Alltag im spätmittelalterlichen Hamburg

Bearbeitet von Kathrín Waldmann

Einleitung

Der folgende Beitrag soll einen Einblick über den Alltag im spätmittelalterlichen Hamburg geben. Ich habe den Beitrag in fünf Abschnitte geteilt. Im ersten Abschnitt werde ich auf die Ernährung, im zweiten auf die Kleidung, im dritten auf die Abfallentsorgung, im vierten auf die Hygieneverhältnisse und im fünften Abschnitt kurz auf die Bildung eingehen. Ich habe zusätzlich in diesem Beitrag bildliche sowie schriftliche Quellen zur Veranschaulichung hinzugezogen.

Ernährung

Getreide

Im Mittelalter wurden verschiedene Getreidesorten wie Gerste , Saatweizen, Saathafer, Sandhafer, Dinkel und Roggen angebaut. Das Getreide war sehr wichtig zur Herstellung von Broten, da Brote als Hauptnahrungsmittel galten. Besonders hoch war der Brotanteil bei den ärmeren Schichten. Diese aßen Roggenbrot, während die reichen Schichten bevorzugt Weizenbrot und Gerstenbrot aßen.

Unerlässlich für die Brotversorgung war die Sicherung der Stadtmühlen. Für die Bürger und geistlichen Stiftungen war es deshalb wichtig, Dörfer in näherer Umgebung der Stadt zu Eigen oder zu Lehen zu erwerben, um von dort Getreide für die Stadt zu beziehen. Der Überschuss an Getreide wurde später auf dem städtischen Markt verkauft.

Obst und Gemüse

Obst und Gemüse bauten die Hamburger Bürger in ihren Gemüsegärten vor dem Haus an. Damit konnten sie ihren Bedarf an Obst und Gemüse abdecken. Zuerst in der Stadt selbst, später aber vor den Toren, auf dem Brook, auf den Bleichen und Fluren der niedergelegten Dörfer. Als Gemüse wurden Kohl, Zwiebeln, Steckrüben, Karotten, Bohnen, Erbsen und Rettiche angebaut.

Die Bardowicker (Bardowick=Gemeinde im Landkreis Lüneburg) besaßen einen Grünhandel vor dem Rathaus an der Trostbrücke und verkauften somit Gemüse für die Bürger der Stadt Hamburg. Zum Obst zählten Äpfel, Birnen, Pflaumen, Zwetschgen, Weintrauben, Kirschen, Erdbeeren, Heidelbeeren, Hollunderbeeren, Pfirsiche, Himbeeren, Brombeeren, Quitten, Mandeln, Nüsse, Kastanien, Haselnüsse und Buchecker. Das Obst wurde im Gegensatz zum Gemüse erst später angebaut, da die Menschen frische, rohe Früchte für ungesund hielten.

Fleisch

Neben den Gemüsegärten hatten die Hamburger Bürger auch ihre Tierhaltung. Die Kuh- und Schweineställe waren direkt im eigenen Haus. Jeder Bürger besaß sein eigenes Vieh. Die Tiere waren nicht eingezäunt und so liefen sie frei in der Stadt auf der Straße. Die Schweine kamen, außer von September bis Dezember, jeden Tag auf die Weide. Sie wurden von einem Hirten abgeholt.

1383 war es jedem Bürger freigestellt, wie viele Schweine er halten durfte. Danach durfte man nur noch acht Schweine halten. Die Bäcker durften zwölf Schweine halten. Schweine waren für die Fleischversorgung in der Stadt sehr wichtig und unentbehrlich. 1492 wurde ein Fleischbeschauer eingesetzt. Außer den Schweinen, die für die Fleischversorgung wichtig waren, gab es noch Schafe, Hammel und Lämmer, welche vorwiegend aus Schleswig-Holstein, Hadeln und der Lüneburger Heide transportiert wurden.

Gewürze

Gewürze waren wichtig in der mittelalterlichen Küche. Sie gaben den Gerichten den besonderen Geschmack. Gewürze, wie Koriander, Kerbel, Dill, Gartenmohn, Pfefferkraut, Kümmel, Petersilie, Zwiebel, Lauch, Bohnenkraut, Fenchel, Rosmarin, Pfefferminze, Salbei, Beifuß, Sellerie, Rettich, Lavendel, Estragon und Thymian wurden dafür angebaut. Diese Gewürze nahm man nicht nur zu Fleisch- und Fischgerichten, sondern auch für Biere und Weine.

Verschwendet oder weggeworfen wurde nichts, dafür waren Fleisch und Gemüse zu kostbar. Wenn Reste noch übrig blieben, dann wurden sie an die Schweine und Hunde verfüttert.

Geschirr und Besteck

Das Geschirr und das Besteck wurde im Mittelalter aus Holz angefertigt. Dagegen gab es Trinkgefäße und Krüge aus Gold, Silber oder Bergkristall nur bei den Adligen und Patriziern, welche aber nur bei festlichen Anlässen benutzt wurden. Zum täglichen Gebrauch wurde das Zinngeschirr bevorzugt. Die Teller waren runde Holz- oder Zinnplatten. Zwischen dieses Platten und den Fleischstücken befand sich allgemein eine Brotscheibe, welche die Flüssigkeit aufsaugen sollte.

Das älteste Essbesteck ist der Löffel. Er war wie der Teller auch aus Holz. Im 15. Jahrhundert wurde der Holzlöffel vom Zinnlöffel verdrängt. Die Messer hatte jeder Bürger immer bei sich in seinem Gürtel. Die Gabel ist neben dem Löffel und dem Messer das jüngste Essbesteck. Sie bestand im Spätmittelalter nur aus zwei geraden Zinken und wurde verwendet u.a. für Obst. <

Kleidung

Es gibt leider keine eindeutigen Quellen zur Kleidungsforschung, wie die Bürger sich gekleidet haben, da es nur wenige Grabfunde gibt. Aus archivalischen Quellen, Testamenten oder Kleiderordnungen kann man aber daraus erschließen, welches Kleidungsstück getragen wurde. Die Kleidung war im Mittelalter nicht nur zum Schutz vor der Witterung bestimmt, sondern sie kennzeichnete auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht.

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erließ der Hamburger Stadtrat verschiedene Anordnungen wegen des Kleidungsverhaltens der Stadtbevölkerung, welche in den Burspraken verlesen wurden und öffentlich am Rathaus aushingen oder von den Kanzeln verkündet wurden. Grund für die Kleiderordnungen waren, dass seit dem 14. Jahrhundert das Kleidungsverhalten der weiblichen Stadtbevölkerung zu regulieren suchten und der Kampf gegen den übermäßigen Kleidungsaufwand hervorgehoben. Prächtige Gewänder und Schmuck kosteten ein Vermögen und ein Bürger hätte sich ohne die Kleiderordnung finanziell ruiniert.

Hamburger Kleiderordnung vom 7. September 1500

Quelle (Original)

1. Alße denne de borger dusßer erentriken stad mermalß begerth hebbenn, de tzyringe vnnde kostelheid der frowen to metigende vnnde dar van eyn wandel to makende, derhaluenn de burger myt deme rade eyndrachtigenn hebben bespraken, darupp eyne gude ordinancie to makende; vnnde wo de rath myt den oren schickende vnde vorgande worde, woldenn de borgere achterfolgen, all wordeme dath smyde der kleder ock gantz affleggende vnde vorder nicht gebrukende. Suß iß darvpp vorrameth desßeth nascreuen, dath de rath vnnde borger ernstlick willenn hebbenn geholdenn.

2. Welk man ßyn gud vorschatet vor vifdusent mark edder dar enbauenn, de mach ßyne husfrowen laten dregen eyne gulden keden, wegende thome mesten twyntich Rynssche gulden; darto eyn gulden span myt stenen vnnde parlenn, wegende tome mesten dortich Rinssche gulden; jtem noch twe spanne, eyn von twyntigen, dath ander vonn voffteyn Rynssche gulden.

3. Welk man ßyn gud vorschatet vor dre dußenth mark edder dar enbauen doch benedden viffdußenth mark, deß mach syn frowe eyne keden nycht swarer alße voffteyn Rynssche gulden dregenn; dartho ore beste spann von twyntich Rynssche gulden; dat ander dar negest vnnde dath drudde, elk von teyn Rynssche gulden. Hir to scholenn desßer manne frowen erberorth neyne vodere dragenn vnder szubenn bether alße achte edder teyn marck thome hogestenn.

4. Welk man ßyn gud vorschatet vor dußent marck edder dar enbauen doch benedden dre dußenth marck, deß mach ßyn husfrowe dragen eyne kedenn, wegende soß Rynssche guldenn vnnde nicht mer; dath beste span nycht bether alße teyn Rynssche gulden vnnde eyn darto nycht ßwarer alße soß Rynssche gulden myt stenen vnnde parlen. Darto eyne ßuben, dath voder nycht bether alße soß mark vngebremeth edder myth grawerke gebremeth.

5. Welk man ßyn gud vorschatet vor viff hunderth mark edder dar enbauennn doch benedden dußenth marken, der manne frowen mogen dregen eyn span vonn viff guldenn.

6. Welk man ßyn gud vorschatet benedden viffhunderth mark, der manne frowen scholen neyne spanne dragenn.

7. Hyr enbauenn schal men neyn vorguldeth smyde, gold, stene offte parlen dregen noch jenige nygicheid von stenen, golde, suluer, zyden offte zyden wande, behaluen to borden, mowen, kragen vnnde borstdokenn, ßo ßetlik vnnde wontlik is, vppnemen offte anstellen; alles by vorlust des jennen, dath ßo bauen both gedregenn werth.

8. Dat ßulue schall ok geholden werden myt den junckfrowenn, de sik schullen schicken nha werde der guder orer olderenn jn stucken vnnde parcilenn wo vorberoret.

9. Jtem frowen, dede wan jn apenbarenn ßunden geleuet vnnde nhu echte menre hebben, scholen neyne stene, parlen offte gold noch ßuluer vorguldeth, neyn zyden offte zyden wanth draghen; ok neyne voderde kleder offte starkede doke dregen.

10. Jtem neyne denstmegede scholen fluwels, borden offte borstdoke draghenn.

11. Ock scholenn neyne frowenn, jn apenbarenn ßunden leuende, dregen lange hoken, den allene korte manßhoken; ok nyne voderde ßuben, ok neynerleyge klenode von golde offte ßuluer vorguldeth, nene eddele stene, parlen offte krallen noch fluwell, zyden offte cammeloth, by vorlust der guder. Darto wil der rath dat straffen, alße borlick werth ßynde.

Affgekundigeth vnnde publiceret jnt jar veffteynhundert ame mandage vor Vnßer Leuen Frowen dage orer geborth.

übertragen aus: Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 104.

Quelle (übersetzt)

1. Da die Bürger dieser ehrenreichen Stadt mehrmals begehrt haben, die Zierung und Pracht (=Luxus) der Frauen zu mäßigen und zu verändern, haben die Bürger mit dem Rat einträchtig besprochen, darüber eine gute Ordnung zu erlassen; und wo der rat sich mit seinen Frauen anschicken und vorangehen würde, wollten die Bürger nachfolgen, vor allem das Geschmeide für die Kleider ablegen und kein Pelzwerk gebrauchen. Also ist daruafhin dieses Nachfolgende beschlossen worden, was der rat und unsere Bürger ernstlich eingehalten haben wollen.

2. Ein Mann, der sein Vermögen für fünftausend Mark oder mehr versteuert, der darf seine Haisfrau (=Ehefrau) tragen lassen: eine Goldkette mit einem Höchstgewicht von 20 Rheinischen Gulden, dazu eine Goldspange mit Steinen und Perlen von höchstens 30 Rheinischen Gulden, darüberhinaus noch zwei Spangen, eine von zwanzig, die andere von 15 Rheinischen Gulden.

3. Ein Mann, der sein Vermögen für dreitausend bis fünftausend Mark versteuert, dessen Frau darf eine Kette nicht schwerer als 15 Rheinische Gulden tragen, dazu ihre beste Spange von 20 Rheinischen Gulden. Außerdem sollen die Frauen dieser genannten Männer kein Pelzwerk unter den Schauben tragen, welches mehr als höchstens acht oder zehn Mark wert ist.

4. Ein Mann, der sein Vermögen für eintausend bis dreitausend Mark versteuert, dessen Hausfrau darf eine Kette von höchstens 6 Rheinischen Gulden tragen, die beste Spange nicht mehr als zehn Rheinische Gulden und dazu eine Spange mit Steinen und Perlen, die nicht schwere als sechs Rheinische Gulden ist. Dazu eine Schaube, deren Pelzfutter nicht besser als sechs Mark ist und welches unverbrämt oder mit Grauwerk verbrämt ist.

5. Ein Mann, der sein Vermögen zwischen fünfhundert und eintausend Mark versteuert, dessen Frau soll eine Spange von fünf Gulden tragen.

6. Ein Mann, der sein Vermögen unter 500 Mark versteuert, dessen Frau soll keine Spangen tragen.

7. Darüberhinaus soll man kein vergoldetes Geschmeide, Gold, Steine oder Perlen tragen, noch jegliche Neuheit an Steinen, Perlen, Gold, Silber Seide oder Seidengewand anstecken und anlegen, außer an Säumen, Ärmeln. Kragen und Brusttüchern, wie es anständig und üblich ist, alles bei Strafe des Verlusts desjenigen, was trotz der Verbots getrageb wird.

8. Dasselbe soll auch mit den Jungfrauen gehalten werden, die sich nach dem Wert des Vermögens ihrer Eltern richten sollen, wie in den genannten Artikeln und Punkten.

9. Ferner soll keine Dienstmagd Samt, Borten oder Brusttücher tragen.

Abgekündigt und verlesen im Jahr 1500 am Montag vor dem Tag der Geburt unserer lieben Frauen.

Bolland, Jürgen (Hrsg.): Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 104.

Abfallentsorgung

Die Abfallentsorgung stellte in der Zeit des Mittelalters ein großes Problem dar. Hamburg hatte, wie auch viele andere Städte, mit Schmutz und Abfall auf den Straßen zu kämpfen. Eine Kanalisation oder eine Müllabfuhr gab es nicht und so wurden alle Abfälle auf die Straße oder ins Wasser, in die Fleete entleert. (15)

Die hygienischen Gefahren, welche durch Nutzung der Flüsse als Kloaken und Mülldeponien entstanden, wurden bald so groß, dass der Hamburger Rat durch Ausbaggerung der Fleete das Problem beheben wollte. (16)Die Schweinehaltung in der Stadt musste stark eingeschränkt werden, um somit den Gestank und den Schmutz zu vermindern. Später war es jedem Hamburger Bürger nur noch erlaubt acht Schweine zu halten. (17)

Hamburg erließ in einer Bursprake von 1359:

"Strate, brugge vnde market scal man reyne vnde ledich holden, edder man scal dat to der stad behoue nemen, wat man dar vppe vint."

übertragen aus: Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 3.

Diese Bursprake verpflichtete jeden Bürger von Hamburg, Straßen, Brüggen und Märkte rein zu halten. Der Stadtrat wollte mit dieser Verordnung den Schmutz und Abfall in der Stadt in den Griff bekommen.

Hygiene

Badestuben

Im Spätmittelalter war das öffentliche Bad sehr verbreitet und in jeder Stadt zu finden. Sie bildeten eine Stätte öffentlichen Lebens. (18) Oft fand man in fast jeder Straße eine eigene Badestube. Dem ursprünglichen Zweck dienten die öffentlichen Badestuben der Körperreinigung und der Hygiene.(19) Die Badestuben wurden im Jahr 1250 erstmals erwähnt. Sie waren entweder städtischer Besitz oder sie gehörten vermögenden Bürgern, die sie selbst betrieben oder verpachteten. Der Brauch sich täglich zu waschen, war im Mittelalter unbekannt. Ein Bad nahm man entweder sonnabends oder vor hohen Festtagen ein.(20)

Gebadet wurde in Gesellschaft mit Musik, Essen und Trinken und somit waren sie im Mittelalter Orte der feucht-fröhlichen Geselligkeit und des Spielvergnügens. Die Bäder wurden von Anfang an auch als "Herberge der Leichtfertigkeit" und Orte des "frivolen, sündigen Treibens" bezeichnet, wo sich Liebespaare frei treffen konnten.(21) In der Badestube gab es Bader. Die Aufgaben des Baders umfaßten das Waschen, Haareschneiden und Aderlassen, aber auch medizinische Behandlungen wie Brücheheilen und Zähneziehen. Viele Frauen waren im Badebetrieb beschäftigt, deren Aufgabe es war, das Waschen und das Schlagen mit Birkenreisigen. Sie gingen dem Bademeister zur Hand, versorgten und unterhielten die Badenden.(22)

Das Baden war gern gesehen und wurde gefördert. Der Badbenutzer musste für die Inanspruchnahme der Badestube sowie für die Bedienung durch einen Bader ein Entgelt entrichten.(23) Im 14. Jahrhundert gab es ein zusätzliches Badegeld für die Handwerkergesellen zu ihrem Lohn. Die Armen durften kostenlos baden.(24) Im Jahr 1375 nahm man in der "settinge der Badestovere" eine zeitliche Trennung der Geschlechter vor. Die Frauen und Männer mussten von da an getrennt baden.(25)

Satzunge der Badestöver von 1375

Quelle (Original)

Bader. Disz ist die Satzunge der Badstöver.

1) Welcher Badstöver sein eigen werden will, der soll Briefe hohlen, dasz er ein ehrlicher Knecht sey und wohlgethan hat, oder aus der Stadt, da er aus geboren ist, nach Sagen der Rathmänner, die mit ihm sitzen in der Morgensprache.

2) Darnach soll er geben 8 Pfennige zu des Werkes Lichten und Leichentuch. Auch soll er geben den Werkmeistern alten und neuen eine Mahlzeit von drey Gerichten, und anders keiner soll allda essen; und mehr Koste soll er nicht thun, als hier vorgeschrieben ist. Wer dies bricht, der soll das bessern mit 3 Mark Silbers.

3) Und welcher Mann, der dies Ampt gewinnt, der soll dieser Stadt geben eine Mark Pfennige, bevor er das Werck angreift.

4) Darnach sollen die Meistere mit ihm gehen vor den Rath auf das Rathhaus und helffen ihm zu der Bürgerschaft aufs Beste, (so) sie mögen.

5) Ferner soll man das Baden also halten, dasz die Frauen sollen baden alle Werkeltage von des Morgens bis zu zwey Uhren des Tages sonder Mann und nicht länger. Von zwey Uhr Zeit Tages sollen die Männer baden, bis man zu dem Thumb Vesper läutet. Von Vesperzeit sollen die Frauens baden bis des Abends sonder Mann. Aber des Sonnabends sollen die Frauens nicht mehr baden denn von des Morgens bis zu zwey Uhr Tages und nicht länger. Und dann so sollen die Männer den gantzen Tag fortbaden.

6) Wäre es auch, dasz der Sonnabend auf einen heyligen Tag käme, so soll man das Baden halten auf den nechsten Werkeltag, der vor den Sonnabend kommt, zu gleicher Weise als auf den Sonnabend.

7) Welcher Badstöver der hieran bricht, also dasz er Männer baden läszt, wann die Frauen baden sollen, oder Männer und Frauens zusammenbaden läszt, der soll dies bessern mit 10 Schillingen dem Rath und 6 Pfennigen dem Ambte. Und disz soll man ihm nicht laszen, also oft als er das thut oder bricht.

8) Und wäre es, dasz etliche Bader vorsetzlich hieran brüchig wurden in einige Jahre (?), der soll Jahr und Tag aus dem Ampte seyn, oder es wäre dann, dasz ihm der Rath begnaden wollte.

9) Welcher Meister des andern Knecht oder Gesellen in Dienst dinget, es sey denn auf Paschen und S. Michaelis Tage, das soll er bessern mit einer Mark Pfenninge dem Rath und mit 2 Schillingen zum Werke zu ihren Lichten und Leichentuch. Und das soll man ihm nicht lassen.

10) Auch welcher Knecht seinem Herren entgehet, der soll in dem Ampte nicht mehr dienen.

11) Es soll auch Niemand in dem Ampte, er sey selber Herr oder Knecht, den andern vor dem Rath verklagen oder einen Diener (Urt. bodel) senden, er habe ihn denn erst vor den Werkmeistern verklaget, behalven umb Blut, umb Blau und Brüche, das einen an seinen Leib oder an seine Gesundheit (geht). Wer dies bricht, der soll das bessern mit 6 Pfennigen und 10 Schillingen.

12) Auch die Baderknechte sollen binnen dieser Stadt inzwischen nicht höher dobbeln oder wetten oder mit einigen Dingen spielen den umb 2 Pfennige zum Bier. Wer das bricht, der soll das bessern mit 6 Pfennigen zum Werke.

13) Ferner so soll kein Knecht aus seines Herren Hause gehen barfusz und bloszen Hauptes weiter, denn sein Staven kehret. Wer das bricht, der soll das bessern mit 6 Pfennigen dem Werke.

14) Würde einig Knecht ein böses Gerüchte übersprochen in dem Ampte, und möchte derjenige des nicht vollenkommen, der ihme das übersprochen hat, der soll das bessern nach Stadtrecht.

15) Welcher Mann die Morgensprache versäumet, wann er darin gefodert ist und gesund ist, der soll das bessern mit 6 und 10; versäumet er die Morgensprache zum zweiten Male, der soll es bessern mit twiege 6 und 10; versäumet er sie zum dritten Male, so soll er des Amptes ein Jahr lang entbehren, es wäre dann, dasz ihm der Rath begnaden wolte.

16) Auch welcher Mann zu späte kommt in der Morgensprache, also wenn die Herren sind sitzen gegangen und die Morgensprache geheget ist, der soll das bessern mit 6 dem Werke.

17) Wann eine Leiche ist in dem Ampte auf einen heyligen Tag zu begraben, da sollen zukommen alle diejenigen, die in dem Ampte sind, die Geld verdienen, vor das Haus, dar das Leich innen ist, und sollen mit fortfolgen zu dem Grabe, ohne ein Knecht und eine Magd soll jeglichem Haus bleiben. Und da eine Leiche auf einen Werkeltag begraben wäre, so sollen aus jedem Hause zwei Männer oder zwey Frauen vor das Haus kommen, da das Leich innen ist, und sollen fort mitfolgen zum Grabe. Werd dies bricht und dieses nicht thut, der soll dies bessern mit 6 dem Werke. Und keine Unkosten soll man thun von einem Kinde, das verstirbet aus dem Ampte.

18) Fernerhin soll ein jeder Amptmann Hochzeiten, Kinderbier und alle Köste halten bey der Brüche, als es von der Laube gekündigt ist.

19) Alle diese vorgeschriebenen Stücke soll ein jeder im Ampte halten, also lange bis der Rath anders was zu Rathe wird.

(Hochdeutsche Uebersetzung auf Papier aus dem Jahre 1726, die 1732 nach einer Abschrift von 1694 dem Reichskammergericht eingereicht wurde. Stadtarchiv)

aus: Die ältesten Hamburgischen Zunftrollen und Brüderschaftsstatuten

Die Satzung der "Hamburger Badestöver" als der ältesten bekannten Baderzunft.

Bildung

Das Mittelalter kannte keine Volksschule, da sie im Widerspruch zur römischen Hierarchie stand. Die vorhandenen Schulen dienten den kirchlichen Zwecken.(26) Das Kloster Harvestehude war für Mädchen eine der wenigen Ausbildungsstätten der Umgebung. Sie boten hier eine vernünftige Schulbildung an. Dort wurde Schreiben und Lesen gelernt. Aber auch Hausarbeit und gutes Benehmen, Tugendhaftigkeit und Gesang sollten die Töchter der Oberschicht lernen.(27) Außerdem musste für die Ausbildung ein Entgelt bezahlt werden.(28)

Die Hamburger Kaufleute schickten die Töchter gern ins Kloster zur Ausbildung, da sie später Ehefrauen bzw. Mitarbeiterinnen von Kaufherren werden sollten. Im Kontor, Haushalt oder bei der Mitarbeit in größeren Braubetrieben war es wichtig, dass die Frau gut lesen und schreiben konnte. Eine ordentliche Ausbildung im Kloster Harvestehude konnte auch die Heiratsfähigkeit eines Mädchens der Hamburger Oberschicht erhöhen.(29)

Anmerkungen

(1) Vgl. Vogt-Lüerssen, Der Alltag im Mittelalter, S. 81f.

(2) Vgl. Jochmann/Loose, Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, S. 104ff.

(3) Vgl. Jochmann/Loose, Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, S. 104ff.

(4) Vgl. Vogt-Lüerssen, Der Alltag im Mittelalter, S. 82

(5) Vgl. Klessmann, Geschichte der Stadt Hamburg, S. 69

(6) Vgl. Vogt-Lüerssen, Der Alltag im Mittelalter, S. 82

(7) Vgl. Jochmann/Loose, Hamburg, Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, S. 104ff.

(8) Vgl. Klessmann, Geschichte der Stadt Hamburg, S. 68f.

(9) Vgl. Vogt-Lüerssen, Der Alltag im Mittelalter, S. 84

(10) Vgl. Bracker, Die Hanse, Bd. 1, S. 406

(11) Vgl. Vogt-Lüerssen, S. 96

(12) Vgl. Vogt-Lüerssen, S. 96f.

(13) Vgl. Bracker, Die Hanse, Bd. 1, S. 402

(14) Vgl. Rogge, Zwischen Moral und Handelsgeist, S. 152

(15) Vgl. Klessmann, S. 68

(16) Vgl. Schubert, S. 102

(17) Vgl. Klessmann, S. 68

(18) Vgl. Gail, Die Rechtsverfassung der öffentlichen Badestuben, S. 58

(19) Vgl. Hemmie, Ungeordnete Unzucht, S. 144

(20), Vgl. Klessmann, Geschichte der Stadt Hamburg, S. 70f.

(21), Vgl. Hemmie, Ungeordnete Unzucht, S. 145

(22), Vgl. Hemmie, Ungeordnete Unzucht, S. 144f.

(23), Vgl. Gail, S. 66

(24), Vgl. Klessmann, S. 71

(25), Vgl. Hemmie, S. 147

(26), Vgl. Schumann, S. 11

(27), Vgl. Urbanski, S. 64%

(28), Vgl. Urbanski, S. 67

(29), Vgl. Urbanski, S. 64

Quellen- und Literaturverzeichnis

  • Bolland, Jürgen (Hg.): Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 104.

  • Bolland, Jürgen (Hg.): Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 3.

  • Bracker, Jörgen: Die Hanse. Lebenswirklichkeit und Mythos. Eine Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte in Verbindung mit der Vereins- und Westbank, Hamburg 1989.

  • Gail, Wilhelm: Die Rechtsverfassung der öffentlichen Badestuben vom 12. bis 17. Jahrhundert, Köln 1940.

  • Hemmie, Dagmar M.H.: Ungeordnete Unzucht. Prostitution im Hanseraum (12.-16. Jahrhundert), Lübeck/Bergen/Helsingör, Köln 2007.

  • Jochmann, Werner/Loose, Hans Dieter: Hamburg. Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, Bd. I, Hamburg 1982.

  • Klessmann, Eckart: Geschichte der Stadt Hamburg, 7. Aufl., Hamburg 1994.

  • Krizek, Vlademir: Kulturgeschichte des Heilbades, Stuttgart/Berlin/Köln 1990.

  • Pagel, Karl: Die Hanse, Bd.1 und Bd. 2, Braunschweig 1983.

  • Rogge, Roswitha: Zwischen Moral und Handelsgeist. Weibliche Handlungsräume und Geschlechterbeziehungen im Spiegel des hamburgischen Stadtrechts vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, Frankfurt/Main 1998.

  • Rüdiger, Otto: Die ältesten Hamburgischen Zunftrollen und Brüderschaftsstatuten, Glashütten im Taunus 1976.

  • Schubert, Ernst: Alltag im Mittelalter. Natürliches Lebensumfeld und menschliches Miteinander, Darmstadt 2002.

  • Schumann, Heinrich: Geschichte des hamburgischen Landschulwesens, Hamburg 1903.

  • Urbanski, Silke: Geschichte des Klosters Harvestehude. "In valle virginum", Annäherung an die wirtschaftliche, soziale und religiöse Entwicklung eines Nonnenklosters bei Hamburg (1245-1530), 2. Aufl., Hamburg 2001.

  • Vogt-Lüerssen: Der Alltag im Mittelalter, Mainz-Kostheim 2001.