PrUB, JS 491

© Jürgen Sarnowsky, Hamburg (1999-2009)


[1422] Juli 31. Nürnberg.
{Regest}
Komtur von Brandenburg Ludwig von Landsee an den Hochmeister [Paul von Rusdorf]: berichtet von den Teilnehmern am Tag zu Nürnberg, dass diese den Deutschen Orden vor einer Schwächung bewahren wollen, sowie vom Lob Sigismunds für die Treue des Ordens und seinen Einsatz für Christentum und Reich; hat Briefe der Kurfürsten an den Hochmeister und an Polen geöffnet, um möglicherweise auf schädliche Punkte reagieren zu können; König und Kurfürsten wollen Gesandte nach Polen schicken, um zwischen Orden und Polen zu vermitteln und zunächst einen Waffenstillstand zu erreichen; rät zusammen mit anderen, sich auf keinen Frieden einzulassen, wenn Preußen vor Eintreffen der königlich-kurfürstlichen Gesandtschaft erheblich geschädigt wird, denn dann wird sich Unterstützung aus dem Reich finden, zumal bei längerer Dauer des Konflikts; erbittet Nachricht, ob sich denn der Krieg fortgesetzt hat, die er in der jetzigen Lage dringend braucht, da sich alle wundern, dass er dazu nichts sagen kann, und weitere Instruktionen; etliche Fürsten und Herren haben sich zum Zug nach Preußen bereit erklärt, während er nichts erfährt, haben die Polen hier vertrauliche Botschaften empfangen; lange Dauer des letzten Briefs; berichtet über die Haltung der polnischen Gesandten, die hier nicht mit dem Orden verhandeln dürfen; ihre Briefe und die des Papstes wird der Hochmeister in Kopie erhalten; wird sich wegen der hohen Kosten nur so lange wie notwendig in Nürnberg aufhalten. 

{Überlieferung}
A = OBA 3842 [olim Schiebl. XXIX, 61].

{Drucklegungen} 
aus A Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 8, Nr. 129, S. 137-40 [danach hier].

{Regest}
JH I 3842.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
A Original auf Papier,
Verschlusssiegel auf Rückseite.


Meinen gar willigen undertenigen gehorsam zuvor. Erwirdiger liebir her meister.

Ich hab euwir erwirdikeit vor geschreben, das alle sechs koerfursten mit enander wurden inreiten zu Nuremberg am Freitag noch divisionis apostolorum etc. So geruchet zu wissen das an demselben freitag fumfe der herre koerfursten qwomen ken Nuremberg gleich zusampne. und der erzbischof von Collen1 wirt ouch komen als man hoffet. dornach von tage zu tage qwomen heer vil fursten und herren, das meisteteil der fursten us Deutschen landen; dorzu ist hie der cardinal Brandam Placentinus und bischofe us Walen und Engelant.2

Also bin ich manich stunt gewest vor den hern koerfursten, den ich unsirs ordens sachen gelegenheit not und gedrang getruwlich hab vorgebrocht und irzallt, und hab in noch irer begerunge meine vorbrengung gegeben in schriften. die han mich guticlich vorhoret, und han unsirs ordens gedrang gewegen und grosslich zu herzen nomen, und han gelobt sie wellen dorvor also gedenken das unsir orden unvortorben sulle bleiben. noch deme reit ich zu suchen unsirn gnedigen herren Romischen konig, den fant ich in Beyern zum Nuwenmarkte am suntage noch Jacobi. der enpfing mich gnediclich, und nam mich zuhant zu im und vorhoerte mich do einsteils. Dorzu rief her fursten herren rittere und knechte die daselbst bei im woren. vor den allen dankte her euwirn gnaden und unsirm ganzen orden grosslichen, und derzallte in wie gar getruwelich unsir orden theet und hette gethon bei de cristenthume und dem heiligen reich, und hette in ouch iczunt bei landen und luwten behalden. des her ouch nimmer welde vorgessen, und welde vorbas mit unsirm orden gedeien und vorterben. Und befulh in allen den orden getruwelich.

Dornach noch essens zog her in ken Nuremberg, und mit im die frauw kunigin. doselbst uf dem wege redte her lange und vil mit mir von unsirn anlegenden sachen, die trostte mich wol unsir orden sulde unvorterbt bleiben, deme her zu welde legen vortan mit allem das her vermuechte. das iczunt zu lang were euwir erwirdikeit zu vorschreiben. dornach des andern tags zu Nuremberg irzallte unsir herre koning den herren koerfursten und vil andern fursten und herren rittern etc. unsirs ordens noete und gedrenge die her iczunt leidet umb des cristenthums und des heiligen reichs wille, und die truwe die der orden iczunt bei dem cristenthume und bei im theet. Und dankte abir de orden grosslich sprechende: her hette iczunt alle seine lant und luwte vorloren, hette das der orden nicht undirstanden. Und bath sie alle, das sie im hirumb mit hulfe und rate vor den orden zu Prewssen hulfen gedenken. Dorzu sie alle sprochen, sie welden das mit fleiße gerne zu thun.

Also arbeitet sich unsir herre koning noch alle tage in unsirn sachen mit den fursten und nimpt unsirs ordens sachen zuvorderst ernstlich zu herzen, und ist noch in keiner andern sache so ernst und so bekummert als mit unsir sache, die her ouch von ersten hat willen zu enden, also das sich des alle wundern. und hat ouch sulche wege vor sich genomen, die euwirn gnaden iczunt zu lang weren adir villeichte nicht tuchten zu schreiben, die doch ap got will euch und dem orden trostlich werden sein und gut, also das ich unzweifelich hoffe vor unsirn orden sulle mit hilfe und rate werden gedocht. so haben mir ouch die fumf koerfursten iren brief3 mit fumf ingesigeln vorsigelt gesant befelhende, das ich euch den vortan unvorsumelich sulde senden. Den ich ouch euwir erwirdikeit sende mit dem kegenwertigen boten, den ir lesende wol werdet vornemen, das ouch ist gescheen von befelhunge unsirs herren koninges, der in das vor hatte enpoten und geheißen ee wenn her ken Nuremberg qwam. Des briefs gleich haen sie ouch gesant dem koninge zu Polan, als ir in desselben briefs ingeslossen copie4 findet. Den brief mit rate des gebietigers zu Deutschen etc. landen und des lantkompthurs zu Elssas ich ufbrach und lesen den, uf das, ap ichtes dorinne were geschriben das widder uns und unsrin orden were gewest, das wir hie dowidder hetten mogen reden und hetten den brief nicht lassen usgeen; und besorgten uns eins dinges das uwir gnade wol mag merken.5

Ich hab ouch von unsirm herren koninge und den koerfursten vernomen, als irs ouch in irem brive findet, das sie zuhant nach diessem gespreeche zu Nuremberg ire treffliche und mechtige botschaft wellen usrichten zum koninge zu Polan und zu euwir erwirdikeit. Die sullen die zweitracht und scheelungen zwischen im und euch gewanta dirkennen und entrichten. so hat der gebietiger mitsampt dem lantkomphtur6 und mit mir das gewegen also: werden die koerfursten ire botschaft also zu euch senden und wellen villeichte darzwischen eine berichtunge adir beifrede mahen, so mogen der koning zu Polan und herzog Wytowt villeichte iczunt sein im lande Prewssen mit irer macht und das heeren und vorterben. komen denne dornach der koerfursten bottschefte und wellen eine berichtunge machen, so wirt das dem armen lande und dem orden gar zu sweer und ouch unfuglich das man allwege noch unsirm grossen schaden und vorterbnisse einen fride sulle machen und ufnemen uf ein jor adir zwei, als das ouch vor nue ofte ist gescheen; und musten eins semelichen obirzoges das ander jor das dritte und voran allweg sorge haben und uf sulchen zweifel sitzen, als wir bisheer han gethon. hirumb, erwirdiger her meister, ist des gebietigers des lantkompthurs und mein gutdunken mit ernste: ist sache (do got vor sei) das ir und das lant Prewssen merklichen werdet obirzogen und beschedigt von euwirn finden, ee der herren koerfursten botschaft zu euch kumpt, das ir denne keinen frede noch berichtunge machet adir ufnemet in keinerlei weis. das ist ouch viler unsirs ordens frunde und gonner rath und gutdunken, und ist das ouch nicht sere widder unsirn herren koning und die k+orfursten als mich vormuette, sint (als oben ist beruert) gemeinlich allen fursten herren rittern und knechten unsirs ordens gedrang leit ist und nehmen den zu herzen.

So ist es unzweifelich, dem orden werde hulfe von in gethon, wiewol es sich eine weile wirt vorzihen. Werdet ir ouch mit dem koninge und herzog Wytowt eine zeit obir einen bestendigen krieg halden, ir werdet ane zweifel befinden das euch an macht ie lenger ie mee wirt zugeen und euwirn finden wirt abegeen, went sie ir folk die lenge bei enander nicht mogen halden. und ist jo besser man kome eins jores do durch, wenn das man alle jor eins sulchen gedranges und obirlast sulle sein wartende.

Sundirlich, erwirdiger her meister, bekummere ich mich seer und wundere, das uwir gnade ie wol weis das die koerfursten und ander fursten und herren und ouch ich uf diese zeit hie zu Nuremberg sein, und mir so gar von euch nichts wirt vorschreben noch empoten wie es im lande stehet ap ir offenen krieg habt adir nicht, dorumb ich ouch tegelich vom herren koninge von den koerfursten und andern fursten rittern und knechten werde angelangt und gefrogt ap icht nuwer mere wisse von Prewsen. so enweis ich in dovon ein wort worhaftigs nicht zu sagen; des sie sich alle wundern, und ettliche mich vordenken das ichs wol wisse und in doch nicht welle offembarn.

Ouch weis ich nicht wornach mich zu richten, woruf ich die fursten und herren sulle anruffen, was ich von in sulle begern vorder7 wenn ich von euch hab in befelhunge. ouch sint mir ettliche herren ritterre und knechte zugekomen die wol uf ire eigen koste ken Prewsen zoegen wenn es uns notdorft were, den ich nicht gewisses dovon weis zu antwurten. Und hatte doch unzwivelich gehoffet ir suldet mir eine adir mee gewisse bottschafte uf diese zeit ken Nuremberg haben gesant, und ich doch weis das die Polan ire bottschaft ane undirlazz heimelich hie haben.

Euwir letzter brief mir gesant (was gegeben zu Mariemburg am achten tage noch Johannis bapiste) der qwam mir am dinstage nach Jacobi. mit dem briefe hatte der bote gesumet zu Drabenburg in der Nuwen Marke, do her krank an seinen owgen was gelegen. In demselben brive fant ich ouch nichts nemelichs dovon ich imandem mochte ichts sagen. Mit den andern briefen, die derselbe botte ken Roem solde trage, sumete her zu Nuremberg wol drei tage, des ich doch zu der zeit nicht enweste. Ouch wisset, das iczunt hie nimands ist offembar von des koninges zu Polan und herzog Wytowts wegn, sundir her Peter Cordebog und einer des koninges schreiber woren hie vor den koerfursten, und wurben von des koninges wegen und entschuldigten in muntlichen, dobei ich nicht was. Sie enwolden ouch dornach mit mir vor die fursten nicht komen, wiewol ich das begerte und bath von den fursten, sundir sie sprochen, sie hetten ire gewerb gewurben und were in nicht befolhen mit uns hie zu tegdingen; und zogen von hinnen, als unsir herre Romischer koning heer solde komen. idoch so haben der herre koning und herzog Wytowt ire briefe sidder den koerfursten hie gesandt. der briefe copien und ouch zweier bullen unsirs heiligen vatirs des babstes mit anderer bullen copien unsirm herren Romischen koninge vom pabste gesant und mit vil andern copien hat mir unsir herre koning gesant und lassen abschreiben. die sende ich euwirn gnaden in eime zerath8 mit diesem brive, die ir alle lesende werdet vornemen, und mogt dorus merken wie die loufte widder und vort zugeen.

Besunder, gnediger herre meister, were is noch mein gutdunken, das ir mir die loufte des landes Prewsen wie es dorinne stehet weldet ofte vorschreiben ane sumen und senden mir bei eime feertigen boten; ap nu dieselben euwir schrifte mich zu Nuremberg nicht treffen, das sie mir doch am wege under owgen komen, ds ich dem gebietiger zu Deutschen landen und andern unsirs ordens frunden und gonnern zurucke moge schreiben wornach sie sich sullen richten, und ich ouch moge wissen den luwten antwurt zu geen die mich am wege dorumb werden anlangen und mich iczunt angelangt haben. und ich mich von hinne wil machen als ich von ersten fertig mag werden, went mir gar sweer hie so lange ist zu legen umb der gar gro–en zerung wille die hie zu Nuremberg ist, sundirlich wenn nu umb der menige des folkes und der hirschaft wille alle ding zweefach teuwrer sint wenn sie vor sint gewest. Wie es ouch vortan mit unsirn sachen hie wirdet zugeen und entlich von unsirm herren koninge und seinen koerfursten wirt beslossen, das will ich mit mir inbrengen adir euch das hirnoch eigentlich vorschreiben.

Gegeben zu Nuremberg am freitage vor ad vincula Petri.

Dem erwirdigen homeister Deutsches ordens mit ganzer erwirdikeit ane sumen, grosse sundirliche macht dorzu liet.

Bruder Ludwig von Lonßee kompthur zu Brandemburg.


Anmerkungen: a) Vorlage ergänzt sullen.
1) Der Erzbischof kam am 5. August an.
2) Bischof Wilhelm von Lausanne und Richard Flemming Bischof von Lincoln.
3) Nicht erhalten.
4) Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 8, Nr. 176.
5) Der Passus über das Aufbrechen des Briefs an König Wladyslaw fehlt im Brief an den Komtur zu Thorn.
6) Der Deutschmeister und der Landkomtur des Elsass.
7) Über die Instruktion hinaus.
8) Gemeint ist zu überbringende Post, die in ein Wachstuch genäht und mit Siegel verschlossen wurde.

Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/js/js491.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, JS 491 ([1422] Juli 31.  Nürnberg.)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (Sarnowsky, 2009; Audrey Sue Peters, 2004) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
  
Datum der Erstanlage: Dienstag, den 23. Dezember 2003 — Letzte Änderung: 18. November 2009 von Jürgen Sarnowsky

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