Die Anfänge der Stadt Hamburg

Bearbeitet von Oliver Struck

Einleitung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein möglichst genaues Bild der Gründung und der frühesten Siedlungsphase der Stadt Hamburg zu geben. Um dies zu erreichen, wird im ersten Teil der Arbeit ein Überblick über die politischen und historischen Umstände die zur Gründung der Stadt führten und auch die Informationen über die Siedlung selbst gegeben, die sich aus den Schriftquellen ableiten lassen. Der zweite Teil der Arbeit wird sich mit den Erkenntnissen befassen, die archäologische Ausgrabungen über Hamburgs früheste Siedlungsphase erbrachten.

Das Hamburger Umland bis zur Gründung der Hammaburg

Die Sachsenkriege

Als Karl der Große gegen Ende seiner langjährigen Eroberungsfeldzüge gegen die Sachsen im Begriff stand, den letzten Widerstand der Wigmodier (eines sächsischen Stammes, der am Südufer des Unterlaufes der Elbe siedelte) zu brechen, gerieten auch die Nordalbinger (Sammelbegriff für die Sachsen die nördlich der Elbe siedelten) erstmals in Kampfhandlungen mit den fränkischen Truppen.

Als Karl im Jahre 795 in Lüne die Ankunft seiner obotritischen Verbündeten (Sammelbezeichnung für die slawischen Stämme, die im heutigen Ostholstein siedelten) erwartete, erhielt er Nachricht, dass die slawischen Hilfstruppen unter Führung ihres Fürsten Witzan, der als Vasall Karls bezeichnet wird, beim Übergang über die Elbe in einen Hinterhalt der Nordalbinger geraten wären und von ihnen erschlagen wurden. Karl rächte sich durch Verwüstungen im Gebiet südlich der Elbe. Drei Jahre später, als der sächische Widerstand sich ein letztes Mal in der Ermordung der fränkischen Gesandten, die unter den Sachsen weilten, zeigte, übte Karl Vergeltung unter den Wigmodiern, in dem er erneut das Land verwüstete. Die nordalbingischen Aufständischen überließ Karl allerdings seinen obotritischen Verbündeten.

Auf dem Swentinefeld bei Bornhöved wurde das Heer der nordelbischen Sachsen vernichtend geschlagen. Beginnend mit Jahre 798, folgten nun regelrechte Deportationswellen von Sachsen aus dem nordelbischen Raum. Schon auf seinem Rückmarsch 798, nimmt Karl eine Anzahl von besiegten Nordalbingern mit und verteilt sie im fränkischen Reich. Nachdem 799 und 802 weitere Verschleppungen folgten, schickte Karl 804 erstmals größere Truppenverbände über die Elbe, um auch die letzten Reste der Aufständischen zu deportieren. Bei diesem Ereignis sollen insgesamt 10.000 Sachsen deportiert worden sein. Das entvölkerte, verödete Nordalbingien überließ er zum Dank für ihre Waffenhilfe den Obotriten, deren Fürst Trasco mit Geschenken reich beladen 804 zu Karl nach Hollenstedt gekommen war. Die Elbe war damit zur Nordgrenze des fränkischen Reiches geworden.

Obotritenherrschaft und die Bedrohung durch die Dänen

Den Obotriten war kein langer Aufenthalt in den gerade erhaltenen nordelbischen Gebieten vergönnt. Sieben Jahre nach ihrer Verbannung kehrten die vertriebenen Nordalbinger in ihre Heimat zurück. Zu diesem Umstand führten die folgenden Gegebenheiten:

Bei den politischen Abmachungen, die Karl offenbar 804 im Feldlager zu Hollenstedt getroffen hatte, war den obotritischen Verbündeten anscheinend die Rolle des Hüters der Elbgrenze zugedacht worden. Dieser Aufgabe zeigten sich die Obotriten allerdings nicht gewachsen. Die Dänen im Norden stellten eine nicht unerhebliche Bedrohung des Frankenreiches dar. Dies wurde schon 804 offenkundig, als Karl sich vergeblich um die Auslieferung der zu den Dänen geflohenen sächsichen Aufständischen bemühte.

Es ist nicht auszuschliessen, dass die sächsichen Flüchtlinge an dem Entstehen des Angriffs mitbeteiligt waren, den der Dänenkönig Göttrik 808 gegen Obotriten unternahm. Er verwüstete ihr Land, eroberte mehrere ihrer Burgen (Ringwallanlagen) und machte sie zinspflichtig. Bei dieser Gelegenheit vernichtete Göttrik auch den slawischen Handelsplatz Reric an der Ostseeküste und siedelte die dort heimatlos gewordenen Kaufleute in Sliestorp (Haithabu) an.

Um ein weiteres Vordringen Göttriks zu verhindern, schickte Karl ein Heer an die Elbe. Es kam allerdings zu keinen Kampfhandlungen. Die Dänen zogen sich hinter die Eider zurück und begannen mit dem Bau des Göttrikwalles . Nachdem 809 dänisch-fränkische Verhandlungen fehlschlugen, beschloss Karl die Elbgrenze aufzugeben. Er beauftragte den Grafen Egbert, Nordalbingien zu besetzen und die Region mit Burgen zu sichern. Im Zuge der Besetzung Nordalbingiens wird die Reichsgrenze an die Eider- und Travelinie vorverlegt. Die Obotriten, die bis dahin wohl nur von einigen Teilen des südlichen Holstein (Alster-Bille-Elbe-Dreieck) Besitz ergriffen hatten, mussten sich wieder hinter ihre Ausgangsstellung in Ostholstein zurückziehen.

Die Eingliederung Nordalbingiens in das Frankenreich und der Bau der Hammaburg

Um die vorgeschobene Reichsgrenze gegen Gefahren zu sichern, war zunächst der Bau der gegen die Dänen gerichteten Burg Esesfeld (vermutlich Itzehoe (810)) angeordnet worden. In zweiter Linie soll Karl auch Maßnahmen zur Abschirmung der Slawengrenze erwogen oder gar eingeleitet haben, dem dem Bau des sogenannten "Limes Saxoniae". Ungleich schwieriger zur Gründung der Burg Esesfeld, gestaltet sich die Datierung des Baus der Hammaburg. Fest steht nur eines, die Burg muss vor der Begründung des Bistums Hamburg 831/832 entstanden sein. Ansgar nahm seine Kirche, der Überlieferung nach, in der fertigen Festungsanlage in besitz.Aus archäologischer Sicht müsste der Bau dieser Festung einige Jahre in Anspruch genommen haben. Bei der mutmaßlichen Ausdehnung der Hammaburg (s.unten), müsste mit dem Bau der Hammaburg ca. mitte des Jahrzehnts vor Ansgars Einzug begonnen worden sein, um 831 eine fertige Anlage gewährleisten zu können.Fraglich bleibt aber, wie lange die Hammaburg vor Ansgar Eintreffen schon fertiggestellt war.

In Rimberts Vita Anskarii heisst es:" Kaiser Ludwig der Fromme erfuhr es aus Berichten: "Als sein Vater ruhmreichen Andenkens, Kaiser Karl das ganze, mit Waffengewalt bezwungene und dem Joche Christi unterworfene Sachsen in Bistümer einteilte, übertrug er den äußersten Teil dieses Landes, der im Norden jenseits der Elbe lag, keinem der Bischöfe zum Schutze; sondern er beschloß [diesen Teil] dafür aufzubewahren, dass er dort einen erzbischöflichen Sitz einrichte [...]. Auch aus diesem Grunde ließ er dort die erste Kirche durch Amalar, einen Bischof Galliens, weihen. Auch übertrug er danach diesen Sprengel einem Priester namens Heridag zur gesonderten Verwaltung und wollte keineswegs, dass benachbarte Bischöfe Amtsgewalt über diese Gegend hätten. [Kaiser Karl] hatte auch vor, diesen Priester zum Bischof weihen zu lassen; aber dessen zu schnelles Hinscheiden aus dieser Welt verhinderte, dass dies geschah."

Die spätere Hamburger Überlieferung hat diese Nachricht auf Hamburg gemünzt. Damit fällt die Gründung der Hammaburg auf einen Zeitraum vor dem Tode Karls des Großen (814) und in die Amtszeit des hier erwähnten Erzbischofes Amalar von Trier (809-814). Entgegen der späteren Hamburger Sichtweise, ist es aber unwahrscheinlich das die von Rimbert erwähnte Kirche in der Hammaburg stand. Es war nicht notwendig, dass eine Pfarrkirche in einer Burg stand, in der politisch angespannten Lage in Nordalbingien wahrscheinlich, aber nicht notwendig. Was aber vielmehr der Zuordnung Heridags Kirche zur Hammaburg widerspricht, ist der Trierer Einfluss auf die Pfarrkirche Schenefeld bei der Burg Esesfeld (Itzehoe).Dies und die Tatsache, das die Schenefelder Kirche den heidnischen Dänen (die es zu missionieren galt) viel näher war, als eine mutmaßliche Kirche in der Hamburger Region, lässt es wahrscheinlicher erscheinen, dass es sich bei Heridags Kirche um die Schenefelder Pfarrkirche handelte. Am wahrscheinlichsten ist für die Entstehung der fränkischen Hammaburg ein Zeitraum, in dem die politischen Beziehungen zu den Obotriten problematischer wurden, seit 817, wahrscheinlich noch vor dem Bau der östlich Hamburgs gelegenen Burg Delbende (822). Die fränkischen Befestigungsanlagen in Nordalbingien wären also von Norden nach Süden, von Esesfeld (810) über Hamburg (817-822) bis Delbende (822), ausgebaut worden. Darin spiegelt sich die Verlagerung von Prioritäten von Festungsbauten, die allein gegen die Dänen schützen sollten, hin zu Bauten die gegen Dänen und Obotriten schützen sollten. Von diesem Gesichtspunkt aus wirkt auch die weit verbreitete Ansicht, dass es sich bei der Hammaburg um eine art "Klosterfestung" (wie es z.B. die Vita Anskarii vermittelt) handelte, eher unwahrscheinlich. Im gefährdeten und offensichtlich politisch recht instabilen Nordalbingen dieser Zeit, sind kirchliche bzw. missionarische Gründungsgedanken abwegig. Die Hammaburg wurde, mit aller höchster Wahrscheinlichkeit, als militärische Etappenstation für die Versorgung der weiter zu den Dänen gewandten Festungen gegründet und in direkterer Weise als Verteidigung gegen die Obotriten.

Hamburg unter Ansgar

Das Bistum Hamburg

In der Vita Anskarii wird der Aufenthalt Ansgars in Hamburg nur sehr oberflächlich beschrieben. Es ist aber davon auszugehen, dass als Ansgar in Hamburg eintraf, er eine Burg und eine Pfarrkirche vorfand. Die Pfarrkirche mag schon mit dem Gedanken gebaut worden sein, als Kirche eines Missinsbistums zu dienen. Aber erst mit dem Eintreffen Ansgars wurde das Missionsbistum 831/832 begründet. Pabst Gregor IV. verlieh Ansgar die Missionslegation in Nordalbingien, das kaiserliche Privileg folgte wegen einer innenpolitischen Krise erst 834. Bevor Hamburg 845 zerstört wurde (s.u.), muss es schon mit einer Marktsiedlung verbunden gewesen sein. Dies erfahren wir indirekt, aus einer Urkunde König Arnolfs für das Erzbistum Hamburg-Bremen von 888:

"Außerdem erlauben wir, daß in dem [...] Bremen genannten Ort die Prägung von Münzen und die Gewohnheit, Handel zu treiben, ausgeübt werde, wie es, so haben wir erfahren, dem Leiter derselben Kirche für Hamburg längst zugestanden war, aber wegen des Einfalls von Heiden dort jetzt nicht stattfinden könne; und es sei in der Befugnis des [Erz-]Bischofs, denselben Markt mit dem Zollrecht zu versehen."

Weitere Hinweise auf die geistliche, politische und wirtschaftliche Lage in Hamburg bietet wieder die Vita Anskarii: Hamburg erscheint als Sitz eines Grafen (comes) und als Vorort für Gaubewohner (pagenses). Es ist von der Burg (urbs, civitas) und von einem vorgelagerten Wik (suburbium, vicus) die Rede. In Hamburg bildete Ansgar junge Dänen und Slawen, die er gekauft hatte, zu christlichen Missionaren aus. Auch Mönche aus Corvey und Corbie wirkten hier. Vorhanden war eine von Ansgar erbaute Kirche (ecclesia) und ein Kloster (claustra monasterii). Vor der Zerstörung Hamburgs durch die Wikinger, bleibt eigentlich nur ein Ereignis erwähnenswert. Nach dem Tode Ludwigs wurde das fränkische Reich 843 mit dem Vertrag von Verdun dreigeteilt. Für das kirchliche Hamburg bedeutete es den Verlust seiner Haupteinnahmequelle. Das Kloster Torhout in der Diözese Amiens (Flandern), wurde dem westfränkischen Teilreich zugeordnet. Von Ludwig an Hamburg als wirtschaftlichen Rückhalt gegeben, fiel es nun an Karl den Kahlen. In diesem Zusammenhang ist das schnelle übersiedeln Ansgars aus dem zerstörten und verarmten Missionsbistum Hamburg, in das zufällig vakante Bistum Bremen 845 nur umso verständlicher.

Der Wikingerangriff

Rimbert beschreibt den Wikingerangriff von 845 in der Vita Anskarii folgendermaßen:

"[...] es geschah, daß unerwartet Seeräuber die Stadt Hamburg erreichten und mit ihren Schiffen umzingelten. Weil dies überraschend und plötzlich geschehen war, blieb keine Zeit, die Gaubewohner zu versammeln, zumal auch der Graf, der den Befehl über diese Gegend hatte [...], gerade abwesend war. Schließlich nachdem die Burg erobert und alles, was sich in ihr und dem benachbarten Wik befand, geraubt worden war, hielten die Feinde, die am Abend angekommen waren, sich die Nacht, den folgenden Tag und eine weitere Nacht dort auf. und nachdem so alles in Brand gesteckt und geplündert worden war, zogen sie davon. Da wurde die mit Kunstfertigkeit unter Leitung des Herrn Bischofs erbaute Kirche mit dem kunstvoll angelegten Kloster vom Feuer ergriffen. Da ging die bestens angefertigte Bibel, die der erlauchteste [...] Kaiser demselben unserem Vater geschenkt hatte, mit mehreren anderen Büchern im Feuer zugrunde. Und so wurde alles, was er dort an Kirchengerät und anderen Schätzen und Vermögenswerten besessen hatte, durch den Raub oder das Feuer beim feindlichen Angriff vernichtet, so daß sie ihn gleichsam unbekleidet entkommen ließen."

Die Wikinger, die die 845 die Elbe hinauffuhren und Hamburg zerstörten, waren Krieger König Horiks von Dänemark. Dieses Unternehmen ist nicht einfach als einer der Kriegs- und Handelszüge zu verstehen, die die Skandinavier bis ins 11. Jahrhundert gegen Küsten- und Flußregionen Europas richteten, sondern als ein Teil der andauernden militärischen Auseinandersetzungen in Nordalbingien in dieser Zeit. In der Vita Anskarii werden diese Ereignisse aus ihrem politischen Zusammenhang gelöst, die räuberischen Aspekte isoliert und die Auswirkungen der Zerstörung überhöht. In einer anderen Überlieferung heisst es, dass Horik mit 600 Schiffen die Elbe hinauffuhr. Da Schiffe skandinavischer Bauart in dieser Zeit bis zu 40 Mann befördern konnten, müsste die Zahl der Angreifer auf Hamburg bei 20.000 bis 24.000 Kriegern gelegen haben. Eine arg hohe Zahl für den Angriff auf eine Siedlung in der maximal 200 Menschen lebten. Übertreibungen bei der Zahl der Angreifer sind schon seit dem Altertum bekannt (Die Schlacht bei den Thermopylen z.B.), um vor allem die Niederlagen in einem heroischen Licht zu zeigen. In diesem Zusammenhang ist es wahrscheinlich,dass man bei den 600 Schiffen die letzte 0 wohl streichen kann.

Das Erzbistum Hamburg-Bremen

Das Bistum Bremen ging aus einem Missionsbistum hervor. Die Diözese Bremen gehörte, seitdem sie um 805 fest organisiert war, zur Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Bremen war seit dem Tod Bischof Leuderichs (24 August 845) vakant, diesen Posten besetzte der aus Hamburg geflohene Ansgar aber schnell. 848 wurde das Bistum Bremen mit dem Bistum Hamburg von Reichswegen vereint. In der Folgezeit meldete das Erzbistum Köln wiederholt Ansprüche auf die Diözese Bremen an. Rimbert aber schildert in der Vita Anskarii:

"[...] Als es sich aber ergab, daß der Glauben an Christus im Gebiet der Dänen und Schweden durch die Gnade Gottes schon Frucht zu tragen begann, erkannte [Kaiser Ludwig] die Absicht seines Vaters und, damit sein Plan nicht unvollendet bleibe, errichtete er mit Zustimmung der Bischöfe und auf einem gutbesuchten Reichstag in der vorgenannten äußersten Region Sachsens jenseits der Elbe in der Burg Hamburg einen erzbischöflichen Sitz, dem die gesamte Kirche Nordelbiens unterstehen sollte [...]. Für diesen Sitz ließ der vorgenannte Kaiser unseren Herrn und Vater, den hochheiligen Ansgar, feierlich zum Erzbischof weihen [...]."

Mit dieser Datierung der Gründung des Erzbistums auf Ludwig den Frommen (bzw. die Absicht schon auf Karl), sollten wahrscheinlich sämtliche Ansprüche des Erzbistums Köln auf die Diözese Bremen zurückgewiesen werden. Aber erst im Jahre 864 bestätigte Pabst Nikolaus I. Hamburg als Bischofssitz und Ansgar als Missionslegaten und fügte wichtige neue Privilegien hinzu: Das Erzbistum Hamburg wurde gegründet, in diesem Rahmen wurden die Diözesen Hamburg und Bremen (kirchlich) vereint und die Amtsgewalt des Erzbischofs von Köln wurde ausdrücklich aus dieser neuen Diözese ausgeschlossen. Zudem wurde der Bereich für den der Erzbischof von Hamburg als Missionslegat zuständig war, deutlicher umschrieben. Aus der Region Nordalbingien wurden die Völker Dänen, Schweden und Slawen zu Missionszielen gemacht.

Die archäologischen Befunde zur Hammaburg

Stadtarchäologie in Hamburg

Die frühesten bekannten Beobachtungen archäologischer Natur gehen auf den Geistlichen Albert Krantz zurück. Erst im 19. Jahrhundert gelangen großflächigere Beobachtungen. Beim Neubau des Hamburger Rathauses endeckte man alte Baureste, die nun erstmals in einer eigenständigen Veröffentlichung dokumentiert wurden. Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Beobachtungen noch am jeweiligen Baugeschehen orientiert, doch war es möglich, insbesondere zum Heidenwall wichtige Erkenntnisse zu sammeln. Erst die Zerstörungen während des 2. Weltkrieges und der dadurch bedingte Wiederaufbau ließ zahlreiche Ausgrabungen in der Altstadt möglich werden. Von 1947 bis 1957 untersuchte Reinhard Schindler zahlreiche Baugruben und planmässige Ausgrabungen, im Bereich der Hammaburg, des Suburbiums der Hammaburg und der ältesten Hafenanlage. 1957 musste Schindler diese Ausgrabungen unterbrechen, die aber von 1979 bis 1987 von R. Schneider fortgesetzt wurden. Schindler interpretierte seine Ergebnisse unter Einfluss der historischen Überlieferungen, was nicht immer unproblematisch ist. Diese Untersuchungen bilden die Grundlage für die nachfolgenden Teile dieser Arbeit.

Die Lage der Hammaburg

Das Gelände, das die Anfänge der Stadt Hamburg birgt, liegt südlich der Petrikirche, begrenzt durch das Pressehaus und die Strassenzüge Speersort, Schmiedestraße, Alter Fischmarkt und Schopenstehl. Dies entspricht im wesentlichen dem Areal des ehemaligen Dombezirkes. Ausgehend von der Vermutung, dass der Immunitätsbezirk nordwestdeutscher Bischofssitze im Ursprung auf karolingische (fränkische) Befestigungen zurückgehe, unternahm Reinhard Schindler von 1947 bis 1957 auf diesem Gelände mehrerer Plan- und Rettungsgrabungen, um den Wallverlauf sowie die Innenbesiedlung der Hammaburg samt Domresten zu erfassen Die Anlage der Ost-West-Straße (heute Ludwig-Erhardt-Strasse) veränderte das Strassensystem der Altstadt entscheidend. Die ursprünglich zwischen Speersort und Schopenstehl parallel zum Pressehaus verlaufende Domstraße, schneidet als Zubringer zur Ost-West-Achse seit 1955 den Nord-Osten des alten Dombezirkes als Grünfläche ab. Auf dem größeren südlichen Teil, einem Parklplatz, fand von 1979-1987 die als Domplatzgrabung bekannte Untersuchung statt, bei der das Gelände großflächig untersucht wurde.

Das heutige Geländerelief der hamburger Innenstadt, ist das Ergebnis eines jahrhundertelangen Besiedlungprozesses, der ursprüngliche Landschaft völlig verändert hat. Im 7. Jahrhundert n. Chr. floss der Alsterlauf in einer breiten Senke zwischen den heutigen Stadtteilen Uhlenhorst und Harvestehude. Kurz vor dem Eintritt in die Elbmarsch wird der Mündungsbereich der Alster von einer von Osten kommenden Geestzunge verengt, die zum in der Nacheiszeit stark ausgespülten Prallhang (ursprüngliches Ufer) der Elbe gehört. Durch die so entstandene Alsterfurt in der Gegend der heutigen Strassenzüge Große Burstah und Graskeller führt ein von Lauenburg über Geesthacht und Bergedorf kommender Handelsweg weiter nach Westen. Die Geestzunge wird im Osten von einem Geländeeinschnitt des Geestrückens begrenzt, im Süden fällt der Prallhang zur Elbe mit einem Höhenunterschied von 8 Metern steil ab und im Westen ist das Gelände ebenfalls abschüssig. Lediglich im Norden bildet die Geestzunge ein Plateau, das dann zur Alsterschleife hin abfällt. Das Gelände ist also von drei Seiten natürlich geschützt. Auf dieser Geestzunge sind die Ursprünge der Stadt Hamburg zu suchen.

Die Doppelkreisgrabenanlage

Aufgrund der günstigen Lage der Geestzunge an der Alster, ist es kaum verwunderlich das dort auch schon vor der fränkischen Hammaburg gesiedelt wurde. Schindler erfasste in seinen Grabungen mehrere muldenförmige Eintiefungen, die er als Überreste sächsischer Siedlungsgruben und Grubenhäuser deutete. Bei den Ausgrabungen von 1979-1987 wurde aber klar, dass es sich bei den Eintiefungen um die Überreste zweier Kreisgräben handelt. Der kleinere, innere dieser Gräben hatte einen Innendurchmesser von ca. 48 Metern, der grössere, äussere Graben einen Innendurchmesser von ca. 65 Metern. Beide Gräben laufen parallel von Südwesten ringförmig nach Südosten, wobei der Befund an der Steilkante zum Schopenstehl im Süden abbricht. Reste eines Walles sind nicht nachzuweisen. Es ist auch unwahrscheinlich das es einen Wall gegeben hat, da der Abstand zwischen den Gräben zu gering ist, um einen Wall von ausreichender Höhe zur Verteidigung zwischen ihnen zu errichten. Ob es sich bei beiden Gräben um eine Anlage handelt, oder der äussere Graben eine Erweiterung des inneren und damit eine zweite Bauphase ist, lässt sich nicht eindeutig klären. Der Verlauf der Gräben lässt aber ein zeitgleiches bestehen vermuten. Auf eine Innenbebauung der Anlage gibt es keine Hinweise, dazu muss aber gesagt werden, das sdie Fläche der Anlage vor dem Bau der Hammaburg komplett planiert wurde. Form der Anlage und Keramikfunde lassen auf sächsische Erbauer schliessen. Schindler interpretierte den Fund von einzelnen slawischen Keramiken darauf, dass Obotriten in der Zeit ihrer Herrschaft über Nordalbingien auf dem Gebiet der Hammaburg siedelten. Dies ist aber unwahrscheinlich, da es keinerlei weitere Belege für eine slawische Siedlung gibt. Vielmehr ist anzunehmen, dass es sich bei den Keramiken um Tauschgüter aus den Handelsbeziehungen zwischen Slawen und Sachsen handelt.

Die Aussenbefestigungen der Hammaburg

Es muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass die Rekonstruktion, die wir heute von der Hammaburg kennen, weitestgehend auf Spekulationen beruht. Es liegt in der Natur von ständig besiedeltem und ständig überbauten Gelände, dass ältere Siedlungsreste zu grossen Teilen unrekonstruierbar zerstört werden. im Falle der Innenstadt Hamburgs kommt noch hinzu, dass nie die gesamte Fläche des zu untersuchenden Areals ausgegraben werden konnte. So ist es kaum verwunderlich, dass Schindler (wie oben erwähnt) in den fünfziger Jahren eine Fehlinterpretation der sächsischen Siedlungsperiode getroffen hatte. Die Rekonstruktion der Hammaburg, die Schindler erstellte, muss nach der Domplatzgrabung im Detail auch angezweifelt werden. Trotz allem wird im folgenden die Rekonstruktion nach Schindler dargestellt, weil es sich bei ihr um die einzige vollständige handelt und sie auf der Rekonstruktion von vergleichbaren karolingischen Anlagen beruht. Details in der Rekonstruktion, die durch die Domplatzgrabungen angezweifelt werden müssen, werden, zum besseren Verständnis, in der hier vorliegenden Darstellung gesondert aufgeführt. Nach Schindler umfasste die Fläche der Hammaburg ein Gebiet von ca. 130x130 m, also in etwa einen Hektar. Diese Fläche wurde von einem hölzernen Palisadenwerk umschlossen, das mit Erde ausgefüllt war. Die durchschnittliche Wallhöhe betrug 5 bis 6 m. Die Anlage hatte im Grundriss ungefähr die Form eines Rechteckes, dessen Ecken abgeschrägt oder gerundet waren. Infolge der verschiedenen Geländeformen, war die Hammaburg, nach Schindler, befestigungstechnisch kein einheitliches Gebilde. Jede der vier Wallflanken zeigte eine dem Bodenrelief angepasste Bauart. Im Norden der Hammabueg war das Gelände eben und am höchsten, mutmaßlichen Angreifern standen also keine natürlichen Hindernisse im Weg. Entsprechend stark musste dort also die Befestigung sein. Der Erdwall der Hammaburg hatte hier seine stärkste Breite (ca. 14m) und seine größte Höhe (ca. 7m). Nach Schindler wurde das Holz für die Palisade mit Äxten, in Form eines Sektorenschnittes, aus einem Stamm gespalten. Jeder der so gespaltenen Bohlen hatte einen einen keilförmigen Querschnitt und eine breite Rindenseite. Diese Spaltbohlen wurden, wechselseitig mit den Breitkanten, senkrecht aufgestellt. Von oben gesehen ergab dies ein zickzackförmiges Muster. In dieser Stellung stützten sich die gegeneinder gepressten Bohlen gegenseitig und machten damit tragende Querverstrebungen unnötig. Die Palisadenvorderwand war etwa sechs bis sieben Meter hoch. Da die senkrecht aufgerichteten Bohlen bei dieser Länge dem Erddruck der Wallfüllung nicht gewachsen gewesen wären, halbierte man sie und setzte sie auf halber Höhe stufenartig um dreiviertel Meter zurück. Das Füllwerk hinter der Holzwand bestand zunächst aus steifem, festgestampften Lehm, der dem Ganzen einen mauerartigen Halt verlieh. Die Wallbekrönung aber war aber mit starken Lagen von Heidesoden gefestigt. Die innere Wallfüllung, die, auf einem Holzrost ruhend, schwache Spuren eines unregelmässigen Holzgerüstes aufwies, bestand aus Sand und Soden. Zum Burginnern hin war der Erdwall terrassenförmig abgestuft. Um den Burgwachen und Verteidigern ein rasches Aufsteigen zur Brustwehr auf der Wallkrone zu ermöglichen, war ein breiter Treppenaufgang eingebaut, dessen Stufen vorn mit Brettern abgestützt und auf der Trittfläche mit Grassoden belegt waren. Eine schwache Schräge führte von der senkrechten Aussenpalisade in den 7 m breiten und 2 m tiefen Wallgraben hinab. Dieser Graben nimmt fast die halbe Breite der heutigen Speersort-Strassenfahrbahn ein. Auf der Westseite der Hammaburg wählten die Erbauer eine andere Wallkonstruktion. Den Geländeabfall ausnutzend, grub man die senkrechte Vorderpalisade auf halbem Hang in die Erde ein. Her standen die einzelnen Planken jedoch nicht im Zickzack, sondern waren in gerader Linie aufgereiht. Eine solche Bohlenwand musste durch Querstreben zusammengehalten werden. Der Hohlraum zwischen Vorderpalisade und dem Hang wurde mt Erdreich aufgefüllt. Hier konnte man den Wehrgang auf der Wallkrone, ohne den Einbau von Treppen und ohne Zuhilfenahme von Leitern erreichen. Vor der Westpalisade lagen zwei Gräben. Der unmittelbar vor der Palisade befindliche Graben, war kaum einen Meter breit und nur 60 bis 80 cm tief. Der äussere Graben, der im nördlichen Abschnitt ebenfalls eine geringe Breite hatte, verbreiterte sich nach Süden beträchtlich. Am Übergang von Geest zu Marsch nahm er fast die ganze Breite der heutigen Schmiedestraße ein. Er war so tief, das er im südlichen Abschnitt möglicherweise Wasser führte. Beim Südwall wurde das Bauprinzip des Westwalles beibehalten, einen Graben anzulegen erübrigte sich wegen des sumpfigen Vorgeländes. In der Südwestecke der Befestigungsanlage vermutete Schindler auch das Haupttor der Hammaburg. Über die Ostbegrenzung ist nichts bekannt, sie wird sich aber vermutlich auch dem Bodenrelief angepasst haben.

Die Domplatzgrabungen von 1979 bis 1987 haben insbesondere an Schindlers Rekonstruktion des Nordwalles Zweifel aufkommen lassen._Caroline Schulz_ zweifelt an der Zugehörikeit der Terrassenkonstruktion zur Hammaburg. Sie geht davon aus, dass diese Konstruktion einem späteren Bauwerk zuzuordnen sei, da die Bodenschicht zwischen Palisade und Hinterbau stark gestört ist. Das heisst, das Palisade und Terrassenkonstrukt nicht in ein und derselben natürlichen Schicht gefunden wurden und daher die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Bauwerke aus verschiedenen Bauperioden stammen. Es sei aber hierbei bemerkt, dass die oben erwähnte Überbauung des Areals, zu einer Störung der Schichten beigetragen haben könnte. Schulz vermutet zudem, dass sich das Haupttor der Hammaburg eher in der Mitte des Westwalles befand, statt im Südwesten. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, dass auch Schindler, in seiner zeichnerischen Rekonstruktion der Hammaburg, das Haupttor in die Mitte des Westwalles gesetzt hat. Nach Schulz wurden bei holzbiologischen Untersuchungen, bei den Befunden der Domplatzgrabung, die Holzarten Esche, Erle, Eche, Buche, Hainbuche, Birke und Pappel fesgestellt. Aufgrund ihrer Haltbarkeit, ist Eiche die einzige Holzart die für die Befestigungen verwendet werden konnte. Die anderen Holzarten sind daher der Innenbebauung zuzuordnen.

Die Innenbebauung der Hammaburg.

Nach Schulz sind bei der Innenbebauung der Hammaburg insbesondere eine Sickergrube und die mutmaßlichen Überreste des hölzernen Domes von Interesse. Die Sickergrube befindet sich im südlichen Teil der Hammaburg und ist ca. 2 Meter tief. Nach Aufgabe der Sickergrube wurde der Schacht mit Abfällen aufgefüllt. Bei diesen Abfällen handelt es sich um mit Feldsteinen versetzten, stark humosen, sandigen Lehm, Zweige, abgebeilte Holzstücke, Tierknochen und Keramik. Im gesamten umliegenden südlichen Bereich der Hammaburg Innenfläche (und über der Sickergrube), befindet sich eine bis zu einem Meter mächtige Schicht aus Resten der Holzverarbeitung, die mit Schlachtabfällen und Holzkohle vermengt ist. Das vorhandensein einer Sickergrube und der im umliegenden Sediment zurückgebliebenen Abfälle, lässt nach Schulz auf gewerbliche Tätigkeiten im südlichen Bereich der Hammaburg schliessen. Die erste schriftlich belegte Kirche Hamburgs ist Ansgars ecclesia miro opere, die beim Wikingerüberfall 845 (s.o.) zerstört wurde. Im archäologischen Befund sind vier Rechteckspfosten nachzuweisen, die unter dem Mittelschiff des späteren gotischen Domes liegen. Die Lage spricht für einen Sakralbau, doch aufgrund der starken Bodenstörungen in diesem Bereich lässt sich ein Grundriss nicht rekonstruieren. Auch mit rekonstruierten Grundriss lassen sich die Überreste nicht einer Kirche zuordnen. Holzkirchen der karolingischen Zeit lassen sich kaum von profanen Bauten unterscheiden. So spricht für eine Kirche nur die Lage unter dem späteren Dom. Auch lässt es sich nicht aufklären, ob es sich bei dieser mutmaßlichen Kirche um Ansgars handelt, oder um einen späteren Bau. Über die übrige Innenbebauung der Hammaburg lassen sich kaum Aussagen treffen. Die hohe Dichte an Kulturschutt (Überreste von Herdstellen, Keramiktrümmer, etc...)an den Innenseiten der Wallanlagen, lassen Schindler aber zu dem Schluss kommen, dass sich die Bebauung an den Wällen orientierte. Aufgrund dieser Indizien und der allgemeinen Größe der Anlage, geht Schindler zudem davon aus, dass die Zahl der ständigen Bewohner der Hammaburg die 50 Personenmarke wahrscheinlich nicht überstiegen haben dürfte.

Hafen und Vorstadt

An der heutigen Großen Reichenstraße verlief bis 1877 der Reichenstraßenfleet. Schindler stiess hier bei seinen Ausgrabungen auf unbehauene Baumstämme, die parallel zum ehemaligen Ufer geschichtet und zur vorherigen Wasserseite gegen Abrutschen verpflockt worden sind. Schiffanlandungsmöglichkeiten dieser Art, sind für den ganzen nordeuropäischen Bereich des 9. und 10. Jahrhunderts verbürgt. Die älteste bekannte Hafenanlage Hamburgs befand sich also direkt südlich der Hammaburg und ist vermutlich der Zeit Ansgars zuzuordnen. Nach Schindler hat sich die Vorstadt (Wik bzw. suburbium) der Hammaburg vermutlich zwischen Altem Fischmarkt und Rathausstraße erstreckt, genaues kann man aber wiedereinmal nicht sagen. An der Schauenburgerstraße stiess _Schindle_r auf die Überreste von Flechtwandhäusern und Herdstellen. Unter den Funden aus der Schauenburgerstraße befanden sich einige Keramiken, aus denen Schindler auf die ersten Bewohner des Wiks schloss. Die sogenannten Birka- oder Friesenkanne war ein hochwertiges Produkt, das vermutlich nicht vor Ort hergestellt wurde. Nach Schindler handelte es sich daher bei den Bewohnern dieses Teils der Siedlung, wahrscheinlich um Kaufleute, zumindest aber um wohlhabende Personen. Zugleich erleichterte dieser Fund die Datierung der Häuser in die Zeit Ansgars, gelten die Birkakannen doch als zuverlässige Leitfossilien für die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts. Bei vielen anderen Keramiken die Schindler fand, lässt sich eine Beimengung von Muschelgrus feststellen. Schindler nahm dies als Indiz dafür, dass viele der frühen Bewohner des Wiks aus dem südlichen Küstenbereich der Nordsee stammten, wo Muschelgrus häufig in Keramiken verwendet wurde (und sich auch das natürliche Vorkommen der dem Grus zugrunde liegenden Muscheln befand). Natürlich könnten diese Muschelgruskeramiken auch nur Handelswaren gewesen sein. Für diese Theorie spricht, dass gefundene einheimsche Keramiken, aus dieser Zeit, eher schlicht sind und nicht die kunstvollen Verarbeitungen der Muschelgruskeramiken aufweisen. Schindler geht letztendlich, aufgrund der vielen nicht dem hamburger Umland zuzuordenen Funde, davon aus, dass viele der ersten Siedler Händler aus dem westlichen Teil des fränkischen Reiches kamen, die im Schutze der Burg ein neues Handelszentrum gründeten. Die restliche Bevölkerung des Wiks hat sich wahrscheinlich aus einheimischen Sachsen zusammengesetzt. Ob Vorstadt und Hafen zeitgleich, vor oder nach dem Bau der Hammaburg entstanden sind, lässt sich nicht klären..

Schlussbemerkungen und Ausblick auf die weitere Stadtentwicklung Hamburgs

Was ergibt sich nun für uns, aus den historischen und archäologischen Untersuchungen, für die Frühzeit der Stadt Hamburg?

Fest steht, das die Geestzunge zwischen Alster und Bille schon vor dem Bau der Hammaburg von Sachsen besiedelt wurde. Hierfür sprechen die Doppelkreisgrabenanlage und die gefundenen Keramiken.

Über der Doppelkreisgrabenanlage wurde die weitaus grössere karolingische Hammaburg gebaut (Schindler vermutet, dass bei dem Bau der Hammaburg 15.000 bis 20.000 Kubikmeter Erde bewegt und 6000 bis 8000 Bäume verbaut wurden). Wann genau die Hammaburg gebaut wurde, lässt sich weder aus den historischen Quellen noch aus den archäologischen Befunden erschliessen, das gleiche gilt für Vorstadt und Hafen. Fest steht nur, dass Hammaburg und Vorstadt bei Ankunft Ansgars (831/832) und der Gründung des Bistums, schon bestanden haben und das beides bei dem Dänenüberfall 845 zerstört wurde. Die Hammaburg wurde zudem nie wieder aufgebaut. Der ursprünglichen Siedlung, aus der Hamburg später hervorgehen sollte, war somit eine Bestehenszeit von nur wenigen Jahren beschieden. Über die weitere Stadtentwicklung wissen wir folgendes: 858 wurde die 845 zerstörte Kirche wieder aufgebaut. Es ist damit zu rechnen, dass gleichzeitig eine Belebung der Siedlung stattfand, die daraufhin weiter expandierte. In den Jahren 983, 1066 und 1072 wurde Hamburg erneut ein Opfer der Zerstörung durch Invasoren, dies tat aber der kontinuierlichen Besiedlung und Expansion keinen abbruch. 1188 wurde die Neustadt gegründet, die das lübische Stadtrecht erhielt. Zehn Jahre später wurde die Neustadt zudem, vom Kaiser, mit umfassenden Handels- und Schifffahrtsrechten ausgestattet. 1225 wurden diese Rechte auf die Altstadt ausgedehnt. Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte wuchs die Stadt stetig. Selbst kriegsbedingte Zerstörungen unterbrachen dieses Wachstum kaum. So entstand, aus dem kleinen Militärposten Hammaburg, letztendlich die heutige Metropole Hamburg.

Es wurde in dieser Arbeit gezeigt, dass die Informationen über die Frühzeit der Stadt Hamburg äusserst dürftig sind. Da es nicht zu erwarten ist, das neue Schriftquellen auftauchen, die weiteren Aufschluss über die Entstehung Hamburgs geben könnten, muss sich die Hoffnung auf weitere Erkenntnisse, auf weitere Ausgrabungen im hamburger Stadtkern stützen.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass 2006 eine weitere Ausgrabung am Domplatz begann, deren Befunde aber bis dato weder publiziert, noch gänzlich ausgewertet wurden. Wer sich für die Berichterstattung über diese Ausgrabung interessiert, sei hiermit an das Online-Archiv des Hamburger Abendblattes verwiesen. Hamburger-Abendblatt-Online

In die hier vorliegende Arbeit wurden Informationen aus der letztgenannten Ausgrabung, aufgrund ihrer mangelnden Vollständigkeit und Auswertung, nicht einbezogen.

Didaktische Überlegungen

Abschliessend folgen hier nun Überlegungen für die praktische Anwendung im Schulunterricht, auf Basis der in der hier vorliegenden Arbeit ausgearbeiteten Erkenntnisse.

Abgesehen davon, dass für jeden Schüler die Ursprünge seiner Heimatstadt interessant sein sollten, bietet es sich hier an, die archäologischen Aspekte besonders zu berücksichtigen. Aufgrund der Tatsache, dass zukünftige archäologische Ausgrabungen im innerstädtischen Raum immer neue Erkenntnisse bringen (sogar eine stattfand deren Ergebnisse noch gar bekannt sind), bietet es sich für Schüler an, die neuen wissentschaftlichen Erkenntnisse mit dem gängigen Bild der Hammaburg (und auch mutmaßlichen "veralteten" wissentschaftlichen Darstellungen) abzugleichen. Dies kann z.B. in Form von Referaten über die Ausgrabungen ausgearbeitet werden. Natürlich bietet gerade dieser Themenkomplex auch einen Anlass für Exkursionen, die z.B. zum Domplatz oder dem Museum für hamburgische Geschichte führen könnten.

Anhang

Literaturverzeichnis

Busch, Ralf: Mittelalterliche Stadtarchäologie im Zentrum Hamburgs, in: Ralf Busch (Hg.): Domplatzgrabung in Hamburg, Bd1, Neumünster 1995.

Hansen, Walter: Aus der Vorzeit von Hamburg und Umgebung. Beiträge zur Kenntnis der vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung des Niederelbegebiets, Hamburg 1933.

Schindler, Reinhard: Ausgrabungen in Alt Hamburg. Neue Ergebnisse zur Frühgeschichte der Hansestadt, Hamburg 1957

Schulz, Caroline: Die Befunde auf dem Hamburger Domplatz, in: Ralf Busch (Hg.): Domplatzgrabung in Hamburg, Bd1, Neumünster 1995.

Theuerkauf, Gerhard: Die Hamburger Region von den Sachsenkriegen Karls I. bis zur Gründung des Erzbistums (772-864), in: Ralf Busch (Hg.): Domplatzgrabung in Hamburg, Bd1, Neumünster 1995.

Quellenverzeichnis

Markt in Hamburg vor 888, in: Bremisches Urkundenbuch, 1. Bd. Bremen 1873, Nr. 7. Deutsche Übersetzung: Quellen zur Geschichte Hamburgs im Mittelalter, übers. Gerhard THEUERKAUF, in: Geschichte und Politik in der Schule 21, 2 (1986), S. 36.

Die Anfänge Hamburgs, in: Rimbert: Vita Anskarii. cap. 12, S. 33f. hrsg. von G. Waitz, Hannover 1884. Deutsche Übersetzung: Quellen zur Geschichte Hamburgs im Mittelalter, übers. Gerhard THEUERKAUF, in: Geschichte und Politik in der Schule 21, 2 (1986), S. 31.

Die Wikinger, in: Rimbert: Vita Anskarii. cap. 16, S. 50-53. hrsg. von G. Waitz, Hannover 1884. Deutsche Übersetzung: Quellen zur Geschichte Hamburgs im Mittelalter, übers. Gerhard THEUERKAUF, in: Geschichte und Politik in der Schule 21, 2 (1986), S. 32-33.