Quellenpaket 28

Bearbeitet von Karin Knebel


Zusammenfassung der Beginenordnung von 1440

Die Beginenordnung von 1440 ist als Rechtsquelle im kirchlichen Raum einzuordnen. Es handelt sich hierbei um Ordensregeln, die vom Hamburger Dekan Nicolai für den Beginenkonvent verfasst wurden. Aus der Einleitung der Beginenordnung wird deutlich, dass Nicolai in seiner Funktion als Dekan zugleich Vorsteher und Richter des Beginenkonvents war. Die vorliegende Beginenordnung von 1440 ist eine Ergänzung der bereits bestehenden Ordnung von 1360, die u. a. vom Bremer Erzbischof Gottfried und dem damaligen Hamburger Dekan Johann verfasst wurde. Die Regeln der älteren Ordnung blieben somit in Kraft, wurden aber in gewissen Punkten präzisiert und erweitert. Ein Vergleich beider Ordnungen soll an anderer Stelle stattfinden. Im Folgenden sei lediglich der Inhalt des ergänzenden Regelwerks von 1440 zusammengefasst.

Zunächst widmet sich Nicolai den Voraussetzungen für die Aufnahme in den Beginenkonvent. So muss jede Schwester den Bezug einer jährlichen Rente von 2 Mark nachweisen, die nach ihrem Tod weiter dem Konvent zukommen soll. Darüber hinaus darf das Eintrittsessen für Beginen und Freunde in Zukunft nicht mehr so aufwendig wie bisher ausgerichtet werden, da sonst ärmere Frauen vom Eintritt in den Konvent abgeschreckt werden würden. Zudem betont der Dekan seine Autorität gegenüber den Beginen, denn die Meisterin des Konvents muss ihm Beginen melden, die sich nicht regelkonform verhalten und darf diese nach Rücksprache mit ihm auch schwer bestrafen. Dies verdeutlicht wiederum eine der Aufgaben der Meisterin im Konvent, die somit als Bindeglied zwischen Dekan und Beginen wirkte. Besonders schwer bestraft wurden Beginen, wenn sie ohne Zustimmung des Dekans oder seiner Nachfolger außerhalb von Hamburg übernachteten. Dies beinhaltet die Formulierung „sie soll ihrer Strafe nicht wissen“, die auf ein hohes Strafmaß schließen lässt. Abschließend wird die Verbindlichkeit und Rechtskraft der Ordnung betont.


Quelle im Original in Mittelniederdeutsch (Transkription der Beginenordnung von 1440)

Nicolai, Decken tho Hamborch/ Gesette und Statuta der Zamelinghe des Convents tho Hamborch vorgeschreven.

In Gades Namen Amen.

Wy Nicolaus, Decken tho Hamborch, Vorweser und Richter der Ehrlicken Zamelinghe des Conventes tho Hamborg. Na Vorlope desser Tide, de nu is, unde andere Tydde ghewesen synt, unde na Ummeständigheit dersulven Zamelinghe, so is Noth, schal de Zamelinghe desullven Convents beständig bliven, unde betert werden dat, men etliche Stucke der Begripinghe dessullven Conventes beter vorandere.

Tho dem Ersten, so sette wy und willen, dat en jewelich Jungfrowe de in desser vorschreven Samelinghe van uns, edder unsen Nakomelingen Decken und Convente tho Hamborg vorbenomet entfangen werden will; de schal altohand alse se entfangen wird, unde is, veertein Marck Penninge, Hamborger Münte, to Beteringhe, unde to Buwe dessulvigen Conventes Huses, der Meisterinnen, de to dersülvigen Tid is dessülvigen Zamelinghe, unde ener jewelicken Jungfrouwen, in dem vorbenomeden Huse, enen Schilling, sunder Vertog rede avertellen und geven.

Und dar na, er se in de Besitthinge der Zamelinghe vullenkamen kamen is, twe Marck jährlicker Rente dersülven Münthe, den Vorstaendern, unde der vorschreven Meisterinne vullenkamen vorwissen.

Welcker twe Marck Geldes desulve, de zo entfangen wert, de Tid eres Levendes, wo se dat nicht mit Undat verwercke, brucken schall, en wen se dot is, edder myt Undat vorwercket, scho schoelen desulven twe Marckn Rente von Stund an tho Behoeff des Conventes kamen, wan averst de Jungfrouwe de so gedan hefft, also vorschreven is, unde na der vorschreven Wyse vullkamen Bedinghe dan hefft, so schal se noch vortmehr ene Koste der vorbenomende Zamelinghe don, unde eren Frunden, de se dartho hebben will, in welcker Koste beth an dese Tid misbruckig gescheheen is, dar de Armen, de deser Zamelinghe begehrden, mede beschwaret worden, ume een Deel, umme der Beschwaringhe willen dersülven Zamelinghe entberen muesten.

Worummme so wille wi disse Koste metigen unde se up ene Moghelicheit setten in dese naschreven wise, dat en islick Jungfrowe, de de entfangen is, unde mit alle dan hefft alse vorne geroeret is, de schal der vorschreven Zamelinghe unde eren Fründen de Koste dohn van tween malen, also Avent und Morghen.

Des Morghens van veren, unde des Avendes van dren moghelicken Richten, unde in jewelicker Maltyd twintig Schöttelen mit des Convents Zamelinghen twe Personen so up en Schottele to reckende unde nicht mehr.

We aver hier baven mehr Richte edder mehr Schoettelen mit des Convents Zamelinghe twe Personen so up ene Schöttelen to reckende gheven edder hedde, dat schal de, na unser edder unser Nakoemmelinghe Willen vullenkamen boeten, unde dar en baven in unse edder unse Nakamelinghe Hande syn, recht dartho don, dat he dat , alse wy vorschreven ghesettet unde ghebaden hebben, sunder Droch edder Behelpinghe jennicherleye Unrechts ghedan hebbet.

Vortmehr, alse in den ersten Begriepe der vorbenömeden Zamelinghe bewart is, welck Junckfrowe van dersülven Zamelinghe der Meisterinnen dessulven Conventes de tho der Tid is, in redlicken Stücken nicht hoeren, edder er Bod nicht holden wolde, de schal de Meisterinne vorbenomet , den Decken, de tho der Eid wesende is, vorstan laten, de schal denne se nur Inleginge, edder mit andern schwaren poene to Horsam bringen, unde nene Mesterinne schal jemand inleggen, edder hoeger poen anlegghen, sunder unser Nakoemlinghe Vullbord und Willen.

Vortmehr schal nene Jungfrowe desses vorschreven Convents buten der Stad Hamborch benachten, sonder unse edder unse Nakömmelinghe Vullbord und Willen, alse fern, alse schwarer poen will anich wesen. Alle dese vorschreven Stuecke will wy holden hebben, sunder jenigherlei Huelprede, de wy ghesettet und macket hebben in den Jar der Bort unses Heren 1440. In Sunte Andreas Abend des hilligen Apostels, unde hebben se to mehrer Wittlichkeit in dat Boeck da des vorbenomeden Convents Zette angheschreven sind, schriven laten unde beten, ock schoelen desse vorschreven Stuekke dem ersten Begriepe der vorbendomenden Zamelinghen, wor se eme nicht apenbar jegenholden edder synt.

aus: St Staphorst I, 4, S. 123-25 Beginenordnung


Übersetzung der Beginenordnung von 1440

Nikolaus, Dekan zu Hamburg/ Gesetze und Statuta der Versammlung des Konvents zu Hamburg vorgeschrieben.

In Gottes Namen Amen.

Wir Nikolaus, Dekan zu Hamburg, Vorsteher und Richter der Ehrlichen Versammlung des Konvents zu Hamburg.

Nach Verlauf dieser Zeit, die nun ist und nachdem Zeit vergangen ist und nach den Umständen, so ist notwendig, dass die Versammlung desselben Konvents bestehen bleibt und verbessert wird, dass man etliche Stücke der Ordnung desselben Konvents zum Besseren verändert.

Erstens, so setzen wir und wollen, dass eine jede Jungfrau, die in dieser vorgeschriebenen Versammlung von uns oder unseren Nachkommen, Dekan und Konvent zu Hamburg vorbenannt, empfangen werden will, die soll unmittelbar, so sie empfangen wird und ist, vierzehn Mark Pfennige, Hamburger Münze, zur Verbesserung und zum Bau desselbigen Konventshauses, der Meisterin, die zu derselbigen Zeit ist, derselben Versammlung und einer jeden Jungfrau, in dem vorbenannten Haus einen Schilling ohne Verzug bar geben.

Und danach, bevor sie in die Mitgliedschaft der Versammlung vollständig gekommen ist, zwei Mark jährlicher Rente derselben Münze, den Vorstehern und der vorgeschriebenen Meisterin vollständig vorweisen. Welche zwei Mark Geldes, dieselbe, die so Zeit ihres Lebens empfangen wird, wo sie dies nicht mit Untat verwirke, gebrauchen soll, und wenn sie tot ist, oder mit Untat verwirkt, so sollen dieselben zwei Mark Rente von Stund an zum Nutzen des Konvents kommen.

Wann aber die Jungfrau, die so getan hat, also vorbeschrieben ist, und nach der vorbeschriebenen Weise vollständig die Bedingungen erfüllt hat, so soll sie fortmehr der vorbenannten Versammlung und ihren Freunden, die sie dazu haben will, eine Verpflegung tun (zubereiten), in welcher Verpflegung bis an dieser Zeit Missbrauch geschehen ist, da die Armen, die in die Versammlung aufgenommen werden wollten, damit belastet worden sind und um der Belastung willen auf die Gemeinschaft verzichten mussten.

So wollen wir diese Verpflegung festsetzen und se auf eine Möglichkeit setzen, in dieser nachgeschriebenen Weise, dass eine jede Jungfrau, die empfangen ist, und alles getan hat, das vorne geregelt ist, die soll der vorgeschriebenen Versammlung und ihren Freunden die Verpflegung von zwanzig Mahlen tun, also Abend und Morgen.

Des Morgens von vier und des Abends von drei möglichen Gerichten und zur jeweiligen Mahlzeit zwanzig Schüsseln mit der Versammlung des Konvents zwei Personen auf eine Schüssel und nicht mehr.

Wer aber hier darüber mehr Gerichte oder Schüsseln mit des Konvents Versammlung zwei Personen so auf eine Schüssel zu rechnen gibt oder gegeben hat, der soll dies nach unser oder unser Nachkommen Willen büßen, und, da darüber in unseren und unseren Nachkommen Händen liegt, verantworten, dass das, was wir vorschrieben gesetzt und gebeten haben, ohne Betrug und in Anspruchnahme eines Unrechts getan wird.

Fortmehr, also in der ersten Ordnung der vorbenannten Versammlung ist bewahrt, welche Jungfrau von derselben Versammlung der Meisterin desselben Konvents, die zu der Zeit ist, in redlichen Stücken nicht hören oder ihr Gebot nicht halten wollte, die soll die Meisterin vorbenannt, dem Dekan, der zu der Zeit ist, vorstehen lassen, dem Dekan mitteilen, die soll sie dann mit Inhaftierung oder mit anderen schweren Strafen zu Gehorsam bringen und keine Meisterin soll jemanden inhaftieren oder schwere Strafen anlegen ohne Zustimmung und Willen unserer Nachkommen.

Fortmehr soll keine Jungfrau des vorschriebenen Konvents außerhalb der Stadt Hamburg übernachten ohne unser oder unser Nachkommen Zustimmung und Willen, sonst soll sie ihrer Strafe nicht wissen.

Alle diese vorschriebenen Stücke, die wir gesetzt und gemacht haben im Jahr der Geburt unseres Herren 1440, werden wir zu halten haben ohne jede Ausrede.

In St. Andreas Abend des heiligen Apostels und haben sie zu ihrer Gültigkeit in das des vorbenannten Konventes Buch schreiben lassen. Auch sollen diese vorschriebenen Stücke der ersten Ordnung der vorbenannten Versammlung [beigefügt werden so es den notwendig ist]*.

* Bei dem in eckige Klammern gesetzten Satzteil bin ich mir unsicher.

Anmerkung: Die Beginenordnung von 1440 habe ich mit Hilfe von Herrn Sarnowsky übersetzt.


Hamburger Beginenordnung von 1360

6. Juli 1360: Dith is de Uthschrifft des Breves, den de Ehrwardige Vader in Ghade Gottfried, Erz-Bischoff tho Bremen, mit den Ehrbaren Heren Werner, Prawest/ unde Johann Decken der Kerken tho Hamborch, den Beghinenden besegelt hebben.

Verordnung für die Wittwen und Jungfrauen in dem Convents-Hause und Hofe zu S. Jacob, daß sie

1. von undenklichen Jahren von aller Contribution freigewesen, also auch dann darin verbleiben sollten.

2. Daß sie dem Decano Capituli unterwürffig wären.

3. Verbiehtet bei Straffe des Bannes aller Weltlichen Richtern, sich einiges Rechtes über sie anzumassen.

4. Die Meisterin des Hauses solte von denen ältesten Schwestern erwählet, von dem Decano aber bestätigt werden; befiehlet dabei allen und jeder dieser Versammlung, jener den gebührenden Gehorsam zu erweisen.

5. Die Meisterin soll eine doppelte Anzahl von denen geschenckten Allmosen zu geniessen haben.

6. Welche, wan sie sind übel beträget, von dem Dom-Dechanten abgesetzt werden kann.

7. Wan aber eine der Schwestern ungebührlich derselben entgegen gehet, ist solche aus der Versammlung zu stossen. 8. Keine soll in dieses Haus, als die, so eines guten Namen ist, und zwar mit des Decani Vorwissen, aufgenommen werden.

9. Die Schwestern dieser Versammlung sollen eine blaue oder braune Kleidung und auf dem Haupte einen weissen Schleier tragen, sonsten aber in ihren Röcken weder viele Falten noch grosse Säume haben.

10. So sollen sie auch zum wenigsten viermal im Jahr, auf Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Mariae Himmelfahrt, auf beschehener Vorbereitung, andächtig zum Sakrament gehen.

11. Alle Freitag im Advent solten sie fasten, das ist, keine Milchspeise essen, es wäre dan, dass sie kranck oder schwach wären.

12. Eine jegliche gelehrte Schwester wäre gehalten, alle Tage den Cursum oder die horas Mariae zu lesen; die aber ungelehret, könnte Morgens und Abends mit 20 Pater noster und so vile Ave Maria auf jedes Mal zukommen.

13. Ohne Vorwissen und Erlaubnis der Meisterin sollte keine der Schwestern des Nachtes aus dem Convente bleiben, auch die Meisterin ohne dringende Noth nicht erlauben.

14. Jüngere Schwestern sollten die Stadt nicht durchlauffen, sondern alte und junge sollen sich das Herumschwärmens und der Schauspiele gänzlich enthalten.

15. So etwa jemand von ihnen zu Gaste geladne würde, hätte sie sich vorzusehen, dass sie nicht trunken würde, noch in Worten und Gebärden etwas Aergerliches begienge.

16. Sie solten im Rock oder Hemd-Rocke schlaffen, keine der anderen an der Ruhe stöhren, und zu gleicher Zeit sich samt und sonders zur Ruhe sich zu verfügen.

17. Ein jeglicher solte die andere hertzlich lieben, und durchaus nicht mit Worten und Wercken beleidigen.

18. So aber eine der anderen mit harten und Ehrenrührigen Worten zu nahe treten, und solches durch zwo Schwestern überzeuget würde, soll dieselbige von der Meisterin scharff gestraffet werden.

19. Würde sie aber der Meisterin beschehene Züchtigung nichts achten, solte man sie in Gehorsam bringen und zur Poenitenz disfals anhalten.

20. Verginge sich eine so weit, dass sie sich an einer ihrer Mitschwestern mit Schlägen vergriffe, dieselbe soll gleich im Gefängnis geschlossen, und zur harten Busse, auf des Dom-Dechanten Ermessen, bewahret werden.

21. Würde jemand Hurerei begehen, dieselbe soll nach harter Straffe aus dem Convent, ohne Hoffnung auf Wiederkehr, gestossen werden, und ihrer eingebrachten Sachen gänzlich verlustig sein.

22. Denen kranken und alten Schwestern sollen die andere mit guter Pflege und Handreichung an die Hand gehen und beförderlich sein.

23. Eine kranke Schwester mag über die Helffte ihrer Güter disponieren; die andere Helffte aber soll dem Convent-Hause, dasselbe im baulichen Wesen zu erhalten, verbleiben, wobei alle und jede sich für Betrug, bei Verlust ihrer Seeligekit zu hüten wird.

24. Die Exequien derer verstorbenen Schwestern solten die überbliebene mit gebühren der Andacht halten, auch für deren Seelen fleißig beten.

25. Nicht mehr als 20 Personen sollen im Convent zugleich sich befinden.

26. Viermal im Jahr sollen diese Gesetze denen Schwestern vorgelesen werden.

aus: F.-M. Reichstein: Das Beginenwesen in Deutschland. Studien und Katalog, Berlin 2001.