PrUB, DH 201

© Dieter Heckmann, Werder / Berlin (2004)


1516 März 5. Königsberg.
{Regest}
Antwort des Hochmeister [Albrecht von Brandenburg-Ansbach] auf die zu Memel geäußerten Bedenken des livländischen Meisters [Wolter von Plettenberg]: Dank für die  unterbreiteten Ratschläge; im Streit mit Polen Hoffnung auf größeres Vertrauen der polnischen Seite auf den Orden; Zusage, sich wegen der Auseinandersetzung zwischen den Kurfürsten von Mainz, Sachsen und Brandenburg nicht außer Landes zu begeben; wenig Bedarf, in den türkischen, moskowitischen, dänischen und schwedischen Angelegenheiten vor einer diesbezüglichen päpstlichen Aufforderung zu handeln; Abraten vor einem livländisch-moskowitischen Krieg; Versprechen, den Bischof von [Pomesanien] im Falle der Einstellung des Baues der Grenzfeste Marienhausen durch den Rigaer Erzbischof zur Huldigung zu bewegen; trotz Bereitschaft, mit Polen zu einem Ausgleich zu kommen, Ablehnung des Hochmeisters, den bedränglichen Frieden zu schwören.
 

{Überlieferung}
C = Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA Hist. StA Königsberg, OF 38, Bl. 276r-278v.

{Drucklegungen}
Paraphrase durch Erich Joachim: Die Politik des letzten Hochmeisters in Preußen Albrecht von Brandenburg, 1. Theil 1510-1517, Leipzig 1892 (Publikationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, 50), S. 260 f. Nr. 101.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Kopialbucheintrag.



{Datierung} Am mitwochen nach letare ist die anthwort unnd der rathschlagt an m[einen] g[nedigen] h[errn], den meyster auß Leyfflandt(1), nachvolgender gestalt begrieff(en) und furgetragen wurden: "Ins erst sey verschynens dinstags erhortt werden ein wolbedachter rattschlagt und eroffnung des gemuts  m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandts in den obligenden schweren sachen, szo   m[ein] g[nediger] h[err], der h(o)hmeyster, auff funff artigkel ergrunt, m[einem] g[nedigen] h[errn] von Eyfflandts hatt furtragenn lassen. In welchen rattschlagt und anthwortt in der erst gefunden, das m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflands das gethan erbietten, m[einem] g[nedigen] h[errn] ehemals gescheen, fur uberflussigk achtet. Doruff m[ein] g[nediger] h[err] zu sagen befehlicht, das sich diess unnd anders erbiett(en) und auch volgende thatt seyn f[urstliche] g[nade] gegen dem von Eyfflandt woll geburtt. Welchs auch m[ein] g[nediger] h[err] mith der kurtz nochmals wolt(en) erbottenn haben, die furgehalten muhe und itzt gethane tapffern ratschlege in gutt nicht zu vergessen, sunder freuntlich unnd gerne zu verdienen.
Fur das ander ist erhortt, wie m[ein] g[nediger] h[err] von Leyfflanndt hinder s[einer] g[naden] rathsgebiettiger nach alter l(e)blicher herkunfft des ordens schwerlich(en) einen beschlißlichen rattschlag eroffen muge mith anhangender bethe, das m[ein] g[nediger] h[err] solichs in ungutt nicht versteen well dan s[eine] g[nade] bedecht(en) dieße sach in Leyfflandt in rath zu stellen und als den m[ein] g[nediger] h[err] sein entlich gutdunck(en) mith schryfft ader bottschafft nicht zu bergen. Daneb(en) (a) beschließlich auf die andern artigkell seyn weißlich wolbedacht(en) guttdunck(en) eroffennt. Darauff befhelicht m[ein] g[nediger] h[err], der h(o)hmeyster, dieße anthwortt, s[ein] f[urstliche] g[nade] meg(en) ie gewonheytt diess ordens m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt, dieße sach mit s[einer] g[nade] gebiettiger zu berattschlagen, nicht fur ungutt ansehen; daneben auch gebetten haben, s[eine] g[nade] welten solchen rattschlag in Eyfflandt uffs erst furnemen und m[einem] g[nedigen] h[errn] - wie erbotten - mittaylen. Darinne ich auch m[ein] g[nediger] h[err] mith zymlicher geburlicher volge woll wirt wyssen zu halt(en). {276v} Auff die kayserliche handlung, die hewpt und anligen beschwerung des ordens betreffende, zo sich zwischen der cron Polen(2) und dem orden erhelt, hatt m[ein] g[nediger] h[err] vormargkt, das m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt die ergangenn handelung(en), derhalben furgen(o)men, gefellig mit anhang, das s[eine] g[nade] nach des bestes und eynes guttlich(en) schieds hofft. M[ein] g[nediger] h[err] solt auch des von Eyfflants bedenck(en) nach in guttlichen anhangend(en) handell von Polen sich keynes ungutt zu vermutt(en) haben. Darauff befehlicht m[ein] g[nediger] h[err] volgende anthwortt, s[ein] f[urstliche] g[nade] woll(en) das best dabey thun. Der almechtig gott wolle verleyhen, das von Polen dießer zeytt grosßer glaub dem ordenn gelaist werden dan in vorzeytten gescheen ist.
Zum andern ist erhortt, wasser gestalt der von Eyfflandt, den artigkell betreffende die irrung der khurfurstlich(en) heußer Meinz(3), Sachßen(4)  und Brandenburg(5), zo Erfurtt(6) halbenn entsteen mechten. Wiewoll dorin beschließlich m[ein] g[nediger] h[err] vormelt, das thunlich sein solt, das die einigung zwischen m[einem] g[nedigen] h[errn] und dem hauß Brandenburg erhalten wurdt. Aber nichts desterweniger bett  m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt, das m[ein] g[nediger] h[err] sich in der ader andern sachen nicht außerhalben des ordens landen begeben. Solt daneben auch in kayn huelff in bewegung des ordens gelegenheytt zu begeben angesehen, wie solch huelff durch Polen balt zurstertt und zu hindern sey. Hierauff [t]ut m[ein] g[nediger] h[err] dieße anthwortt und lester sag(en), s[eine] f[urstliche] g[nade] wollenn sich hierinne alzo erzeigen und halt(en)(b), das s[eine] f[urstliche] g[nade] die vorliegenen land(e) (c), zo im gott und seinem orden underthenigk gemacht, nicht verlaßen aber vorfliehen, sunder wollen sich in der sach alßo halten, wie am schickligsten gescheen mag, damit mit der geringsten unkost das haws von Brandenburg angelait, werd(e) s[eine] f[urstliche] g[nade] freuntlich(en) zu beweyßen und den orden in allem gutt(en) nicht zu verlaßen.
Zum dritten ist furstand(en) wurden, was mass und gestalt m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt die babstliche handelung am hoffe zu Roma(7) angesehen, in s(o)nderhait auch, {277r} das ime gefalle, die gegebene anthwortt dem von Reuel [Reval] widerfaren, daneben eroffent, was maßen der von Reuel sein werbung dem von Eyfflandt außgethan. Was des Turcken (8), Muschkawitters(9), Schweden(10)  und Dennemargk(11) halben furzunemen, auch was maßen er die facult(en) der indulgentien außgericht, darauff auch m[ein] g[nediger] h[err] von Leyfflandt mith h(o)hem bewegnuß der indulgentien halben und andern artigkelen m(ein) g(nediger) h(err) sein gemuet eroffent, darauff schliessede, szo m[ein] g[nediger] h[err] n(o)chmals von bebstlicher heyligkeyt erfordert wurdt, die expediti(o)n des kriegs wider den Turcken in aigener perßon anzunemen, das sich s[eine] f[urstliche] g[nade] dorinne der gebur zu halt(en) hette. Nicht weniger auch, ßo wolt er der indulgentien halben in ansehen vielfaltiger beschwer und unkost(en) den handell bey meinem g(nedigen) h(errn) und dem von Reuell(12) gestalt haben, die dasjhenig, ßo thunlich woll zu thun werden wyssenn. Darauff will m[ein] g[nediger] herr dieße anthwortt gestalt haben, s[eine] f[urstliche] g[nade] mug(en) nicht weniger nach gelegenheit des ordens und alt(en) herkommen dan die procurey dem orden zum besten, ob noch was guts dem orden mecht gefunden werden zu Rom zu erhalten. Szo auch s[eine] f[urstliche] g[nade] vonn bebstlicher hey[ligkei]t zu der kriegsubung wider den Turcken erf(o)rdert wurdt, wollen s[eine] f[urstliche] g[nade] diejhenig(en) zu rathe ziehen, die s[eine] g[nade] billich zu rathe gebrauchen und wollen sich auch dorinne alsdan geburlichen halten. Das antragen des von Reuell, wes er des Muschkowitters, Dennemargk unnd Schweden etc. in befehl habt, hatt m[ein] g[nediger] h[err] gerne gehortt. Der almechtig gott wolle sein gottlich genad(e) verleyhen, das solich handlung der heylig(en) cristenheyt zugutt woll außgericht werd(e). S[eine] g(nade) wyssen aber zu dießem mall nicht mehr dan dieselb handelung dem von Refell zu laßen, der seinen befehl woll wirtt wyssen ausszuricht(en). Das sich aber Eyfflandt in dießer ader anderer sach(en) nach {277v} zur zeytt in v(e)hrdmessig furnemen mith der Muschkau(13) begeben solt. Dorfur will m[ein] g[nediger] h[err] gebett(en) haben. In ansehen, das darauff mehr schaden dan nutze zu ge(w)artt(en) der indulgentien halben, will m[ein] g[nediger] h[err] den von Refehl beschicken. Unnd weß sein g[nade] zu beschwerung solt entdeck(en) lassen, mag die tax(d) b[epstliche] cammer erleichtern, die facultett(en) erhort und ander questore(ri)e revocirt werd(e) und ander schickliche wege, m[einem] g[nedigen] h[errn] und dem orden zum besten widerfaren, szo wolt(en) s[eine] g[nade] jdoch mith reyffen rath solch indulgentien annemen(e). Wo nicht, szo will m[ein] g[nediger] h[err] mith dem von Refel umb ain tax handeln, m[einem] g[nedigen] h[errn] etwas fur solich indulgentien zu geb(en), und sein nutz seins gefallens(f)  mith den indulgentien furzunemen, d(o)ch alßo, das er in des ordens namen keyn heher facultet außbrecht, sunder die questur lawt der itzigen bullen furneme.
Fur das vierde herrn Herman Soye(14)   anlangende, das m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt ungern sehe, das m[ein] g[nediger] h[err] zu muhe in in dießer sach gezog(en) werd(e). Aber m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt  wolt die sach articuliren lass(en) und dieselbig(en) zusampt ayner v(o)llenmacht gein Rom verfertigen lasßen, herrn Herman rechtlichen zu widersteen. Darauff will m[ein] g[nediger] h[err] dieße anthwortt gegeben haben, s[eine] f[urstliche] g[nade] haben nicht beschwerung, das er in dieße sach gezogen werde, dann, was den auß Eyfflandt angee, in dießer(g) ader andern sachen sal s[eine] f[urstliche] g[nade] auch alwegen betreffenn. Unnd  s[einer] f[urstlichen] g[nade] gefalle woll, das dieße sach geartirculirtt wertt, daneben auch ain volmacht gein R(o)m von beyder irer genaden gestalt, szowoll s[eine] f[urstliche] g[nade] den handell alß viel  s[eine] g[nade] angeet auch artigculiren lassen und gein Rom verferttigen. Es hatt auch m[ein] g[nediger] h[err] von Refelh ein vollmacht gestalt, die do etwas lange und weyttlauffig were. Mecht auch m[ein] g[nediger] h[err] leyden, das dieselbe ubersehen, emendirtt und {278r} eingezogn wurd(e), damit nicht fremde h(o)der ader krig mith des ordenns gelt außgrericht wurden.
Furder den funfften artigkell ist gefunden, das m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt ein bethe gestalt, das m[ein] g[nediger] h[err] n(o)chmals wolt vleyssig(en), den bisch(o)ff von Rießnbergk(15) nach alter gewonheytt zu vermug(en), an g[nedigen] h[errn] von Riga die pflicht eyns metropolitans zu thun mit beschlies, was nutzs und schaden dem ordenn darauß erwachßen mecht. Darauff will m[ein] g[nediger] h[err] dieße anthwortt gegeben habenn, szo sich m[ein] g[nediger] h[err] von Riga gein Leyfflandt vorbinden wolt, demselben auß Leyfflandt wider alle des ordens widerwertigen huelfflich zu erscheinen und mith dem baw der Willach(16) nach ain zeytt von jaren stille zu steen, szo wolt(en) ime m[ein] g[nediger] h[err] dieße sach, welchs m[ein] g[nediger] h[err] von Leyfflandt und dem gemeinen ord(en) zugutt geschicht auch zovill dester emßiger befohlen lassen sein.
Zcum sechten und letzten ist erhortt, in was beschwerrung m[ein] g[nediger] h(err) von Eyfflandt den ord(en) befyndet, in sonderhyt zum kriege ungeschickt unnd das s[eine] g(nade) biett(en), j(o) keinen krieg wider Polenn zu erwecken. Und in fahl, ob in dießer verl(o)ßenheytt m[ein] g[nediger] h[err] den bedrengklich(en) fried angelangt, schweren, das s[eine] f[urstliche] g[nade] durch sein herrn und freund(e) handeln ließ und mittel suchet, die beschwerlich(en) artigkell zu dempffen und außzulassenn, die uberig(en) anneme, doch alßo, das Leyfflandt und der meyster Teutscher und Welischer land(e) nicht dorin gezogemn wurd(e). Des sagt m[ein] g[nediger] h[err], eß ließ s[eine] g[nade] nicht anders dan friede, woll auch nach demselben vleissigklichen trachten; aber s[eine] g[nade], den bedrengklichen friede zu schwern, haben s[eine] g[nade] me(r)hmals als wenig als gegenwertigt sterbet gedacht, {278v} zweyffelt nicht, m[ein] g[nediger] h[err] von Eyfflandt weren die sach allein mith seinen gebiettigern berathschlagen und m(eines) g(nedigen) h(errn) iren tapffern ratth, alß sie dasselbe wollweißlich zu thun wyssen, mittaylen. Das will m(ein) g(nediger) h(err) verdienen".

Textkritische Anmerkungen


(a)    Es folgt gestr. auff.

(b)    Aus erhalt(en) korr.

(c)    band(e) in Vorl.

(d)     Aus tag korr.

(e)    Aus amnemen korr.

(f)    Davor gestr. s.

(g)    Es folgt gestr. sache.



Inhaltliche Anmerkungen


(1)    Livland.

(2)    Polen.

(3)    Mainz.

(4)    Sachsen.

(5)    Brandenburg a. d. Havel.

(6)    Erfurt.

(7)    Rom.

(8)    Türken.

(9)    Moskowiter.

(10)    Schweden.

(11)    Dänemark.

(12)    Reval.

(13)    Moskau.

(14)    Hermann Soye, estländischer Vasall (*vor 1467- +1516).

(15)    Riesenburg, ö Marienwerder.

(16)    Villack/Marienhausen, sö Marienburg (Lettland).


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/dh/dh201.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, DH 201 (1516 März 5. Königsberg)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (D. Heckmann, 14.05.2004) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
Datum der Erstanlage: Freitag, 14. Mai 2004 — Letzte Änderung: 14. Mai 2004 von Dieter Heckmann

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