PrUB, JS 500

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


[1424 nach August 27]. [o.O.].
{Regest}
Bericht der kurfürstlichen Gesandten, Konrad von Bickenheim und Meister Konrad, über die Verhandlungen mit König Sigismund zu Langendorf in Ungarn: Haltung des Königs zu einer Verlegung des für Wien September 29 geplanten Reichstags nach Regensburg oder Nürnberg; bei den Verhandlungen über verschiedene Probleme sind auch Boten König Wladyslaws und des Deutschen Ordens anwesend; der König verweist auf seine Bemühungen für den Orden, die den polnischen König und Großfürst Witold zu seinen Feinden gemacht hätten, sowie auf die negativen Konsequenzen für Preußen, die der Erzbischof von Köln und der Pfalzgraf, die in Preußen waren, bestätigen werden.
 

{Überlieferung}
B = Kreisarchiv Nürnberg, Ansb. Kriegs-Sachen fasc. 2, nr. 7. 

{Drucklegungen} 
aus B Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 8, Nr. 311, S. 372-75 [ danach hier].

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
B zeitgenössische Abschrift auf Papier, ohne Siegelspuren und Versendungsschnitte; 4 Folioblätter, 1r-3r beschrieben, auf 3v nur wenige Zeilen, 4v hat die Überschrift
.


Werbung und antwurt an unsern herren den konig von der kurfursten wegen.

[1] Zue wissen: das wir, die von unser herren der kurfursten wegen zu unserm herren dem konige gesant sin, of den Fritag nach sand Bartholomeus tag1) gein Comara qwamen. Und wir horten sagen, das unser herre der konig zuem Langendorff were und wollte uber die Donauwe. Da wollten wir umbe dri horen nach mittage zue Comara essen und zu stunt furbas zum konige zum Langendorff riten. Und als wir uber dische sassen, da schickte der amptman zu Comara zu uns uber dischea), und ließ uns fragen wer wir weren und war wir wollten. da sagten wir ime, das wir von unser herren der kurfursten wegen zu unserm herren dem konige wollten. da ließ uns der amtman widder sagen: er were bescheiden, quemen wir gein Comara, so sollte er furbas bestellen das wir zu unserem herren dem konige gefrueret wurden; doch so were unser herre der konig zum Langendorff ofgebrochen und in ein ander dorf zwo mile davon geritten; quemen wir danne widder abent2) dohin, so funden wir keine wine oder brott feile, und were ouch misslich ob wir zu herberge komen mochten. Also baten wir ine, das er uns einen knecht zum großgraven luehe, so wollten wir die nach da biten, und das uns der großgraff enbude wo wir unseren herren den konig treffen mochten. das dete der amptman. Und in der nachte schickte der großgrave den knecht widderumbe, und ließ dem amptman sagen das er uns sollte heissen harren biß das er uns enbuedte wann und wohin wir zue unserm herrn dem konige komen sollten. Also an dem samßtage umbe viere horen nach mittage quame der amptman zu uns und sagte uns: im were enbotten, er sollte uns fueren zu unserm herren dem konige, das wir mit ime ritten. also fuerte er uns zu unserm herren dem konige in ein dorf genannt Razgessue, da hatte unser herre bestalt das man uns ein herberge gabe, und schickte uns wiltprecht.

[2] Of den Sontag zum morgen als unser herre der konig messe gehoret hatte und ußer der kirchen gienge, da warten wir of ine. Da empfinge er uns, und sagte uns, das wir mit ime an die herberge giengen, so wollte er uns verhoeren. Also giengen wir mit ime an die herberge. Da namme er zu ime sine rete, nemliche den erzbischof von Grane, den bischof von Vespern, herzog Ludewig und herzog Wilhelm von Beyern, den großgraven, den von Sydauwe, den von Coldentz, und etwievil ander Ungerischer und Behemscher herren und rete die danne bi ime doselbst waren. Und also erzalten wir ime von unser herren wegen in der masse als danne unser werbunge3) inneheldet.

[3] Und als wir das erzelet und ime furgeleget hatten, hieß uns unser herre der konig ein wile ußgeen. und als er sich ein kleine wile mit sinen reten beraten hatte, hiesser er uns widder hininne zu ime ruffen, und sagte uns: wie er unseren herren von Wurtzpurg von Spire und andern unserer herren frunden, die bi ime gewesen weren,4) die sachen warumbe er zu dieser zit nit verre uß sinen landen komen moechte eigentlichen gesaget hette; und besunder hette er ine gesaget, wie das er mit den heiden Thuercken und den alten ketzern, das sin die bossen und die Kriechen die den Thurcken zuelegen, so viel zue schicken hette das er verre von sinen landen nit geriten moechte; so hette er ouch sinem sone dem herzogen von Osterich so vil lute zu hulf gesant als er ine dann gebetten hette, und hette ime ouch enbodten, ob und wann er me lute bedurfte, das er ine das wissen liesse, so wollte er ime zu hulf komen und ouch selbs zu ime riten, und wollte oder mochten sinen soen nit gelassen dann er wollte ime helfen mit allem dem das im gott verluhen hette; so hetten ouch unser herren von Wurczpurg und von Spire geschriben5) das unser herren die kuerfuersten zu ime gein Wyene komen wollten, und ein teile unser herren der kurfursten hetten ime das ouch geschriben, und sinem kanzler were darzu me geschriben dann ime; und of die zit als ime dieselben brife kemen, da weren bi ime der keiser von Kriechen der dispot von Serefye des konigs von Polann herzog Wittolts und der Dutschen herren bottschaft und vil anderr herren frunde, den hette er allen gesaget wie ime geschriben were das die kurfursten of sand Michels tag6) zu ime gein Wyene komen wollten, und daruf hette er ouch sie bescheiden zue ime gein Wyene zue demselben tage zue komen; und dorumbe so kunde er ouch od fiese zit nit anders geantworten danne als er unseren herren von Wurczpurg und von Spire etc. vor geantwortet hette, und kunde ouch dem nit anders getuen.

[4] Daruf berieden wir uns ein cleine wile und giengen widder zu ime und sagten ime: was er unsern herren von Wurczpurg und von Spire etc. gesaget hette, wusten wir nit anders danne das sie das alles unsern herren eigentliche erzelet hetten;7) danne als sine gnade meinet das unser herren von Wurczpurg etc. geschriben hetten das unser herren gein Wyene komen wollen etc. da hetten wir wol von unseren herren verstanden,8) das etliche unserer herren der kurfursten wol gestalt gewesen weren zue sinen gnaden gein Wyene zue riten, aber die andern hetten soliche geschefte fur handen das sie des nit getuen konnen; und of das nue sine gnade und unser herren die kurfursten zusamen komen mochten heiligen richs sachen desto baß zu wegen und ußzueriechten, so hetten uns unser herren bevolhen sine gnade underteniglichen zu bieten sich gein Regenspurg zu fugen; als wir ine das vor gebetten hetten, also betten wir sine gnade aber das er sich gein Regenspurg fugen wollte etc.

[5] Daruf beriede sich unser herre der konig abert ein wile, und saget uns da: er hette uns vor gesaget was sachen ime anlegen das er nit verre von sinen landen komen moechte; so wuste er ouch dheinen unserer herren, der soliche sache fur handen hette, das in die, wanne er des heiligen richs ere und der cristenheid nuetze und fromen bedenken wollte, gein Wyene zu komen geirren moege, danne Wyene immers nit verre von Regenspurg si; und wer es ime also gelegen, er wollte selbs gein Nuremberg gein Franckfurt oder noch ferrer umbe des richs willen riten; er habe ouch vor ine die ere und einickeid der cristenheid in das huß getragen, und ouch dornach zu ine gein Nuremberg geritten9) in dem das der konig von Polan und herzog Wittolt sine fiende weren; und was er und die cristenheid davon schaden genomen haben, habe er unsern herren zu Nuremberg einsteils gesagt und wolle ine das ouch noch eigenlicher sagen so er zu inen komen werde; was ouch schadens den Prußen davon komen und was suene10) sie ofnemen musten, wissen der von Collen und der pfalzgrave wol die in Prußen gewesen sin; so seße er bi als11) mitten umbe und umbe under den unglaubigen, und wanne er dannoch gein Wyene zuege so meinen die Ungern das er ußer lande ziehe und ine nit zu hulf komen moegeb) gein den heiden und Thureken, ziehe er dann in die Siebenburgen so meinen sine son von Osterrich und die Beheim das er ine gein den ketzern und Hussen nit zu hulf komen moegeb); nu wolle er uf alle siten der cristenheid gern zu hulf komen und daruf legen alles das ime gott verluhen hat als er ouch vor getan habe; unser herren weren vor Satze gewesen,12) da hette er zum selben male ouch ein grosse samenunge bi einander, und hetten unser herren of die zit sine gebitten er hette gehofft alle ding sollten guet sin worden; als sie nue hinweg weren, da kunde er mit sinem volk in dem winther kelten halp nit geschaffen, und hette des grossen schaden genomen die sinen verloren alle sine pferde abgangen und weren ime vil lute erfroren13), so were er ouch selbs off die zit erfroren das er es an sinen fuße sine leptage nummer uberwuende; was er nue tun solle, das mueße er alles mit den Ungern zubringen, und ime ander lute noch sere wenig geholfen han; so wissen unser herren ouch wol was ime das rieche diene, dann wiewol etwanne spene davon fallen so sie doch die gulte cleine die davon gefalle, das riche si wol riche groß und wit, aber der nuetze cleine, als unser herren das alle wol wissen; und dorumbe so blibe er alles14) und halt sich mitten in Ungern zwuschen den Hussen und den Thurcken, ob noit geschee das er hieher oder dorthin hulf tuen solle, das er danne darzu getun moegeb) als sich gebueret; und dorumbe so sie ime nit gefugliche und moge ouch zumale nit verer danne biß gein Wyene geriten und moge ouch des nit geandern.

[6] Daruf berieten wir uns aber, und sprachen zu unserem herren dem konige: sint dem male das wir nue verstunden das ime nit gefugliche were gein Regenspurg zu riten, so hetten uns unser herren bevolhen ine underteniglichen zu bitten, das er sine frunde, nemliche siner gnaden sonec) unseren herren von Osterriche den großgraven und den graven von Ziele, mit macht gein Nuremberg schicken wolle, so wollen unser herren ouch zu ime dohin komen etc., als danne die werbunge inneheldet.15)

[7] Daruf antwort unser herre der konig: er wolle diese sache an keinen siner frund stellen. Und want sich da neben sich und namme den großgraven bi dem arme und sprach: "ich getruwe dem und den andern libes und guetes wol, aber die sachen sint nit ußzuriechten, ich sie danne selbs dobi". und erzalt da fuerbas: wie derselben drier iglicher so grosses fur handen hette das er des nit getuen kunde; nemliche so were sine sone von Osterriche in Merhern und lege of den ketzern; und stunde ime ouch nit zue tuende, das er von dannen ritte, so hette er ouch selbs muet zu ime in Merhern zu riten; so mueste der großgrave hinder ime in Ungern das land furwesen; so sin etliche Kriechen und Bossen die den beiden und Thurcken zuelegen widder die cristenheid, da er mit dem konige von bossen ubertragen habe das er ime widder dieselben beholfen si, und dorumbe so habe erd) demselben konige von bossn sines volks funfzehenhundert spieß gesant, uber dieselben der grave von Ziele ein heuptman si dieselben so er beste moge zu verwaren; und ob er sinen sone und die andern gern dohin schickte, so mochte er sie doch nit dohin geschicken oder sie dohin komen umbe solicher sache willen als dann obgeschriben stet.

[8] Als wir nue merketen das er selbs nit gein Regenspuerg komen oder ouch sine frunde nit gein Nuremberg schicken wollte, da sprachen wir aber zu unserm herren dem konige: "gnediger lieber herre. uwer gnade hat wol verstanden was wir von unser herren der kurfursten wegen an uwer gnade geworben und gebetten han; wa wir nue von uwer kuniglichen gnaden wegen unseren herren antworten sollen, das wollen wir von uwer gnaden wegen gern tuen".


1) 1424 August 25.
2) wider ist hier in zeitlicher Bedeutung gebraucht ("gegen").
3) Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, Nr. 309.
4) Die erste Gesandtschaft der Kurfürsten, 1423 Frühjahr.
5) Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, Nr. 304.
6) 1424 September 29; der Schluss des Berichts gibt aus einem Schreiben der Bischöfe von Würzburg und Speyer Informationen zum geplanten Tag.
7) In Mainz 1424 Juli 7, Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, Nr. 304.
8) Was folgt, entspricht der Instruktion, Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, Nr. 309, Art. 8.
9) Reichstag zu Nürnberg, Juli bis September 1422.
10) Gemeint ist der Friede vom Melnosee, 1422 September 27, vgl. dazu Voigt, Geschichte, 7, S. 447.
11) alles im Sinn von immerfort.
12) 1421 Oktober, s. Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, Nr. 93 und 94.
13) Auch abgedruckt bei Bezold, 1, 58, Anm. 1; dort auch zur Niederlage Sigismunds gegen den hussitischen Heerführer Zizka Juni 1422.
14) Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, S. 374, Anm. 6.
15) Deutsche Reichstagsakten, Ältere Abteilung, Bd. 8, S. 374, Anm. 6.
a) A dischs?
b) A ein Punkt über o.
c) A e über n, auch im Folgenden
d) A fügt hinzu mit.

Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js500.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 500 ([1424 nach August 27]. [o.O.].)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Audrey Sue Peters, 2004; Jürgen Sarnowsky, 2009) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
  
Datum der Erstanlage: Donnerstag, den 25. Dezember 2003 — Letzte Änderung: 12. Dezember 2009 von Jürgen Sarnowsky

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