Quellenpaket 27

Bearbeitet von Susanne Grünewald

Hamburger Kleiderordnung vom 7. September 1500

Zusammenfassung der Quelle

Bei der vorliegenden Quelle "Hamburger Kleiderordnung vom 7. September 1500" handelt es sich um einen Beschluss des rates der Stadt Hamburg. In dem Beschluss wird genau festgelegt, welche Frauen welche Kleider und welchen Schmuck tragen dürfen. Dabei werden die Frauen in Gruppen eingeteilt, die sich nach den Steuerklassen ihrer Ehemänner richten, bzw. denen ihrer Väter, wenn sie noch nicht verheiratet sind.

Die Quelle: Hamburger Kleiderordnung vom 7. September 1500

  1. Da die Bürger dieser ehrenreichen Stadt mehrmals begehrt haben, die Zierung und Pracht (=Luxus) der Frauen zu mäßigen und zu verändern, haben die Bürger mit dem Rat einträchtig besprochen, darüber eine gute Ordnung zu erlassen; und wo der rat sich mit seinen Frauen anschicken und vorangehen würde, wollten die Bürger nachfolgen, vor allem das Geschmeide für die Kleider ablegen und kein Pelzwerk gebrauchen. Also ist daruafhin dieses Nachfolgende beschlossen worden, was der rat und unsere Bürger ernstlich eingehalten haben wollen.
  2. Ein Mann, der sein Vermögen für fünftausend Mark oder mehr versteuert[1], der darf seine Haisfrau (=Ehefrau) tragen lassen: eine Goldkette mit einem Höchstgewicht von 20 Rheinischen Gulden[2], dazu eine Goldspange mit Steinen und Perlen von höchstens 30 Rheinischen Gulden, darüberhinaus noch zwei Spangen, eine von zwanzig, die andere von 15 Rheinischen Gulden.
  3. Ein Mann, der sein Vermögen für dreitausend bis fünftausend Mark versteuert, dessen Frau darf eine Kette nicht schwerer als 15 Rheinische Gulden tragen, dazu ihre beste Spange von 20 Rheinischen Gulden. Außerdem sollen die Frauen dieser genannten Männer kein Pelzwerk unter den Schauben[3] tragen, welches mehr als höchstens acht oder zehn Mark wert ist.
  4. Ein Mann, der sein Vermögen für eintausend bis dreitausend Mark versteuert, dessen Hausfrau darf eine Kette von höchstens 6 Rheinischen Gulden tragen, die beste Spange nicht mehr als zehn Rheinische Gulden und dazu eine Spange mit Steinen und Perlen, die nicht schwere als sechs Rheinische Gulden ist. Dazu eine Schaube, deren Pelzfutter nicht besser als sechs Mark ist und welches unverbrämt oder mit Grauwerk[4] verbrämt ist.
  5. Ein Mann, der sein Vermögen zwischen fünfhundert und eintausend Mark versteuert, dessen Frau soll eine Spange von fünf Gulden tragen.
  6. Ein Mann, der sein Vermögen unter 500 Mark versteuert, dessen Frau soll keine Spangen tragen.
  7. Darüberhinaus soll man kein vergoldetes Geschmeide, Gold, Steine oder Perlen tragen, noch jegliche Neuheit an Steinen, Perlen, Gold, Silber Seide oder Seidengewand anstecken und anlegen, außer an Säumen, Ärmeln. Kragen und Brusttüchern, wie es anständig und üblich ist, alles bei Strafe des Verlusts desjenigen, was trotz der Verbots getrageb wird.
  8. Dasselbe soll auch mit den Jungfrauen gehalten werden, die sich nach dem Wert des Vermögens ihrer Eltern richten sollen, wie in den genannten Artikeln und Punkten.
  9. Ferner soll keine Dienstmagd Samt, Borten oder Brusttücher tragen.

Abgekündigt und verlesen im Jahr 1500 am Montag vor dem Tag der Geburt unserer lieben Frauen.

Bolland, Jürgen (Hrsg.): Hamburgische Burspraken 1346 und 1594, mit Nachträgen bis 1699, Teil 2: Bursprakentexte, Hamburg 1960, Nr. 104.


Hamburger Bestimmungen für Prostituierte von 1483

Zusammenfassung der Quelle

Bei dieser Quelle handelt es sich ebenfalls um einen Beschluss des Rates der Stadt Hamburg von 1483, in welchem es um Bestimmungen für Prostituiert geht. Der Rat verfügt darüber, dass Prostituierte sich in allen Dingen deutlich von den "ehrbaren" Frauen unterscheiden, sowohl in den Aufenthalts- und Wohnorten als auch in der Kleidung und dem Schmuck. Des Weiteren wird beschlossen, dass eine Frau ihren einmal verlorenen guten Ruf auch durch eine Heirat nicht wiedererlangen kann.

Hamburger Bestimmungen für Prostituierte von 1483

Die gemeinen wandelbaren Frauen betreffend, so will ein Rat denn ernstlich und bestimmt eingehalten haben, daß sie auch keine Kirchhöfe oder Hauptstraßen, wo täglich Bürger und Bürgerinnen, Jungfrauen, Frauen und Männer zur Kirche gehen, bewohnen sollen; man soll ihnen auch in solchen Straßen keine Häuser, Kammern oder Buden noch Keller verhuren (=vermieten); wer das tut, der soll das nach Belieben des Rates büßen.

Eine Frau, die berüchtigt ist, so daß es in den Straßen, Badstuben und Mühlen bekannt ist, die soll keine Zierung wie andere ehrbare Frauen tragen; wenn eine dagegen verstößt, soll man es ihr nehmen lassen zu der Stadt Behuf.

Welche berüchtigte Frau einen Mann zur Ehe nimmt, und will unter dem Schein wie ehrbare Frauen gehen, das soll nicht sein; wenn sie wie die ehrbaren Frauen mit Zierung gehen will, die Zierung soll auch verboten sein.

Einer Magd, die berüchtigt ist, so daß es bekannt ist, soll man die Haube senden, und sie soll danach nicht anders gehen.

Auch begehren die Bürger, daß man einmal jährlich mit dem Banner herumgehe und die gemienen Huren an einen geziemenden Ort bringen. (Möglicherweise war hiermit die Zwangseinweisung in das städtische Bordell gemeint. Dort standen die Prostituierten unter Aufsicht des sogenannten Frauenwirts (oder der -wirtin). Die mittelalterlichen Bordelle zahlten Abgaben an die Stadt, so daß der Rat von der Prostitution profitierte. Aus süddeutschen Städten sind Zwangseinweisungen überliefert.)

Rezeß 1483, in: Lünig, Johann Christian (Hrsg.): teutsches Reichs-Archiv Pars Specialis, continuatio IV, Bd. 2, Leipzig 1714, S. 957-965, hier S. 963.


Anmerkungen

1. Die mittelalterlichen Stadtbürger versteuerten ihr Vermögen aufgrund ihrer Selbsteinschätzung. Dies beinhaltete die Gefahr der Steuerhinterziehung, wenn Bürger ihr Vermögen bewusst unter Wert versteuerten. Auf der anderen Seite brachten hohe Steuern auch das Recht mit sich, Luxus als Statussymbol in der Öffenlichkeit zu zeigen.

Aus: Rogge, Roswitha; Wacker, Hildegard: Von ehrbaren Hausfrauen und berüchtigten Frauenpersonen. Frauen und Konfliktregelung in Hamburg im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, Hamburg 1998, S. 12.

2.Der Gulden (abgeleitet von "golden" bzw. "gülden" oder "goldener") ist eine früher gebräuchliche Münze (ursprünglich aus Gold, daher der Name, später auch aus Silber) und die damalige Hamburger Währung.

Der Rheinische Goldgulden (florenus Rheni) entstand, nachdem die Kurfürsten von Köln, Trier und Mainz ihre Unterstützung bei der Wahl Karls IV. sich mit einem Goldmünzprivileg (das Recht leitete sich aus der Goldenen Bulle ab) belohnen ließen. Trier erhielt das Privileg am 25. November 1346, Köln am 26. November 1346 und Mainz am 22. Januar 1354.

Der Rheinische Goldgulden war bis in die Neuzeit von zentraler Bedeutung für das deutsche Geldwesen. Er entwickelte sich zur verbreitetsten Fernhandelsmünze in Böhmen, Ungarn, Deutschland, der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, Spanien und Frankreich. Nicht nur Gold-, sondern auch Silbermünzen wurden in ihrem Wert nach rheinischen Gulden bewertet und damit ihr Kurs (Zahlwert) festgesetzt.

3. Eine Schaube war ein vorne offenens, weitärmeliges Überkleid, das mit Pelz gefüttert war. Obwohl viele Männer diese Art von Gewändern trugen, wurden ihnen keine diesbezüglichen Vorschriften gemacht.

4. Mit "Grauwerk" ist das Fell des sibirischen Eichhörnchens gemeint. Die Hamburger handelten mit Russland und konnten so diese begehrten Pelze beziehen.