Stadt- und Landesherrschaft - Der Weg Hamburgs in die praktische Unabhängigkeit
Bearbeitet von Jens Kaufmann
Einleitung
Die Geschichte der Stadt Hamburg stellt ein außergewöhnliches Beispiel für die Entwicklung zu einer Reichsstadt dar. Die Hamburger erreichten schon relativ früh den Status einer praktisch freien Stadt, obwohl sie erst am Ende des 18. Jahrhunderts reichsunmittelbar wurde. Diese Entwicklung, die auf der einen Seite geprägt war vom wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, der ihr ein höchst selbstbewusstes Auftreten vor den Landesherren erlaubte und auf der anderen Seite zeigt, wie schleichend Institutionen geschaffen wurden, die landesherrschaftliche Autoritäten verdrängten, soll im folgenden Überblick dargestellt werden. Dabei werden die wichtigen Dokumente, die diesen Weg beschreiben, der Darstellung angehängt, um einerseits die Quellen unmittelbar in ihren historischen Kontext setzen zu können und andererseits die in diesem Text gemachten Aussagen zumindest in kleinen Teilen direkt überprüfbar zu machen. In diesem Zusammenhang wurde zum Schluss ein Kapitel "Didaktische Überlegungen" bereitgestellt, um den Umgang mit den Quellen im schulischen Zusammenhang anzuregen.
Der Beginn der Schauenburger Herrschaft in Hamburg (1106-1189)
Mit dem Aussterben des Geschlechts der Billunger 1106 begann der Aufstieg Hamburgs unter der Herrschaft der Schauenburger. Herzog Lothar von Sachsen (Später Kaiser Lothar III.) verlieh die Grafschaften Holstein und Stormarn an den Grafen Adolf von Schauenburg.
Unter Graf Adolf I. wurde zunächst die Alsterburg verstärkt ausgebaut. Sein Sohn, Graf Adolf II., trieb die Besiedlung Ostholsteins voran, was zu einer Zurückdrängung der Slawen führte. Hamburg wurde so von einem immer wieder gefährdeten Grenzort zu einer stabilen Stadt. Mit der räumlichen Ausdehnung ging auch ein wirtschaftlicher Aufschwung einher. Adolf III. bewirkte dann entscheidend die Gründung der Hamburger Neustadt (1188), indem das Gelände um die ehemalige Neue Burg einer Unternehmergruppe zur freien Verfügung gestellt wurde, woraus eine Kaufmannssiedlung im Hafen entstand. Das Land ging wahrscheinlich nicht in das Eigentum des genannten Wirad von Boizenburg über, sondern es erfolgte wohl eine Verleihung des Gebiets zu freier Erbleihe. {Vgl. Am Ende, S. 113} Dennoch stellt Hanf fest, dass die Grenzen zwischen Erbleihe und Eigentum fließend sind und bereits mit dieser Gründungsurkunde Gefahren für den Eigentumsanspruch bestanden. {Vgl. Hanf 1986, S. 16}
Motivation für diese Gründung wird Hamburgs vorprogrammierte Rolle als Nordseehafen des aufstrebenden Lübecks und das damit einhergehende Potential an Einnahmen für Zoll und Münze in dieser Region gewesen sein {Vgl. Hanf 1986, S. 8}
- {Q1} 1186/1187 Gründungsurkunde der Neustadt und des Hafens von Hamburg (lat. - dt.)
- Adolf I. (Schauenburg und Holstein) in der Wikipedia
- Adolf III. (Schauenburg und Holstein) in der Wikipedia
- Wirad von Boizenburg in der Wikipedia
Exkurs zur Fälschung des Barbarossa-Privilegs und dem damit in
Zusammenhang stehenden Gründunsprivileg Adolfs III.
Kern der Gründung der Hamburger Neustadt soll das Privileg Adolfs III. aus dem Jahr 1186/1187 sein: {Vgl. {Q1}
"[...] so wollen wir allen Gegenwärtigen und Zukünftigen bekanntgeben, das Wirad von Boizenburg die Hamburg an der Alster und das der Burg benachbarte Gelände bis zur Mitte des Alsterflusses zu freier Siedlung nach Marktrecht und zu Erbrecht von uns empfangen hat, damit dort von ihm und seinen Siedlungsgenossen, die er dort hinbringen wird, ein Hafenplatz geschaffen werde, groß genug für eine aus vielen Orten zusammenfließende Menschenmenge. [...]" Da in diesem Privileg deutlich Bezug auf den auf den 7. Mai 1189 datierten Freibrief Friedrichs I. Barbarossa {Vgl. {Q2}} genommen wird, wurde auch das Privileg Adolf III. auf die Zeit vor dem Freibrief datiert: "Auch geloben wir, für ein zweites, vom Kaiser zu erwirkendes Privileg die Hälfte der Unkosten selbst übernehmen zu wollen." Mit Theuerkaufs überzeugendem Nachweis, dass das Barabarossa-Privileg vermutlich aus dem Jahr 1225 oder 1226 stammt, ist vermutlich auch die Datierung des Gründungsprivilegs Adolfs III. falsch - dieses ist nach Theuerkauf wahrscheinlich 1224 entstanden. {Vgl. Theuerkauf 1988, S. 397-431}
Dennoch erlangen die Privilegien spätestens mit Ihren mehrmaligen Bestätigungen und Erneuerungen durch die nachkommenden Landesherren praktische Bedeutung für die Stadtgeschichte:
- 1190: Bestätigung durch Adolf III. {Q3} {Vgl. dazu Reincke 1951, der von einer Fälschung der Urkunde ausgeht}
- 1225: Erneuerung durch Adolf IV. {HUB I 486}
- 1239: Erneuerung durch Johann I. {Q4}}
- 1264: Erneuerung durch Gerhard I {HUB I 679}
- {Q2} 1189, Mai 7: Kaiserlicher Freibrief Friedrich Barbarossas für die gräfliche Stadt Hamburg (lat. - dt.) inkl. Abb. 3: Freibrief Kaiser Friedrich Barbarossas für Hamburg. Pergament mit Siegel.
- {Q3} 1190, Dezember 24: Des Grafen Adolf III. Bestätigung des Kaiserlichen Freibriefs für Hamburg vom Jahre 1190, Dez. 24 (lat.)
- {Q4} 1239, Aug 16: Johannes Graf von Holstein bestätigt die durch Kaiser Friedrich I. den Hamburgern in seinem Gebiete verliehenen Rechte (lateinsich)
- Friedrich I. (HRR) in der Wikipedia
Die Gründung der Hamburger Neustadt (1189-1201)
Somit entstand neben der erzbischöflichen Altstadt eine gräfliche Neustadt (Die Teilung wurde erst 1216 durch Zusammenschluss unter einem gemeinsamen Stadtrecht aufgehoben.) Damit einher gingen wichtige Privilegien, die auf Adolfs Wirken hin von Kaiser Barbarossa am 7.Mai 1189 bestätigt wurden. Wenn auch die Fälschung beider Dokumente wahrscheinlich ist {Vgl. Exkurs}, so gibt es einige Hinweise darauf, dass die Fälschung auf ein nicht mehr erhaltenes, aber in weiten Teilen inhaltlich mit der Fälschung übereinstimmendes Dokument Friedrichs I. zurückgeht. {Vgl. Hanf 1986, S. 34-38} Es ist also allenfalls für die Zeit von 1189 bis zum vermutlichen Fälschungsdatum im Jahre 1225 fraglich, welche Rechte die Hamburger tatsächlich hatten, bzw. welche sie sich praktisch nahmen. Spätestens ab 1225 hatten die Kaufleute nach Theuerkauf also die folgenden Rechte: {Vgl. {Q2}}
- Freier Handelsverkehr und Zollfreiheit auf der Niederelbe bis zur Elbmündung
- Fischereirechte auf der Elbe im Umkreis von 2 Meilen in Holstein und in der Bille
- in der Grafschaft Holstein darf Bauholz geschlagen und Vieh geweidet werden
- Die Heerpflicht wurde aufgehoben, die Bürger von Hamburg mussten nur noch für den Schutz Hamburgs sorgen.
- Im Umkreis von 15 Kilometern rund um Hamburg durfte keine weitere Burg errichtet werden.
Der Grund für die wahrscheinliche Fälschung im Jahr 1224/25 war die Durchsetzung von Privilegien gegenüber der Stadt Stade, die Zölle von allen einkommenden Schiffen erhob. Mit den ‚neuen' Privilegien Hamburgs waren fortan nur noch Schiffe zu verzollen, die nicht Hamburger Kaufleuten gehörende Güter beförderten.
Wie Koppmann sagt, waren "Handel und Verkehr [...] die Grundlagen, auf denen die Existenz der Städte beruhte: sie zu sichern und zu heben musste also vor allem Bedacht genommen werden" {Koppmann 1868, S.28} Sollte Hamburg nicht untergehen, so musste es gestärkt werden - und das taten Adolf III. und Friedrich I. mit ihrer Hamburg-Politik.
Das ausgehende 12. Jahrhundert und das beginnende 13. Jahrhundert waren geprägt von Auseinandersetzungen zwischen den Staufern und den Welfen, in die auch Hamburg im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen Adolf III. und dessen Oberherrn, Herzog Heinrich dem Löwen, verwickelt war. Die Streitigkeiten führten dann 1199 zu Konflikten des Schauenburger Grafen und dem dänischen König - bis hin zur Gefangenschaft Adolfs III.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die "Untreue" der Hamburger ihrem Stadtherrn Adolf gegenüber - zumal sich dieser in den 90er Jahren des 12. Jahrhunderts durchaus großzügig gegenüber der Stadt zeigte, was sich z.B. in der Abtretung von St. Nikolai {Vgl. HUB I 310} ausdrückte. {Vgl. Hanf 1986, S. 45f.} Vermutlich spielten handelspolitische Überlegungen der Hamburger die entscheidende Rolle hinsichtlich ihres Verhaltens, da sie wohl kaum den künftigen Herrn des Hamburger Umlandes verärgern wollten, wenn zu diesen Gebieten Handelsbeziehungen bestehen sollten.
Graf Adolf III. verzichtete 1201 beim Überfall auf Hamburg unter Zwang auf seine Rechte als Graf von Holstein und die Dänen nahmen Hamburg ein, was in der offiziellen Abtretung der nordelbischen Gebiete an Dänemark durch den Stauferkönig Friedrich II. mündete, der mit Dänemark gegen die Welfen im Bündnis stand.
- {Q2} 1189, Mai 7: Kaiserlicher Freibrief Friedrich Barbarossas für die gräfliche Stadt Hamburg (lat. - dt.)
- Heinrich der Löwe in der Wikipedia
- Friedrich II. (HRR) in der Wikipedia
Hamburg unter dänischer Herrschaft (1201-1225)
Vom Dänenkönig wurde 1203/04 als Statthalter in Holstein, Wagrien und Stormarn Graf Albrecht von Orlamünde eingesetzt. Für Hamburg sind von Graf Albrecht drei Urkunden erhalten. Im Jahr 1212 werden die von den Vorgängern verliehenen Rechte und Freiheiten sowie die Geltung des lübischen Rechts bestätigt, sowie die Erlaubnis zwei Jahrmärkte abzuhalten erteilt. {HUB I 389}
Das zweite Privileg aus dem Jahr 1216 bestätigt den Bürgern von Hamburg die vom Herzog Heinrich verliehenen Rechte und verleiht ihnen die Befreiung von Ungeldern. Diese Befreiung betrifft Boizenburg, "Hachede", "Alstra" und den Ort "Kreuel". In Lauenburg dagegen sind Zölle auf Schiffe und Wagenlasten zu zahlen, sowie Zölle auf Waren, die über den Fluss Bille ausgeführt werden (außer es handelt sich um Hölzer zu Bauzwecken). {Vgl. {Q6}}
In der dritten Urkunde aus dem Jahr 1224 bestätigt Albrecht die Rechte, die den Hamburgern in der Zeit Heinrichs des Löwen gegeben worden sind. Das bedeutet die Befreiung von Ungeld, das Recht des Holzschlagens und das Recht, Wasser und Weide in seinem Herrschaftsbereich zu nutzen. {HUB I 483}
Als Fazit aus der Beziehung zwischen den Hamburgern und Albrecht von Orlamünde als Vertreter Dänemarks lässt sich festhalten, dass zwischen den beide Seiten kein gutes Verhältnis herrschte. Während Albrecht sich der Loyalität der Hamburger keineswegs sicher sein konnte und die Stadt wahrscheinlich schon aufgrund ihrer Randlage im dänischen Herrschaftsgebiet nicht aktiv förderte, fühlten sich die Hamburger, die ursprünglich neue Handelsbeziehungen zum dänischen Reich im Sinn hatten, nun durch das passive Verhalten des Statthalters getäuscht. {Vgl. Hanf 1986, S. 50}
Albrechts Herrschaft in Hamburg setzte sich bis 1223 fort - trotz mehrerer Konflikte zwischen den Dänen und den Welfen in deren Verlauf Friedrich II. König von Staufen 1214 die Ländereien nördlich der Elbe an das Königreich Dänemark abtritt.
Nachdem der Dänenkönig Waldemar siegreich aus den Konflikten der vorangegangenen Jahre hervorgegangen war, sah Albrecht von Orlamünde seine Macht in Hamburg gefestigt und baute seine eigene Fürstengewalt aus - dies aber, indem er die Privilegien des Adels deutlich beschnitt. Der Adel wechselte dann auch offen das Lager, als Waldemar und dessen Sohn im Mai 1223 in Gefangenschaft gerieten. Sie verbündeten sich mit dem Sohn Adolfs III., Adolf IV., und erreichten von Waldemar II. den Verzicht auf das einst unter Zwang an ihn abgetretene Land zwischen Elbe und Eider. Nach seiner Freilassung brach er jedoch sein Wort, was in bewaffnete Auseinandersetzungen und der Niederlage Dänemarks im Jahr 1225 mündete.
- {Q5} 1212: Albrecht bestätigt zwei jährliche Märkte und die Lübische Gerechtsamkeit (lat.)
- {Q6} o. J. (1216): Privileg Albrechts von Orlamünde für die Gesamtstadt Hamburg (lat. - dt.)
- Waldemar II. (Dänemark) in der Wikipedia
- Adolf IV. (Schauenburg und Holstein) in der Wikipedia
Hamburgs Aufschwung unter Adolf IV.
Im gleichen Jahr bestätigte Adolf IV. die bereits von seinem Vater Adolf III. an Hamburg verliehenen Privilegien. {Vgl. {Q7} Theuerkauf vermutet, dass die Hamburger in dieser Zeit der Wirren mittels Urkundenfälschungen {Q1}{Q2}{Q3}} versuchten, ihren praktisch erworbenen rechtlichen Status schriftlich abzusichern. {Vgl. Exkurs zur Fälschung des Barbarossa-Privilegs}
Nachdem im Jahr 1216 bereits der Zusammenschluss der Altstadt und der Neustadt unter einem gemeinsamen Stadtrecht stattgefunden hatte, folgte im Jahr 1228 auch die Abtretung der erzbischöflichen Hoheitsrechte an die Grafen von Holstein im Zuge des Beschlusses von 1223, den Sitz des Erzbischofs endgültig nach Bremen zu verlegen. Die zwei Teile Hamburgs waren nun also auch politisch vereint und standen gemeinsam unter der Herrschaft des Grafen von Holstein, Adolfs IV.
Insgesamt lässt sich in den Jahren 1201 bis 1225 trotz der Unruhen ein zunehmendes Selbstbewusstsein bei den Hamburgern und eine damit fortschreitende praktische Unabhängigkeit erkennen. Indizien dafür sind die selbstständige Übergabe des Gebiets an Dänemark im Jahr 1201 und die Vereinigung der Alt- und der Neustadt. Für ein starkes Selbstvertrauen der Hamburger spricht zudem die Urkunde aus dem Jahr 1216 {Vgl. {Q6}}, die nach Reincke und Hanf vermutlich erst nach harten Verhandlungen zwischen der Stadt und dem dänischen Statthalter ausgestellt worden sein dürfte. {Vgl. Hanf 1986, S. 59f.} In diesem Zusammenhang spielt auch die Urkunde aus dem Jahr 1225 {{Q8}} eine bedeutende Rolle. In der Subscriptio werden sechs namentlich genannte "consules" erwähnt, ein deutlicher Hinweis darauf, dass (spätestens) im Jahr 1225 ein Rat in Hamburg existierte. Dieser sich manifestierende Rat, der vermutlich aus einem Marktgerichtsausschuss erwachsen ist, besitzt eine ganz neue Qualität, die in "der ihm übertragenen beziehungsweise von ihm aufgrund der jeder Institution innewohnenden Tendenz zur Machtkonzentration übernommenen Kompetenzen" begründet ist. {Hanf 1986, S. 84}
Diese Ausbildung eines Rates stellt einen ersten Schritt zur praktischen Unabhängigkeit dar, da hier eine eigenständige städtische Institution herrschaftliche Rechte übernimmt. {Vgl. ausführlich zur Frage der Entstehung eines Rates: Hanf 1986, S. 61-85}
Adolf IV. war in den Folgejahren generell an der Sicherung und dem Ausbau seiner Macht interessiert. Dies belegen z.B. Stadtgründungen wie die von Neustadt (1244) und Kiel (1242) in Gebieten mit direktem Zugang zur Ostsee. Die Hamburger profitierten ebenfalls von dieser Politik, da sie als wichtiges Handelszentrum im Norden zu einer bedeutenden Einnahmequelle für den Grafen geworden ist. "Die Wirtschaftskraft der Stadt zu stärken und ihr Handelsvolumen zu vergrößern, mußte deshalb folgerichtig seine {Adolfs, Anm. d. Verf.} Devise lauten." {Hanf 1986, S. 90}
So kamen den Hamburgern im Jahr 1236 die Zollermäßigung für märkische Kaufleute und im Jahr 1238 die Zollerleichterungen für den Getreidehandel flandrischer Bürger Aardenburgs zugute. {Vgl. {Q8}, {Q9}}
Gerade die Urkunde aus dem Jahr 1236 kann als eine leichte Form des Stapelzwangs angesehen werden, da den Kaufleuten Zollermäßigungen zugute kommen, sofern sie in Hamburg verkaufen und mit Hamburger Waren zurückfahren. Bei einer Durchfahrt durch Hamburg würde dagegen der volle Zoll zu entrichten sein. Dass diese Zollpolitik nicht allein durch Adolf getragen wurde, lassen die Zeugenbekundungen in den Urkunden vermuten, in denen Hamburger Bürger erwähnt werden, die dann vermutlich auch an dem Zustandekommen der Diplome beteiligt gewesen sind. Unabhängig vom Landesherrn bemühten sich die Hamburger in dieser Zeit um die weitere Sicherung der Elbschifffahrt und der Begründung eines Eigenhandels. {Vgl. Hanf 1986, S. 92f.}
Ebenfalls in die Herrschaftszeit Adolfs IV. fällt die Abtretung der Hamburger Altstadt durch Erzbischof Gerhard II. Später folgt für beide Stadtteile auch die kaiserliche Bestätigung der Gründungsurkunde Adolfs III. {Vgl. {Q10}, {Q11}
Am Beispiel des Münzwesens kann aber aufgezeigt werden, wie die formale Macht der Holsteiner Grafen durch die faktischen Rechte der Hamburger in den Hintergrund trat, wenngleich diese Entwicklung sicher nicht als außergewöhnliche Entwicklung angesehen werden darf, sondern nur die fortschreitende Unabhängigkeit demonstriert {Vgl. Jochmann 1982, S. 81}:
- 1189 existierte eine landesherrliche Münze in Hamburg
- 1225-1239 nahm die Stadt Hamburg die Prüfung dieser Silberpräge in Anspruch
- 1239 wurde dieser Anspruch auch rechtlich verbrieft (nicht ohne Verfälschung älterer Urkunden zu diesem Zweck)
- 1255 erlangt Hamburg das Aufsichtsrecht bei der Ausmünzung, der Münzbetrieb unterstand weiterhin den Schauenburgern {{Q12}}
- 1293 pachtet Hamburg die Münze vom Grafen, was zu einer Monopolstellung Hamburgs bezüglich des holsteinischen Münzwesens führte {{Q13}}
- 1325 verkauften die Grafen die Münze an die Stadt, somit hatte Hamburg das alleinige Münzrecht.
- {Q7} 1225: Privileg Adolfs IV. für Hamburg (lat. - dt.)
- {Q8} 1236, Dezember: Zollermäßigungen für die Waren der märkischen Kaufleute in Hamburg auf dem Wege nach Flandern (lat. - dt.)
- {Q9} 1238: Zollermäßigungen für märkisches Getreide in Hamburg auf dem Wege nach Aardenburg (lat. - dt.)
- {Q10} 1232, Mai: Kaiserliche Bestätigung der Gründungsurkunde Adolfs III. auch für die Altstadt Hamburg (lat. - dt.)
- {Q11} 1232, Mai: Kaiserliche Bestätigung der Gründungsurkunde Adolfs III. für die Neustadt Hamburg (lat.)
- {Q12} 1255, März 10: Hamburg erhält das Aufsichtsrecht bei der Ausmünzung (lat.)
- {Q13} 1293, April 5: Vergleich des Rates zu Hamburg mit den Grafen von Holstein über die von diesen verpachtete Münze (lat.)
Hamburgs Weg in die Unabhängigkeit nach 1239
Nachdem Adolf IV. im Jahr 1239 als Mönch in ein Kloster eingetreten war, übernahmen nach einer kurzen Übergangsphase die Söhne Johann und Gerhard die Regierungsgeschäfte.
In den Folgejahren nahm der Rat der Stadt Hamburg an Bedeutung weiter zu und vertrat nun die Interessen der Stadt vor dem Grafen. 1258 wurde der räumliche Geltungsbereich des Hamburger Stadtrechts und der Polizeigewalt durch gräfliche Schenkung bis weit vor die Mauern Hamburgs ausgedehnt. {Vgl. Jochmann 1982, S. 77}
Hamburg verdiente sich seine wachsende Unabhängigkeit aber auch durch die Wahrnehmung von eigentlich territorialfürstlichen Aufgaben - wie z.B. der Sicherung der Handelswege - im Bündnis mit Lübeck. {Vgl. Jochmann, S. 85}
Mit dem vom Hamburger Juristen Jordan von Boizenburg 1270 zusammengefassten und systematisierten Stadtrecht, dem sog. Ordeelbook (Urteilsbuch) gestand sich der Rat der Stadt nun faktisch auch die Gerichtsbarkeit zu. Zudem bezeichnet sich dort (im Artikel VII 9) die Stadt Hamburg als "vrie stat" - ein Anzeichen dafür, dass sich die Stadt bereits eine praktische Unabhängigkeit von ihrem Landesherrn erworben hat. {Vgl. Hanf 1986, S. 1} Auch Reincke stellt bereits für das Mittelalter fest, dass "die Stadt {tatsächlich} eine fast vollkommene Freiheit von der Landesherrschaft erreicht" hat. {Vgl. Reincke, 1925, S. 18}
Die Zeit der Herrschaft der Söhne Adolfs IV. war vom wirtschaftlichen Aufschwung Hamburgs geprägt, verbunden mit einer eigenständigen deutlichen Ausweitung der Handelsbeziehungen auch ins Ausland (Flandern). Diese Entwicklung kombiniert mit der Tatsache, dass sich Johann und Gerhard aufgrund anderer Konflikte nur wenig um die Belange ihrer Stadt kümmern konnten, führte zu einer zunehmenden autonomen Stellung Hamburgs. {Vgl. ausführlich dazu: Hanf 1982, S. 111-120}
Hanf fasst diese Entwicklung wie folgt zusammen:
"Zum einen mußten die Hamburger angesichts der fehlenden Initiative und Anstöße ihrer andersweitig beschäftigten Stadtherren zu eigenen Aktivitäten übergehen, wollten sie nicht einen Stillstand oder gar eine Rückwärtsbewegung in der wirtschaftlichen Entwicklung riskieren.
Zum anderen zeugt das eigenständige Vorgehen der Stadt aber auch von einem gewachsenem Selbstbewußtsein und einem größeren Gefühl eigener Wertigkeit auf Seiten ihrer Bürger." {Hanf 1982, S. 125}
Im Rahmen dieser Prozesse weitete der Rat seine Tätigkeiten aus und die Stadtherren verloren ihren Einfluss auf Zoll, Münze und Mühlen. Zu einem offenen Bruch zwischen Landesherren und Hamburg kam es aber noch nicht: Hamburg konnte sich aufgrund der eigenen militärischen Schwäche noch nicht in eine Unabhängigkeit begeben und die Grafschaft profitierte trotz der Eigenständigkeit Hamburgs weiterhin finanziell von der wirtschaftlichen Stärke Hamburgs.
Während unter Adolf IV. die Macht der Schauenburger in Hamburg noch als gefestigt angesehen werden kann, verlieren die Landesgrafen zum Ende des 13. Jahrhunderts deutlich an Macht. Gründe dafür sind die Schwächung durch die Dänenkriege, Auseinandersetzungen mit Lübeck und oppositionellen Adligen wie auch der Schwächung der materiellen Machtgrundlagen. Hinzu kam die aufgrund der unüblich gewordenen gemeinschaftlichen Landesherrschaft in Norddeutschland die zum Ende des 13. Jahrhunderts vollzogene Landesteilung. Das Land zerfiel in fünf schauenburgische Teilfürstentümer unter Adolf V., Gerhard II., Johann II., Adolf VI. und Heinrich I. In diese Zeit fallen erste deutliche Konflikte der Hamburger mit ihren mittlerweile drei Landesherren. Grund für das Aufkommen der Konflikte mag eine nach der Landesteilung verstärkte Präsenz von gräflichen Vögten in Hamburg und damit eine verstärkte Beaufsichtigung der Stadt sein. {Vgl. Sprandel 1970, S. 1-14} Ein Indiz für die Konfliktsituation ist beispielsweise ein von der Stadt Hamburg aufgestellter Kostenbericht, der aufzeigt, welche finanziellen Vorteile das Haus Schauenburg den Hamburgern verdankt. Zugleich werden Vorwürfe laut, dass sich die Landesherren nicht ausreichend um die Sicherung der Handelswege kümmern würden. {Vgl. HUB I 818}
Die Stadt wählte daher eher das Bündnis mit dem Erzbischof von Bremen, um die eigenen Handelswege zu sichern, statt den Schutz gegen Bezahlung bei den Landesherren zu suchen. Auch in den Folgejahren suchten die Hamburger die Sicherheit in pragmatischen Allianzen, statt in der Loyalität zu Holstein. {Vgl. {Q14}, {Q15}} Hamburg agierte mehr und mehr als selbständige politische Kraft und erwarb beispielweise eigenständig das Recht von Herzog Albrecht von Sachsen, auf der Insel Neuwerk ein Leuchtfeuer zu errichten. 1288 nahm dann Herzog Otto von Braunschweig-Lüneburg die Stadt Hamburg in seinen Schutz - eine Handlung, die den Schauenburgern kaum gefallen haben dürfte und somit ein weiteres Indiz wenn nicht sogar der Auslöser für die Konflikte gewesen ist.
Zu den Konflikten trat auch eine Entfremdung zwischen Stadt und Stadtherren aufgrund interner Strukturveränderungen, insbesondere der Etablierung des sog. "jungen Rates", der nun an die Stelle des "Traditionsrates" trat - Letzterer war eng mit dem Grafenhaus verbunden und somit hatte sich der Stadtherr fortan mit weniger vertrauten Männern auseinanderzusetzen, die zudem aufgrund vergangener Erfolge sehr selbstbewusst auftreten konnten. {Vgl. Hanf 1982, S. 138}
Neben den Konflikten gab es in dieser Zeit aber auch gemeinsame Übereinkommen: Im März 1292 wird Hamburg (gegen finanzielle Zugeständnisse) mit der Verleihung des Willkürrechts zu einer Rechtssetzungsinstanz. {Vgl. {Q16}} Die Landesgrafen erkennen das Stadtrecht mit seinen Ergänzungen an und gestehen dem Rat das Recht der freien Kore zu, also feste und dauernde Normen zu erlassen.
Mit der Verpachtung der Münze im Jahre 1293 wurde ein weiterer Schritt Richtung Selbständigkeit durch die Landesgrafen billigend in Kauf genommen. {s.o.; vgl. {Q13}}
Mehr und mehr wurde somit ein Prozess der Verdrängung des landesherrschaftlichen Einflusses in Hamburg vorangetrieben - mit dem aufsteigenden Rat der Stadt korrespondiert eine absteigende Stadtherrschaft mit immer machtloser werdenden gräflichen Beamten. {Vgl. Hanf 1982, S. 150ff.}
Beispielgebend sei hier die Zusammenfassung dieses Prozesses hinsichtlich der Vogtei bei Hanf erwähnt: "{D}ie Vogtei {ist} für die Grafen zu einem bloßen Objekt finanzieller Überlegungen degradiert worden [...]: sie verkauften oder beliehen sie beliebig. Allein in dieser Hinsicht konnte sie für die Grafen allerdings auch nur von Wert sein. Die Befugnisse des Vogtes waren beschnitten worden. Er stellte keinen politischen Machtfaktor mehr dar." {Hanf 1982, S. 166} Parallel zur Entmachtung des Vogts etablierte der Rat zur neuen Obrigkeit der Stadt.
Zu diesen Entwicklungen kam auch die Tatsache, dass beliebige Hamburger Bürger, die zu Reichtum gekommen waren, als Geldgeber der Schauenburger auftraten und dafür Ländereien, Besitzungen und Einkünfte aus herrschaftlichen Besitztiteln oder vollständige gräfliche Einrichtungen erwarben und damit den Stadtherren zusätzlich schwächten. {Vgl. hierzu ausführlich: Hanf 1982, S. 194-212}
Hamburg war zu diesem Zeitpunkt, also zum Beginn des 14.Jahrhunderts, praktisch unabhängig vom Landesherren. "Es konnte, wenn nötig, Eroberungen durchführen, Gebiete erwerben und trotz Differenzen der Schauenburger mit Lübeck zum Beispiel an der Verbindung mit der Travestadt festhalten." {Hanf 1986, S. 231f.}
In dieser Position führte Hamburg seine Politik der vergangenen Jahre weiter, hielt sich jedoch aus politischen Konflikten möglichst heraus und ging je nach politischer Konstellation vorteilhafte Bündnisse mit verschiedenen Partnern ein, was auch allgemeinhin als "Schaukelpolitik" bezeichnet wurde. {Hanf 1982, S. 213} Hamburg trat fortan deshalb und nur dann für seinen (nominellen) Stadtherren ein, wenn eigene Interessen betroffen waren. Bei konträr gelagerten Interessen scheuten sie nicht davor zurück, militärisch gegen die Landesgrafen vorzugehen.
Als paradigmatisch für die Politik der Stadt Hamburg in den folgenden Jahrzehenten und sogar Jahrhunderten kann gelten, dass Hamburg mit seiner Verkehrssicherungs- und Stützpunktpolitik eigene Interessen rein wirtschaftlicher Natur verfolgte: "Alle territorialen Erwerbungen dienten einzig und allein dem Interesse Hamburgs und seiner Wirtschaftspolitik." {Pauls 1922, S. 14}
- Ordeelbook (Wiki-Beitrag von Tim Albrecht)
- {Q14} 1309, Juni 15: Vereinbarung der Städte Hamburg und Stade über die gemeinsame Befriedung der Niederelbe und über die Neutralität der Städte bei Streitigkeiten der beiderseitigen Landesherren. (lat. - dt.)
- {Q15} 1333, August 6: Landfriedenvertrag der Städte Hamburg und Lübeck mit den Herzögen von Sachsen-Lauenburg und den Grafen von Holstein (mittelhochdt. - hochdt.)
- {Q18} Befestigung und Leuchtturm auf Neuwerk (1299) (Wiki-Beitrag von Kathrin Waldmann)
- {Q16} 1292, März 20: Holsteiner Grafen verleihen dem Rat das Willkürrecht (Wiki-Beitrag von Tim Albrecht)
- Gerhard I. (Holstein-Itzehoe) in der Wikipedia oder in der ADB
- Johann I. (Holstein-Kiel) in der Wikipedia
Ausblick: Die Entwicklung bis zum Gottorper Vertrag im Jahr 1786
1386 wurde den Schauenburger Grafen das Herzogtum Schleswig als Erblehen zugesprochen. Dänemark war sehr an einer Rückgewinnung des Landes interessiert, was zum Krieg von 1410 bis 1435 führte, in dem sich Dänemark jedoch nicht durchsetzen konnte. Adolf VIII. blieb Herzog von Schleswig. Mit dem Tod Adolfs im Jahr 1459 endete die Ära der Schauenburger und das Land fiel durch Wahl an seinen Neffen, König Christian I. von Dänemark. Ohne Probleme folgte die Huldigung Christians durch die Stände von Schleswig und Holstein. Die Bürger Hamburgs standen aber vor dem Problem, dass sie ihr unter der Herrschaft der Schauenburger erworbenes Selbstbewusstsein nicht unter die Herrschaft Dänemarks stellen und damit zu einer beliebigen Landesstadt werden wollten.
Durch geschicktes Taktieren gelang es Hamburg schließlich als Gegenleistung für die gewünschte Huldigung die Bestätigung aller durch die Schauenburger erlangten Freiheiten und Privilegien einzufordern. {Vgl. {Q17}} Das Entgegenkommen Christians ist allerdings auch darauf zurückzuführen, dass die Hanse, die an einem Kräftezuwachs Dänemarks kein Interesse hatte, im Falle eines militärischen Akts der Dänen Hamburg zur Seite gestanden hätte.
Hamburg war fortan faktisch selbständig.
Seit 1472 wurde die Stadt auch zu den Reichstagen eingeladen. Damit war Hamburg als reichsunmittelbar anzusehen. Hamburgs Status wurde von außen also analog zur faktischen Selbständigkeit eingeschätzt.
1435 erhielt Hamburg schließlich das Recht Reichs-Goldmünzen zu prägen - Hamburg war damit auch offiziell nahezu selbständig. Dennoch blieb Hamburg wie einleitend erwähnt bis zum Jahr 1786 formell holsteinische Landesstadt. Zu erklären ist diese Verzögerung zum letzten Schritt der Unabhängigkeit damit, dass die Initiative zur Erhebung Hamburgs zur Reichsstadt vom Kaiser Sigismund ausging - mitunter, um die "Autorität des deutschen Königtums wieder aufzurichten" {Niitemaa 1960, S. 119}
Hamburg und auch andere Städte wie Bremen, Stralsund und Lüneburg, die Sigismund ebenfalls zu Reichsstädten machen wollte, standen diesen Bestrebungen skeptisch gegenüber. Als Reichsstadt hätte Hamburg erhebliche finanzielle Lasten aus der Heeres- und der Reichssteuerpflicht zu tragen gehabt. Die Stadt hätte aufgrund wirtschaftlicher Krisenzeiten ab Mitte des 15. Jahrhunderts diesen Verpflichtungen kaum nachkommen können. {Vgl. Hanf 1986, S. 234} Hamburg lehnte die Zahlung reichsstädtischer Leistungen ab und berief sich auf seinen Status als Landesstadt. Hamburg hielt in den Folgejahren an dieser ‚Schaukelpolitik' fest, bis die Stadt 1510 nach einem Immeditätsprozess vom Augsburger Reichstag unter Kaiser Maximilian I. zur Reichsstadt erklärt wurde. Mit zeitweiliger Annäherung an das dänische Königreich und dem späteren Versuch sich dem dänischen Einfluss wieder zu entziehen, versuchte sich Hamburg immer wieder den Pflichten einer Reichsstadt zu entziehen. Mit dem Gottorper Vertrag vom 27. Mai 1786 erlangte Hamburg vom Dänischen König die Anerkennung als Kaiserlich Freie Reichsstadt mit Sitz und Stimme in Regensburg und allen anderen Rechten und (finanziellen) Pflichten eines unmittelbaren Reichsstandes.
- {Q17} Annahme Christians I. als Landesherrn (1460/61) Wiki-Beitrag von Matthias Berthe
- Gottorper Vertrag in der Wikipedia
Didaktische Überlegungen
Am Ende dieses Überblicks sollen nun einige Anregungen folgen, um den Schuleinsatz des wissenschaftlich aufbereiteten Materials vorzubereiten. Die bisherigen Ausführungen wurden weitgehend durch Quellenmaterial, insbesondere Urkunden - ausgestellt durch den Landesherrn, dem Papst oder dem Kaiser - gestützt. Dies bietet zum einen eine hervorragende Möglichkeit, verschiedene Urkundentypen im Vergleich zu betrachten, zum anderen wäre ein fächerübergreifendes Projekt denkbar, in dem sich (Latein-)Schüler mit den Originalquellen auseinandersetzen. Gerade ein derart gestaltetes Projekt könnte auf ein Geschichtsstudium und dessen Methoden vorbereiten und eine ‚Schwellenangst' vor einem auf der lat.en Sprache basierenden Studium der mittelalterlichen Geschichte nehmen.
Ein wichtiger weiterer Aspekt, der in Hinsicht auf das Quellenmaterial untersucht werden könnte, wäre die Geschichte der Fälschung von Urkunden im Mittelalter, insbesondere des Barbarossa-Privilegs. Ein nicht unerhebliches Motivationspotential dürfte in der Tatsache liegen, dass jährlich ein Hafengeburtstag auf Basis einer Fälschung gefeiert wird. Schüler könnten sich auf Spurensuche nach der ‚Wahrheit' begeben, dabei z.B. den Hinweisen von Theuerkauf in seinem Aufsatz (…) folgen und auf dem Wege dieser Rekonstruktion von Geschichtspartikeln zu einer Narration kommen, die grundlegende Arbeitsweisen eines Historikers verdeutlicht und trainiert.
Das dieser Präsentation zu Grunde liegende Thema der Emanzipation Hamburgs von der Landesherrschaft bietet zudem sicher auf der reinen Wissensebene ein Beitrag zur Regionalgeschichte Hamburgs. Im Einzelnen kann untersucht werden, in welchen Schritten (wie z.B. die faktische Vorwegnahme von Privilegien durch die Hamburger, die erst im Nachhinein an Hamburg vergeben worden sind) eine kleine Elbsiedlung zu einer bedeutenden Handelsstadt geworden ist. Einhergehen könnte diese Betrachtung mit einem Vergleich der Geschichte Stades, die unter ähnlichen Voraussetzungen wie Hamburg ‚gestartet' ist, in der Gegenwart jedoch deutlich weniger Bedeutung wie die Hansestadt erlang hat.
Anhang
Personen
- Liste der Grafen von Schauenburg und Holstein (Wikipedia)
- Adolf I. (Schauenburg und Holstein) (Wikipedia)
- Adolf II. (Schauenburg und Holstein) (Wikipedia)
- Adolf III. (Schauenburg und Holstein) (Wikipedia)
- Adolf IV. (Schauenburg und Holstein) (Wikipedia) oder in der ADB
- Friedrich II. (HRR) (Wikipedia)
- Gerhard I. (Holstein-Itzehoe) (Wikipedia) oder in der ADB
- Heinrich der Löwe (Wiipedia)
- Johann I. (Holstein-Kiel) (Wikipedia)
- Johann II. (Holstein-Kiel) (Wikipedia)
- Waldemar II. (Dänemark) (Wikipedia)
- Wirad von Boizenburg (Wikipedia)
Quellenverzeichnis
- {Q1} 1186 Gründungsurkunde der Neustadt und des Hafens von Hamburg (lat. - dt.)
- {Q2} 1189, Mai 7: Kaiserlicher Freibrief Friedrich Barbarossas für die gräfliche Stadt Hamburg (lat. - dt.) inkl. Abb. 3: Freibrief Kaiser Friedrich Barbarossas für Hamburg. Pergament mit Siegel.
- {Q3} 1190, Dezember 24: Des Grafen Adolf III. Bestätigung des Kaiserlichen Freibriefs für Hamburg vom Jahre 1190, Dez. 24 (lat.)
- {Q4} 1239, Aug 16: Johannes Graf von Holstein bestätigt die durch Kaiser Friedrich I. den Hamburgern in seinem Gebiete verliehenen Rechte (lateinsich)
- {Q5} 1212: Albrecht bestätigt zwei jährliche Märkte und die Lübische Gerechtsamkeit (lat.)
- {Q6} o. J. (1216): Privileg Albrechts von Orlamünde für die Gesamtstadt Hamburg (lat. - dt.)
- {Q7} 1225: Privileg Adolfs IV. für Hamburg (lat. - dt.)
- {Q8} 1236, Dezember: Zollermäßigungen für die Waren der märkischen Kaufleute in Hamburg auf dem Wege nach Flandern (lat. - dt.)
- {Q9} 1238: Zollermäßigungen für märkisches Getreide in Hamburg auf dem Wege nach Aardenburg (lat. - dt.)
- {Q10} 1232, Mai: Kaiserliche Bestätigung der Gründungsurkunde Adolfs III. auch für die Altstadt Hamburg (lat. - dt.)
- {Q11} 1232, Mai: Kaiserliche Bestätigung der Gründungsurkunde Adolfs III. für die Neustadt Hamburg (lat.)
- {Q12} 1255, März 10: Hamburg erhält das Aufsichtsrecht bei der Ausmünzung (lat.)
- {Q13} 1293, April 5: Vergleich des Rates zu Hamburg mit den Grafen von Holstein über die von diesen verpachtete Münze (lat.)
- {Q14} 1309, Juni 15: Vereinbarung der Städte Hamburg und Stade über die gemeinsame Befriedung der Niederelbe und über die Neutralität der Städte bei Streitigkeiten der beiderseitigen Landesherren. (lat. - dt.)
- {Q15} 1333, August 6: Landfriedenvertrag der Städte Hamburg und Lübeck mit den Herzögen von Sachsen-Lauenburg und den Grafen von Holstein (mittelhochdt. - hochdt.)
- {Q16} 1292, März 20: Holsteiner Grafen verleihen dem Rat das Willkürrecht (Wiki-Beitrag von Tim Albrecht)
- {Q17} Annahme Christians I. als Landesherrn (1460/61) Wiki-Beitrag von Matthias Berthe
- {Q18} Befestigung und Leuchtturm auf Neuwerk (1299) (Wiki-Beitrag von Kathrin Waldmann)
Literaturverzeichnis
- Am Ende, Bernhard: Studien zur Verfassungsgeschichte Lübecks im 12. und 13. Jahrhundert. Lübeck 1975.
- Hanf, Maike: Hamburgs Weg in die praktische Unabhängigkeit vom schauenburgischen Landesherrn. Hamburg 1986.
- Hamburgisches Urkundenbuch. Band I. Hrsg. von Johann Martin Lappenberg. Reprod. d. Ausg. 1842. Hamburg 1842=1907.
- Jochmann, Werner; Loose, Hans-Dieter (Hrsg.): Hamburg. Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner. Band 1, Von den Anfängen bis zur Reichsgründung. Hamburg 1982.
- Klessmann, Eckart: Geschichte der Stadt Hamburg. Hamburg 2002.
- Koppmann, Karl: Kleine Beiträge zur Geschichte Hamburgs und ihres Gebietes. Teil II. Hamburg 1868.
- Niitemaa, Vilho: Der Kaiser und die Nordische Union bis zu den Burgunderkriegen. Helsinki 1960.
- Pauls, Volquart: Hamburgs Territorialpolitik in der Vergangenheit. o.O. 1922.
-
- Reincke, Heinrich: Hamburgs Weg zum Reich und in die Welt: Urkunden zur 750-Jahr-Feier des Hamburger Hafens. Hamburg 1939.
- Reincke, Heinrich: Forschungen und Skizzen zur Hamburgischen Geschichte. Hamburg 1951.
- Studt, Bernhard; Olsen, Hans: Hamburg. Die Geschichte einer Stadt. Hamburg 1951.
- Theuerkauf, Gerhard: Urkundenfälschungen der Stadt und des Domkapitels Hamburg in der Stauferzeit. In: Fälschungen im Mittelalter, T. 3 (=Monumenta Germaniae Historica. Schriften 33,3). Hannover 1988. S. 397-431.