DFG-Projekt

Kritische Edition der Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens, III: die Marienburger Großschäfferei

Laufzeit 1.10.2005-31.09.2008
Leitung: Prof. Dr. Jürgen Sarnowsky
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Christina Link, M.A.

Projektbeschreibung

Die beiden Großschäffereien des Deutschen Ordens in Preußen,in Marienburg und Königsberg, bilden wohl die bedeutendsten landesherrlichen Handelsorganisationen des ausgehenden Mittelalters. Die umfangreichen Quellen über ihre Tätigkeit, Schuld- und Rechnungsbücher, die vielfältige Einblicke in den hansischen Handel der Jahre um 1400 erlauben, lagen bisher nur in einer Teiledition vor, die zudem nicht modernen Standards entspricht und aufgrund ihrer Unvollständigkeit eine falsche Vorstellung von Charakter, Benutzungsweise, Datierung und Inhalt der Bücher transportiert. In den ersten beiden Jahren des Projektes konnte nun eine moderne, vollständige Edition der Schuldbücher des Marienburger Schäffers sowie weiteren erhaltenen Rechnungsmaterials erstellt werden, die frühere Forschungsirrtümer beseitigt und die in Kürze Druckvorlage fertig gestellt sein wird. Im sich anschließenden dritten Jahr wurde ergänzend zur Druckfassung eine frei zugängliche Internetfassung erstellt, die den Nutzern zusätzliche Bearbeitungsmöglichkeiten bietet und – trotz der Unterschiede zu den anderen Textgattungen – die Edition einmal über ein gemeinsames Portal in einen hansischen und preußischen Forschungskontext stellen soll. Während die Struktur der Datenbank bereits vollständig erarbeitet wurde, sind die Rechnungen darin derzeit nur in Teilen verfügbar. Dabei werden zunächst die Schuldbücher der Marienburger, später diejenigen aus der Königsberger Großschäfferei eingegeben.

Dem internationalen Interesse an der preußischen Geschichte Rechnung tragend, sichert diese Publikationsform Forschern aus aller Welt den Zugang zu dieser besonderen Überlieferung. Sie wird zugleich für das weite Spektrum der Amts- und Rechnungsbücher einen exemplarischen Beitrag leisten zur Forschungsdiskussion über Zukunft, Möglichkeiten und Grenzen digitaler Editionen.

Forschungsstand

Die Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens, die im 19. und 20. Jahrhundert im kontroversen und teilweise durch nationale Stereotypen geprägten Gegeneinander von deutschen und polnischen Forschern untersucht wurde, ist inzwischen in einen größeren internationalen Kontext, den der Geschichte der drei großen internationalen und weiterer regional wirksamer Ritterorden, eingebettet worden. Dies geschieht im Rahmen von Institutionen wie der „Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens“ ebenso wie auf zahlreichen Tagungen, so insbesondere im Rahmen der „Ordines militares – Colloquia Torunensia Historica“, aber auch auf den alle vier Jahre stattfindenden Tagungen in London und Palmela/Portugal. Die daraus hervorgegangenen Tagungsbände haben dabei immer wieder die Bedeutung der Wirtschaftsführung und speziell des Handels des Deutschen Ordens deutlich gemacht (Arnold 1989; Czaja-Sarnowsky 2003).

Die reichhaltige Überlieferung insbesondere zur spätmittelalterlichen Ordensgeschichte ist jedoch noch immer nur unzureichend erschlossen und erfordert weitere Bemühungen. Ungeachtet gedruckter Archivrepertorien wie jene für Teilbestände des Historischen Staatsarchivs Königsberg (Joachim-Hubatsch 1948-1973) sind dafür in vielen Fällen Editionen unerlässlich, um dem weiten internationalen Kreis von interessierten Forschern den Zugang zu Quellen zu erleichtern, die dichte Informationen enthalten und unter verschiedensten Fragestellungen auswertbar sind, sich aber in Regestenwerken nur unzureichend erfassen lassen.

Zu dieser vielgestaltigen Überlieferung zählen auch die Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen. Der Deutsche Orden hat, gestützt auf päpstliche Privilegien, spätestens im 14. Jahrhundert eine eigene Handelsorganisation aufgebaut, die insbesondere die Brüder im Ordensterritorium in Preußen zu günstigen Konditionen mit teueren Exportgütern aus dem Westen versorgen konnte. Auf der Marienburg und in Königsberg residierten zwei Großschäffer – neben anderen mit Handel befassten Schäffern des Ordens – , denen Lieger, Diener und Wirte nicht nur in Preußen selbst, sondern auch im weiteren Hanseraum, insbesondere in Lübeck, Brügge und London, unterstellt waren. Der Höhepunkt der Entwicklung war jedoch bereits 1410 überschritten, da der Orden die für seine Aktivitäten notwendige Unterstützung der Bürger der preußischen Hansestädte verloren hatte. Als landesherrliche Handelsorganisation ist das weit reichende „Netzwerk“ der Großschäffer und Lieger sogar über die Geschichte der geistlichen Ritterorden hinaus von Bedeutung.

Die Schuldbücher und Rechnungen haben folglich immer wieder das Interesse der Forschung gefunden, insbesondere, seit sie Carl Sattler erstmals ausführlicher vorstellte (Sattler 1881) und eine erste Teiledition vorlegte (unter dem etwas irreführenden Titel der „ Handelsrechnungen“, Sattler 1887). Zwar wurde wenig ergänzendes Material gedruckt (zu nennen wären etwa Thorner Zollakten von 1368 bis 1371 in Koczy 1933-1934; Rechnungen des Danziger Pfundmeisters für die Marienburger Großschäfferei in von Rundstedt 1939; sowie ältere Rechnungen der Königsberger Großschäfferei in Forstreuter 1956), doch erfolgten verschiedene Auswertungen, die sich im Wesentlichen auf Sattlers Edition stützten. Bis 1945 entstanden Arbeiten zum mittelalterlichen Handel Thorns und Königsbergs sowie zum Flandernhandel der Königsberger Großschäfferei (Magdański 1939, Maass 1939 und Renken 1937), nach 1945 wurden die Quellen in Arbeiten zur Prosopographie der Schäffer und Lieger (Maschke 1960), zur Thorner Kaufmannschaft (Ahnsehl 1961), zum preußischen Binnenhandel (Böhnke 1962, als Zusammenfassung einer Hamburger Dissertation) und zum Danziger Handel (Samsonowicz 1962) ausgewertet. Dazu kamen unlängst Untersuchungen zum Verhältnis zwischen den preußischen Städten und dem Orden sowie zu Jahrmärkten (Czaja 1999 und 2000) sowie weitere Überblicke zur Ordenswirtschaft in Preußen (wie Dygo 2003). Die Schuldbücher und Rechnungen haben aber auch unabhängig davon häufig das Interesse der Forschung gefunden (vgl. etwa Czaja 2006, die Dissertation Jóźwiak 2007, sowie bereits Reitemeier 1994, allerdings mit viel zu hohen Angaben für den Umsatz im Schottlandhandel des Ordens). Das gilt ebenso für die Hanseforschung, für die die preußischen Quellen reiches Material bieten (s. Link-Kapfenberger 2005 sowie – als weiteres Editionsprojekt aus der Ordens-Überlieferung – Jenks 2006). Die vollständige Edition des Materials zum Handel der Großschäffereien erscheint vor diesem Hintergrund als wichtiges Desiderat, unter Berücksichtigung der neu formulierten Richtlinien für die Edition spätmittelalterlicher Texte (Thumser 2001; Heckmann 2000-2005).

Das insgesamt für die Edition vorgesehene Material umfasst die verschiedenen Schuldbücher der beiden Großschäffereien sowie des flandrischen Liegers der Königsberger Großschäfferei, die in den Ordensfolianten (OF) 141-155 der XX. Hauptabteilung (Historisches Staatsarchiv Königsberg) des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Berlin, erhalten sind, sowie weitere, im selben Kontext überlieferte Einzelrechnungen und Belege und Ergänzungen aus anderen Archiven. Während der Vorbereitung hat sich eine Aufteilung auf vier geplante Teile ergeben. Sie umfassen im Einzelnen:

(I) den ältesten und umfangreichsten Folianten der Königsberger Großschäfferei (OF 141);

(II) die weiteren erhaltenen Materialien zur Königsberger Großschäfferei (OF 142-149 sowie Stücke aus dem Ordensbriefarchiv und weiteren Beständen);

(III) die Schuldbücher und Rechnungen der Marienburger Großschäfferei (OF 153-155 sowie Stücke aus dem Ordensbriefarchiv und weiteren Beständen); sowie

(IV) die Bücher der flandrischen Lieger der Königsberger Großschäfferei (OF 150-152).

Die Arbeit an dieser Neuedition ist bereits weit fortgeschritten:

(zu I) Der Ordensfoliant 141 ist bereits im Druck erschienen:

Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen, Bd. 1: Großschäfferei Königsberg I (Ordensfoliant 141), hg. von Cordelia Heß, Christina Link und Jürgen Sarnowsky, Köln, Weimar, Wien 2008 (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, 62,1; zugleich Quellen und Darstellungen zur Hansischen Geschichte N.F., LIX,1).

(zu II) Die Folianten 142-149 sind von Frau Cordelia Heß bereits vollständig transkribiert. Sie werden derzeit von Dr. Andreas Kammler für den Druck vorbereitet.

(zu III) Die Folianten 153-155 sind zusammen mit dem Marienburger Zusatzmaterial im Jahr 2008 im Druck erschienen.

Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen, Bd. 3: Großschäfferei Marienburg, hg. von Christina Link und Jürgen Sarnowsky, Köln, Weimar, Wien 2008 (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz, 62,3; zugleich Quellen und Darstellungen zur Hansischen Geschichte N.F., LIX,3).

(zu IV) Nur für die Liegerbücher liegen noch keine Vorarbeiten vor.

Im dritten Jahr des Projektes wurde eine Online-Edition von Band III, der Schuldbücher des Marienburger Großschäffers, erstellt. In dieses Projekt flossen Erfahrungen speziell mit der Umsetzung und Edition von Quellen im Internet aus der Arbeit an anderen Internet-Angeboten ein. Es konnte somit bereits von den Erfahrungen profitiert werden, die dabei mit der Erfassung umfangreicher Quellen gesammelt wurden, und es ließen sich auf dieser Grundlage neue Formen für die Onlineedition mittelalterlichen Amtsbuch- und Rechnungsmaterials entwickeln.

Literatur

Ahnsehl 1961: Karl-Otto Ahnsehl, Thorns Seehandel und Kaufmannschaft um 1370 (Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas 53), Göttingen 1961.

Arnold 1989: Udo Arnold, Hrsg., Zur Wirtschaftsentwicklung des Deutschen Ordens im Mittelalter (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 38), Marburg 1989.

Böhnke 1962: Werner Böhnke, Der Binnenhandel des Deutschen Ordens in Preußen und seine Beziehung zum Außenhandel um 1400, in: Hansische Geschichtsblätter 80 (1962) S. 26-95.

Czaja 1999: Roman Czaja, Miasta Pruskie a Zakon Krzyżacki. Studia nad stosunkami między miastem a władzą terytorialną w późnym średniowieczu [Die preußischen Städte und der Deutsche Orden. Eine Studie zu den Beziehungen zwischen Stadt und Landesherrschaft im späten Mittelalter], Toruń 1999.

Czaja 2000: Ders., Jahrmärkte im Ordensland Preußen im Mittelalter, in: Das Preußenland als Forschungsaufgabe. Eine europäische Region in ihren geschichtlichen Bezügen. Festschrift für Udo Arnold zum 60. Geburtstag, hrsg. Bernhart Jähnig, Georg Michels (Einzelschriften der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, 20), Lüneburg 2000, S. 319-28.

Czaja 2006: Roman Czaja, Strefa baltycka w gospodarce europejskiej w XIII-XIV w. ze szczegolnym uwzglednieniem Prus krzyżackich [The Baltic zone in the European economy of the 13.-15.c., with special focus on Teutonic Prussia], in: Ziemie polskie wobec zachodu. Studia nad rozwojem sredniowiecznej Europy, hrsg. Slawomir Gawlas, Warszawa 2006, S. 195-246.

Czaja-Sarnowsky 2003: Ders., Jürgen Sarnowsky, Hrsg., Die Ritterorden in der europäischen Wirtschaft des Mittelalters (Ordines Militares – Colloquia Torunensia Historica XII), Toruń 2003.

Dygo 2003: Marian Dygo, Die Wirtschaftstätigkeit des Deutschen Ordens in Preußen im 14.-15. Jahrhundert, in: Czaja-Sarnowsky 2003, S. 147-60.

Forstreuter 1956: Kurt Forstreuter, Die ältesten Handelsrechnungen des Deutschen Ordens in Preußen, in: Hansische Geschichtsblätter 74 (1956) S. 13-27.

Heckmann 2000-2005: Dieter Heckmann, Entwurf eines Leitfadens zur Edition deutsch¬sprachiger Quellen (13.-16. Jh.) (25.7.2000-22.12.2005), im Internet unter der Adresse: http://freenet-homepage.de/heckmann.werder/Edition.htm (letzte Einsicht 21.1.2007).

Jenks 2006: Stuart Jenks, Das Danziger Pfundzollbuch von 1409 & 1411. Einleitung, in: Hansische Geschichtsblätter 124 (2006), S. 117-58.

Joachim-Hubatsch 1948-1973: Erich Joachim, Bearb., Regesta Historico-Diplomatica Ordinis S.Mariae Theutonicorum, 1198-1525, hrsg. Walther Hubatsch, Pars I, Bände 1-3, Pars II, Registerband zu I-II, Göttingen 1948-1973.

Jóźwiak 2007: Wojciech Jóźwiak, Pogranicze krzyżacko-kujawskie w XIII-XV w. [Das Grenzgebiet zwischen dem Ordensland und Kujawien im 13. - 15. Jh.], Diss. phil. Toruń 2007.

Koczy 1933-1934: Leon Koczy, Materiały do dziejów handlu Hanzy Pruskiej z Zachodem [Materialien zur Handelsgeschichte der preußischen Hanse mit dem Westen], in: Rocznik Gdański 7-8 (1933-1934, erschienen 1935).

Link-Kapfenberger 2005: Christina Link, Diana Kapfenberger, Transaktionskostentheorie und Hansische Geschichte: Danzigs Seehandel im 15. Jahrhundert im Licht einer volkswirtschaftlichen Theorie, in: Hansische Geschichtsblätter 123 (2005), S. 153-69.

Maass 1939: Walter Maass, Der Königsberger und der Preußische Handel bis 1410 im Rahmen der allgemeinen Handelsbedingungen, Diss. jur. Königsberg 1926, Berlin 1939.

Magdański 1939: Marian Magdański, Organizacja kupiectwa i handlu toruńskiego do roku 1403 [Die Organisation der Kaufmannschaft und des Handels zu Thorn bis zum Jahr 1403], Toruń 1939.

Maschke 1960: Erich Maschke, Die Schäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen (1960), ND in: ders., Domus Hospitalis Theutonicorum (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 10, 1970) S. 69-103.

Reitemeier 1994: Arnd Reitemeier, Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Preußen und Schottland zu Beginn des 15. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Ostforschung 43 (1994) S. 321-52.

Renken 1937: Fritz Renken, Der Handel der Königsberger Großschäfferei des Deutschen Ordens mit Flandern um 1400 (Abhandlungen zur Handels- und Seegeschichte 5), Weimar 1937.

von Rundstedt 1939: Hansisches Urkundenbuch, Bd. 7,1: bearb. Hans Gerd von Rundstedt, Weimar 1939.

Samsonowicz 1962: Henryk Samsonowicz, Struktura handlu gdańskiego w pierwszej poł. XV w., in: Przegląd Historyczny 53 (1962) S. 695-715.

Sarnowsky 2002: Jürgen Sarnowsky,, Hospitaller Sources – a Project for a Source Book in the Internet, in: Bulletin of International Medieval Research 8 (2002, erschienen 2003), S. 13-20.

Sarnowsky 2003a: Ders., Die Edition der Schuldbücher und Rechnungen der Großschäffer und Lieger des Deutschen Ordens in Preußen, in: Quellenvielfalt und editorische Methoden, hrsg. J. Tandecki, M. Thumser (Publikationen des deutsch-polnischen Gesprächskreises für Quellenedition, 2), Toruń 2003, S. 233-47.

Sarnowsky 2003b: Ders., Das virtuelle Hamburgische Urkundenbuch – ein digitales Editionsprojekt, in: Hansische Geschichtsblätter 121 (2003), S. 161-70.

Sarnowsky 2004: Ders., Das virtuelle Preußische Urkundenbuch – neue Wege der Kooperation für Internet-Editionen, alte Fassung: Mediaevistik und Neue Medien, hrsg. K. van Eickels, R. Weichselbäumer, I. Bennewitz, Ostfildern 2004, S. 169-76, revidierte Fassung in: Beiträge zur Geschichte Westpreußens 19 (2004), im Druck.

Sarnowsky 2006: Ders., Digitale Urkundenbücher zur mittelalterlichen Geschichte, in: Forschung in der digitalen Welt, hrsg. R. Hering, J. Sarnowsky, C. Schäfer, Udo Schäfer, Hamburg 2006, S. 93-107.

 Sattler 1881: Carl Sattler, Der Handel des Deutschen Ordens in Preussen zur Zeit seiner Blüthe, Hansische Geschichtsblätter 3 (1881) S. 59-85.

Sattler 1887: Die Handelsrechnungen des Deutschen Ordens, hrsg. Carl Sattler, Leipzig 1887.

Thumser 2001: Matthias Thumser, Verfahrensweisen bei der Edition deutschsprachiger Geschichtsquellen (13.-16. Jahrhundert), in: Edition deutschsprachiger Quellen aus dem Ostseeraum (14.-16. Jahrhundert), hrsg. M. Thumser, J. Tandecki, D. Heckmann, Toruń 2001, S. 13-34.

Ziele des Projekts und insbesondere des dritten Projektjahrs

Ziel des Vorhabens war die Erarbeitung einer vollständigen kritischen Edition der Schuldbücher und Rechnungen der Marienburger Großschäfferei des Deutschen Ordens in Preußen (als Teil III des Gesamtprojekts). Diese Materialien boten sich aus verschiedenen Gründen für eine Bearbeitung an:

– Sie erlauben einen fundierten Einblick in die Aktivitäten der Großschäfferei in der Residenz des Deutschen Ordens auf der Marienburg, und zwar in ihrer Entwicklung von der Zeit um 1404 bis in die Jahre vor 1440;

– sie zeigen die vielfältigen Verbindungen der Großschäfferei mit preußischen und anderen hansischen Kaufleuten auf und illustrieren somit zentrale Aspekte der hansischen Geschichte;

– sie bilden einen zentralen Bestandteil der gesamten Überlieferung zum Handel der beiden Großschäffereien des Deutschen Ordens;

– sie erlauben schließlich insgesamt einen interessanten Einblick in die Strukturen der Wirtschaftsführung eines geistlichen Ritterordens und eines (korporativen, geistlichen) Landesherrn des ausgehenden Mittelalters.

Der Text der Schuldbücher und der weiteren Quellen liegt in einer unikalen, weil originalen Überlieferung aus der Kanzlei der Großschäfferei bzw. weiteren Kanzleien des Ordens vor, in der im Ordensland gebräuchlichen ostmitteldeutschen Kanzleisprache. Doppelüberlieferungen (insbesondere in OF 153 und 154) resultieren im Wesentlichen aus der Neuanlage von Rechnungsbüchern innerhalb der Kanzlei. Die Wiedergabe des Textes folgt nunmehr den Vorschlägen, die Matthias Thumser unlängst, wenn auch in Frageform, formuliert hat (Thumser 2001, s. Literatur). Insbesondere wurde die „Normalisierung“ auf ein Minimum reduziert, um auch einen interdisziplinären Zugang zu den Quellen zu ermöglichen. Wie schon in einer neueren Veröffentlichung dargelegt (Sarnowsky 2003a), orientiert sich die Präsentation der Quellen formal an den jüngeren polnischen Editionen von Amtsbüchern des Deutschen Ordens und der preußischen Städte, indem die Einträge der Folianten und die einzelnen Stücke jeweils einen numerus currens erhalten, um Querverweise und die Erschließung durch Register zu erleichtern.

Den Abschluss des Projekts bilden sowohl eine gedruckte Edition wie auch die im dritten Jahr realisierte Internet-Fassung der Schuldbücher und Rechnungen. 

Die Ziele des dritten Projektjahres waren im Einzelnen:

(1) Abschluss der gedruckten Edition (ggf. letzte Arbeiten an der Druckvorlage).

(2) Die Erstellung einer Onlinefassung der Edition, die folgende über die Druckfassung hinausgehende Ziele erreichen sollte:

(a) Die Darstellung des Volltextes aller Marienburger Schuldbücher (während in der Druckfassung größere Teile der späteren Folianten lediglich in Form von Abweichungen zur früheren Fassung wiedergegeben sind). Dadurch wird die Arbeit der Editoren noch stärker als in der Druckfassung nachvollzieh- und überprüfbar.

(b) Die Erstellung einer Datenbank, die der Online-Edition zu Grunde liegt und die eine Darstellung des jeweiligen Eintrages nicht nur im Original-Kontext eines Folianten ermöglicht, sondern auch im diachronen Kontext der Abfolge der verschiedenen Abschriften eines Eintrags.

(c) Nach Beendigung des Projektes ist das in der Online-Edition vorhandene Material ohne Förderung in Lehrveranstaltungen unbegrenzt erweiterbar und soll auf diesem Wege auch um die Schuldbücher des Königsberger Großschäffers sowie weitere einzelne Rechnungen der Schäffereien ergänzt werden.

(d) Die Online-Edition wird – unter Wahrung der formalen Unterschiede zwischen den Quellen – eingebettet in ein Portal zur Preußischen und Hansischen Geschichte, dem eine gemeinsame Datenbanklösung zugrunde liegen wird, die eine Volltextsuche über die verschiedenen Corpora hinweg (Schuldbücher, virtuelles Preußisches und Hamburgisches Urkundenbuch) ermöglicht.

(e) Mit der datenbankbasierten Online-Edition soll ein Beitrag geleistet werden zur Forschungsdiskussion um die digitale Edition von mittelalterlichen Amts- und Rechnungsbüchern, indem diese einen konkreten Vorschlag zur digitalen Darstellung von diesen länger in Gebrauch befindlichen Handschriften vorstellt.

Arbeitsprogramm

  Das Vorhaben der Erstellung einer Online-Edition wurde in drei Arbeitsschritten umgesetzt:

(1) Konfigurierung einer Datenbank (vermutlich auf der Basis des auch sonst für Editionen genutzten Open Source-CMS MyCore) für die Belange der Schuldbücher und Gestaltung einer entsprechenden Benutzeroberfläche für die Internetseite.

(2) Ergänzung der gedruckten Edition um die vollständige Transkription derjenigen Textteile, die bisher nur in Form von Verweisen vorliegen.

(3) Fundierte und systematische Übertragung des gesamten Textes in die Datenbank.