikel. Sie entscheiden sich dazu, erstmal abzureisen, da sie sich auch in ihrer Sicherheit bedroht fühlten. Durch zwei Gefolgsleute (u. a. der Komtur von Danzig) lässt der Hochmeister vermelden, dass er sich zu einer ausführlicheren Antwort bereit fände.

Am nächsten Tag (23. April) saß man wieder beisammen, diesmal waren wohl noch mehr Mitglieder des Bundes der drei Stände anwesend (qwam die gancze vorsammelunge, ritter und knechte, lande und stete. Sie wiederholten (vorczalten = erzählten) die Worte, die sie vom Hochmeister erhalten hatten und gaben an, diese als Drohung aufgefasst zu haben und baten daraufhin den Hochmeister um eine Stellungnahme. Nach einem kurzen Geplänkel über den tieferen Sinn der gestrigen Worte (Drohung oder nicht) gaben die Ständevertreter sich offensichtlich zu Frieden. Es folgt eine Auflistung der an den Verhandlungen beteiligten Personen. 12 Personen auf Seiten des Bundes werden namentlich genannt (aber nicht, welchem Stand sie angehören), auf Seiten des Hochmeisters sind noch der Marshall, die Komture Elbings, Danzigs, Balges und Ragnitz anwesend, sowie Hans von Baysen und Nicolas Sparwyn, ohne das ihre Position angegeben ist. Der Deutschmeister fehlt offensichtlich Der Ort der Verhandlungen war das Haus des Kompturs zu Elbing und es wurde festgelegt, dass jeder frei sich äußern solle, ohne in Worte und Antworten irgendwelche Drohungen hineinzuinterpretieren.

Zunächst fordern die die Ständevertreter, dass die gefassten Beschlüsse rechtsverbindlich sein sollen und vom Hochmeister auch vertreten und verteidigt werden müssten (das das der herre homeister sulde vorschreiben.). Dies sei umso dringlicher, da vorherige Zusagen bisher nicht eingehalten worden wären. Damit beziehen sich die Deputierten wohl vor allem auf niedrigere Amtsträger, die Zusagen des Hochmeisters nicht eingehalten hätten. Also ein Appell an ihn, seine Amtsträger stärker im Sinne der Stände zu kontrollieren. Der Komtur zu Elbing echauffiert sich daraufhin, man würde hier Anklagen gegen Tote vorbringen, warum man dies nicht getan hätte, als diese noch am Leben waren ( ist der alte Hochmeister gemeint? ) .

Nach diesem nicht sehr freundlichen Beginn ging es um den wichtigsten Punkt, den Artikel der Richttage betreffend. Dieses ansinnen wurde schon mehrfach von Seiten des Ordens abgelehnt. Nach Vorstellungen des Bundes sollte ein paritätisch zusammengesetztes Gericht in Marienwerder, dem Sitz des Hochmeisters und seinem Vorsitz tagen, vor dem die Klagen der Stände auch für den Orden rechtsverbindlich verhandelt werden sollten. Dem Hochmeister wurde dies nicht explizit gesagt, sondern ihm nur noch mal gesagt, welche Amtsträger des Ordens in diesem einmal jährlich abzuhaltendem Gericht beisitzen sollten. Der Hochmeister antworet ausweichend, und will das Problem auf das nächste Jahr verschieben.

Die Gebietiger übernahmen die scharfen Fragen, die einer Ablehnung gleichkamen: Ob die Stände den meinten, dass Mitglieder des Ordens sich vor einem Gericht zu verantworten hätten, dass nicht dem Papst unterstellt sei, zumal nicht einmal der römische König (gab es zur Zeit keinen Kaiser?), noch irgendwelche kirchlichen Amtsträger egal welch hohen Rang sie auch inne hätten, dem Orden irgendwelche Vorschriften zu machen hätten? (alleyne der heylige vater der bobist und der Romische stul obir sie hette zcu richten).Um sich dieses bestätigen zu lassen, hatte man erst kürzlich an den Römischen König und den Papst appeliert. (hier wird wohl auf die Inspektionsreise des päpstlichen Gesandten angespielt) Ob sie sich derart gegenüber dem Heiligen Vater versündigen möchten, seinen Orden vor ein Gericht zu zerren, dass durch die Untertanen des Ordens stark beeinflusst werden würde? Die Deputierten antworteten darauf, es wäre sinnvoll, Landesprobleme vor Ort zu verhandeln und nicht ständig nach Rom zu schauen, da die klugen Ratschläge von dort doch keine Besserung brächten, zumal Gesandte mal kurz kämen, und dann das Land wieder schnell verließen. Man möge doch Rom mit solcherlei Angelegenheiten nur das Ordensland betreffend nicht behelligen. Es zeigt sich in dieser Passage nach meiner Ansicht auch, wie sehr der Orden nach wie vor ‚internationalistisch’ ausgerichtet war, während die Untertanen sich um weiterspannende Beziehungen des Ordens wenig kümmerten, sondern ihn als Landesherrn Prußens betrachteten, der sich auch wie ein solcher zu verhalten habe. Die Antwort auf die pragmatisch anmutenden Forderungen der Deputierten war theologischer Natur, nämlich dass man sich an den Satzungen der Heilligen Kirche versündige, wenn man eine geistliche Instanz – eine solche war der Orden – vor ein weltliches Gericht zerre. Der Orden war also nicht gewillt, auf sein privilegium fori zu verzichten. Die Deputierten argumentierten bei ihrer Antwort mit einem anderen Rechtsprinzip, nämlich, dass der Hochmeister seiner Pflicht als Lehensherr seine Untertanen zu beschirmen und ihre Rechte zu verteidigen nicht gerecht werden könne. Es wird hier also auf die Problematik hingewiesen, dass ein geistlicher Orden gleichzeitig Lehensherr ist.

Man kam also bei diesem wichtigen Punkt zu keiner Einigung und wendete sich erstmal den nächsten Artikeln zu, die Privilegien, Rechte und Freiheiten betreffend. Die Verhandlungen hierzu fanden am 24. April statt. Land und Stadt brachten noch mal ihre Klagen zum Ausdruck, dass sie Gewalt, die ihnen angetan werde, nichts entgegenzusetzen hätten, wenn die verursacher sich nurvor dem weit entfernten Papst zu verantworten hätten. Der Hochmeister gab daraufhin zu verstehen (wer spricht für ihn?), dass er durchaus als Landesherrn über seine untergwebenen Amtsträger zu rbefinde hätte, und dies auch gern täte, wenn ihm als oberster Richter des Ordenlandes Klagen seiner Untertanen vorgebracht würden.Eine Klärung wird nicht herbeigeführt, die Deputierten bleiben bei ihrer Einstellung, dass es keine geeignete Instanz gebe, die für die Wahrung ihrer Rechte einstünde.

Es folgen Auseinandersetzungen, welche Deputierten an den weiteren Verhandlungen teilnehmen sollen, schließlich einigt man sich auf die gleichen wie am tag zuvor. Die erste Forderung beinhaltet die Wahrung nicht näher spezifizierter Rechte, Freiheit und Privilegien, die zu schützen Aufgabe des Hochmeisters se. Dazu soll einmal im Jahr eine Tagfahrt abgehalten werden, wo er über Verfehlungen seiner Amtsträger zu richten habe. Dies sei kein Widerspruch zu den Privilegien, Rechten und Freiheiten des Ordens, die der Bund im Gegenzug vollständig anerkennen würde. Ziel ist es also, Rechtssicherheit gegen Willkür und Unwissenheit auf beiden Seiten sicherzustellen. Die Deputierten schienen sich nach Aussage der Quelle jedoch nicht einig über die genaue Formulierung der Artikel zu sein, die sie dem Hochmeister vorlegen wollten (mir ist nicht klar, worin sich die Formulierungen auf S.167 und 168 unterscheiden), sodass dieser am 25. April eine abgeänderte Version den Deputierten präsentierte. Zunächst hebt er hervor, dass die Stände die rechte des Ordens akzeptieren und unangetastet lassen wollen. Dies sei unvereinbar mit den gestellten Forderungen, dass der Hochmeister Entscheidungen treffen solle, die gegen den Orden und seiner vom Kaiser und Papst verliehenen Rechte sei. Auch sei es noch nie vorgekommen, dass die Stände dem Hochmeister Forderungen vor der eigentlichen Huldigung gestellt hätten (was zu überprüfen wäre). In enger Verbundenheit zu seinen Städten und Landen gelte daher folgende Verfügung des Hochmeisters: Einmal im Jahr wolle er eine Tagfahrt abhlten, auf der alle Amtsträger des Ordens und Untertanen ihre Beschwerden vorbringen können, damit ihnen Gerechtigkeit widerfahre. Die alten Rechte und Privilegien, sowie die z. Zt. gebräuchlichen der Stände werde der Hochmeister auch weiterhin schützen.