Landfriedenvertrag der Städte Hamburg und Lübeck mit den Herzögen von Sachsen-Lauenburg und den Grafen von Holstein 1333, August 6
WI RATMANNE UNDE BORGHERE TO LUBEKE UNDE TO HAMBORCH bethughet Bunde bekennet in dessen openen breven, dat wi vorbenorneden ratmanne unde borghere mit den edelen vorsten heren Erike unde juncheren Albrechte den Hertoghen to Sassen unde mit usen edelen truwen leven heren heren Gherarde unde heren Johanne unde junkheren Aleve, den Ghreven to Holsten, to Stormeren unde to Scowenborch, us des vorenet unde vorbunden hebbet, dat wi mit dessen vorsprokenen hertoghen unde ghreven unde se mit us enen steden, gantzen, vollenkomenen vrede maket hebben unde scolet holden. Unde desse vrede steit nu an unde schal waren van sunte Martines daghe, de nu tokornende is, vort over en iar. Dessen vrede schal rnan holden truweliken unde untobroken in desse wis: Neman der vorbenorneden hertoghen unde greven man, he si an welker achte he si, schal roven eder bernen ut deme enen lande in dat ander, de an der vörbenomeden hertoghen unde ghreven herschap beleghen sin. Och so en schal neman rovede have voren ut derne enen lande in dat andere lant binnen der vorbenorneden hertoghen unde ghreven herscap. Were, dat ienech rnan den anderen schuldeghen wolde, dat schal man den heren kundeghen unde klaghen, iewelik rnan sinerne heren, unde de heren schalen darumme manen unde helpen eme, dat deme lik sehe an minne eder an rechte. Kunde erne denne nen lik schen van der heren rnaninghe unde hulpe, so wat he denne darumrne don wolde, dat schal he don bi siner heren rade, unde de scolen erne aller ding bistan. Vortrner scal nernan den anderen van, de an der vorsprokenen heren landen beseten sin, unde nernan scal enen vanghenen untholden, de under den vorsprokenen heren unde eren mannen unde twischen eren landen vanghen si, he en do dat bi siner heren rade. Vortmer worden borghere eder coplude van Lubeke eder van Hamborch eder utlandesche lude, so wannen se weren, berovet eder vorvanghen binnen der vorbenomeden heren landen, den roveren scal man volghen mit eneme scrichte wante vor de veste, dar de rovere op then, unde dar nicht van, de veste en si tostoret unde over de lude en si gherichtet, de dar uppe sin, unde dar en schal man nene veste weder buwen. Were och, dat ienech man rovede eder rnisdat dede unde vorvluchtich worde unde queme ut derne lande, den man scal rnan vorvesten, beyde in landen unde in steden. Vortmer were, dat ienech man güt neme up der strate unde vorde dat up sine veste unde spreke, dat he dat ghelden wolde, dat scal man vor rof holden. Vortrner comet ienech schade van eneme waghene, de ghut voret, den schaden schal de waghen beteren, unde nicht dat ghut. Och so scollen de vorbenorneden heren unde wi ratmanne unde borghere to Lubeke unde to Harnborch umme alle de ding unde scaden, de binnen desser borsprokenen thit in der heren landen unde in usen steden schen, also hir vorsproken is, nen user ane den anderen unde ane desse borbenomeden heren daghen eder sonen, id en si en ganz sone. Vortmer alle riddere unde knapen, de in der borbenomeden heren landen wonet, de schoten holden knechte, dar si sekerliken bor antworden moghen. Were, dat man ieneghes rnannes knecht sculdeghede umme rof, brant eder dhuve eder umme andere scult, den knecht scal de man unsculdich maken mit twelf rnannen siner vrent; kan he des nicht don, man schal over ene richten, also en recht is. Were och, dat ienighes rnannes knechte schaden deden unde eme dat witlik worde, de knechte schal de man sulben hinderen unde darober richten; dede he des nicht, he scal beteren vor de knechte eder he scal sich unsculdich maken rnit twelg mannen siner besten brent, dat he rades unde dades unsculdich si. Were och, dat ienech man sineme brende buten desser vorbenorneden heren landen helpen wolde, de ride buten desser borbenorneden heren lant to eme unde do eme hülpe unde bore in der borbenomeden heren lant nicht van robeder habe unde blibe mit sineme brende dar also langhe, bet sin orloghe sonet si. Och so scal rnan hinderen lude, de ane heren sin unde bri driben, wante vor de heren unde ere am metlude, dat man weten moghen, wat ere bore si. Vortmer scoten alle gude lude, hoveman unde husman, rnit eneme scrichten bolghen, so wanne se schaden vornernen, id si rof, vangnisse eder brant; we des nicht en deyt, de scal borloren hebben sines sulbes hals. Vortmer de borbenomeden heren Bunde wi rat-manne unde borghere scollen bolghen malk derne anderen in desse wis: hertoghe Erik unde hertoghe Albrecht schoten bolghen rnit bertich rnannen usen borbenomeden heren den ghreben to Holsten, to Stormeren unde to Scowenborch unde us ratmannen unde borgheren to Lubeke unde to Hamborch. Unde de vorbenomeden ghreven schoten den hertoghenus vorbenomeden ratmannen unde borgheren mit achentich manne volghen. Och so scote wi ratmanne unde borghere to Lubeke unde Hamborch den sulven hertoghen unde ghreven mit achtentich manne volghen. Unde desse hulpe unde volghe scolle wi don maik deme andere: so wanne id man deme anderen verteynacht vore to wetende deyt. Wer och, dat des not were, so scollen de vorbenomeden hertoghen unde ghreve maik deme anderen volghen rnit gantzer macht unde wi vorsprokene ratmanne Bunde borghere scollen den heren to helpe werden unde volghe mit usen blinden unde werken, unde de borbenomeden hertoghen und ghreven schoten erst ere man unde ere banneren bor de vesten sender Vortmer en iewelch man, he si we he si, schal dar wesen be1ich lives und güdes to unde van, unde sunderliken de dar hebbet veyle sake. To ene betuchnisse desser ding sint use ingheseghele to dessen breven ghehenghet Desse breve sint ghescreven unde gheven to Hamborch, in dat iar uses Heren dusent drehundert in deme dre unde dritteghesten iare, in dem( daghe sunte Sixti, Felicissimi et Agapiti.HOCHDEUTSCH
Wir Ratmannen und Bürger zu Lübeck und Hamburg bezeugen und bekennen in dieser offenen Urkunde, daß wir uns mit den edlen Fürsten Herrn Erich und dem jungen Herren Albrecht, Herzögen zu Sachsen-Lauenburg, und mit unsern edlen getreuen lieben Herren, dem Herrn Gerhard, dem Herrn Johann und dem jungen Herrn Adolf, Grafen zu Holstein, Stormarn und Schauenburg, vereinigt und verbündet haben, daß wir mit diesen genannten Herzögen und Grafen und sie mit uns einen ständigen, ganzen und vollkommenen Landfrieden abgeschlossen haben und ihn halten werden. Dieser Landfriede nimmt jetzt seinen Angang und soll vom kommenden St. Martinstag an ein Jahr (bis 11. November 1334) dauern. Den Frieden soll man getreu und unverbrüchlich in folgender Weise halten: Kein Lehnsmann der genannten Herzöge und Grafen, in welcher Stellung er sich auch befindet, darf von einem Lande aus in einem benachbarten der genannten Herzöge und Grafen rauben oder brandschatzen. Auch darf niemand geraubtes Gut aus einem Land in das andere innerhalb der Gebiete der obengenannten Herzöge und Grafen fahren. Wenn ein Lehnsmann einen andern beschuldigen will, soll er es den Herren anzeigen und anklagen, ein jeder Mann seinem Lehnsherrn, und die Herren sollen darum mahnen und ihm helfen, daß ihm, sei es in Güte oder auf dem Kechtswege, Genugtuung zuteil wird. Kann er durch der Herren Mahnung und Hilfe keine Genugtuung erreichen, so soll er mit Rat seiner Herren tun, was er deswegen tun will, und sie sollen ihm in allen Dingen beistehen. Auch soll niemand einen andern, der in den Ländern der genannten Herren wohnhaft ist, gefangennehmen, und niemand soll einen Gefangenen, der im Gebiet der erwähnten Herren, ihrer Lehnsmannen oder zwischen ihren Ländern gefangengenommen ist, behalten außer mit Einwilligung seiner Lehnsherren. Wenn ferner Bürger oder Kaufleute aus Lübeck, Hamburg oder andern Ländern, woher sie auch kommen, in den Ländern der genannten Herren beraubt oder gefangengenommen werden, so soll man den Räubern mit Notgeschrei bis vor die Feste, auf die sie ziehen, folgen und nicht wieder fortziehen, bis die Burg zerstört und über die darin befindlichen Räuber Gericht gehalten ist. Und an der Stelle soll man keine Burg wieder erbauen. Wenn jemand raubt oder eine Missetat begeht und aus dem Lande flüchtet, den soll man auf dem Lande und in den Städten für friedlos erklären. Wenn jemand Güter von der Straße aufnimmt, sie auf seine Burg bringt und sagt, daß er sie bezahlen wolle, das soll man als Raub ansehen. Für den Schaden, den ein Frachtwagen anrichtet, kommt der Wagen auf und nicht die Fracht. Die genannten Herren und wir Ratmannen und Bürger zu Lübeck und Hamburg werden wegen aller erwähnten Dinge und Schäden, die in der vorgenannten Zeit in den Ländern der Herren und in unsern Städten vorkommen, keiner ohne den andern und ohne die Herren zusammenkommen oder uns vergleichen, ohne daß eine vollständige Aussöhnung erfolgt. Alle Ritter und Knappen in den Ländern der erwähnten Landesherren sollen nur solche Knechte halten, für die sie eine sichere Verantwortung übernehmen können.Wenn der Knecht eines Lehnsmannes wegen Raub, Brand, Diebstahl oder anderer Schuld angeklagt wird, so kann der Lehnsmann ihn mit dem Eide von zwölf verwandten Mannen von der Beschuldigung reinigen. Kann er das nicht, so soll man über ihn nach dem Gesetz Gericht halten. Wenn die Knechte eines Lehnsmannes Schaden tun, und es ihm bekannt wird, soll er sie selbst daran hindern und darüber Gericht halten. Tut er es nicht, so soll er für den Schaden der Knechte einstehen oder mit dem Zwölfmanneneid seiner nächsten Verwandten beweisen, daß er an Rat und Tat unschuldig sei. Wenn ein Lehnsmann seinem Sippengenossen außerhalb der Länder der vorgenannten Herren helfen will, so reite er aus zu ihm, helfe ihm und bringe nichts von geraubter Habe in seines Herren Land. Er bleibe so lange bei seinem Sippengenossen, bis seine Fehde durch Sühne beendet ist. Auch soll man solche Leute, die ohne Herren sind und sich frei umhertreiben, festhalten und vor die Herren und ihre Amtmänner bringen, um zu wissen, von welcher Art sie sind. Alle vertrauenswürdigen Leute, Ritter und Bauern, sollen mit Notgeschrei Folge leisten, wenn sie von Gewalttat, es sei Raub, Gefangennahme oder Brandschatzung, vernehmen. Wer das nicht tut, der soll dafür an seinem Hals büßen. — Die genannten Herren und wir Ratmannen und Bürger sollen einander in dieser Weise Folge leisten: Herzog Erich und Herzog Albrecht sollen unsern erwähnten Herren, den Grafen zu Holstein, Stormarn und Schauenburg, und uns Ratmannen und Bürgern zu Lübeck und Hamburg mit 40 Mann folgen, und die Grafen sollen den Herzögen und uns Ratmannen und Bürgern mit 80 Mann folgen. Auch sollen wir Ratmannen und Bürger zu Lübeck und Hamburg den Herzögen und Grafen mit 80 Mann folgen. Diese Hilfe und Folge sollen wir einander leisten, so oft man es dem andern 14 Tage vorher ansagt. Für den Fall der Not sollen die genannten Herzöge und Grafen einander mit ganzer Macht Folgen, und wir Ratmannen und Bürger sollen den Herren zu Hilfe kommen und ihnen mit unsern Schleudermaschinen und schießenden Werken folgen. Die Herzöge und Grafen sollen zuerst ihre Mannen und ihre Banner (Aufgebote) vor die Festen schicken. Ein jeder, wer er auch ist, soll kommend oder gehend sicher an Leib und Gut sein, insbesondere die, die verkäufliche Waren mit sich führen. Zur Bezeugung dieser Abmachungen sind unsere Siegel an diese Urkunde gehängt worden. Diese Urkunden sind geschrieben und gegeben in Hamburg im Jahr unseres Herrn 1333, am Tage der heiligen Sixtus, Felicissimus und Agapitus.Unbesiegeltes Original im Archiv der Hansestadt Lübeck. Gedruckt: Lübeckisches Urkundenbuch Band II Nr. 563 und Hamburgisches Urkundenbuch Band II Nr. 911. {Als Vorlage für die Digitalisierung diente der Nachdruck in Reincke 1939, Nr. 33, S. 83}