PrUB, DH 202
© Dieter Heckmann, Werder / Berlin (2004)
Levin von Wirsberg an den Komtur von Gollup, Vinzenz von Wirsberg: Einfall eines Hussitenheeres in Meißen, Verwüstungszug durch das Plauener Land, Verheerung von Hof, Kulmbach, Weismain, Eschenbach, Auerbach und anderen Orten; bevorstehende Friedensverhandlungen mit den Hussiten zu Nürnberg; erfolgreiche Bekämpfung derselben im Wunsiedeler Land; Bedrohung Preußens durch die Hussiten nach Aussage von Gefangenen; Angebot, sich dem Hochmeister mit Reitern und Schützen im Falle eines hussitischen Angriffs zur Verfügung zu stellen.
{Überlieferung}
A = Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA Hist. StA Königsberg, OBA Nr. 5310; Altsign. Schl. VIII Nr. 123,2.
{Drucklegungen}
aus A Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 7-12: unter Kaiser Sigmund, bearb. D. Kerler, H. Herre, Gustav Beckmann, Gotha 1878-1906, hier Bd. 9, Nr. 325, S. 413 [Auszug]; Palacky, Urkundliche Beiträge, Bd. 2, 665, S. 126-29.
{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Ausfertigung; briefschließendes Ausstellersiegel unter Papierdecke; Rubrum von Hand des 16. Jhs. Neue zeitung wie die Hussen in Beiern unnd Franncken gehausett etc. auf Rückseite.
Mein willige dinst und bruderliche trewe seind euch zuvor an mit fleisz bereijt! Lib(er) h(er)re und brud(er)! Ir habt mir etwa vil geschriben und enpoten, was newer lawft hie awsen landes weren, und wie es um(m)b uns(ern) frewnt stunt und gewant were etc. Lasze ich euch wissen, als die Hwssen(1) auff das neste auff die h(er)ren von Meijszen(2) und in ir land czugen, in grose schaden mit mortt, prantt und nome zufugten, als ir villeicht das vornumen habt. Also do sich ausz dem lande kerten von Meyszen, do legerten sie sich fur Plawen(3), gewunnen stadt und slosz und derslugen das merer teill, alle, die sie do betraten, den Hansen von Raschaw(4), Hans Posseck(5), Jon Tristram(6) und etliche mer doch uberczehen nicht, die numen sie gefangen. Do fugten sie demselbigen Plawenern lande grose vorderbliche schaden zu. Darnach kerten sie sich und czugen auff den Hoff(7) und numen dieselbige stadt auch ein, den(n) mein h(er)re, der marggrave, hett das slosz mit guten rittern und knechten besetczt, die das also hilten. In dem kam Caspar von Wallnfells(8) mit in in teyding und ubirkam mit in umb ein summa gelds umb die stadt und das landt darumb, das noch unvorhert was, das also noch sulcher dingnusz und ubirkumen, so er den(n) mit in ubirkumen, was nicht gehalden wart von in. Darnach czugen sie - als sie da auff brachen - und gein Munchberg(9) kamen, das pranten sie ausz und das landt darumb. Darnach czugen sie auff pergen und tall ubir die Waltleiten(10) ausz und teilten sich und wolten Beyerrewtt(11) und Plassenb(ur)g(12) besessen haben und rweten cwu nach zu der Hymelkrone(13) und zu Lanczendorff(14) und pranten daselbst das clost(er) unser vetter und alle unse(re) guten freund, gesesze darumb, ausz und verwusten und verderbten das landt darumb gancz. Do wart Beyrrewtt vor in gerewmet, das sie auch also einnumen und dasselbige einnumen. Da legert sich die weile das eine here in die stadt und darum(m)b Culmach(15) vucz das ander zu in kome. Und lagen da vucz an den funften tag. Daselbst teydingt Caspar von Wallenfels mit in von der stat wegen Culmach umb ein summa gelds, das sie die ungeprant sullen lassen, das sy im also zusagten zu tun. Das alles nicht von in gehalten wart, und pranten auch ubir sulchs gedinge clost(er), kyrchen und stadt ausz und hetten doch das prantschaczegelt mer den(n) halb auffgehaben. Darnach, als sie auffbrachen, do czugen sie auff das Bamberger gebirg und pranten da meinem h(er)ren von Bamberg(16),Weiszmein(17), Cunstat(18), Scherlichcz(19), Holfelt(20) und Wassenfelt(21) ausz und and(er) etwe vil stete, slosz und sitcze, der ich euch nicht all(er) v(er)schreiben kan. Auch pranten sie Esschenbach(22) ausz. So wart Awerbach(23) auch vor in gerawmet und auszgeprant und fugten da umb meine(m) h(er)ren herczog Johanse(24) seinen clostern, landen und lewten grose scheden zu. Auch ranten sie mit einem grosenn hawffen fur Bamberg(25) und wolten auch mit der wagenburg dorauff gefolgt haben. Und in dem fugt sich mein h(er)re, der marggrave zu in und leget sich mit gutlichen teydingen darein und traff wege mit in, das sie nicht furder czugen und das auch meines h(er)ren von Bamberg, meines h(e)rrn von Wirczburg(26), meines h(e)rrn herczog Hansen und der von Nuremberg(27) landt furder nicht beschedigt und auch kein stat und slosz furder zu sturmen und ein fride vucz auff sant Jacobs tag (28) darynnen auff sant Gurgen tag (29) zu einem tage gein Nvremberg zu kumen und zu versuchen, ob man die sache gutlich abgetragen und vorfassen mucht. Auch ist berett, das sie nicht sterker denn(e) mit funffhundert pferden zu sulchem tage kumen sulden. Doch ist die gemein sage, sie wollen mit ir macht kumen und da teydingen nach irem wolgefallen. Auch wissen die h(er)ren der lande hie awssen nicht anders. Und hat in auch der kunig zu enpoten, er wolle auch gein Nvremberg auff mitvasten(30) kumen. Doch so haben etwe vil lewte czweifelung darynnen, das es nicht geschee. Auch lib(er) h(er)re und brud(er), als die Hwssen vor Plawen woren, do was ich bey meine(m) h(er)ren, dem marggraven, zu Plassenb(ur)g. Derselbige mich schickt in das Wunsideler(31) landt und da helfen auch zu sehen und raten und helfen nach dem pesten. Das ich also tat. Als ir den(n) wol wist, das ich darynne ein behawsung habe, dieselbige behawsung ich mit den meinen besaczt und hilt, auch stetlichen darob selbs und derret also die hawsung(e) und meine gut daselbst umb und sc[h](a) inten, vorpranten [u](a)nd [b](a)rachen auch den veinden da [u](a)mb vast abe, und das es mir von den gnaden got(es) an dem ende wol mit den veinden ging. Sust habe ich an andern meinen gutern und an meinen lewten vast schaden enphangen. Auch vordert mein h(er)r herczog Hans unsern vett(er)n Conrat(32), der ein pfleg(er) ist zum Borgstain(33) und zu d(er) Weiden(34), der von beid(er) h(er)ren da ein pfleger ist, gein Kamme(35) zu reiten, wan(n) im war kuntschafft und warnung kumen, das sie je in das Nyderlandt(36) auff die h(er)ren von Bayren(37) czihen wolten und die auch ubirczihen und ubirherschen wollten. Da er also gein Newenb(ur)g(b) (38) kame, do kam im potschafft unt(er)(c) awgen, wie das die rete ausz den Nyderlande von den h(er)ren von Beyren in mit teydingen begegent weren zu in ub(ir) den Walt(39) geriten, mit in ubirkumen, das die czeit dieselbigen landt unub(ir)czogen do pleben. Auch haben gefangen und andere zum Hoffe und and(er)n enden gerett, das sye ye v(er)mainen, auch auff euch in das Prewsszenlandt(40) zu czihen. Do wist ir euch wol nach zu richten. V(er)nemt ir ein sulchs, das sie sulchen reden und drawen nachvolgen wolten, so sie den(n) ew(er)m orden getan haben, so mucht ir wol mit dem hoemeist(er) reden von meinen wegen. Dorfft er lewt, so wolt ich mit mein(en) freund(en) zu im reiten und mit ym einen und wolt im gut redliche und v(er)sucht hofflewt prengen, die den(n) vil hoffwercks mit in getriben haben und ir lawff zu gut(er) masze wissen wurden. Wer im das zu synn(e), so hett mir ein sulchs von des homeisters wegen zu geschriben, so wult ich zu im kummen, mich im einen umbrwe hund(er)t pferd od(er) mer redlich(er) geruster lewt, da wol unt(er) czweyn hund(er)t(d) schuczczen [!] unt(er) sein sullen od(er) mere. Nicht mer new(er) mer weisz ich euch zu disen czeiten zu schreiben. Domit pflege ew(er) got lange czeit gesunt. Geg(eben) am donerstag(e) vor oculi mei anno domini etc. XXXo.
Leuin von
Wirszberg
{Außenadresse} Meinem liben h(er)ren und brud(er), h(er)ren Viczencz von Wirszberg Dewsches ord(ens), commotir zu der Gola (41) d(etur).
Textkritische Anmerkungen
(a) Loch in Vorl.
(b) Aus Nvremberg korr.
(c) Davor gestr. au.
(d) Es folgt gestr. hund(er)t.
Inhaltliche Anmerkungen
(1) Hussiten.
(2) Kurfürst Friedrich II. (+1412-+1464) von Sachsen und Markgraf Friedrich der Friedfertige von Meißen (*1384-+1440).
(3) Plauen.
(4) Hans von Raschaw.
(5) Hans Posseck.
(6) Jon Tristram.
(7) Hof.
(8) Kaspar von Wallenfels.
(9) Münchberg, zw. Kulmbach und Hof.
(10) Waldleite, w Ausläufer des Fichtelgebirges.
(11) Bayreuth.
(12) Plassenburg, ö Kulmbach.
(13) Himmelkron, ö Kulmbach.
(14) Lanzendorf, ö Kulmbach.
(15) Kulmbach.
(16) Bamberg.
(17) Weismain, w Kulmbach.
(18) Burgkundstadt, zw. Lichtenfels und Kulmbach.
(19) Scheßlitz?, nö Bamberg.
(20) Hollfeld, w. Bayreuth.
(21) Woischenfeld?, sw. Bayreuth.
(22) Eschenbach, sö Bayreuth.
(23) Auerbach, zw. Nürnberg und Bayreuth.
(24) Herzog Johann (*1383-+1443), Pfalzgraf zu Neumarkt.
(25) Bamberg.
(26) Würzburg.
(27) Nürnberg.
(28) 1430 Juli 25.
(29) 1430 April 23.
(30) 1430 März 26.
(31) Wunsiedel, zw. Kulmbach und Eger.
(32) Conradt, Vetter von Vinzenz und Levin von Wirsberg, Pfleger zu Parkstain und Weiden.
(33) Parkstein, nw Weiden.
(34) Weiden.
(35) Cham.
(36) Niederbayern.
(37) Bayern.
(38) Neuenburg.
(39) Bayrischer Wald.
(40) Preußen.
(41) Gollup, zw. Thorn und Strasburg.
Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/dh/dh202.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, DH 202 (1430 März 16. [o. O.])
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (D. Heckmann, 19.05.2004) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben (D. Heckmann, 19.05.2004)
Datum der Erstanlage: Mittwoch, 19. Mai 2004 — Letzte Änderung: 29. Juni 2004 von Dieter Heckmann
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