PrUB, DH 198

© Dieter Heckmann, Werder / Berlin (2004)


1516 März 4. Königsberg.
{Regest}
Antwort des livländischen Meisters Wolter von Plettenberg auf die ihm seitens des Hochmeister [Albrecht von Brandenburg-Ansbach] übergebene Schrift; Hoffnung auf eine gefahrlose Rückkehr des Hochmeister; bei fortgesetzter Behandlung der Streitsache zwischen dem Hochmeister und dem polnischen König [Sigismund I.] bei Kaiser [Maximilian I.] geringe polnische Kriegsgefahr; Vermittlung des Hochmeisters im Streit zwischen den Kurfürsten von Mainz, Sachsen und Brandenburg, um nicht die Unterstützung des Ordens durch dieselben zu verlieren; im Falle eines Feldzugs gegen die Türken vorherige Beendigung der Auseinandersetzung Dänemarks mit Schwedens; Beratschlagung der nicht erfolgreich eingeschätzten Unterstellung des Moskauer Großfürsten [Wassili III.] unter den päpstlichen Stuhl auf dem kommenden livlandischen Landtag; Mißbilligung der Behandlung Hermann Soyes durch den Hochmeister; Bitte um hochmeisterliche Unterstützung für die vom Rigaer Erzbischof [Caspar Linde] vom Bischof von [Pomesanien, Hiob von Dobeneck] geforderte Eidesleistung; Vermeidung eines Krieges gegen Polen.
 

{Überlieferung}
C = Geheimes Staatsarchiv PK, XX. HA Hist. StA Königsberg, OF 38, Bl. 272r-275r.

{Drucklegungen}
Paraphrase durch Erich Joachim: Die Politik des letzten Hochmeisters in Preußen Albrecht von Brandenburg, 1. Theil 1510-1517, Leipzig 1892 (Publikationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, 50), S. 259 f. Nr. 101.

{Diplomatische Erörterung des Stücks}
Kopialbucheintrag.



Antwort auff ubergebene schrifft dem hochwirdig(en) hern Wolthern von Plett(en)berg(1), Teutschs ordens, maiste(r) in Leifflandt {Datierung} dinstags nach letare: "Der hochwirdige, mein g[nediger] her bedanck sich untertheniglich der genedigklich(en) dancksagung und erbittung e[uer] f[urstlichen] g[nade] seinen g[naden] erzaigt. Und were nicht notte gewesßen dan dits zusamen kömen, ist seine genade nicht alleine sunder alles zu thun, das yn seiner g[nade] vermög(en) stetz willig gewessen. Dorneben, wes sich sein g[nade] auch pflichtig und schuldig.
Nachdem dan erstlich yn ubergebenen sachen mein g[nediger] her in kaynen weg(en) schließlich hinder seiner g[nade] wirdig(en) gebittige(r)n zu rathen oder zu beschliesen geburn  moge, will sein g[nade] dise hendel an seiner g[nade] gebittige(r)(a) in gluckselig(er) haimkunfft, die der almechtig gott verfugen muße(b) gelang(en) lassen. Und wes sein g[nade] dan nucz denselbig(en) yn rath befund(en),  e[uer] f[urstliche] g[nade] durch schrifft oder botschafft nicht bergen verhoffen, e[uer] f[urstliche] g[nade] sein g[nade] yn disen, das die billigkeyt und herkomen des ordens also erfordert, genediglich(en) [Bl. 272 v] haben. Mein g[nediger] her will aber in disen vorgegeb(en) hendeln, sovil seine(r) g[nade] vrernunfft vermag, vor ire person nicht verhalt(en).
Sodan mein g[nediger] her aus ubergebne(r) schrifft und rede Ditherichs von Schonbergs(2)  verstand(en), wie kay[serlich]e may[este]t von k[onigliche]r ir[lauchtigkei]t von Polen(3)  e(t)licher massen zwischen gemelt(er) k[onigliche]r ir[lauchtigkei]t, der cron Polen und e[uer] f[urstlichen] g[nade] und unserm orden noch schwebendt, hinzulegen(c), nach vilfeltig(en) vorgewantt(en) ernst gewalt erhalt(en) und d(o)rhalben von yr f[urstlichen] g[naden] geschickt(en), yn den sachen zu handeln mandat unnd des ordens gebrechen uff das new zu verkleren begerth zu erlang(en). Das dan mit weytt(en) und eng(en) instruction auch mideln, worauff der handel sich grund(en) soll, von e[uer] f[urstliche]n g[nade] mit hoher vernunfft also (em)pferlich und schicklich mit allen, der diser zeit zugehorig ist, verordent, das mein g(nediger) her vor sein person nicht wissen zu bessern, will auch also seiner g(nade) bedunck(en), noch anders nicht geratt(en) sein. Wolt gott aber und die jungkfraw Maria verfug(en), unser aller genedigst[e]r her den orden trostloß nicht lassen wolt. Mein g(nediger) her ist auch des versehens, die ko[niglich]e werde von Polen nichts ferlichs, dieweyl die sachen bey kay[serliche]r m[aieste]t anhengich sein, weide(r) e[uer] f[urstliche] g[nade] vernemen werden.
Zum andern als sich ein irung des kunfftig(en) einreittens halben meins g[nedig]st(en) hern von Mayncz(4) zu Erforth(5) zwischn den heusern Sachsen(6) und Brandburg(7) erhoben, darumb e[uer] f[urstliche] g[nade] von m[einem] g[nedigs]t(en) h[ern], dem churfurst(en), marggraff Joachim(8), umb hulff zu thun als irem naturlichen blutverwantt(en), gefurderth. Derhalben sich dan e[uer] f[urstliche] g[nade, Bl. 273r], dieselbig(en) mit andern herrn und freund(en) in der gutte hinzulegen ire aigne person, woe es nothe nicht zu sparen, als ein liebhaber des fridens erbott(en) und daryn mitt aigner botschafft vleis furgewanth, das m[ein] g[nediger] h[er] gern haben gehort, damit die hulf, die e[uer] f[urstliche] g[nade] sunderlich bey den heusern Sachsen und Brandburg, irer freundschafft in der noth wartt(en), sey nicht zerstort und verhindert. Wurde aber, das sich e[uer] f[urstliche] g[nade] der oder ander sachen halben in aigner person aus dem lande solle begeb(en), wil mein g(nediger) her treulich widerrathenn haben unnd gebetten, e[uer] f[urstliche] g[nade] wollen die gefurderte hulff auch auch mit gefuglichem midlem [!], wie bereth e[uer] f[urstliche] g[nade] nach hohem verstandt zum tayle gethann, abgeschlag(en) dan wie e[uer] f[urstliche] g[nade] helff(en) sollen ist noch zur zeit nach meins g(nedigen) hern bedencken uber das vermog(en) e[uer] f[urstliche] g[nade] und unsers ordenns. Auch kan die cron zw Polen soliche hulf balde verhindern. Alzo befindt mein g(nediger) her nicht bey sich auf  e[uer] f[urstliche] g[nade] verbesßern solichs ratt sein.
Das anpring(en) meins g(nedigen) hern von Reuel(9) und darauff e[uer] f[urstliche] g[nade] antwort, auch die bullen der indilgentie hatt sich mein g(nediger) her auch losen lesßen. Und sovil alzo moglich gewesen verstand(en) haben, e[uer] f[urstliche] g[nade] ein gutte hochverstendige schickliche antwort gegeb(en). Ist zu befurchten, soliche Turckische gemayne reyße(10)  noch nicht baldt vortgangk gewynen mag. Woe die aber vortgangk hiernegst(d) gewunne und e[uer] f[urstliche] g[nade] weider von ba[pstliche]r hay[ligkei]t eigner person geforderth wurde, werd(en) e[uer] f[urstliche] g[nade] dan wol wissen nach des ordens gelegenheit, was yn dem handell [Bl. 273v] furderlich sein wirdt, bedenck(en) wir zu m[ein] g(nediger) h(er) dan sein rath und was er yn vermugen nicht wil sparen. Sein g(nad) will e[uer] f[urstliche] g[nade] auch nicht vorhalt(en), was genant(er) her von Reuel sein g(nad) von weg(en) babst[liche]r hay[ligkei]t hat angebracht. Ist erstlich der furgenomen zugk auff den Turcken, wie vor davon gereth, zum andern, wie man es yn der gutte dohin pringen kondt, das ko[niglich]e ir[lauchtigkei]t zu Denmarck(en)(11) und das reich zu Schwed(en)(12)  vergleicht mocht werd(en). Vor das dritte, wen man den Muscawitt(er)(13)  in der gutte zu dem glaubn bring(en) mochten, wen der Muscawitt(er) hette sich geg(en)(e)  kay[serliche] m[aiestet] vernemen lassen, wie sie gern under die Romische kirg(en), weliche, wie der geistlichn girigkeyt(f)  nicht so gros were, des sich beb[stlich]e hay[ligkei]t eneschuldigt unnd inne als seinen liben sonne gerne endpf(a)hen wolt. Hat sich auch der herre von Reual erbott(en), dorhin zu rayssen, wen sein g[nade] was guts handeln kondt. Zum vierd(en), woe der Muscawider in der gutte nicht wolte, wie man dan mit dem schwerte best darzw bring(en) kondt. Zum letzten mit erbittung beb[stlich]e hay[ligkei]t hab(en) m[eine]m g[nedigen] h[ern] meinem g(nedigen) hern von Reual kurtz die antwort geben, sein g(naden) wollen zu disen sachen auff den nechstkunfftig(en) landtagk mit den hern prelatt(en) in Leiflandt(14) gedenck(en). Zum allerleczsten hatt mein her von Reuel m[einem] g[nedigen] h[errn] auch von gedacht(en) indulgencien gesagt und gebett(en) meinen g(nedigen) hern, das yn gehaym wollen lassen, wie yczundt m[ein] g[nediger] h[err] alz fur seine(r) g(naden) person nichts oder wenig darin zu rathen, das meine(m) g(nedigen) hern sein f[urstliche] g[nade] zu nutz unnd ern geraichn magk anseheen, [Bl. 274 r] das der comissarier(e)n [!] mit den sechs provincien beraidt iczundt in den 6 stett(en) auch sein untte(r)comissarien beraidt in Norwerd(en)(15), Denmargk  und villeicht auch nu in Swed(en) verordent hatt. Ist auch der comissarie(n) specialit(er)  in e[uer] f[urstlichen] g[naden] bullen nicht revocirt, so ist der tittel ad fabricam dem gemaynen volgk nicht vast anneme. Daneben will die beb[stlich]e hay[ligkei]t die helffte, der her von Refell sein tayl, also das deduct(is) expens[sis] e[uere] f[urstliche] g[nade] nicht vil hette zu behalt(en). Doch wollen wir dise sachen e[uerer] f[urstlichen] g[nade] unnd dem hern von Reuel haymgestalt haben. Dunckt e[uere] f[urstliche] g[nade] mein g(nediger) h[er] wes uber das den sachen zugut thun kont, wollen sein g(naden) nicht sparn.
Inn her Herman Soyen(16) sachen haben mein g(nediger) her nicht gern gehort e[uere] f[urstliche] g[nade] als her Herman yn arbeit stett yn mug(en) neben m[einen] g[nedigen] h[ern] gekomen, hette aber des techents und her Hermans handel woll gefurdert, man sie so leichtlich mit so gering(en) furschreib(en) hett loß gegeb(en). Ist aber ym besten gescheen, aber von yn gar vergessen. Wie dem allen hat m[ein] g[nediger] h[er] seine(r) g(naden) haymkomen mit den erst(en) alle seine boßliche hendel artigklen zu lesen und die aynen {Datierung} term(in)es p(urificatio), den der her von Reuel an sein statt gesaczt, mit einer volmacht zu schick(en), wil auch zu Danzigk(17)  darnachstellen, ob man seins handels ein tayl erfarn kondt, was sein furnemen ist. In dem wil mein g(nediger) her e[uerer] f[urstlichen] g[nade] ratt gebett(en) haben.
Szo dan mein g(nediger) her von Risenberg(18)  sich das juraments in der forme, wie sein vorfaren aynem erzbischoff [Bl. 274v] zu Riga(19) gethan, zu thun wegere und so sein g(naden) darauff beharn wolt, hat mein g(nediger) her in erfarung, das de(r) erst her von Riga, das sein g(nade) nicht wollen nachlasen dan gedenck(en) geg(en) sein g(nade) zu procedirn. Bitt m[ein] g[nediger] h[err] mit sonderm hohen vleis, e[uer] f[urstliche] g[nade] in die sachen wollen genediglich helff(en) s(e)hen und m[einen] g[nedigen] h[errn] von Risenberg dohin weisen, das zu thun, das seinen g[naden] geburt. Darmit kleine uncostung geschee und also lieb und eintracht bleiben, das wil m[ein] g[nediger] h[err] in sunderheit verdinen etc.
Dieweil dan ichundt beider als befund(en) unser ordenn bey bab[liche]r hay[ligkei]t kein trost hat mug(en) gelang(en) und die sachen durch kay[serlich]e m[aieste]t yn ein gancz ferliche lengerung vast gestalt werd(en), wan dan - des sich dennoch m[ein] g[nediger] h[err] nicht verhofft - der orden auch von kay[serlicher] m[aieste]t unnd dem hailig(en) reich verlossen wurdt und die hulf e[uerer] f[urstlichen] g[nade] von irer freundschafft, auch durch zufellige gebrechen verhindert word(en) oder nich so statlich als die not erfordert, so kan ein yder verstendiger wol ermessen, was dan des ordens in Preussen(20), des Teutschen(21), Welischen(22)  und Leiflandischen gebiets vermog(en) ist. Darzw, wes m[ein] g[nediger] h[err] zu helffen vermagk durch den Muskawitt(er) oder inlendischn stettn od(er) durch die Littawen(23) , die an den grennzen von(g) tag zu tag yhe leng ihe mer beginen zu grennzen geng(en), kan verhindert werd(en). Darumb ist m[eines] g[nedigen] h[errn] seiner person trewlich underthenig dinstlich radt, e[uere] f[urstliche] g[nade] sich mit des ordens macht allen - es gehe wie es kan - in keynen krig lassen furen oder bewegen, sunder [275r] irer f[urstlichen] g[nade] hern unnd freundt, die nicht die wenigst(en), sonnder die oberst(en) im hailig(en) reich sein, wol sovil gebrauchen konnen, das man dan bey ko[nigliche] ir[lauchtigkei]t unnd der cron Polan nach arbeitt(en) mocht, die unleydlichen artigkel ein tayl, wie zu Pettrikaw(24) angefang(en), wan es anderst nicht sein kundt, aus dem ewig(en) bedrengklichen fride gezog(en) und ein vertragk gemacht werd(en) so lang, biß der almechtig gott und die jungfraw Marie zu weitterm gluck helffen, doch das e[uere] f[urstliche] g[nade] nicht auff das new verzeihen dorfft(en) oder zum wenigst(en) die bede maister, Teutscher, Wellicher unnd Leifflandt, daraus pleiben mocht(en). Und wir konnen mergken, das  e[uere] f[urstliche] g[nade] und die land Preussen mit grosser beschwerunge die tagfart unnd gescheffte, dar ichundt uffgehen, er(r)halt(en) konnen vil weniger den krieg erlitt(en). Diselbigen meins g[nedigen] h[errn] gut bedencken e[uere] f[urstliche] g[nade], der sie das aus gehorsam nicht vor ire person allein hab(en) mugen bergen, genediglich annemen und sich im besten gefallen lassen dan ers nicht anderst dan getrewlich gemaint. Donaeben wes sein g(naden) bey irn gebittigern in gluckselig(er) haimkunfft weitt(er) in ratt befind(en), wollen sie mit erbittung irs ganczn vermog(en) e[uere] f[urstliche] g[nade] nicht verhalt(en) und sich hiermit undertheniglich befohlen haben" etc.


Textkritische Anmerkungen


(a)    Aus gelittige(r) korr.

(b)    Es folgt gestr. gelaff.

(c)    Aus zinzulegen korr.

(d)    Aus hiednegst korr.

(e)    Vor der Zeile.

(f)    Es folgt gestr. entschuldigt.

(g)    Über der Zeile.



Inhaltliche Anmerkungen


(1)    Wolter von Plettenberg, Meister in Livland  (1494-1535).

(2)    Dietrich von Schönberg, hochmeisterlicher Rat (*1484-+1525).

(3)    Polen.

(4)    Mainz.

(5)    Erfurt.

(6)    Sachsen.

(7)    Brandenburg a. d. Havel.

(8)    Markgraf Joachim I. von Brandenburg, Kurfürst (1499-1535).

(9)    Reval.

(10)    Feldzug gegen die Türken.

(11)    Dänemark.

(12)    Schweden.

(13)    Moskowiter.

(14)    Livland.

(15)    Norwegen.

(16)    Hermann Soye, estländischer Vasall (*vor 1467-+1516).

(17)    Danzig.

(18)    Riesenburg, ö Marienwerder.

(19)    Riga.

(20)    Preußen.

(21)    In Deutschen Landen.

(22)    In Welschen Landen.

(23)    Litauer.

(24)    Petrikau bei Krakau.


Zitieren dieser Edition: (1) virtuell: URL (http://www.spaetmittelalter.uni-hamburg.de/Urkundenbuch/pub/dh/dh198.htm) und Datum der Einsichtnahme; (2) im Druck: PrUB, DH 198 (1516 März 4. Königsberg)
Bearbeitungsstand: Text eingegeben (D. Heckmann, 15.04.2004) – Datum überprüft () – Text mit PrUB oder sonst Druck kollationiert () – Text mit Or. kollationiert () – äußere Merkmale beschrieben ()
Datum der Erstanlage: Donnerstag, 15. April 2004 — Letzte Änderung: 15. April 2004 von Dieter Heckmann

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